11-11-2008, 13:42
(09-11-2008, 23:31)Ekkard schrieb: Die soziale Frage bezieht sich auf die Massenarmut am Beginn der Industrialisierung als insbesondere das Handwerk durch industrielle Fertigung verdrängt wurde.
Auf heute bezogen, müsste man nach "Strukturwandel" und "Verdrängungswettbewerb" fragen.
In Deutschland fand ab Mitte des 18 Jahrhundert einerseits eine starke Zunahme der Bevölkerung statt und zugleich der erwähnte Übergang zur industriellen Fertigung.
Heute geschieht etwas völlig anderes: Die Fertigung folgt dem Kapital in jene Länder (oder wird dort "hochgezogen"), in denen die Arbeit billig ist. Dies wird zwar mit immer anspruchsvollerer Technik und Technikplanung in Deutschland teilweise ausgeglichen. Aber die dazu erforderliche Qualifikation ist dermaßen anspruchsvoll, dass immer mehr Menschen aus dem Arbeitsprozess ausgegliedert werden müssen. Parallel zu dieser Tendenz gehr eine systematische Bereicherung der Manager dieser High-Tech-Industrien einher. Dies verstärkt noch die genannte Tendenz zu weniger, aber extrem hoch qualitativer Arbeit. In der Tat wird den inländischen Managern die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder profitabel wirtschaften (auch mit Entlassungen) oder Schließen und selbst entlassen werden.
Tscha, das Auseinanderfallen der Gesellschaft in immer mehr soziale Verlierer und immer weniger materielle Gewinnler ist wohl der verbindene Schnittpunkt ALLER sozialen Fragen. Das führt dann misweilen zu solch sprachlichen Entgleisungen wie beim niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulf, der ausgerechnet im November meinte, Kritik an sich sozial ungerechtfertigt relativ immer mehr bereichernden Managern mit Pogromen vergleichen zu können.
Die Realität ist bescheidener: In der Breite kommen immer mehr Menschen in Industrieländern am unteren Rand an, fallen gar unters Existenzminimum, während andere institutionell hohe Einkommen noch eine Weile gesichert bekommen - die soziale Einkommensschere sich immer weiter öffnet, man auch noch meint, von Bildungs-oder Wissensrendite sprechen zu können und so weit klaffende Einkommensdifferenzen begründet ... und für immer mehr Leute unerschwingliche Status-Güter - wie z.B. auch neue große Autos oder hochverzinslichen Geld-ANlagen ... mit staatlichem Sponsoring und zulasten des Klimas und Lebensqualität für ALLE.
So sehr scheint sich die soziale Frage zu Beginn der Groß-Industrialisierung vor 150 Jahren systematisch gar nicht von der heutigen Armutsproblematik zu unterscheiden. auch die kirchliche Hilfslosigkeit samt Unverständnis schaut ähnlich aus ...
Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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