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Sport-/Schwimmunterricht für muslimische Kinder?
#91
(08-12-2009, 19:11)t.logemann schrieb: "Soheib Bencheik" gibt's auch bei Wiki nicht

aber selbstverständlich gibts den

http://de.wikipedia.org/wiki/Soheib_Bencheikh

Zitat:Ob die Gemeinschaft der Muslime allerdings so gurt damit beraten ist, den Streit der theologischen Rechtsmeinung im Westen durch die Teilnahme am Parteienstreit zu ersetzen, wag ich mal zu bezweifeln....

hat denn jemand so was behauptet?

Zitat:aber man kann ja auch an der Gesellschaft teilhaben, ohne sich in das Parteiengezänk zu stürzen (wie wir Baha'i ja buchstäblich beweisen)

man kann sogar als gläubiger ein guter mensch sein, ohne was mit den bahai am hut zu haben :icon_cheesygrin:
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#92
...das trifft sogar auf die Ungläubigen zu.... :)
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#93
(07-12-2009, 20:10)petronius schrieb:
(07-12-2009, 19:40)Moski schrieb: Entschuldige, aber das Zeigen unbedeckter Körperteile wie Schultern oder Beine einer Muslima ist unzüchtig

par ordre de mufti?

das sollte doch wohl jede muslima für sich selbst entscheiden können

Was gezeigt werden darf und was nicht, haben Rechtsgelehrte des Islam (Ulama) festgelegt. Nach traditioneller Auffassung ist bei eine Muslima der gesamte Körper mit Ausnahme von Gesicht, Händen und Füßen als "aurah" definiert, der vor den Blicken fremder Männer zu bedecken ist.

Die "aurah" eines Muslims liegt zwischen Bauchnabel und Knie.

„O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (dann) erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist Allverzeihend, Barmherzig.“ (Sure Al-Ahzab, 59)

(07-12-2009, 20:10)petronius schrieb: nun ist allerdings unser schulsystem ebensowenig an die gepflogenheiten einer "islamischen Community" gebunden wie etwa an die evangelikaler randgruppen, welche ja auch z.b. sexualkunde ebenso ablehnen wie gewisse gruppen von muslimen koedukativen schwimmunterricht

Wenn das Schulsystem Dinge als richtig erachtet, die von religiösen Gemeinschaften als nicht richtig angesehen werden, dann stellt sich die Frage, ob die Anhänger solcher religiösen Gemeinschaften zur Akzeptanz solcher Dinge gezwungen werden sollten. Immerhin gilt in Deutschland laut Grundgesetz die Religionsfreiheit, wonach niemand zu etwas gezwungen werden darf, was seine Religionsfreiheit einschränkt.

(07-12-2009, 20:10)petronius schrieb: was genau stört dich an koedukativem schwimmunterricht, was daran ist konkret warum "unislamisch"?

Der koedukative Schwimmunterricht bringt Muslime ein erhebliches Problem, da er mit den Regeln und Moralvorstellungen des Islam bricht. Es ist unsittlich für eine Muslima, sich in Badeanzug fremden Menschen zu zeigen. Die Möglichkeit eines Ganzkörperbadeanzugs wird als eine Lösung angesehen, jedoch verhindert dies nicht, dass muslimische Frauen und Mädchen den Anblick anderer entblößter Menschen ertragen müssen. Aus gutem Grund haben eine ganze Reihe von Städte in ihren städtischen Bädern Badezeiten extra für Muslimas eingerichtet.

(07-12-2009, 20:10)petronius schrieb: und würdest du befürworten, daß z.b. muslimische schüler sich weigern dürfen, ihrer lehrerin die hand zu geben? weil das den gepflogenheiten einer "islamischen Community" entspricht?

Selbstverständlich. Wenn es Ausdruck des persönlich gelebten Glaubens ist, einer Frau nicht die Hand zu geben, warum sollte dann jemand gezwungen werden?

Der Prophet (a.s.) enthielt sich des Händeschüttelns mit Frauen. Jeder Muslim strebt dem Vorbild des Propheten (a.s.) nach. Daher ist es mehr als nur legitim, den Handschlag aus religiösen Gründen zu verweigern.

