23-01-2022, 20:57
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23-01-2022, 21:04 von Apollonios.)
(20-01-2022, 14:49)Ulan schrieb:Da kommt es auf die Definition des Begriffs Liebe an, denn ohne deren Klärung entstehen nur Missverständnisse. Beispielsweise unterscheiden sich christliche Begriffsverwendungen stark von allgemeinsprachlichen und auch die christliche Verwendung ist nicht einheitlich.(20-01-2022, 13:57)Reklov schrieb: ... nun erhebt sich die Frage, inwieweit denn menschliche Logik, welche sich ja bereits in Worte und Zahlen splittet, einen absoluten Anspruch anmelden darf/kann?![]()
Du verstehst das wahrscheinlich anders, aber dass es Vorgaenge gibt, die unserer auf unsere irdischen Erfahrung und den hier zugrundeliegenden Prozessen nicht folgen, wissen wir ja auch. Wobei ich da aber auch bei Dir so einige blinde Flecken in der Wahrnehmung feststelle.
(20-01-2022, 13:57)Reklov schrieb: Die mathematische Logik vermag z.B. in keiner Weise das Vorhandensein der LIEBE zu erläutern.
Die Evolutionstheorie erklaert das Vorhandensein von Liebe eigentlich ganz einleuchtend.
Ich meine: Sofern man unter Liebe den emotionalen Aspekt einer relativ stabilen Paarbindung und der Fürsorge für den Nachwuchs (Brutpflege) versteht, sowie einen emotionalen Aspekt des Zusammenhalts einer Familie, Sippe, Abstammungsgemeinschaft, dann braucht man zum Verständnis dieses Phänomens beim homo sapiens weder auf mathematische Logik noch auf Theologie oder Evolutionsbiologie zurückzugreifen. Es genügt die Tatsache, dass es sich hier um eine soziale Spezies mit relativ mangelhaften Instinktfunktionen handelt, eine Spezies, für die emotionale Bindungen solcher Art zu den Daseinsvoraussetzungen gehören: das ständige Vorhandensein einer so definierten Liebe ist eine Notwendigkeit für das Gedeihen und den weltweiten Erfolg dieser Spezies. Hier scheint mir (als einem Laien auf diesem Gebiet) ein evolutionsbiologischer Ansatz kaum hilfreich, weil im Tierreich generell die robuste Instinktausstattung genügt, um das Überleben und Gedeihen der Art zu sichern, während beim homo s. als Sonderfall, der sich nicht spontan und bedingungslos auf seine Instinkte verlassen kann und will, ein bestimmter zusätzlicher Faktor benötigt wird, der mit dem schwammigen Ausdruck Liebe bezeichnet wird. Wären die evolutionär herausgebildeten erblichen Instinkte - Reaktionen auf Schlüsselreize - ausreichend, so wäre Liebe für das Überleben und Gedeihen der Art überflüssig. Die vorhandene Instinktausstattung muss jedoch durch den Faktor Liebe ergänzt werden, damit menschliches Leben in der Zivilisation funktioniert, und dieser Vorgang ist nicht biologisch, sondern kulturell. Es geht hier um Entwicklungen in einer Zeit, als der homo s. evolutionär schon längst "fertig" war.
Eine relativ späte Neuerung ist das in manchen Religionen und Philosophien entwickelte Konzept einer Liebe, die sämtliche Angehörige der eigenen Spezies umfassen soll. Innerhalb dieses Konzepts stellt die von den Christen postulierte Feindesliebe eine besondere Ausprägung dar. Hier zeigt sich besonders deutlich, dass biologische und insbesondere evolutionäre Erklärungen nicht in Betracht kommen, denn hier handelt es sich überhaupt nicht um einen Affekt, sondern um die vorgeschriebene Erfüllung einer von Gott angeordneten Pflicht, von gleicher Art wie vorgeschriebene rituelle Reinigung oder Speisegebote. Und diese Forderung, speziell Feindesliebe, steht sogar ganz konträr zu allem, was das Instinktrepertoire des Säugetiers homo s. spontan anstrebt - deswegen ist die Erfüllung gewöhnlich utopisch. Eine Regel wie "Du sollst lieben" zeigt gerade, wie weit sich homo s. hier schon von seiner evolutionär herausgebildeten Instinktausstattung entfernt hat. Ein mit sicheren Instinkten ausgestattetes Wesen, wie es der Mensch vor Beginn der Zivilisation war, könnte "Liebe" nur als Affekt verstehen und würde die Idee, einen solchen Affekt per Gebot anzuordnen und per Willensakt zu erzeugen, als absurd empfinden (was es auch tatsächlich ist). Befohlene Liebe solcher Art hat somit - soweit sie überhaupt vorkommt - keine biologische Grundlage, sondern ist ein kulturhistorisches Phänomen. Allerdings ist hier Reklov entgegenzuhalten, dass die christliche Liebe, eine Pflichtübung, auch kein Argument für den Theismus oder speziell für die Existenz von JHWH abgibt.

