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Das Geschlecht der Engel
#91
Die Bibelautoren sind ja eigentlich auch gar nicht an Geschichte interessiert. Dass Zahlen uebertrieben wurden, ist auch bis in die griechisch-roemische Antike vollkommen normal. Assyrische Zahlen sind da zuverlaessiger.

Jerusalem hatte zur Zeit des Angriffs ca. 8000 Einwohner. Es war das kleine Kaff, das Du erwaehnst, bis die Assyrer das "Nordreich" Israel angriffen. Als Folge des Angriffs floh ein Grossteil der Bevoelkerung Israels nach Juda, dessen Bevoelkerung sich dadurch auf einen Schlag vervielfachte, und Jerusalem wurde praktisch zu "Israel" zu diesem Zeitpunkt, da die Mehrheit der Einwohner nun aus dem Norden stammte. Nebenbei erwaehnt ist das auch ein Teil der Antwort, wo die Staemme Israels geblieben sind: ein Grossteil ist schlicht in Juda aufgegangen. Juda ist so quasi ein Nachzuegler; die aeltesten Bibeltexte erwaehnen den Stamm auch gar nicht.

Dass die Bibel das anders erzaehlt, ist klar. Geschichte - auch Religionsgeschichte - wird immer von Siegern geschrieben.

Der Film geht ja auch darauf ein, dass eventuell auch schlicht ueberhaupt nichts passiert ist. Juda musste extremen Tribut zahlen und Hiskia Geiseln stellen, und das war dann wohl fuer die Assyerer billiger als zu versuchen, Jerusalem einzunehmen. Das Land hatten sie Juda ja eh schon weggenommen.
#92
Beitrag # 89
(02-06-2020, 14:33)Ulan schrieb: Bezueglich des Ereignisses der verstorbenen assyrischen Truppen zitiert Josephus schon in der Antike den babylonischen Marduk-Priester und Geschichtsschreiber Berossos (4.-3. Jhdt. v.Chr.), dass eine Pest die Truppen dahingerafft haette. Da hat man den "Engel".

Auch die Leute in der Antike wussten, was hinter solchen Floskeln steckte.


Der Strong gibt Folgendes her:  "And it came to pass that night, that the mal'âk (messenger) of yehôvâh went out, and killed in the camp of the Assyrians an hundred fourscore and five thousand: and when they arose early in the morning, behold, they were all dead corpses." 2 Könige 19:35

Das heißt, im althebräischen Originaltext ist nicht von einem jungen Mann mit Flügeln die Rede (wie ihn sich die Päpste vorstellten), sondern ganz profan von einem Boten, man kann in diesem Fall wohl auch präziser sagen von einem Beauftragten oder Abgesandten oder Emissär oder ähnliches.
Ein Bote übermittelt ja nur Nachrichten, doch dieser mal'âk führte ja einen Kampfauftrag aus.

Und im althebräischen Originaltext ist nicht die Rede, daß der Beauftragte die Assyrer "erschlug", dies haben die Verfasser der Einheitsübersetzung - in ihrer Ratlosigkeit - so geschrieben.
Im althebräischen Originaltext - und der ist maßgeblich - steht ganz einfach tötete
Man kann auch sagen raffte dahin
Aber es wird kein Hinweis auf die Todesart gegeben

Das mit einer Seuche ("Pest" wie Berossos angedeutet haben könnte), würde auch in den weiten Begriff "töten" passen.
Allerdings war Berossos kein Seuchenspezialist - damals gab es keine standardisierte medizinische Terminologie und man bezeichnete so manche Seuche als eine Pest
Gegen die Seuchenversion dürfte aber das schlagartige Verenden in einer Nacht sprechen. Da wäre Gift viel plausibler. Es gab ja auch in der Antike hochwirksame Gifte.
185.000 Mann tranken am Abend - für jeden 1/2 Liter - cirka 90.000 Liter Wasser - das ist nicht viel. So ein Wasserbecken - durch eine kleine Quelle, einen kleinen Bach oder durch Grundwasser gespeist - war 18 Meter lang, 5 Meter breit und nur 1 Meter hoch. Nicht aufregend groß. Wie ein heutiger Swimmingpool oder ein kleines Schwimmbecken für Nichtschwimmer. Wenn da ein halbes Faß mit Cobragift oder Schierling* hineingeschwindelt wurde (so tun wie wenn man ein leeres Faß füllt, aber dabei den heimlich vorhandenen Inhalt ausrinnen läßt), dann entschliefen alle durstigen Seelen binnen Stunden

