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Ist Gott ein Mörder?
(21-03-2012, 14:59)indymaya schrieb:
(21-03-2012, 09:00)d.n. schrieb: Wenn du nun aber davon ausgehst, dass das AT eben nicht zu 100% Gottes Wort beinhaltet, so kannst du aber dementsprechend nicht nachweisen, was darin Gotes Wort ist,..
Zum einen ist es erstmal Voraussetzung, daß man an Gott glaubt
Dann kommen die Gebote des AT und dann die Auslegung dieser durch Jesus.
Dem ist nichts hinzuzufügen.

aber wer legt denn aus, wie die "Auslegung durch Jesus" auszulegen sei?

konkrete stellungnahmen liegen schließlich nicht vor (denk nur mal wieder an die christliche sexualmoral, zu der kein einziges jesus zugeschriebenes wort vorliegt), und trotzdem habt ihr daraus einen engmaschigen regelkanon gebastelt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Nur so mal zum Vergleich:

Wir haben ein ähnliches Problem bei der Auslegung von Gesetzen.
Da gibt es Gesetze, die nicht ganz passen, oder es gibt Lücken.
Mit Hilfe von historischer, systematischer, teleologischer und grammatikalischer Interpretation wird hier versucht diese Probleme zu umgehen, und mittles Analogie Lücken zu schließen.

Die Auslegung nehmen die Gerichte vor, und das kann sich aber von Gericht zu Gericht dann wieder ändern.
Allerdings gibt es einen gewissen Rahmen, das die Verfassung vorgibt. Demnach sind die Gesetze verfassungskonform auszulegen.

Was die Bibel betrifft, ist das natürlich schwieriger. Geistliche spielen hier bei der Auslegung sicher eine große Rolle wegen ihrer Bibelkenntnis, aber auch Theologen.
Ich sehe es allerdings so, dass niemand einem anderen etwas "vorglauben" kann, sondern zunächst einmal jeder Mensch selbst aufgrund seiner Individualität etwas so glaubt, wie er es versteht. Also, selbst wenn eine Kirche sagt, dieses und jenes sei so zu verstehen, so hindert es die Gläbigen nicht, sich ein eigenes Bild zu machen.

Ich persönlich sehe es allerdings so, dass man aus der Bibel selbst auch einen gewissen Rahmen ableiten kann, wie eben etwa aus den Geboten und einer speziellen Passage in Markus 12.
Alles andere würde ich mit Vorsicht begegnen, weil auch ich hier den Einfluss von menschlichen Vorstellungen stark vermute.
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Wir haben ein ähnliches Problem bei der Auslegung von Gesetzen.

Sorry, paradox,
aber das heißt wieder mal, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Bei der Auslegung von Gesetzen gehen "wir" nämlich grundsätzlich davon aus, dass diese durch und durch menschlichen Ursprungs sind. Und weil das so ist, haben wir auch klare Kriterien, die wir an solche Texte anlegen können, um eine Vorstellung zu entwickeln, was die Autoren mit diesen Texten gemeint bzw. beabsichtigt haben könnten.

paradox schrieb: Mit Hilfe von historischer, systematischer, teleologischer und grammatikalischer Interpretation wird hier versucht diese Probleme zu umgehen, und mittles Analogie Lücken zu schließen.

Genau das macht die historisch-kritische Methode der Bibelauslegung doch auch: Verschiedene Kriterien auf Basis einer möglichst sauber definierten Methodik auf die Bibeltexte anwenden, um herauszubekommen, wer dort wann und wo in welchem historischen Kontext was geschrieben und gemeint haben könnte.
Das Unangenehme dieser Methode ist nur, dass bei ihrer Anwendung ein geradezu deprimierend ernüchterndes Bild des historischen Jesus entsteht: Ein jüdischer(!) Rabbi, geboren in einem völlig bedeutungslosen Kaff namens Nazareth, vermutlich Schüler Johannes des Täufers, erst relativ spät (etwa um das dreißigste Lebensjahr) und geographisch ziemlich begrenzt öffentlich aufgetreten, um dann ungeschickterweise gleich bei seinem ersten größeren Auftritt in Jerusalem den Bogen zu überspannen und von der Besatzungsmacht wegen Aufruhr hingerichtet zu werden.