Ein Hindu grüßt sein Gegenüber mit "Nameste", legt die Hände in der Herzgegend seines eigenen Körpers flach gegeneinander und verbeugt sich. Auch er gibt aus religiösen Gründen dem Gegenüber nicht die Hand.

as-salâmu aleikum
Moski
Ich bin gegen Religion weil sie uns lehrt, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen (Richard Dawkins)
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#94
(08-12-2009, 19:35)Moski schrieb: Was gezeigt werden darf und was nicht, haben Rechtsgelehrte des Islam (Ulama) festgelegt. Nach traditioneller Auffassung ist bei eine Muslima der gesamte Körper mit Ausnahme von Gesicht, Händen und Füßen als "aurah" definiert, der vor den Blicken fremder Männer zu bedecken ist.

Die "aurah" eines Muslims liegt zwischen Bauchnabel und Knie

das mag die auffassung sein, die du für "traditionell" hältst

es gibt auch andere, und welcher frau sich anschließen will, ist ihre sache als gläubige

Zitat:Wenn das Schulsystem Dinge als richtig erachtet, die von religiösen Gemeinschaften als nicht richtig angesehen werden, dann stellt sich die Frage, ob die Anhänger solcher religiösen Gemeinschaften zur Akzeptanz solcher Dinge gezwungen werden sollten

diese frage stellt sich durchaus nicht. es gibt kein sonderrecht für anhänger irgendwelcher "religiösen Gemeinschaften"

Zitat:Immerhin gilt in Deutschland laut Grundgesetz die Religionsfreiheit, wonach niemand zu etwas gezwungen werden darf, was seine Religionsfreiheit einschränkt

es steht dir frei, vor dem verfassungsgericht auf verletzung der religionsfreiheit durch schwimmunterricht zu klagen

viel glück

auch die religionsfreiheit hat sich wie die freiheit des einzelnen allgemeinen regeln zu unterwerfen

Zitat:Der koedukative Schwimmunterricht bringt Muslime ein erhebliches Problem, da er mit den Regeln und Moralvorstellungen des Islam bricht

das seh ich als problem dieser vorstellung von islamischen "Regeln und Moralvorstellungen", nicht der allgemeinen schulpflicht

Zitat:Es ist unsittlich für eine Muslima, sich in Badeanzug fremden Menschen zu zeigen. Die Möglichkeit eines Ganzkörperbadeanzugs wird als eine Lösung angesehen, jedoch verhindert dies nicht, dass muslimische Frauen und Mädchen den Anblick anderer entblößter Menschen ertragen müssen. Aus gutem Grund haben eine ganze Reihe von Städte in ihren städtischen Bädern Badezeiten extra für Muslimas eingerichtet

die muslimischen schülerinnen dürfen ja auch dieses angebot gerne wahrnehmen

würde es eine religion als "unsittlich" ansehen, überhaupt zur schule zu gehen, müßten wir dann diese schüler aus der schulpflicht entlassen?

Zitat:Selbstverständlich. Wenn es Ausdruck des persönlich gelebten Glaubens ist, einer Frau nicht die Hand zu geben, warum sollte dann jemand gezwungen werden?


und wenn es als "Ausdruck des persönlich gelebten Glaubens" verkauft wird, frauen grundsätzlich den respekt zu verweigern, dann ist das kommentarlos hinzunehmen?

ich glaube nicht

unsere gesellschaft ist nun mal anders strukturiert. wer an ihr teilhaben will, kann nicht seine sonderregeln allen anderen aufdrücken
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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#95
Die Religionsfreiheit hört dort auf, wo sie Menschen herabsetzt, sei das ihres Geschlechts, ihrer "Rasse" oder ihrer sexuellen Ausrichtung wegen. Da gibts nichts zu diskutieren. Auch nicht bei einer Weltreligion.
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#96
Moski:

Der Fehler liegt in der "traditionellen Auffassung der Rechtsgelehrten" - diese geben ihre eigene persönliche Meinung wider und erheben diese zum Dogma. Der Mensch hat aber von Gott/Allah/Jahwe/Jehova/Manitou einen eigenen Kopf zum Denken mitbekommen, kann sich also selbst ein Bild von "Richtig" und "Falsch" anhand der moralischen und ethischen Aussagen der Heiligen Schriften machen. Dazu braucht man keine Ulama, keinen Papst, keinen Ältesten oder keinen Patriarch.