*) Schierling war ein bekanntes Gift in der Antike - man denke an Sokrates

Also ich finde diese Bibelerzählung in 2 Könige 19:35 nicht unglaubwürdig

Man muß halt bedenken, daß das eine uralte Sprache war - mit wenigen Vokabeln - und da hatte ein Begriff oft mehrere Bedeutungen

In diesem Puzzle die richtigen Bedeutungen zu finden, die textlich zueinanderpassen und dann einen Sinn ergeben, ist die hohe Kunst der Bibelauslegung

So manche auf den ersten Blick abenteuerlich klingende Geschichte klingt dann völlig plausibel
#93
Zu biologischer und chemischer Kriegführung in der Antike:

Man bedenke, daß biologische und chemische Kriegführung schon lange vor dem Ersten Weltkrieg beliebt war - man denke an die Decken aus den Pockenlazaretten, die von der US Army an die Indianer verteilt wurden. Schon in der Antike schleuste man Aussätzige in feindlichen Gebieten ein - davon berichtete schon der pharaonische Schreiber Manetho
Der ägyptische Papyrus Hearst berichtete eingehend über die Symptome von Aussatz / Lepra
Wenn es gelang, einen Leprakranken (zwecks "Sonnenschutz" in Leinen gehüllt und die Hände und das Gesicht gut verdeckt) in eine zu bekämpfende Stadt zu schmuggeln, dann war das Schicksal dieser Stadt besiegelt. Wenn dann der Aussätzige erkannt und vertrieben wurde, war es schon zu spät. Überall klebten die Bakterien - und damals wußte man nicht einmal, daß es Bakterien gab, und man hatte keine Desinfektionsmittel. Alles, was der Kranke berührt hatte (Türen, Teppiche, Esel, Kleidung, Hauswände) war verkeimt und übertrug die Krankheit.
Aus Pestgebieten wurden Ratten in Käfigen geholt und in einem Keller der zu bekämpfenden Stadt freigelassen, der Attentäter machte sich dann aus dem Staube.
Wenn ein Heer am Rückzug war, tötete man einen Hund, schlitzte seinen Bauch auf, füllte ihn mit Steinen, nähte die Öffnung notdürftig zu und warf den toten Hund in einen Brunnen - wo er aufgrund des Ballastes auf den Boden sank. Alsbald bildete sich Leichengift sowie Bakterien und das verfolgende Heer ging daran zugrunde - da es nicht ein Brunnen war, sondern viele. Eine Art Taktik der verbrannten Erde.
Wenn man eine Stadt nicht erobern konnte, schlägerte man den Wald oder zündete ihn an - dadurch vertrocknete das Gebiet. Man verwüstete es. Römer machten die Felder Karthagos durch Aufbringen von Meersalz unbrauchbar.
Bei Belagerungen katapultierte man Aas (verfaulende Kühe) in die feindliche Stadt oder man suchte einen von der Lage her geeigneten Brunnen oder grub einen - man studierte, in welche Richtung das Grundwasser sickerte und dann füllte man in "Luv" der Stadt einen nahe der Stadt liegenden Brunnen mit toten Kühen. Schon wenige Wochen später brach eine Krankheit (im Idealfall sogar Cholera oder Ruhr) in der Stadt aus
Und Gift war auch schon immer ein beliebtes Kampfmittel der Antike
Die unterirdische Wasserleitung einer belagerten Stadt aufzuspüren, war das Ziel jedes Belagerers!
Deshalb hatte Jerusalem eine gut versteckte, getarnte Wasserleitung. 2 Könige 20:20
Hätte ein Belagerer diese Wasserleitung aufgespürt, hätte er die Stadt vergiften können !
Der Bau dieses verdeckten Hiskia-Tunnels war laut Wikipedia "ein Großprojekt mit riesiger ingenieurtechnischer Herausforderung"

Die Wasserversorgung des Gegners war immer Ziel des Militärs

Und dies ganz besonders im Orient

Erstens ist Wasser im heißen, trockenen Klima Mangelware

Zweitens begünstigt die Wärme des Wassers Krankheitserreger sehr

Drittens wachsen im warmen südlichen Klima allerlei gefährliche Giftpflanzen und leben gefürchtete Giftschlangen (Cobras) und Eidechsen die hochagressive Stoffe absondern, die schon auf der normalen Haut zu Blasenbildung führen - in einen Brunnen geworfen wird das Wasser hochgiftig und zerstört die Gedärme
Die Leute bekommen Durchfall und niemand weiß woher

Im alten Orient (und auch im heutigen Orient) gab es den Kampf um Wasserstellen. Auch die Bibel berichtet sehr glaubhaft darüber. In Midian gab es so einen Kampf. 2 Mose 2:17