Vom übers Wasser laufenden Gottessohn, der als "Lamm Gottes" mit seinem Blut die Sünden der Welt zu tilgen hatte, bleibt in dieser Lesart nicht viel mehr übrig als der gleichermaßen verständliche wie absurde Versuch seiner Anhänger, dem überraschend frühen Dahinscheiden ihres Meisters irgendwie einen tieferen Sinn zu verleihen.

paradox schrieb: Ich persönlich sehe es allerdings so, dass man aus der Bibel selbst auch einen gewissen Rahmen ableiten kann, wie eben etwa aus den Geboten und einer speziellen Passage in Markus 12.
Alles andere würde ich mit Vorsicht begegnen, weil auch ich hier den Einfluss von menschlichen Vorstellungen stark vermute.

Und wenn Du mir jetzt noch sagen könntest, woran Du festmachst, welche Passsagen vermutlich dem "Einfluss menschlicher Vorstellungen" unterliegen und welche dann doch eher göttlichen Ursprungs sind - dann könnte ich hier nach vielen Jahren vielleicht tatsächlich nochmal ein Stück in meiner Spiritualität weiter kommen ...

Sangus
(22-03-2012, 08:15)petronius schrieb: aber wer legt denn aus, wie die "Auslegung durch Jesus" auszulegen sei?
Wenn Du an Jesus glaubst und somit Gott, Vater nennst, bekommst Du die "Auslegung" als download, vom Heiligen Geist in Dein Gehirn gepostet.
Übrigens wird der Esel nur deshalb fälschlicherweise als dumm bezeichnet weil er bei einem Futterangebot, rechts und links, in der Mitte stehen bleibt.
Kurios ist, dass man hier verwarnt wird nur weil jemand Möhren mag.
(22-03-2012, 19:03)Sangus schrieb: Ein jüdischer(!) Rabbi, geboren in einem völlig bedeutungslosen Kaff namens Nazareth
Soviel zu Deiner Bibelkenntnis.
(22-03-2012, 19:03)Sangus schrieb:
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Wir haben ein ähnliches Problem bei der Auslegung von Gesetzen.

Sorry, paradox,
aber das heißt wieder mal, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Ich weiß, ich werde auch kein Beispiel geben können, das 1:1 passen wird. Ich wollte nur ein Beispiel für die Auslegungshoheit geben.

Zitat:Bei der Auslegung von Gesetzen gehen "wir" nämlich grundsätzlich davon aus, dass diese durch und durch menschlichen Ursprungs sind. Und weil das so ist, haben wir auch klare Kriterien, die wir an solche Texte anlegen können, um eine Vorstellung zu entwickeln, was die Autoren mit diesen Texten gemeint bzw. beabsichtigt haben könnten.

Du wirst lachen, aber so ganz klar wird das trotzdem nicht immer, obwohl es Menschen verfasst haben. In manchen Gesetzbüchern stehen noch Dinge drin, die vor sehr langer Zeit verfasst wurden und die sich mit der heutigen Zeit bspw nicht vertragen, weil sich eben der damalige Gesetzgeber nicht diese zukünftige Entwicklung vorhersehen konnte.
Deswegen gibt es ja in der rechtsiwssenschaftlichen Lehre so viele Meinungsstreitigkeiten, weil es eben nicht immer klar wird, wie diese Bestimmung genau verstanden werden sollte bzw. angewendet werden soll, trotz dieser scheinbaren Kriterien.
Das fängt schon mit der Frage an, ab wann ein Mensch rechtsfähig ist.

Zitat:
paradox schrieb: Mit Hilfe von historischer, systematischer, teleologischer und grammatikalischer Interpretation wird hier versucht diese Probleme zu umgehen, und mittles Analogie Lücken zu schließen.

Das Unangenehme dieser Methode ist nur, dass bei ihrer Anwendung ein geradezu deprimierend ernüchterndes Bild des historischen Jesus entsteht: Ein jüdischer(!) Rabbi, geboren in einem völlig bedeutungslosen Kaff namens Nazareth, vermutlich Schüler Johannes des Täufers, erst relativ spät (etwa um das dreißigste Lebensjahr) und geographisch ziemlich begrenzt öffentlich aufgetreten, um dann ungeschickterweise gleich bei seinem ersten größeren Auftritt in Jerusalem den Bogen zu überspannen und von der Besatzungsmacht wegen Aufruhr hingerichtet zu werden.
Das ist deine Auslegung, wobei du da wohl auch dein wissenschaftliches Bild vermutlich zugrundegelegt hast.

