(23-11-2014, 18:03)Harpya schrieb: Grundätzlich frag ich mich was der Genderwahn eigentlich soll.
Das ist ein altes Buch, eas mit jeder Übersetzung schon anders wird,
jetzt soll da auch noch ein anderes Rollenverständnis reingepresst werden.
Da kann man ja auch gleich Shakespeare und Goethe "modernisieren".
Ich will aber wissen was Goethe geschrieben hat und nicht was man draus machen will.
Das war numal eine patriarchalische Gesellschaft.
Ich lasse mal diese Polemik mit dem "Weinberg" weg, weil das mit der Frage nichts zu tun hat. Warum sollte man so etwas aendern? Das macht genau so wenig Sinn wie bei Erichs Beispiel.
Der Rest Deiner Argumentation ist auch ein wenig an der Problematik vorbei. Es mag zwar Uebersetzer geben, die genau so vorgehen, wie Du es schilderst - also einer bestimmten Ideologie folgen und diese in den Text hineinzwingen - aber es gibt halt auch die von mir genannten handfesten Gruende. Dieses Problem ist nicht die damalige patriarchalische Gesellschaft oder die eigentliche Aussage der damaligen Texte, sondern das Problem ist die Aenderung unserer heutigen Sprache.
Wenn man also im Deutschen nicht mehr das Wort "Mann" anstelle des Wortes "Mensch" benutzen kann, weil sich die Sprachverwendung und das Sprachverstaendnis in der deutschen Sprache geaendert hat, dann ist eine Uebersetzung, die vor 100 Jahren noch vollkommen richtig war, ploetzlich falsch. Der griechische Grundtext hat sich nicht oder kaum geaendert. Was sich in der Zeit aber stark geaendert hat, ist die Bedeutung der deutschen Uebersetzung an sich. D.h., so "partriarchal", wie sich das liest, ist der Text in Wirklichkeit gar nicht.
Du faellst da naemlich in eine selbstgebaute Falle. Die paulinischen Texte z.B. reflektieren natuerlich die damalige Gesellschaft, wie z.B. in der Weisungsberechtigung des Mannes gegenueber der Frau. Einige der "patriarchalischeren" Verse aber, wie z.B. der, dass Frauen in der Kirche schweigen sollen, sind spaete Einfuegungen. Die Geschlechtsumwandlung von Junia zu Junias in der mittelalterlichen lateinischen Bibel ist ein anderes Beispiel. All diese Dinge verdecken so quasi, dass die Rolle vieler Frauen in Pauls urspruenglicher Gemeinschaft sehr viel bedeutender war, als der Text uns zum Teil weismachen will.
Das heisst, es geht hier darum, die urspruengliche Bedeutung des Textes wiederherzustellen, nicht etwas Neues daraus zu machen. Dass manche Uebersetzer/innen dabei zu weit gehen, sei dahingestellt; fuer so etwas gibt's ja schliesslich Editoren.
Edit: Ich sehe natuerlich auch Deine Befuerchtung, dass da ueber das Ziel hinaus geschossen wird. Man muss da nicht dem radikalen Rand der "Gender Studies" folgen, die viel zu extrem in ihren Zielen sind. Wenn der Text dann unlesbar wird, ist auch niemandem gedient. Eine gute Allzweckloesung habe ich da auch nicht.