Dass in den religiösen Systemen der Vergangenheit die Geistlichkeit, der Priesterklerus eine gewisse Rolle spielte, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass eben in der Vergangenheit nicht das gleiche Mass an Allgemeinbildung bei der Bevölkerung vorlag, wie das heute global gesehen der Fall ist. Alle zivilisierten Staaten haben die Schulpflicht, in allen zivilisierten Staaten lernen Menschen Lesen und Schreiben (leider aber nicht immer auch Denken...). Priester, Imane, Ulama haben nicht mehr die Verpflichtung "das Geschriebene" vorzulesen und zu erklären - Menschen können sich über die Bedeutung der Texte in den Religionsschriften, in den Philosophien im gegenseitigen Diskussionsaustausch auch selbst "klar" werden. Die Zeiten des vatikanischen Konzils (als Gremium zur Lehre des "rechten Glaubens") sind ebenso vorbei wie die der Ulama und der bestimmenden Rechtsschulen. Das es auch ohne Rechtsschulen geht siehst Du (im Islam) an den Qur'anniten und an den Baha'i.
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#97
@t.logemann
Wobei, wenn die Bahai als so modern hingestellt werden, sich im gesellschaftlichen Engagement nur beschränkt betätigen dürfen. Aber das ist zugegebenerweise nicht Gegenstand dieses Threads.

Gruß
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#98
(09-12-2009, 16:57)t.logemann schrieb: Dass in den religiösen Systemen der Vergangenheit die Geistlichkeit, der Priesterklerus eine gewisse Rolle spielte, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass eben in der Vergangenheit nicht das gleiche Mass an Allgemeinbildung bei der Bevölkerung vorlag, wie das heute global gesehen der Fall ist. Alle zivilisierten Staaten haben die Schulpflicht, in allen zivilisierten Staaten lernen Menschen Lesen und Schreiben (leider aber nicht immer auch Denken...). Priester, Imane, Ulama haben nicht mehr die Verpflichtung "das Geschriebene" vorzulesen und zu erklären - Menschen können sich über die Bedeutung der Texte in den Religionsschriften, in den Philosophien im gegenseitigen Diskussionsaustausch auch selbst "klar" werden. Die Zeiten des vatikanischen Konzils (als Gremium zur Lehre des "rechten Glaubens") sind ebenso vorbei wie die der Ulama und der bestimmenden Rechtsschulen. Das es auch ohne Rechtsschulen geht siehst Du (im Islam) an den Qur'anniten und an den Baha'i.

Du schreibst, die Zeiten des Vatikanischen Konzils seien vorbei, ebenso wie die der Ulama und der bestimmenden Rechtsschulen. Sind denn allgemein geltende Vorschriften, wie etwa die Pflicht, zur Schule zu gehen, dort am Sexualkundeunterricht oder koedukativen Schwimmkursen teilzunehmen, nicht genau so Vorschriften, die von oben herab gegeben werden?

Wenn der Mensch durch sein eigenes Denken wirklich frei sein soll, dann muss ihm doch auch das Recht zugestanden werden, sich vorgegebenen Regeln der Allgemeinheit zu verweigern. Das Befolgen eines Konformismus, der angeblich durch die Allgemeinheit vorgegeben wird, in Wahrheit aber Ausdruck einer bestimmenden Kaste ist - so wie früher Priester, Papst oder auch Ulama -, ist doch genau die Unfreiheit, die hier kritisiert wird. Oder mit anderen Worten: Der Mensch von heute ist nicht freier, als der Mensch vor vielen Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Man glaubt es nur, weil es dem Menschen von der herrschenden Schicht eingeredet wird.

