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Wundergeschichten
#23
(25-12-2008, 11:19)Epicharm schrieb: Für historische Betrachtungen sind solche Quellen wertlos.

Das würde ich so nicht unterschreiben wollen. Viel mehr muss man differenziert fragen wollen. Die paulinischen Schriften sind in vielerlei Hinsicht von historischer Bedeutung, schließlich sind sie die frühesten beglaubigten, christlichen Dokumente, schließlich dokumentieren sie uns den Beginn der mittlerweile ältesten, noch bestehenden Institution der Weltgeschichte und nicht zu letzt geben sie Einblick in die antike Kultur des sich zum Christentum transformierenden "Neuen Weges".

Andererseit muss man zugestehen, dass man bei Paulus wenig historisches über den historischen Jesus erruieren kann. Das ist aber für die Theologie des Paulus, als auch der Urkiche belanglos. Die Akzeptanz einer Theologie ergibt sich in der Urkirche durch die Communicatio der Vorsteher der Gemeinden, d.h. das sehr gut dokumentiert ist, dass die frühen, christlichen Gemeinden nicht isoliert waren, sondern in Kommunikation waren und sich immer mehr bestätigten und unterstützten. Dies geschieht anfangs eher lokal, später Synoden und letztedlich auf Konzilen (ökumenisch, d.h. die Gesamtkirche umspannend).
Auch Paulus lässt sich in gewisser Weise seine Theologie bzw. seine Praxis bestätigen (Gal 2, 1-10) und weis diese Bestätigung vehement zu verteidigen, wenn er Kephas (d.h. Petrus zurecht weist, s. Gal 2, 11-14).
Interessant ist, dass sich jene Konflikte eher um die Orthopraxie, als die Orthodoxie drehen. Es ist daher anzunehmen, dass die paulinische Verkündigung (er wurde ja von vielen angefeindet dafür) trotz allem im Einklang mit den Hauptvertretern der Urgemeinde geschieht (namentlich: Jakobus, Johannes und Petrus). Dies und nicht die paulinische Vision ist es, die die Akzeptanz der Verkündigung des Paulus ausmacht:

"Deshalb gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als die «Säulen» Ansehen genießen, mir und Barnabas die Hand zum Zeichen der Gemeinschaft..." (Gal 2,9)


Was die Visionen Pauli angeht möchte ich gar nicht viel beitragen. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass die gesamte christliche Verkündigung auf dem Glauben an die Person Jesu Christi und vor allem an seine Auferstehung gegründet ist. Hier setzt der Glaube ein, der zwar durch Vernunftgründe plausibel sein kann, niemals aber um das Vertrauen (pistis), d.h. den Glauben an die Offenbarung herumkommt.
Und gerade die Auferstehung, die nicht ohne die Passion zu denken wäre, ist das zentrale Wunder des Christentums. Dieses Wunder ist aber auch für die damalige Welt etwas unerhörtes! Insofern stimmt zwar was Epicharm und andere über den biblischen, jüdischen und hellenistischen Wunderglauben beigetragen haben, aber es muss erweitert werden um das Motiv, den Glauben an Leid und Auferstehung Christi.


"Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft. [...] Denn da die Welt angesichts der Weisheit Gottes auf dem Weg ihrer Weisheit Gott nicht erkannte, beschloss Gott, alle, die glauben, durch die Torheit der Verkündigung zu retten. Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.[...]

Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen."
(1 Kor. 1,18.21-24;2,1)

bzw.

"Was ist denn Apollos? Und was ist Paulus? Ihr seid durch sie zum Glauben gekommen. Sie sind also Diener, jeder, wie der Herr es ihm gegeben hat: Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen lässt. Wer pflanzt und wer begießt: Beide arbeiten am gleichen Werk, jeder aber erhält seinen besonderen Lohn, je nach der Mühe, die er aufgewendet hat. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau. Der Gnade Gottes entsprechend, die mir geschenkt wurde, habe ich wie ein guter Baumeister den Grund gelegt; ein anderer baut darauf weiter. Aber jeder soll darauf achten, wie er weiterbaut. Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus." (1 Kor. 3, 5-11)

MfG Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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