23-01-2014, 18:16
(23-01-2014, 16:53)Scheingreis schrieb: Letztlich ist Religion genauso ambivalent wie die Menschen, von denen sie ausgeübt wird. Mehr sollte man aber ehrlicherweise auch nicht von ihr verlangen.
Ein toller Satz. Kann ich nur unterschreiben!
(23-01-2014, 16:53)Scheingreis schrieb:Zitat:Ich behaupte: Wenn ein Christ keinen Grund zur Annahme hätte, dass es für ihn irgendetwas positives bedeuten würde, sich so zu verhalten, wie er zu verhalten fordert, würde er es nicht tun.Behaupten darf man ja so ziemlich alles und jedes, und wo kämen wir schließlich hin ohne Gedankenskizzen und verbale Kladden? Nirgendwohin! Aber woran macht man sowas dann jeweils fest?
Das entspring im Grunde meiner Vorstellung davon, wie Menschen ticken (und ein bisschen der psychologischen Forschung, die prosoziales Handeln oft durch Egoismus motiviert formuliert - wobei man ehrlicherweise dazusagen muss, dass das natürlich diskutiert wird). Ich halte es für eine logische Antwort auf die Frage, warum sich freundschaftliche und hilfsbereite Strukturen entwickeln. Vielleicht machts mehr Sinn, wenn man es als evolutionspsychologische Überlegung sieht.
Allerdings muss ich meine Aussage gleichzeitig relativieren. Ich kann sie nur auf Verhalten im Alltag anwenden, denn selbstverständlich gibt es Situationen, in denen Menschen etwas tun, das ihnen persönlich überhaupt nichts nützt. Nämlich in allen Situationen, in denen ein Mensch sein Leben gibt. (Die Variable "Glaube an ewiges Leben" vernachlässige ich mal eben.) Ich denke da gerade an die Geschichte von einem KZ-Insassen, der bei der drohenden Erschießung eines Familienvaters dessen Platz einnimmt: Das ist einfach beeindruckend selbstlos und muss sich anders erklären lassen.
Aber ich glaube schon, dass Moral normalerweise auf (impliziten) Überlegungen beruht, die am Ende dem Individuum selbst einen Nutzen versprechen - und sei es nur die Errichtung eines Gesellschaftsvertrags, mit dem sich vielleicht 90% der Menschen einer Gesellschaft auf der Basis einer Konvention auf moralische Handlungsanweisungen geeinigt haben. Ich als Individuum hätte somit indirekt etwas davon, andere Menschen gut zu behandeln, weil ich dann (hoffentlich) in einer Gesellschaft lebe, in der sich mir gegenüber 90% der Menschen prosozial verhalten. Möchte man das negativ formulieren, ist das einzige Motiv dahinter Egoismus. Und ich glaube zwar nicht, dass Moral bewusst über solche Kanäle läuft, aber ich denke, dass man damit gut erklären könnte, warum kollegiales Verhalten unter hochentwickelten Spezies, wie wir zuweilen eine sind, so verbreitet ist.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)