Wenn nun ein Mensch durch sein (Nach-)Denken über sein Leben und seinen Glauben zu dem Schluss kommt, die Forderung der Allgemeinheit in bestimmten Dingen ist nicht das, mit dem dieser Mensch einverstanden ist, warum gibt man ihm nicht die Freiheit, sein Leben in diesen Bereichen so zu gestalten, wie er es möchte? Der Gläubige steht unter einem großen Druck, dem er sich derzeit nicht entziehen kann. Und koedukativer Schwimmunterricht ist dabei ein sehr kleines Problem.

as-salâmu aleikum
Moski
Ich bin gegen Religion weil sie uns lehrt, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen (Richard Dawkins)
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#99
@Moski
Dann brauche ich aus religiösen Gründen auch keine Steuern zu zahlen. Aus gleichem Grunde darf ich Kinder der schulischen Bildung erziehen, weil ich mir meine kleine Sklavenmannschaft aufbauen will. (Letzteres ist übrigens kein Scherz sondern wird gerade vom Regierungspräsidium Stuttgart in der Nähe von Heilbronn mit Vollstreckung von Bußgeldern versucht zu verhindern).

Gruß
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(10-12-2009, 01:38)alwin schrieb: @Moski
Dann brauche ich aus religiösen Gründen auch keine Steuern zu zahlen. Aus gleichem Grunde darf ich Kinder der schulischen Bildung erziehen, weil ich mir meine kleine Sklavenmannschaft aufbauen will. (Letzteres ist übrigens kein Scherz sondern wird gerade vom Regierungspräsidium Stuttgart in der Nähe von Heilbronn mit Vollstreckung von Bußgeldern versucht zu verhindern).

Gruß

hab den Satz bzgl der schulischen Bildung erziehen nicht verstanden, meintest du entziehen?. Meinst du die evangelikalen Freikirchler die ihre Kinder zu hause bzw in Kircheneigenen Schulen unterrichten wollten? Gab es das auch mit muslimischem Hintergrund? Ich komm aus der Ecke, kenn aber nur die evangelikalen bzw Baptisten Vorfälle.
Gruß
As Salamu Aleikhum
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@zahira
Das war ein generelles Eingehen auf die vorgebrachte eingabe von Moski. Denn, wenn religiöse Sonderregelungen gelten sollen, dann ja wohl für alle. Nein, im muslimischen Hintergrund sind mir selber solche Vorfälle nicht bekannt.

Gruß
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(10-12-2009, 01:06)Moski schrieb: Du schreibst, die Zeiten des Vatikanischen Konzils seien vorbei, ebenso wie die der Ulama und der bestimmenden Rechtsschulen. Sind denn allgemein geltende Vorschriften, wie etwa die Pflicht, zur Schule zu gehen, dort am Sexualkundeunterricht oder koedukativen Schwimmkursen teilzunehmen, nicht genau so Vorschriften, die von oben herab gegeben werden?

nein - es sind "vorschriften", die einer demokratisch legitimierten gesetzgebung entspringen

Zitat:Wenn der Mensch durch sein eigenes Denken wirklich frei sein soll, dann muss ihm doch auch das Recht zugestanden werden, sich vorgegebenen Regeln der Allgemeinheit zu verweigern

das wäre anarchie in ihrer unangenehmen form. jede gesellschaft muß sich regeln geben, um mit einem minimum an reibung zu funktionieren

und dein "traditionelles islamverständnis", das du hier zu akzeptieren forderst, läßt ja gerade nicht zu, daß das individuum sich "vorgegebenen Regeln der (muslimischen Allgemeinheit" verweigert

dein eintreten für individuelle entscheidungsfreiheit wäre um vieles glaubwürdiger, wenn du nicht eine ideologie propagiertest, die für das exakte gegenteil steht

Zitat:Das Befolgen eines Konformismus, der angeblich durch die Allgemeinheit vorgegeben wird, in Wahrheit aber Ausdruck einer bestimmenden Kaste ist - so wie früher Priester, Papst oder auch Ulama -, ist doch genau die Unfreiheit, die hier kritisiert wird. Oder mit anderen Worten: Der Mensch von heute ist nicht freier, als der Mensch vor vielen Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Man glaubt es nur, weil es dem Menschen von der herrschenden Schicht eingeredet wird

mit verlaub: das ist grober unfug

hast du dich mit der idee demokratischer entscheidungsfindung und individueller menschenrechte, die ihr ende erst dort finden, wo ihre ausübung die anderer beschneiden würde, überhaupt schon mal vertraut gemacht?

