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Österreich: für Verfassungsrechtler Funk geht der Erlass "zu weit"
#1
Wegen der Vorgänge in der Alpenrepublik ("Jagdgewehr aus Dornauers Porsche beschlagnahmt") lese ich seit 19. November 2019 immer öfter die österreichische Tageszeitung "Der Standard"

Heute fiel mir folgende Meldung auf:
"Gesundheitsministerium untersagt Treffen in fremden Wohnungen. Für Verfassungsrechtler Funk geht der Erlass "zu weit"."
Zitiert aus:
Heftige Kritik an Oster-Erlass gegen häusliche Zusammenkünfte
derstandard.at › Panorama › Coronavirus
vor 5 Stunden - Gesundheitsministerium untersagt Treffen in fremden Wohnungen. Für Verfassungsrechtler Funk geht der Erlass "zu weit".

Gott sei Dank gibt es Zeitungen in Österreich, die solches ungeschminkt anprangern ("Heftige Kritik")
Und Gott sei Dank gibt es in der EU noch Verfassungsrechtler in den Einzelstaaten, die sich noch sagen trauen, dass etwas "zu weit" geht
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#2
Sollen sich die Leute doch gegenseitig anstecken. In etwa vier Wochen wäre der Spuk vorbei. Keiner soll sich dann aber beklagen, dass in großem Stil gestorben wurde, weil aus Resssourcenmangel vielen nicht mehr zu helfen war.

Ist immer erfreulich, wenn es noch Prinzipienreiter gibt!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Darum geht es doch gar nicht.

Der Sachverhalt ist der folgende:
Wenn die österreichische Bundesregierung eine (vielleicht sogar sehr notwendige) Maßnahme setzen will, dann sollte sie so viel Eier in der Hose haben, dies im verfassungskonformen Weg zu tun.
Eine Verordnung aufgrund eines Gesetzes beschließen - oder falls es kein Geetz gibt das eine solche Verordnung deckt, dem Nationalrat ein entsprechendes Bundesgesetz vorlegen, das eine solche Ermächtigung schafft 

Offenbar liebt die österreichische Bundesregierung den Nationalrat wegen der vielen Oppositionsstimmen nicht mehr . . . anders ist es nicht zu erklären, dass sie im kalten Weg (am Nationalrat vorbei) einen "Erlass" formuliert . . . einen Erlass !

1847 lässt grüßen

Das ist eine Weisung des Ministers an "seine" Beamten im Ministerium.
Die betreffenden Beamten sind daran gebunden, aber nicht der Bürger !

Gegen einen Erlass gibt es nämlich kein Rechtsmittel. Und verstößt somit auf das verfassungsmäßig gewährleistete "Recht auf den gesetzlichen Richter".
Der Betroffene (der Bestrafte) kann nicht nach dem Instanzenzug den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof anrufen. (Weil vielleicht die Strafhöhe nach Ansicht des Bestraften zu hoch bemessen war) Dieses verfassungsmäßig gewährleistete Recht ist ihm verwehrt !

Dass dies verfassungswidrig ist, am Verfassungsgerichtshof vorbei zu regieren, ist wohl klar.

Professor Funk und der Standard sind keine lächerlichen "Prinzipienreiter", sondern Wächter der Demokratie

Dass man da wachsam sein muss, ist ja wohl jedem klar
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#4
Nun, wenn das verfassungswidrig ist, wird schon jemand gegen den Erlass klagen. Oesterreich ist ja immer noch ein Rechtsstaat. Dass Beamte im Prinzip dem Staat "gehoeren" und dieser weitgehende Weisungsbefugnisse hat, ist auch in Deutschland so. Das ist halt die Kehrseite ihrer vielen Privilegien.

Es gibt auch noch andere Vorschlaege, z.B., eine bewegungsueberwachende Pflicht-App fuer alle Buerger, die lueckenlos alle ihrer Kontakte aufzeichnet, wie sie die ÖVP will (spezielle Schluesselanhaenger als Pflicht fuer Nicht-Smartphone-Besitzer). Zumindest will das der Innenminister, aber die Gruenen werden das wohl zu verhindern wissen.

Im Endeffekt ist der Rechtsweg aber immer offen, zumindest bei Verfassungsverstoessen.
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#5
(05-04-2020, 00:33)Ulan schrieb: Dass Beamte im Prinzip dem Staat "gehoeren" und dieser weitgehende Weisungsbefugnisse hat, ist auch in Deutschland so. Das ist halt die Kehrseite ihrer vielen Privilegien.


Alles klar. Dass aber der Bürger nun wie ein weisungsgebundener Beamter behandelt wird . . .
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#6
(05-04-2020, 00:46)Sinai schrieb: Alles klar. Dass aber der Bürger nun wie ein weisungsgebundener Beamter behandelt wird . . .