Zitat:Vom übers Wasser laufenden Gottessohn, der als "Lamm Gottes" mit seinem Blut die Sünden der Welt zu tilgen hatte, bleibt in dieser Lesart nicht viel mehr übrig als der gleichermaßen verständliche wie absurde Versuch seiner Anhänger, dem überraschend frühen Dahinscheiden ihres Meisters irgendwie einen tieferen Sinn zu verleihen.
Dass Jesus Wunder vollbringt, geht nicht aus der Bibel hervor? Ich würde schon meinen, dass dies sehr wohl aus der Bibel hervorgeht.

Zitat:
paradox schrieb: Ich persönlich sehe es allerdings so, dass man aus der Bibel selbst auch einen gewissen Rahmen ableiten kann, wie eben etwa aus den Geboten und einer speziellen Passage in Markus 12.
Alles andere würde ich mit Vorsicht begegnen, weil auch ich hier den Einfluss von menschlichen Vorstellungen stark vermute.

Und wenn Du mir jetzt noch sagen könntest, woran Du festmachst, welche Passsagen vermutlich dem "Einfluss menschlicher Vorstellungen" unterliegen und welche dann doch eher göttlichen Ursprungs sind - dann könnte ich hier nach vielen Jahren vielleicht tatsächlich nochmal ein Stück in meiner Spiritualität weiter kommen ...

Im Grunde kann ich dir niemals beweisen, was göttlich und was nicht göttlich ist. Mir geht es darum, zu zeigen, was den groben Rahmen bildet, das den Glauben kennzeichnet.

Weil diese (10) Gebote an zentraler Stelle stehen und somit so etwas wie erste historische Grundwerte darstellen, sind sie für mich relevant.
In der Passage in Markus bzw. Matthaeus beantwortet Jesus die Frage danach was das vornehmste Gebot sei -> daraus leite ich ebenfalls ab, dass dies von enormer Bedeutung sein muss (weil explizit erwähnt), und in der Konsequenz auch den Kern des Glaubens trifft.
(22-03-2012, 21:49)paradox schrieb:
Sangus schrieb:Bei der Auslegung von Gesetzen gehen "wir" nämlich grundsätzlich davon aus, dass diese durch und durch menschlichen Ursprungs sind.
Du wirst lachen, aber so ganz klar wird das trotzdem nicht immer, obwohl es Menschen verfasst haben.

paradox,
es geht doch nicht darum, ob es einfach ist.
Es geht darum, wie man sich dieser Frage nähert.

Du hattest dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass man bei der Auslegung von Gesetzestexten "mit Hilfe von historischer, systematischer, teleologischer und grammatikalischer Interpretation [...] versucht diese Probleme zu umgehen, und mittles Analogie Lücken zu schließen", und ich hatte ergänzt, dass es mit der historisch-kritischen Bibelauslegung eine Methode gibt, die analog mit Bibeltexten umgeht - mit einem einigermaßen ernüchternden Ergebnis.

Umso erstaunlicher ist es, wie viele Leute der Überzeugung sind, durch naiv-andächtiges Wiederkäuen religiöser Texte Gewissheit über deren "eigentliche" Bedeutung gewinnen zu können.

paradox schrieb: Das ist deine Auslegung, wobei du da wohl auch dein wissenschaftliches Bild vermutlich zugrundegelegt hast.

Nein. Das ist, wie ich zu sagen versuchte, im Kern das Ergebnis der historisch-kritischen Methode (die im übrigen genau deshalb von den Biblizisten genauso gescholten wird wie die Evolutionstheorie).
Ich habe das Ganze lediglich, sagen wir, etwas polemisch zugespitzt und auf den in meinen Augen wesentlichen Punkt gebracht.

paradox schrieb:
Sangus schrieb:Vom übers Wasser laufenden Gottessohn, der als "Lamm Gottes" mit seinem Blut die Sünden der Welt zu tilgen hatte, bleibt in dieser Lesart nicht viel mehr übrig als der gleichermaßen verständliche wie absurde Versuch seiner Anhänger, dem überraschend frühen Dahinscheiden ihres Meisters irgendwie einen tieferen Sinn zu verleihen.
Dass Jesus Wunder vollbringt, geht nicht aus der Bibel hervor? Ich würde schon meinen, dass dies sehr wohl aus der Bibel hervorgeht.