Zitat:Wenn nun ein Mensch durch sein (Nach-)Denken über sein Leben und seinen Glauben zu dem Schluss kommt, die Forderung der Allgemeinheit in bestimmten Dingen ist nicht das, mit dem dieser Mensch einverstanden ist, warum gibt man ihm nicht die Freiheit, sein Leben in diesen Bereichen so zu gestalten, wie er es möchte? Der Gläubige steht unter einem großen Druck, dem er sich derzeit nicht entziehen kann. Und koedukativer Schwimmunterricht ist dabei ein sehr kleines Problem

dann brauchst du ja auch nicht diese mücke zum elefanten aufblasen

schön, daß wir das so schnell klären konnten
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@Moski
Kann es sein, daß Du unsere bestehende Gesellschaftsform gerne gegen eine islamisch geprägte eintauschen würdest? Wenn ja, wie steht es dann mit deren Forderungen, die andere Menschen nicht erfüllen wollen. Wird dann islamisches Recht auch ausgesetzt?

Gruß
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(10-12-2009, 11:00)petronius schrieb:
(10-12-2009, 01:06)Moski schrieb: Du schreibst, die Zeiten des Vatikanischen Konzils seien vorbei, ebenso wie die der Ulama und der bestimmenden Rechtsschulen. Sind denn allgemein geltende Vorschriften, wie etwa die Pflicht, zur Schule zu gehen, dort am Sexualkundeunterricht oder koedukativen Schwimmkursen teilzunehmen, nicht genau so Vorschriften, die von oben herab gegeben werden?

nein - es sind "vorschriften", die einer demokratisch legitimierten gesetzgebung entspringen

Wenn es solch demokratisch legitimierten Regeln gibt, warum werden dann christliche und nicht-christliche Religionsgemeinschaften unterschiedlich behandelt? Der Grundsatz der Gleichheit sollte in einer demokratisch legitimierten Gesellschaft doch für alle gelten. Wie wir wissen, macht der Bau von Moscheen erheblich mehr Probleme, als der Bau von neuen Kirchen. Der Ruf des Muezzins wird anders bewertet als das Kirchengeläut. Der demokratisch legitimierte Staat zieht zwangsweise von Arbeitnehmern, die der katholischen oder evangelischen Kirche angehören, Steuern ein, während Angehörige einer nicht-christlichen Religion oder nichtreligiöse Menschen dies erspart bleibt. Gibt es hier eine persönliche Freiheit in religiösen Dingen, ohne dadurch seinen Glauben ablegen zu müssen?

(10-12-2009, 11:00)petronius schrieb:
Zitat:Wenn der Mensch durch sein eigenes Denken wirklich frei sein soll, dann muss ihm doch auch das Recht zugestanden werden, sich vorgegebenen Regeln der Allgemeinheit zu verweigern

das wäre anarchie in ihrer unangenehmen form. jede gesellschaft muß sich regeln geben, um mit einem minimum an reibung zu funktionieren

Selbstverständlich muss sich eine Gesellschaft Regeln geben, um zu funktionieren. Es stellt sich aber die Frage, wie weit solche Regeln zu gehen haben. Die gesellschaftlichen Regeln hier in Deutschland unterscheiden sich von jenen in Skandinavien und jenen in Spanien. Oder in Nordamerika. Muss also wirklich der Sportunterricht an den Schulen durch den Gesetzgeber bis ins Detail reguliert sein? Oder verliert der Mensch durch diese Regulierungswut nicht ein entscheidendes Stück an Freiheit in seinen Entscheidungen?

(10-12-2009, 11:00)petronius schrieb: und dein "traditionelles islamverständnis", das du hier zu akzeptieren forderst, läßt ja gerade nicht zu, daß das individuum sich "vorgegebenen Regeln der (muslimischen Allgemeinheit" verweigert

dein eintreten für individuelle entscheidungsfreiheit wäre um vieles glaubwürdiger, wenn du nicht eine ideologie propagiertest, die für das exakte gegenteil steht

Die Frage, die ich stelle, lautet doch nicht, ob ein traditionelles Weltbild als Regel für andere Menschen gelten soll, sondern ob jemand, der ein traditionelles Weltbild hat, hier in Deutschland danach leben kann.

