24-06-2012, 18:28
(24-06-2012, 13:21)Keksdose schrieb: Ich glaube eigentlich schon, dass man relativ objektiv behaupten kann, dass auf unserem Planeten ganz furchtbare Ungerechtigkeiten passieren. (Bemerkung dazu: Meine Mutter ... rettet sich da in den Pantheismus, ...)Vollkommen richtig! Was bedeutet dies aber? Ist Glaube dazu da, Trost zu spenden, die Augen zu verschließen, ins Kämmerlein zu gehen, vor dem Hausaltar nieder zu knien und Gott darum zu bitten das Leid abzustellen?
Leider lautet die Antwort vieler Menschen: Ja!
Von solch einer Auffassung von Glaube habe ich mich bereits in meiner Jugend verabschiedet, was mit meiner eigenen und der Geschichte meiner Familie zu tun hat. Ich bin Kriegskind und Halbwaise. Auch ein Pate ist gefallen. Solchen Menschen hat Gott nicht geholfen (so, wie es anscheinend auch deine Mutter hört). Wenn man andererseits christlich-evangelisch sozialisiert ist, stellt man sich die Frage: Was bleibt?
Es bleiben zunächst zwei üble Sachverhalte
- Es gibt Menschen, die es geradezu darauf anlegen, übergroßes Leid zu erzeugen. Es ist ihre Art und sie bekennen Gott, wie du selbst! Ihre Schuld ist ist nicht zu vergeben - aber sie ignorieren sie. Man schließt sich dieser Welt an und "heult mit den Wölfen".
- Rückzug in die Innerlichkeit, welche der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer kategorisch verworfen hat.
Die genannte Selbstverpflichtung nebst Haltung geht geradezu von systemimmanenter Ungerechtigkeit, von Naturkatastrophen und Leid aus. Sie verlangt, sich immer um das Ergehen des Nächsten zu kümmern.
Ich hatte die "christliche Erlösungstheologie" angerissen:
(24-06-2012, 13:21)Keksdose schrieb: Warum können wir diesen "ewigen Frieden" nicht jetzt schon erlangen? Warum sind wir nicht schon erlöst? Ist Gott an zeitliche Dimensionen gebunden? Und warum hat er uns nicht gleich erlöst erschaffen? ...Niemand kann diese Fragen beantworten - nicht der Priester, nicht der Prophet, nicht Jesus und wir Laien schon gar nicht. Die christliche Erlösungslehre ist eine mythische Deutung, die man logisch nicht nachvollziehen kann, außer dass sie eine Deutung im Nachhinein versucht, die sich aus völlig unhaltbaren Aussagen über Gott (allmächtig, barmherzig, lebensschützend, ...) ergeben. Solche Aussagen (über Gott) sind bestenfalls Verehrungsformen.
(24-06-2012, 13:21)Keksdose schrieb: Dass wir dieses Leben haben, ist eigentlich so ein riesiges Wunder. Die Erlösung auf einen jüngsten Tag, eine Wiedergeburt oder ähnliches hinauszuschieben erscheint mir unlogisch.(Ich hoffe, mein Gedanke wird klar... ist irgendwie schwierig)Ich denke, du hast Recht. Das ist unlogisch. Ich weiß nur nicht, ob meine o. a. Erklärung ausreichend für dich ist.
(24-06-2012, 12:54)Gundi schrieb: Glaube hat aber nicht den Anspruch logisch ergründbar sein zu müssen.
(24-06-2012, 13:21)Keksdose schrieb: Wenn mir mein Gott nicht einmal die Sicherheit geben kann, dass er mich rettet, mir hilft, mich vor Leid beschützt, was bringt er dann?Nichts! Ein solcher Gott existiert nicht. Das Einzige, was unter uns Menschen wirksam werden kann, ist die gegenseitige Haltung. Die Gottesvorstellung ist eine seelische Dimension, gewissermaßen eine in eine höhere Dimension ragende "Haltestange", an der wir unsere Haltung befestigen - oder eben nicht, wie das Verhalten der o. g. "Machmenschen" zeigt.
(24-06-2012, 13:21)Keksdose schrieb: Bisher bin ich mit meinem Nachdenken immer beim Atheismus gelandet - und finde das selbst aber irritierend.In diesem Sinne bin ich "atheistischer Christ". Atheistisch, weil ich den biblischen Gottesbildern keine Realität beimesse, Christ, weil ich getauft bin und mich der Bergpredigt (und einer Reihe anderer Lehren Jesu) verpflichtet fühle.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

