05-09-2008, 21:26
Liebe Gudrun,
ich hatte geschrieben:
Daraufhin wendest du ein:
Du hast Recht: Viele Menschen zweifeln an ihrer Wirkung, eben weil sie ihr ICH überbewerten. Das hat mit "übersteigertem Selbstbewusstsein" nichts zu tun, sondern damit, dass sie die Vielheit im Gegensatz zum Individuellen nicht (an)erkennen. Ich verweise auf die Ausführungen Mandingos zur Gemeinde:
Zusammenfassung:
Starker ICH-Bezug = Entsolidarisierung = programmierte Ohnmacht. Das Selbstwertgefühl ist vom ICH-Bezug sauber zu trennen. Geringes Selbstwertgefühl kann eine direkte folge des starken ICH-Bezuges sein.
ich hatte geschrieben:
Zitat:Unser ICH ist darin nicht das Besondere, als das wir es empfinden! Diese Erkenntnis ist nicht neu und findet sich im Grunde in allen Weltanschauungen, selbst im Atheismus. Wir müssen mit Blick über unsere Tellerränder davon ausgehen, dass sich in dem allen ein menschheitliches, wahrscheinlich kosmisches Über-Ich manifestiert und äußert, so wie wir Menschen uns selbst und untereinander sehen. Unsere hohe aber kleinräumige Verarbeitungsgeschwindigkeit von Information gaukelt uns den überragenden Grad an Selbstbewusstsein vor, den wir an uns beobachten.
Daraufhin wendest du ein:
(05-09-2008, 01:18)gudrun schrieb: ...demnach ist das Handeln des einzelnen Menschen für die Allgemeinheit genauso unwichtig wie in der heutigen Politik. Viele haben zwar etwas zu kritisieren, aber man stellt sich frustriert die Frage:"Was kann ich denn schon ändern?"Ich habe meine eigenen Worte einmal stehen gelassen, was ich üblicherweise vermeide. Aber du bringst ein Missverstehen zum Ausdruck nämlich, dass das Handeln des Einzelnen für die Allgemeinheit "unwichtig" sei. Genau dies ist es nach meiner Auffassung in keinem Fall.
Du hast Recht: Viele Menschen zweifeln an ihrer Wirkung, eben weil sie ihr ICH überbewerten. Das hat mit "übersteigertem Selbstbewusstsein" nichts zu tun, sondern damit, dass sie die Vielheit im Gegensatz zum Individuellen nicht (an)erkennen. Ich verweise auf die Ausführungen Mandingos zur Gemeinde:
Mandingo schrieb:In der Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die auf Nächstenliebe setzen,Insofern ist in unserer Gesellschaft eine Vereinzelung, eine Entsolidarisierung festzustellen, der inzwischen in christlichen Gemeinden entgegen gewirkt wird. Diese Entsolidarisierung – mithin die Überbewertung des ICH – zeigt inzwischen verheerende Wirkungen (s. den Artikel #47 zur 'Armut' von Julchen).
geschieht mehr! Sie entwickeln im selben Geist Aktivitäten in den Beziehungen, Familien, Politik und allg. Gesellschaft, die ihnen Spaß machen und die Welt verändern wollen.
gudrun schrieb:Gerade an diesem Punkt unterscheiden sich für mich Religion und Politik. An politischen Entscheidungen kann ich nichts ändern, aber meinem Glauben kann ich durch mein Handeln Glaubwürdigkeit verleihen, da kommt es schon nur auf mich an!Soweit beispielgebendes Handeln eine Gesellschaft verändert, dann ja. Aber du beklagst dich, in der Politik nichts ändern zu können. Generell kannst du nichts ändern, wenn du nicht an der Politik teilnimmst bzw. an der Vorbereitung der Entscheidungen mitarbeitest. Da ich selbst in einer Reihe von Gremien mitgearbeitet habe, kenne ich den permanenten Mangel an einsatzfreudigen Mitarbeitern. Der Grund ist die extreme Zurückhaltung "der Politik" gegenüber oder gar die "ewige Nörgelei" – "Rein in die Gremien, Parteien, Presbyterien, Kirchenvorstände …!" heißt die Devise - natürlich mit dem Risiko, dass man gemeinschaftlich beschlossene Regelungen nachher verteidigen oder sich sogar beschimpfen lassen muss.
gudrun schrieb:Natürlich muss man sich als kleines Rädchen im Getriebe sehen, aber was ist, wenn es nicht funktioniert...? --- Oder wenn es im falschen Motor sitzt?Hier wird nochmals die Überbewertung des Individuellen, des ICH, deutlich: "ICH bin so furchtbar wirkungslos". Natürlich ist das so, wenn man alles und jedes vom ICH aus betrachtet!
gudrun schrieb:Ich denke schon, dass Jeder einzelne Mensch wichtig ist, eben dort, wo er Einfluss nehmen kann. Warum sollte er sich dessen nicht bewusst sein?!Du hast zwar die richtige Erkenntnis, bleibst aber im Individuellen stecken. Dort gibt es für die "große, träge Maschine" keine "kleinen Hebelchen". Nur in der Solidargemeinschaft ist "der Mensch" (eine Gesellschaft) stark genug. Dies gilt für alle Politik, sei es in der Gemeinde, oder in der säkularen Gesellschaft.
gudrun schrieb:--- Woher nimmst Du überhaupt die Weisheit, dass so viele Menschen über einen überragenden Grad an Selbstbewusstsein verfügen?Ich hoffe, ich konnte das dem zu Grunde liegende Missverständnis ausräumen.
Zusammenfassung:
Starker ICH-Bezug = Entsolidarisierung = programmierte Ohnmacht. Das Selbstwertgefühl ist vom ICH-Bezug sauber zu trennen. Geringes Selbstwertgefühl kann eine direkte folge des starken ICH-Bezuges sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

