06-10-2019, 22:56
Burkl schrieb:eddyman schrieb:Wegkommen von sich selbst heißt doch, Abstand von Körper, Gedanken und Gefühlen zu gewinnen.Das klingt nach östlichen Religionen (Hinduismus, Buddhismus) - nach einer Art "Anästhesie", die in eine stoisch anmutende "selige Gleichmut" führt, wobei nach dieser Ansicht der Leib letztlich der "Befreiung" der Seele im Weg steht.
Ich denke es geht bei dieser Gegenüberstellung nicht um östliche Religionen oder um kirchliche Dogmen wie die Auferstehung des Leibes. Du kommst vom Ansatz her über den Glauben ran, und das war das vorderste Anliegen Jesu, er hatte gar nicht die Zeit und die Zuhörerschaft, groß eine Lehre oder Philosophie aufzuziehen. Er hat Wunder getan, damit die Leute zum Glauben an Gott kommen, und dazu gehört v.a. auch Sein erfassbares Wiedererscheinen.
(Hätte Er zB in Indien diese Wunder getan, wäre es wohl nicht als so besonders aufgefasst worden, weil die Yogis das ohnehin beherrscht haben. Geschätzt etwas nach Seiner Zeit hat Patanjali die Yoga-Sutras verfasst, in dessen drittem Kapitel beschrieben wird, wie diese "Wunder" zustande gebracht werden können.)
Mein Ansatz ist von der Vernunft her, und da liegt dieses Dogma quer.
Burkl schrieb:… auch der Leib hat eine Zukunft bei Gott.
Das Vergängliche hat eine Zukunft beim Unvergänglichen - das ist nicht schlüssig.
Burkl schrieb:In der christlichen Spiritualität ist das Ziel nicht ein "Abstandgewinnen" vom Leiblichen, sondern eine gewisse Vergeistigung, indem der Geist die Oberhand gewinnt auch über die Triebe, das "Ich-Hafte", das "Sich-zuerst-Suchen".
Der Geist kann nur die Oberhand gewinnen, wenn Er einen zumindest kleinen Abstand von Körper, Gedanken und Gefühlen hat. Bei einer Darmgrippe ist es mir unmöglich, auch nur einen spirituellen Gedanken aufrecht zu erhalten. Tut mir jemand bewusst Böses, kreisen meine Gedanken einen Tag lang ständig darum. Daher wäre es doch pragmatisch betrachtet nicht verkehrt, 'Erlösung' als einen Bruch mit dieser Identifikation anzusehen.
Natürlich hat Christus das nicht pragmatisch betrachtet, aber wohlgemerkt: Er hat nie zu einer Identifikation mit dem Kreuz aufgerufen, sondern nur gesagt, man solle es annehmen und es tragen, aber die Augen sind auf Ihn gerichtet. Darin liegt für mich implizit genau das, dem Kreuz (das nur in Bezug auf Körper, Gedanken und Gefühlen bestehen kann) wird gar keine besondere Beachtung geschenkt, sondern nur dem absoluten, seienden Prinzip, das Christus verkörpert hat, und durch Sein Wiedererscheinen nach dem körperlichen Tod demonstrierte.