Darauf bezieht sich ja der Verfassungrechtler: die Regierung begibt sich hier auf duennes Eis und riskiert eine Verfassungsklage.
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#7
(05-04-2020, 00:33)Ulan schrieb: spezielle Schluesselanhaenger als Pflicht fuer Nicht-Smartphone-Besitzer


Wiederum nicht gut durchdacht. Was ist, wenn der "Smartphone-Besitzer" zu Hause bei seiner Frau seinen Schlüsselbund samt Schlüsselanhänger vergessen hat ???

Soll er dann für diese Vergesslichkeit bestraft werden ?

So eine Strafnorm hält doch nicht - ein gefundenes Fressen für ehrgeizige junge Rechtsanwälte

Da muss die Republik die Zahl der Höchstrichter verdreifachen . . . Icon_cheesygrin
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#8
(05-04-2020, 00:54)Sinai schrieb: Wiederum nicht gut durchdacht. Was ist, wenn der "Smartphone-Besitzer" zu Hause bei seiner Frau seinen Schlüsselbund samt Schlüsselanhänger vergessen hat ???

Soll er dann für diese Vergesslichkeit bestraft werden ?

Nun, die Polizei verhaengt momentan Bussgelder aus allen moeglichen Gruenden, wenn sie Dich draussen antrifft; das waere nur einer mehr.

Ziel der Massnahme ist uebrigens, dass die Quarantaene gelockert werden kann, ohne den Ueberblick zu verlieren. Langsam waechst naemlich die Angst, dass die wirtschaftlichen Schaeden unbezahlbar werden.
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#9
(05-04-2020, 00:49)Ulan schrieb: . . . die Regierung begibt sich hier auf duennes Eis und riskiert eine Verfassungsklage.

Eine ???


Oder vielleicht zehntausend, oder wer weiss wie wiel
Wenn Herr Meier den Schlüsselbund samt Schlüsselanhänger zu Hause vergessen hat (weil er ja gewohnheitsmäßig wegen der überhandnehmenden Taschendiebe ohne Schlüssel auf den Markt geht) und dann für seine Vergesslichkeit eine saftige Geldstrafe aufgebrummt bekommt - und er aus den kritischen Medien (elektronischer Standard) erfährt, dass dutzende Bestrafte das Höchstgericht anrufen, dann wird das eine Lawine, ein Dammbruch sein. Für Anwälte ein gutes Geschäft, an anwaltlicher Vertretung wird es nicht liegen.

Die österreichischen Höchstgerichte öffentlichen Rechts (VwGH, VfGH) werden dann bergeweise Beschwerden abzuarbeiten haben, für das, was Politiker fabrizierten

Wäre ich Höchstrichter, würde ich mir diesen ganzen Kleinmist dadurch vom Halse schaffen, dass ich eine Art "Generalamnestie" mache. Das heißt, einen gleichlautenden Schimmelbrief an alle Beschwerdeführer Icon_cheesygrin
Allen Beschwerdeführern recht geben und alle Strafen aufheben.

Bürger und Innen heute 2020 mittels "Erlass" gängeln zu wollen, ist operettenhaft

(05-04-2020, 00:58)Ulan schrieb: Ziel der Massnahme ist uebrigens, dass die Quarantaene gelockert werden kann, ohne den Ueberblick zu verlieren. Langsam waechst naemlich die Angst, dass die wirtschaftlichen Schaeden unbezahlbar werden.

Mit Maßnahmen à la Bürgerschreck (Erlaß) sollte man dennoch nicht operieren
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#10
Nun, ich denke, die Juristen werden sich da schon Gedanken gemacht haben. Eventuell planen sie, dass die Sache mit der Bewegungs-App und dem Schluesselanhaenger "freiwillig" sein werden in dem Sinne, entweder Du benutzt sie oder die Ausgehbeschraenkungen bleiben fuer Dich in Kraft. Deine Wahl.

So kann man auch die elektronische Fussfessel fuer eine ganze Nation einfuehren.
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#11
(05-04-2020, 09:16)Ulan schrieb: Nun, ich denke, die Juristen werden sich da schon Gedanken gemacht haben. Eventuell planen sie, dass die Sache mit der Bewegungs-App und dem Schluesselanhaenger "freiwillig" sein werden in dem Sinne, entweder Du benutzt sie oder die Ausgehbeschraenkungen bleiben fuer Dich in Kraft. Deine Wahl.

So kann man auch die elektronische Fussfessel fuer eine ganze Nation einfuehren.