Nehmen wir das Beispiel der Schulspeisung. In Deutschland gibt es Religionen, die den Verzehr von Schweinefleisch untersagen (Juden, Muslime). Sollen diese Gläubigen dazu gezwungen werden, Schweinebraten zu essen, nur weil es der demokratisch legitimierte Speisenplan der Schule so erfordert? Oder gibt man Juden und Muslime hier die Freiheit, so zu essen, wie es ihre Religion ihnen vorgibt? Und wenn diese Freiheit gewährt wird, warum lässt man das beim Essen in der Schule zu, bei koedukativen Schwimmunterricht hingegen nicht?

(10-12-2009, 11:00)petronius schrieb: hast du dich mit der idee demokratischer entscheidungsfindung und individueller menschenrechte, die ihr ende erst dort finden, wo ihre ausübung die anderer beschneiden würde, überhaupt schon mal vertraut gemacht?

Selbstverständlich. Deine These kommt in allen großen Religionen vor: Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam - sie alle kennen das Prinzip der eigenen Freiheit, die dort endet, wo es einen anderen Menschen einschränkt (siehe Mt. 7,12; Lk 6,31). Und hat nicht Christus selbst gesagt: "Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst"?

Philosophie:
Ich kenne die Ideen von Rousseau und Kant, so wie ich auch die Theorien von Marx kenne. Den Satz von Rosa Luxemburg ("Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden") befürworte ich ganz eindeutig. Ich befürworte auch Thomas Jeffersons Ausführungen zu den Menschenrechten, wie sie in der Declaration Of Independence bei der Gründung der USA niedergeschrieben wurden:

[...] dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, [...]




(10-12-2009, 11:00)petronius schrieb: dann brauchst du ja auch nicht diese mücke zum elefanten aufblasen

schön, daß wir das so schnell klären konnten

Ich blase weder eine Mücke zum Elefanten auf, noch halte ich dieses Thema - die Freiheit des Individuums in einer Gemeinschaft mit restriktiven Regelungen - für geklärt. Vielmehr ist der Punkt, wie eine Gesellschaftsmehrheit mit ihren Minderheiten umgeht, bis heute auch politische und soziologisch ungeklärt. Nicht ohne Grund krankt Deutschland derzeit am Integrationsproblem. Vielleicht auch, weil Diskussionen darüber nicht stattfinden oder zu früh abgebrochen werden.

as-salâmu aleikum
Moski
Ich bin gegen Religion weil sie uns lehrt, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen (Richard Dawkins)
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(10-12-2009, 11:09)alwin schrieb: @Moski
Kann es sein, daß Du unsere bestehende Gesellschaftsform gerne gegen eine islamisch geprägte eintauschen würdest? Wenn ja, wie steht es dann mit deren Forderungen, die andere Menschen nicht erfüllen wollen. Wird dann islamisches Recht auch ausgesetzt?

Gruß

Ich will gar nichts austauschen (ich empfehle einen Blick auf meine Signatur weiter unten!). ich stelle nur die Frage zur Diskussion, ob Menschen, die ein etwas anderes Weltbild habe als die Bevölkerungsmehrheit, ihr Weltbild hier in diesem Land leben können. Nach Durchsicht der Antworten, die hier geschrieben wurden, scheint das ein echtes Problem zu sein.

Die Mehrzahl der Menschen in diesem Lande isst Fleisch. Nun gibt es aber auch Veganer, die den Verzehr jeglicher tierischen Produkte für sich ablehnen. Dürfen diese Menschen ihren Lebensstil beibehalten oder sind sie gezwungen, sich dem Diktat der Mehrheit - und wenn es noch so sehr demokratisch herbei geführt wurde - zu unterwerfen? In genau der gleichen Rolle stecken religiöse Minderheiten in Deutschland, die durch einen angeblichen Mehrheitsbeschluss dazu gezwungen werden, auf typische Elemente ihrer Religion zu verzichten (bei Muslimen etwa der Bau von Moscheen mit den dazugehörigen Minaretten und dem Ruf dem Muezzins).

Die Frage ist nicht, ob hier eine islamische Ordnung Einzug halten soll (von meiner Seite aus ein ganz klares "Nein!"), sondern wie in einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung mit Minderheiten umgegangen werden soll.

as-salâmu aleikum
Moski
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