Also, mein Lieber,
ich bin ja ein Freund einigermaßen gepflegter Streitkultur - aber manchmal muss ich mich echt bremsen, weil sich das Gefühl aufdrängt, Du wolltest einen verscheißern:

Natürlich steht in der Bibel drin, dass Jesus Wunder gewirkt hat.

Aber wir diskutieren doch gerade die Frage, wie dieser Text zu verstehen ist: Wer hat ihn verfasst, was waren seine oder ihre Intentionen, in welchen kulturell-historisch-soziologischen Kontext muss man sich hineindenken, um die dahinterliegende Idee rekonstruieren zu können?

Mir ist echt schleierhaft, wie Du ausführlichst die Schwierigkeiten bei der Auslegung von Gesetzestexten erläutern kannst, um dann im nächsten Satz so zu tun, als seien die Wundertaten Jesu allein deshalb glaubwürdig, weil sie nun mal so in der Bibel stehen.

paradox schrieb: Weil diese (10) Gebote an zentraler Stelle stehen und somit so etwas wie erste historische Grundwerte darstellen, sind sie für mich relevant
Diesen Satz solltest Du Dir nochmal auf der Zunge zergehen lassen.
Vielleicht wird Dir danach klar, dass die Bedeutung dieser Passage von Dir an den Text herangetragen wird - und nicht einfach so "aus dem Text heraus" in Dich hineinfließt.

Und wenn Du jetzt, wie von Dir bereits nachfolgend angedeutet, noch einen Schritt weiter gehst und Dir vor Augen führst, das genau dasselbe auch für die Verfasser der Texte und die späteren Redakteure galt (dass sie nämlich das aufschrieben bzw. kanonisierten, was aus ihrer Sicht bedeutsam war) - dann hast Du eine Erklärung für die Entstehung der Bibel, die gänzlich ohne "göttliche Inspiration" und ohne "Heiligen Geist" auskommt.

Das wirkt im ersten Schritt vielleicht etwas ernüchternd.

Tatsächlich aber ist es eine Befreiung.

Sangus
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Nur so mal zum Vergleich:

Wir haben ein ähnliches Problem bei der Auslegung von Gesetzen

eigntlich nicht

denn gesetze können geändert, ergänzt, mit durchführungsverordnungen versehen und in juristischen kommentaren erklärt werden - und nichts davon ist unhinterfragfbar, weil "gottes wort"

(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Ich sehe es allerdings so, dass niemand einem anderen etwas "vorglauben" kann, sondern zunächst einmal jeder Mensch selbst aufgrund seiner Individualität etwas so glaubt, wie er es versteht

richtig

glaube ist persönlich (deshalb ja auch privatsache), und auch die bibel bzw. deren (persönliche/private) interpretation ben kein argument, wenn es andere zu überzeugen oder ihnen gar etwas vorzuschreiben gilt

(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Ich persönlich sehe es allerdings so, dass man aus der Bibel selbst auch einen gewissen Rahmen ableiten kann, wie eben etwa aus den Geboten und einer speziellen Passage in Markus 12.
Alles andere würde ich mit Vorsicht begegnen, weil auch ich hier den Einfluss von menschlichen Vorstellungen stark vermute.

ja, ok, du persönlich siehst das so - aber du siehst schon auch, daß diese vorliebe, was denn nun in der bibel als eher "göttlichen" oder menschlichen usprungs zu sehen sei, ein reines geschmacksurteil ist und nicht irgendwie extern begründet und vorgegeben werden kann
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(22-03-2012, 19:10)indymaya schrieb: Wenn Du an Jesus glaubst und somit Gott, Vater nennst, bekommst Du die "Auslegung" als download, vom Heiligen Geist in Dein Gehirn gepostet

wir sind hier nicht im märchenforum

(22-03-2012, 19:10)indymaya schrieb: Übrigens wird der Esel nur deshalb fälschlicherweise als dumm bezeichnet weil er bei einem Futterangebot, rechts und links, in der Mitte stehen bleibt.
Kurios ist, dass man hier verwarnt wird nur weil jemand Möhren mag.

