(01-09-2008, 13:39)Julchen schrieb: Selbsterhaltungstrieb ? Das man zum Schwein mutiert? Oder "soll" um sich selbst erhalten zu können ? :eh:
Es "soll" nicht so sein, es ist so. Es gibt Menschen die "über Leichen" gehen, nur um ihr Ziel zu erreichen. Geld. Macht. Das alles sind Existenzgrundlagen, aber da gehen auch die Moralvorstellungen auseinander, wie weit man dafür gehen würde. Der Glaube, die Botschaft in all den 'großen' Religionen (ich möchte Ausnahmen nicht ausschließen) ist doch das bessere Miteinander, das unseren eigenen Egoismus zurückstellt und den anderen als gleich wichtig anerkennt. Im Christentum treten diese moralischen Werte unter dem Stichwort 'Nächstenliebe' auf.
Julchen schrieb:Kann, sie könnte, sie tut es aber ganz offensichtlich nicht, da sie entweder nur als "Liebe deinen Nächsten" oder aber "(liebe) dich selbst" verstanden wird. Selbst Gläubige fügen anderen Schaden zu und das soll dann mit dem Selbsterhaltungstrieb zu entschuldigen oder zu erklären sein ?
Zuerst einmal, versuche dir mal ansatzweise eine Welt ohne Glauben vorzustellen. Woher sollten die Menschen solche Begriffe wie 'Nächstenliebe' oder "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" kennen? Ich sehe im Glauben unter anderem eben genau diese moralischen Werte. Wir leben in der besten möglichen Welt. Aber diese Welt wird morgen nicht die gleiche sein wie heute. Morgen kann diese Welt schon ein bisschen besser oder schlechter sein, jedoch wäre es für morgen immer noch die beste mögliche Welt. Es wird niemals eine Welt ohne Leid geben, das wäre dann wohl das, was man unter einer "perfekten Welt" versteht und stände weit ab von 'Freiheit'.
Zur Frage, wieso es auch Gläubige gibt, die anderen Schaden zufügen muss man ein bisschen in den Bereich Humanismus.
Gehen wir zunächst einmal auf Tiere ein. Tiere sind niemals frei von Moral, aber sie haben doch ganz andere Moralvorstellungen. Und wir haben nun einmal mit Tieren gemeinsam, das sie genauso wie wir Lebewesen sind und auch wir werden, genauso wie die Tieren mehr oder weniger stark von unseren Instinkten beherrscht. "Das Recht des Stärkeren." (vgl. Selbsterhaltungstrieb)
Der Mensch wird niemals frei von seinen Instinkten sein. Aber Glauben kann uns dabei helfen, diese Instinkte zu reduzieren. Man erkennt den anderen als gleichwertiges Lebewesen an. Aber man kann eben diese Instinkte nur reduzieren. In einem Kampf auf Leben und Tod, würde sich z.B. niemand von einem Fremden töten lassen. Im Angesicht des Todes, mit einem eisernen Willen zu Überleben, würden es wohl die wenigsten schaffen sich ihren Glauben und ihre 'zivilisierte' Moral zu bewahren. Bei anderen ist dieser Punkt schon viel früher, als im Angesicht des Todes, erreicht und so neigen auch Gläubige irgendwann dazu ihre Ideologie zu verwerfen und sind wieder nicht mehr als handelnde Wesen reduziert auf ihre Instinkte.
Vielleicht ist es ja mit dieser sehr übertriebenen Darstellung verständlicher.
Julchen schrieb:Ich weiß wie du das meinst, trotzdem : wie du es verstehst, wie ich es auch verstehe, so verstehen es aber viele nicht. das ist nunmal eine Tatsache.
Verstehen und Verstanden-werden ist so eine Sache. Es gibt einfach verschiedene Auslegungen des Glaubens und genauso gibt es auch noch andere Quellen für diese moralischen Werte, wie z.B. das Prinzip 'Gesellschaft'. Über die Auslegung des Glaubens lässt sich natürlich streiten, aber andersgläubige zu diskriminieren dürfte sicher nicht im Sinne einer Religion oder Religionsalternative sein. Viele Menschen können sich einfach nicht weit genug über ihre Instinkte hinwegsetzen.
Julchen schrieb:Faranox schrieb:Ja, wo ist der liebe Gott, wenn ich vor all den Hürden und Herausforderungen des Alltags stehe oder auch vor Ausnahmesituationen? - Gott ist die Hoffnung. Gott lebt im Glauben. Verliere niemals deine Hoffnung und du wirst auch niemals deinen Glauben verlieren, egal an was du glaubst.
...eben die Hoffnung, die sollte man nicht mit Gott in Verbindung bringen. Wer seinen Glauben anders anfängt zu be-greifen, für den kann es höchst hinderlich werden.
Denn es kommt keine Hand vom Himmel die hilft, gehen muss jeder für sich selbst.
Da habe ich eine etwas unglückliche Formulierung gewählt, obwohl "die Hand, die vom Himmel kommt und hilft" wohl eine sehr seltsame Vorstellung von Hoffnung ist.
Gott ist die Hoffnung - im Christentum. Gott lebt im Glauben - im Christentum. Das hätte man jedoch genauso gut durch Allah ersetzen können oder durch einen anderen Glaubensinhalt fast aller anderen Religionen. Es ist einfach das, was wir mit dem 'Übersinnlichen' verbinden. Das was außerhalb dessen steht, das wir Menschen erfassen können.
Einfacher gesagt: "Weil ich an Gott glaube vermag ich zu hoffen." - auf das Christentum gemünzt.
Sehe die Hoffnung als das, was dir erlaubt, dir vorzustellen, dass die nächste Handlung deines Gegenübers nicht seinem eigenen Wohl bestimmt ist, sondern dem Wohl seines nächsten.
Das empfinde ich als eine der wichtigsten Seiten der Hoffnung.
Liebe Grüße
Faranox
"Religion ist Ehrfurcht - die Ehrfurcht zuerst vor dem Geheimnis, das der Mensch ist." ~Thomas Mann