08-11-2012, 22:00
Vielleicht zuvor einige Begriffsklärungen aus Anton Hügli / Poul Lübcke (rororo Philosophie-Lexikon):
Philosophie-Lexikon schrieb:Naturalismus (von lat. naturalis, natürlich).
1. Ontologischer N., häufig auch Materialismus genannt. Die Auffassung, dass alles Seiende auf eine kausal bestimmte Natur zurückgeführt werden kann, d. h. auf Kräfte und Entitäten, mit denen sich die Naturwissenschaften beschäftigen. Im Verlauf der naturwissenschaftlichen Entwicklung hat diese Auffassung verschiedene Formen angenommen. Der N. leugnet sowohl die Existenz eines transzendenten Gottes (vgl. Supranaturalismus) als auch die eines freien Willens, der den Menschen von der übrigen Natur abhebt (Demokrit, Hobbes, Holbach, Feuerbach, Armstrong, Smart). Ende des 19. Jh. erlebte dieser N. eine Blütezeit. … Einige Philosophen (z.B. Husserl) verwenden den Begriff N. in einem weiteren Sinn und sprechen auch von einer psychischen Natur, die nicht auf ausgedehnte Natur zurückgeführt werden kann.
2. Erkenntnistheoretischer N.: Die Auffassung, dass alles Seiende mit Hilfe von naturwissenschaftlichen Methoden beschrieben und erklärt werden kann, und dass der Philosophie demnach keine besondere Erkenntnismethode eigen ist. Der erkenntnistheoretische N. ist häufig auch ein ontologischer. Er fand wichtige Vorläufer im Pragmatismus und im logischen Positivismus und spielte in den 30er und 40er Jahren in der amerik. Philosophie eine wesentliche Rolle. Evolutionstheoretische Erkenntnistheorien sind die gegenwärtig wohl wichtigste Spielart des erkenntnistheoretischen N.
3. Ethischer N.: Die Auffassung, dass sich moralische Urteile in ihrem Gegenstandsbereich nicht von theoretischen Urteilen unterscheiden. Der Begriff wird zumeist in einer der folgenden speziellen Bedeutungen verwendet:
(a) Moralische Urteile sind mit Beschreibungen identisch und können mit Hilfe wissenschaftlicher Untersuchungen nachgeprüft werden.
(b) Es ist möglich, von einer Beschreibung auf ein (moralisches) Urteil zu schließen,
© Grundlegende, wertende Begriffe wie ´gut´ können auf einfachere Begriffe zurückgeführt werden. Moore hat in diesem Zusammenhang den Naturalisten einen logischen Fehler, den sog. naturalistischen Fehlschluss, vorgeworfen.
naturalistischer Fehlschluss: Innerhalb der modernen Moralphilosophie (s. Ethik) Bezeichnung für den Fehler oder Fehlschluss, der dem ethischen Naturalismus vorgehalten wird. Der Ausdruck stammt von Moore, der sich auf das Humesche Gesetz beruft, wonach aus dem Sein kein Sollen abgeleitet werden kann. Moore behauptet, dass alle Philosophien, die versuchen, die grundlegende Wertqualität ´gut´ zu definieren, den n. F. begehen. Es ist jedoch unklar, worin Moore den Fehler sieht, ob in der Auffassung, dass ´gut´ eine definierbare Eigenschaft ist, oder vielmehr darin, dass ´gut´ als Eigenschaft verstanden wird, die sich von sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten nicht unterscheidet. Besonders letztere Auffassung hat bis heute überlebt. Für Hare besteht der n. F. in der Verwechslung von Beschreibungen und Wertungen. Ein Werturteil ist immer ein präskriptives (normatives, zuvor eingeführtes, voraus gesetztes) Urteil und enthält im Gegensatz zu Beschreibungen eine Handlungsvorschrift.