das mit dem sich nicht zwischen zwei futterraufen entscheiden können ist allerdings auch ein märchen. in der tat allerdings ist der esel keineswegs dumm, nur weil er anders als das pferd sich nicht zum bedingungslosen befolger menschlicher vorschriften dressieren läßt - wie ja auch ich esel dein karottenangebot durchschaue und ablehne
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(23-03-2012, 09:42)Sangus schrieb:
paradox schrieb:
Sangus schrieb:Vom übers Wasser laufenden Gottessohn, der als "Lamm Gottes" mit seinem Blut die Sünden der Welt zu tilgen hatte, bleibt in dieser Lesart nicht viel mehr übrig als der gleichermaßen verständliche wie absurde Versuch seiner Anhänger, dem überraschend frühen Dahinscheiden ihres Meisters irgendwie einen tieferen Sinn zu verleihen.
Dass Jesus Wunder vollbringt, geht nicht aus der Bibel hervor? Ich würde schon meinen, dass dies sehr wohl aus der Bibel hervorgeht.


Natürlich steht in der Bibel drin, dass Jesus Wunder gewirkt hat.

Aber wir diskutieren doch gerade die Frage, wie dieser Text zu verstehen ist: Wer hat ihn verfasst, was waren seine oder ihre Intentionen, in welchen kulturell-historisch-soziologischen Kontext muss man sich hineindenken, um die dahinterliegende Idee rekonstruieren zu können?
Natürlich, das ist auch klar. Allerdings liegt für mich die Problematik darin, dass man nicht einer Auslegungsmethode einen Vorrang geben kann.
Sicherlich ist der historische-kulturelle Hintergrund zu beachten, aber das alleine reicht nicht aus. Außerdem interpretiere ich nicht von vornherein unter der Prämisse, dass der gesamte Text eine menschliche Absicht hat, sondern versuche mal zu ermitteln, ob es in den hl. Schriften (nicht nur Bibel) eine Art roten Faden gibt und welche Dinge wie verstanden werden können und welche Dinge offiziell wie erklärt werden. Also neben Interpretation auch eine umfassende Analyse und Vergleich mit anderen Schriften, Religionen und Verständnissen.
Deshalb habe ich ja mehrere Interpretationsmethoden genannt, weil es mir darum geht, den inhaltlichen Text zu überprüfen.
Es kann ja bspw sein, dass der menschliche Verfasser zwar eine Schilderung authentisch wiedergeben möchte (weil er ein ganz ehrlicher Mensch ist) aber einen grammatikalischen bzw. Fehler in der Bedeutung des Wortes macht und somit etwas Falsch wiedergibt.


Zitat:Mir ist echt schleierhaft, wie Du ausführlichst die Schwierigkeiten bei der Auslegung von Gesetzestexten erläutern kannst, um dann im nächsten Satz so zu tun, als seien die Wundertaten Jesu allein deshalb glaubwürdig, weil sie nun mal so in der Bibel stehen.

Das habe ich doch gar nicht getan. Ich wollte nur sagen, dass aus einer einzigen Betrachtung heraus - eben historisch, kulturell - allein nicht das Auslangen zu finden sein wird. Denn dann kannst du den ganzen Text quasi beiseite legen, weil du meinst, dass man damals nun mal an irgendwas mystisches glauben wollte und man somit nichts zu interpretieren hätte.

In meinem Vergleich zu Gesetzestexten gibt es ebenfalls das Problem, dass manche dieser Gesetze sehr alt sind und dennoch in Geltung stehen, so dass dann fraglich wird, wie sie zu verstehen sind. Da kann dann bspw eben nicht allein auf die historische Sicht allein abgestellt werden, weil der damalige Gesetzgeber nicht an heutige Umstände gedacht hatte. So wird dann auch über den Wortlaut, sowie die Bedeutung des Textes hinaus eine Interpretation gemacht, die manchmal gar nicht so abzuleiten wäre.
In der österreichischen Verfassung gibt es bspw mehrere Prinzipien, die als Baugesetze, die leitenden Grundsätze des Staates darstellen, aber manche davon stehen nicht ausdücklich im Text der Verfassung, sondern wird als solche impliziert, obwohl es dafür keine wirkliche Grundlage im Text gibt. Auch mit der Interpretation kommt man dann nicht immer weit.
Und das sind alles auch menschliche Texte.

Zitat:
paradox schrieb: Weil diese (10) Gebote an zentraler Stelle stehen und somit so etwas wie erste historische Grundwerte darstellen, sind sie für mich relevant
Diesen Satz solltest Du Dir nochmal auf der Zunge zergehen lassen.
Vielleicht wird Dir danach klar, dass die Bedeutung dieser Passage von Dir an den Text herangetragen wird - und nicht einfach so "aus dem Text heraus" in Dich hineinfließt.

Das ist eine von mir vorgenommene Bewertungsmethode, die ich aufgrund meiner Betrachtungsweise als sehr zentrale Werte sehe.

Zitat:Und wenn Du jetzt, wie von Dir bereits nachfolgend angedeutet, noch einen Schritt weiter gehst und Dir vor Augen führst, das genau dasselbe auch für die Verfasser der Texte und die späteren Redakteure galt (dass sie nämlich das aufschrieben bzw. kanonisierten, was aus ihrer Sicht bedeutsam war) - dann hast Du eine Erklärung für die Entstehung der Bibel, die gänzlich ohne "göttliche Inspiration" und ohne "Heiligen Geist" auskommt.

Ich bewerte ja das, was diese aufgeschrieben haben und sehe viele Dinge durchaus kritisch, da aus meiner Betrachtungsweise gewisse menschliche Vorstellungen in den Glauben miteingeflossen sind und widersprüchlich sind. Aber ich unterstelle nicht, dass keine ur-göttliche Botschaft dahinter liegt.
Du versuchst hier zu zeigen, dass das ganze Werk nur menschliche Vorstellungen hat. Das ist aber ein anderes Thema aus meiner Sicht.
Ich hatte in meiner usprünglichen Aussage gemeint, dass es für mich gewisse zentrale Werte gibt, die ich dennoch ableiten kann. Das habe ich ja bereits beantwortet.


Zitat:Das wirkt im ersten Schritt vielleicht etwas ernüchternd.

Tatsächlich aber ist es eine Befreiung.

Aus der Sicht eines Nichtgläubigen mag das befreiend sein.
(23-03-2012, 10:17)petronius schrieb:
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Nur so mal zum Vergleich:

Wir haben ein ähnliches Problem bei der Auslegung von Gesetzen

eigntlich nicht

denn gesetze können geändert, ergänzt, mit durchführungsverordnungen versehen und in juristischen kommentaren erklärt werden - und nichts davon ist unhinterfragfbar, weil "gottes wort"

Auch Glaube kann hinterfragt werden. Heutzutage geschieht das vermutlich sogar öfter und das ist ja auch gut so.

Bzgl. Gesetze: SO einfach ist das nicht, dass diese geändert, ergänzt werden usw.
Man denke nur an das Hitler-, Mao- od. Stalin-Regime, wo Gesetze eben ganz deutlich Mittel zum Zweck der Herrscher waren, um sich ihre Macht abzusichern.
Was in Gesetzen hinterfragt werden kann und was nicht, bestimmen auch nur letztendlich die tatsächlichen Verhältnisse.

Zitat:
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Ich sehe es allerdings so, dass niemand einem anderen etwas "vorglauben" kann, sondern zunächst einmal jeder Mensch selbst aufgrund seiner Individualität etwas so glaubt, wie er es versteht

richtig

glaube ist persönlich (deshalb ja auch privatsache), und auch die bibel bzw. deren (persönliche/private) interpretation ben kein argument, wenn es andere zu überzeugen oder ihnen gar etwas vorzuschreiben gilt
Und deswegen kann auch jeder für sich selbst diese Dinge hinterfragen. Es ist auch die Entscheidung eines jeden selbst, ob er etwas glauben möchte oder nicht.

Zitat:
(22-03-2012, 11:52)paradox schrieb: Ich persönlich sehe es allerdings so, dass man aus der Bibel selbst auch einen gewissen Rahmen ableiten kann, wie eben etwa aus den Geboten und einer speziellen Passage in Markus 12.
Alles andere würde ich mit Vorsicht begegnen, weil auch ich hier den Einfluss von menschlichen Vorstellungen stark vermute.

ja, ok, du persönlich siehst das so - aber du siehst schon auch, daß diese vorliebe, was denn nun in der bibel als eher "göttlichen" oder menschlichen usprungs zu sehen sei, ein reines geschmacksurteil ist und nicht irgendwie extern begründet und vorgegeben werden kann

Das ist eben Glaube oder nicht. Wenn ich die Urheberschaft beweisen könnte, wäre es ja kein Glaube.[/quote]
(30-03-2012, 12:10)paradox schrieb: Auch Glaube kann hinterfragt werden

wir reden aber nicht vom glauben, sondern von schrifttexten und deren gültigkeit - genau gesagt: der bibel

du vergleichst also äpfel mit birnen, wenn du da einen vergleich mit (modernen) gesetzestexten heranziehst

(30-03-2012, 12:10)paradox schrieb: Das ist eben Glaube oder nicht. Wenn ich die Urheberschaft beweisen könnte, wäre es ja kein Glaube

sicher

ich kann und will die unsichtbaren grün-rosa karierten elefanten auf der rückseite des mondes ja auch nicht beweisen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
TV Tipp:

heute:
ZDF History- Das Jesus Geheimnis, 23:55 - 0:40 im ZDF

Auf Grundlage von außerchristlichen Quellen und sogenannten "Ketzerevangelien" zeichnet ZDF-History ein bisher unbekanntes Bild des historischen Jesus und des frühen Christentums.
Danke für den Hinweis!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(22-05-2009, 00:34)hermes schrieb: Hallo, ich bin neu hier und möchte auch niemandem zu nahe treten, aber mich würde mal Eure Meinung zu diesem Thema interessieren. Damit auch klar ist, was ich meine: Gott soll ja ein guter Gott sein. Wenn dem so wäre, warum hat er dann tausende, vielleicht hundertausende Menschen umgebracht und gegen sein eigenes Gebot verstoßen? Damit meine ich zum Beispiel: Die Erstgeborenen der Ägypter? (Siebte? Plage). Nur, weil die die Israeliten versklavt hatten. Eine damals ziemlich übliche Praxis. Daraus ergibt sich dann wieder eine neue Frage: Wenn doch Gott alles erschaffen hat, dann doch auch die alten Ägypter. Dennoch stellt er sich eindeutig auf die Seite der Israeliten. Was bedeutet das? Ist Gott dann entweder ein örtlich (semitisch gesehen) eingeschränkter Gott oder wendet er willkürlich seine Zuneigung einem jeweiligen seiner Schöpfungen zu? Ist er dann auch mein Gott oder lebe ich unglücklicherweise am falschen Ende der Welt? Kommen eigentlich die Amazonasindianer in den Himmel, weill sie ja wohl auch Gottes Geschöpfe sind, aber keine Chance hatten, je von ihm zu erfahren und daher seine Gebote nicht befolgen?
Dann die Sache mit Sodom und Gomorra. Da hat eine Stadt mal Party und was macht der gute Gott? Tötet alle auf eine Art und Weise, der kein Horrorfilm gerecht wird. Dann die Sinnflut, die ganze Völker auslöschte und Babel war auch nicht nett. Ist Gott ein Mörder? Ist Gott ein guter Gott?
Viele Fragen und keiner konnte sie mir bisher beantworten. Nicht mal ein Pfarrer. Weiß hier jemand einen Ausweg aus dem Dilemma?

Hast Du je DIR die Mühe gemacht und die hl. Schrift gelesen,
dort findest Du die Antworten, oder bist Du lesefaul?
Man kann den WEG Gottes nur verstehen, wenn man auch selbst
anfängt zu DENKEN, aber nicht nur mit dem HIRN, sondern mit
dem HERZEN!
Ein Dilemma finde ich das es dir kein Pfarrer erklären konnte,
daran kannst Du erkennen, das er auch lesefaul war, oder gelesen hat
ohne zu DENKEN, die nennt man auch LIPPENBEKENNER!
Ich kann DIR ANTWORTEN geben durch meinen HERRN,
aber mir wäre es lieber Du versuchst selbst zu finden,Evil5
denn wer SUCHT, der findet, wer bittet, der empfängt,
wer anklopft, dem wird geöffnet!
Ich gebe DIR nur einen TIP vorerst, wusstest DU wenn GOTT
einige oder viele Menschen von dieser ERDE nahm, was SIE taten?
Nur ein Beispiel, steht auch in der SCHRIFT,
es gab welche die IHRE KINDER gefressen haben, was sagst DU
dazu, ist GOTT jetzt ein MÖRDER?
Amen, Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank,
Ehre und Macht und Stärke unserem GOTT in alle Ewigkeit. AMEN


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