03-07-2021, 22:31
(01-07-2021, 17:55)Athon schrieb: Die eigentliche Triebfeder hinter dem Gottglauben sehe ich aber im "göttlichen" Versprechen, dem Menschen ein ewiges Leben zu gewähren, wie auch immer dies ausgestaltet sein könnte.Hm? - Nein. Das ist bei den antiken Göttern nicht so gewesen und auch nicht durchgängig in den jüdischen Lehrmeinungen. Genau genommen ist das ein christlich-mythologisches Versprechen jener Urchristen, welche zunehmend einsehen mussten, dass praktisch ein Himmelreich nur im Jenseits zu haben war. Das ist eine sehr selektive Auslegung, die sich bis heute gehalten hat.
Mag sein, dass sich dieser Glaube gut anfühlt, weil er die schmerzlichen Trennungen durch den Tod (in dieser Welt) überbrückt. Aber das ist nicht "zuende" gedacht. Denn es ist vollkommen klar, dass der Mythos die nächsten 2000 Jahre nicht schadlos überstehen würde; es sei denn das "ewige" Leben ist ein absoluter Stillstand (Beharrung in Bewusstlosigkeit) oder die immerwährende Wiederholung des irdischen Erlebens. Die einzige, vernünftige Alternative wären Wiedergeburten in verschiedenen Welten mit all den Problemen, die Leben nun mal mit sich bringt. Aber das sieht der christliche Mythos nicht vor.
Mehr als die vollkommene Anbetung Gottes fiel den Machern nicht ein.
Deswegen ist "ewiges Leben" auch keine Verlockung sondern der Alptraum schlechthin.
(03-07-2021, 11:21)Reklov schrieb: An diesem Punkt setzt auch das ein, was z.B. das Christentum als Hoffnung und Trost zugleich vermitteln konnte und kann, denn jedes Menschenleben wäre als kurzes "Eintagsfliegendasein" ja vollkommen "sinnlos", auch wenn die einzelnen Personen die sich ihnen auf Erden stellenden Aufgaben und Anforderungen mit oft großartigem Erfolg bewältigen. Am Ende versänke jedoch alles nur im Staub einer verglühenden Sonne.Genau das wird passieren. Lebenssinn wird durch unsere Aufgaben definiert. Manche sind "eingebaut", andere ergeben sich aus dem gesellschaftlichen Kontext. Das ist Sinn genug! Anschließend kann man abtreten und den Rest den nachfolgenden Generationen überlassen - oder, wenn die Sonne verglüht, den Kräften des Universums, vielleicht anderswo.
(03-07-2021, 11:21)Reklov schrieb: Nein - Lebenssinn über den Tod hinaus kann keine Naturwissenschaft vermitteln.Richtig, einen Sinn über den Tod hinaus ist schon deshalb nicht möglich, weil nichts mehr da ist, das sich darüber Gedanken machen kann - und das ist sicher.
Ich halte den oben umrissenen, christlichen Mythos schlicht für einen unglücklich machenden Betrug. Es wird Nichtwissen (Informationslosigkeit) mit Inhalt gefüllt, der eine mächtige Lüge darstellt. Im Mittelalter hat die Kirche so ihre Schäfchen beieinander gehalten und sie im übertragenen Sinne gemolken. Und heute bleiben unsinnige Lebenserhaltungsmaßnahmen, übertriebener Totenkult, und die Trauer wird auch nicht besser als mit einer vernünftigen Haltung der Begrenztheit des Lebens gegenüber.
'Gundi' hat schon Recht: Das definitive Lebensende macht das Leben wertvoller.
(03-07-2021, 11:21)Reklov schrieb: Nicht ohne Grund wird Jesus u.a. damit zitiert: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt."Das hat der tatsächliche Jesus wahrscheinlich nicht gesagt. Es handelt sich um eine nachösterliche Gemeindebildung. Aber sei's drum:
Es ist in jedem Falle so, dass in anderen Passagen des NT ganz klar von der Endzeit und dem Anbruch des Gottesreiches die Rede war - im Hier und zu Lebzeiten der Jünger.
Gesellschaftspolitisch kann man sehr wohl fragen, wie man die Lebenssituationen möglichst vieler Menschen verbessern kann - aber bitte hier auf Erden! (Eine lohnende Aufgabe, die ja auch von vielen in Angriff genommen wurde und wird!)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard