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Frage zum Tod
#58
Ich habe den Eindruck, dass hier versucht wird, die zeitliche mit einer überzeitlichen Folge zu vergleichen – und dorthinein einen Sinn zu konstruieren, der in dieser Weise nicht existieren kann. Um es ganz klar zu sagen: 'Existenz (existieren)' verstehe ich hier innerweltlich als 'wirkend' oder 'wirksam'. Was nicht wirkt, existiert nicht.

Ich nehme einmal das erste von den Zitaten:
(30-03-2009, 17:02)yasani06 schrieb: „Es geschieht kein Unheil auf Erden oder an euch, das nicht in einem Buch (verzeichnet) wäre, bevor Wir es ins Dasein rufen - wahrlich, das ist für Allah ein leichtes -, ...“ [Al-Hadîd:22]

Wenn dies so stimmt, dann gäbe es doch wirklich keinen freien Willen und alles auch noch so schlimme sowie auch gute, wäre vorbestimmt, kann man dies noch anders deuten?
Wir wissen doch nicht, was jenseits unserer Welt besteht (nicht unbedingt existiert, weil es keine Wirkung hier hat!) Also wissen wir nichts über Allah oder Gott.
Es genügt also irgendeine Vorstellung, wie man sich eine solche Glaubensaussage plausibel machen kann, und das möchte ich hier versuchen:

Gott besteht nach christlicher Vorstellung "ewig, überall und nirgends". Und ich gehe einmal davon aus, dass dies im Islam nicht anders ist. Es gibt also weder Zeit noch Ort, wo oder wann Gott ist.
Ein überzeitlicher und überörtlicher Betrachter (sagen wir der Geschlechtsneutralität wegen: ES) kann eine Ereignisfolge von jedem beliebigen Zeitpunkt aus beobachten – insbesondere auch aus der Zukunft heraus, einem Standpunkt, den wir nie einnehmen können.

Das sieht jetzt so aus, als müsse unsere Welt so "zementiert" (kein freier Wille) sein, weil das, was wir als "viele zukünftige Möglichkeiten" sehen sich auf jeweils eine, nämlich die zukünftige Vergangenheit, beschränkt.

Doch das ist nicht wirklich so, wie wir aus quantenphysikalischen Experimenten wissen. Unsere Welt spaltet sich bei jedem solchen Ereignissen in mindestens zwei Ereignismannigfaltigkeiten auf, in der jeweils eine der Möglichkeiten verwirklicht ist. Das ist zugegeben skurril, aber physikalische Realität (für Fachleute: Vielweltenlehre).

Die Welt – unsere Welt – kann also aus Sicht von ES unendlich vielfältiger sein, als aus Sicht eines Teilnehmers (UNS). Je nach (zeitlichem) Standpunkt von ES ergibt sich eine andere Faktenlage, weil ein anderer Sektor aller möglichen Zeitabläufe ins Blickfeld gerät.

Das Speichermedium für alles ist unsere Welt – das Buch Gottes aus allen seinen Blickwinkeln, die für uns eine nicht zu überblickende Vielfalt bedeuten.

(30-03-2009, 18:47)petronius schrieb: übrigens ist dies vorstellung vom buch, in dem schon alles verzeichnet ist, was erst noch passieren wird, ja eine in vielen kulturen relativ weit verbreitete. ich meine, so etwas auch schon von fundamentalistischen christen gehört zu haben
Das hängt einfach wie beschrieben von Betrachterstandpunkt ab. UNSer Standpunkt ist derjenige der Gegenwart. Wir sehen Mögliches, aber für ES sind das alles (für uns nicht zu überblickende) Realitäten – Parallelwelten, wie wir sie aus der Mikrophysik kennen.

(30-03-2009, 17:22)Der-Einsiedler schrieb: Absurderweise würde dann der Mensch für die Ungeheuerlichkeiten seines Gottes bestraft.
(30-03-2009, 18:53)petronius schrieb: genau das ist der knackpunkt
Ich denke, auch dies ist ein "Knackpunkt", der aus dem Rechtsempfinden einer Gesellschaft resultiert. Jede Tat hat Folgen. Bei so genannten Delikten greift ein Machtmechanismus, der tief in uns – nicht Gott – verankert ist: Vergeltung.
Normalerweise ist es so, dass wir vor einer Tat, das Leiden der Betroffenen "bedenken". Dazu sind bestimmte Spiegelungen in unserer Psyche vorhanden (Mitleid), die aber sowohl verstärkt als auch vermindert werden können.
Wenn dieser einfache Mechanismus nicht funktioniert, dann wollen wir, dass der Täter jenes Leiden zu spüren bekommt, das er selbst angerichtet hat = Vergeltung, Rache.
Es ist eine der heraus ragenden Kulturleistungen der Hebräer, dieses Verhalten als auf Gott beschränkt zu glauben.
Wie richtig erkannt, wird das in der Sündenfallgeschichte, wahrscheinlich erstmals, in dieser Form bekannt (Bibel, 1. Mose 2, 17).
Wir sollten uns immer vor Augen führen, dass durch unsere Gottesworte aus der unendlichen Vielfalt möglicher Verhaltensformen jene ausgewählt werden, die für das Überleben der menschlichen Gesellschaft optimal erscheinen. "Gottes Strafe" ist einfach ein Korrektiv für Verhalten von Tätern, denen das Mitleiden fehlt oder abhanden gekommen ist.

Wir können also keine kausale Verbindung herstellen zwischen "Handeln" und "Gottes Strafe". Es ist umgekehrt: Wir sollen so handeln, dass wir jene Strafe vermeiden.

(30-03-2009, 18:53)petronius schrieb: … (sie bedienen sich ihres verstands und gelangen zur erkenntnis), und gott straft sie dafür
Nein, genau nicht aus den eben dargelegten Gründen.

(30-03-2009, 18:53)petronius schrieb: …, wobei mich ja nicht der aspekt stört, daß erkenntnis schmerzhaft sein kann bzw. oft ist. was mich erbittert, ist dieses einreden von schuld, welche auch noch an die nachkommen vererbt wird. dem menschen wird so der aufrechte gang (im übertragenen sinn) unmöglich gemacht, er soll sich auf ewig schuldbewußt ducken und unter schlechtem gewissen wegen seiner bloßen existenz leiden...
Oh ja, das hat mich auch gestört. Aber man muss sich auch immer den antiken Sinn der Geschichten ansehen. Dort war immer ein großes Problem: Tun – Ergehen.

Die Erkenntnis, dass Handeln innerhalb der Gesellschaft letztlich das Ergehen bestimmt, ist im Prinzip ja korrekt. Wenn im großen Stil Geldblasen gebildet werden, dann knallt es gewaltig – wie sich jetzt gezeigt hat.

Nur: Tun und Ergehen stehen nicht in dem einfachen Zusammenhang, wie wir das gerne hätten. Vieles Handeln hat positive und negative Konsequenzen. Es kommt allein auf die Haltung an! Wenn man so will: auf die Tendenz vielen Handelns, wenn es einer Gesellschaft gut gehen soll. Dazu gehört eben auch der Respekt, die Achtung, die Bewahrung des Lebens, die Achtung des Eigentums - alles Dinge, die nach gängigem Glauben "Gottes Wille" sind bzw., wenn man dem zuwider handelt, mit "Gottes Strafe" bedroht werden. Doch dies sind mehr Eigenschaften als Realitäten. Beispiel: Mord gilt in Deutschland als "todeswürdig", auch wenn ein deutsches Gericht aus guten Gründen keine "Todesstrafe" aussprechen kann und darf.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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