Wird wohl so kommen, dass jeder (s)einen persönlichen RFID-Chip kriegt. Am besten ganz tief in den Hintern gerammt, damit ihn niemand zu Haus vergessen kann.

"Wo bist du gestern überall gewesen?" Brave Bürger haben nichts zu befürchten und die meisten Kriminalstatistiker würden auch arbeitslos werden. Rechts- und Staatasanwälte hätten wesentlich mehr Freizeit.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#12
(05-04-2020, 01:08)Sinai schrieb: ..., dass dutzende Bestrafte das Höchstgericht anrufen, dann wird das eine Lawine, ein Dammbruch sein. Für Anwälte ein gutes Geschäft,...

Hier sprechen wieder einmal Ahnungslosigkeit und Unverstand.

Urteilsverfassungsbeschwerden sind  nach österreichischem Verfassungsrecht nicht möglich.

Möglich ist die Gesetzesbeschwerde einer am Verfahren beteiligten Partei. Wenn die Prüfung einer Norm auf behauptete Verfassungswidrigkeit einmal eingebracht ist, sind weitere Beschwerden in derselben Sache nicht zulässig.

(05-04-2020, 01:08)Sinai schrieb: Wäre ich Höchstrichter, würde ich mir diesen ganzen Kleinmist dadurch vom Halse schaffen, dass ich eine Art "Generalamnestie" mache. Das heißt, einen gleichlautenden Schimmelbrief an alle Beschwerdeführer
Allen Beschwerdeführern recht geben und alle Strafen aufheben.

Ja, das würde gut zu dir passen.

Einer solchen Vorgangsweise stehen nicht nur Verfahrensbestimmungen entgegen, sie würden der Idee nach auch den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllen.

Aber gottseidank bist du weder Jurist noch Höchstrichter.
MfG B.
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#13
Ich verstehe die Polemik ohnehin nicht.
Die Verfassung verbietet niemandem sich selbst zu gefährden. Die Verfassung verbietet aber, dabei auch andere zu gefährden.
Wenn nun ein solch ein Verfassungsrechtler das nicht einsehen will, kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass er entweder ein Idiot ist, dem es an Aufmerksamkeit fehlt und der nun  die seine große Chance wittert... (In diesen Tagen nichts Ungewöhnliches)

...oder aber, was auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, dass es sich bei diesem sich selbst geadelten Verfassungsrechtler um einen extrem-rechts-lastigen Wolf im Schafspelz handelt, der mit allen Mitteln die bestehende demokratische Verfassung untergraben will.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#14
Österreich will schon in 14 Tagen den wirtschaftlichen System-Neutstart riskieren.
Tyrol, das vom Coronavirus meist betroffene Bundesland hebt mit Ausnahme dreier Hot Spots die bestehenden Quarantänemaßnahmen mit sofortiger Wirkung auf.

..hmmm..

Ich glaube, das wird schlimm in die Hose gehen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#15
(06-04-2020, 15:58)Geobacter schrieb: Österreich will schon in 14 Tagen den wirtschaftlichen System-Neutstart riskieren.
[...]
Ich glaube, das wird schlimm in die Hose gehen.

Das ist durchaus möglich.

Die Wirtschaft und die Rechtspopulisten machen derzeit gehörig Druck und Radau bei uns. Dazu bieten nachvollziehbare Prognosen, wonach uns das Virus noch ein bis zwei Jahre erhalten bleiben und je nach Jahreszeit in der Süd- und Nordhalbkugel der Erde hin- und herschwappen wird, keine guten Aussichten für die Volkswirtschaften.

Da der Replikationsfaktor bei uns derzeit knapp unter 1 ist, will die Regierung das Experiment wagen.

Zunächst werden Handelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche bis zu 400 m², Baumärkte und Gartencenter öffnen dürfen. Allerdings mit der Auflage, dass die Anzahl der Kunden, die sich in den Verkaufsräumen aufhalten, beschränkt bleibt. Ein Mindestabstand von einem Meter muss von den Einkaufenden zueinander eingehalten werden. Dazu ist eine Mund-Nasen-Maske zwingend vorgeschrieben.

Die strengeren Ausgangsbeschränkungen in Tirol werden auf das Niveau des übrigen Bundesgebietes zurückgenommen. Die Ausgangsbeschränkungen, wie sie für das übrige Österreich gelten, bleiben bis auf weiteres aufrecht.

Man will sich an der Art und Weise orientieren, wie Südkorea mit der Situation umgeht. Zugegebenermaßen haben uns die Südkoreaner in Disziplin und Gleichmut, begleitend-einschränkende Maßnahmen hinzunehmen bzw. zu ertragen, einiges voraus.
MfG B.
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