Es ist anzunehmen, daß immer dann wenn eine schwache Sippe aus einer Oase verjagt wurde, die Vertriebenen das Wasser vergällten - ein steingefüllter toter Hund lag unsichtbar am Grund des Tümpels und nach einigen Wochen erkrankte die neue Sippe

Bei Wasserstellen und Flüssen war immer extreme Sauberkeit erforderlich!
Daher gab es im alten Mesopotamien sogar die Negativbeichte "ich habe nie in den Fluß gespuckt"

Wasserstellen und Flüsse waren immer ein extrem gefährdetes Biotop - man näherte sich respektvoll - man wußte, daß das Überleben der Gemeinschaft davon abhing

Wurde man vertrieben, machte man das komplexe Ökosystem - das ja nur durch dauernde Rücksichtnahme gesichert werden konnte - bewußt kaputt
Da war nicht viel Aufwand erforderlich - ein wenig Nachlässigkeit (die schwer zu beobachten war) und es war geschehen
Ein Stück mit Steinen gefülltes Aas - rasch hineingeworfen - machte das Unglück komplett

Deshalb vertrieben Eroberer die Vorbevölkerung immer sofort von den Wasserstellen - die Vertriebenen dem Tode weihend

Dies war der Grund für die unglaublich brutalen Kämpfe um die Wasserstellen

Flüsse waren immer heilig - nicht nur der Nil, Euphrat und Tigris, der Tiber, der Indus, der Ganges
Auch die Israeliten hatten ihren heiligen Fluß - den Jordan
So heilig, daß im Jordan das Taufritual von Johannes dem Täufer entstand !
Aber schon lange vorher war der Jordan ein heiliger Fluß der Israeliten. Man denke daran, daß Jakob an der Stelle, wo der Bach Jabbok in den Jordan einmündet, mit einem Engel rang
Was auch immer das bedeuten mag
Da Jakob dabei seine Hüfte verletzte, essen Orthodoxe Juden aus Pietät kein Hüftfleisch des Rindes
Die nächste schwierige Bibelstelle
#94
All diese Spekulationen, die ich jetzt nicht im einzelnen kommentieren will, aendern nichts daran, dass auch der biblische Bericht unwahrscheinlich ist. Haette Assyrien 185.000 Leute an Truppen verloren, haette es nicht mehr existiert, und dieser Krieg waere fuer Assyrien verloren gewesen. Das Gegenteil war der Fall - Juda erlitt eine empfindliche Niederlage mit schwerwiegenden Folgen.

Das Wunder, das der Text hier beschreibt, besteht darin, dass die Stadt Jerusalem ueberhaupt noch existierte und Hiskia noch lebte. Juda bestand jetzt nur noch aus der Stadt Jerusalem und dem Land unmittelbar um die Stadt. Dass auch Berossos nur vermutet hat, ist klar. Dass Assyrien Jerusalem haette einnehmen koennen, hatte es ja am Beispiel Lachisch klar gemacht. Die zweitgroesste Stadt Judas galt als uneinnehmbar, wurde aber ueber eine Rampe gestuermt und dem Erdboden gleichgemacht. Das hatte sehr lange gedauert und muss viele Verluste gekostet haben. Hiskia hatte zu dem Zeitpunkt bereits die vollstaendige Unterwerfung angeboten.

Und was dann geschah, wissen wir nicht. Wir haben nur drei fantasievolle Erzaehlungen - die der Bibel, die des Berossus und die des Herodot - die alle unterschiedlich sind, und die offiziellen assyrischen Chroniken schweigen sich ueber die Details, wie der fuer Juda sehr erniedrigende Vertrag erzielt wurde, aus. Nur die Unterwerfungsbedingungen wurden ueberliefert.

Wie man es dreht oder wendet, bei der Bibel handelt es sich nicht um Geschichtsschreibung im eigentlichen Sinn. Das Buch will uns etwas ueber Gott und seine Vertreter auf Erden, die Priester und Koenige, erzaehlen, nicht ueber geschichtliche Details. Das ist der Grund dafuer, dass die Bibel wichtige Ereignisse nicht oder bestenfalls beilaeufig erwaehnt, waehrend sie im Prinzip nebensaechliche Details ueber Gebuehr aufbauscht.

Edit: Nur als Anmerkung: Dein Gebrauch des Strong ist, wie ueblich, reichlich fragwuerdig. Der Strong ist nur eine Auflistung spezifischer Uebersetzungen, die die Uebersetzer der King James-Bibel verwendet haben. Ein richtiges hebraeisches Woerterbuch ist das nicht. Ansonsten schauen wir hier auf einen "technischen Begriff". Die Diskussion darueber, was der Begriff "Engel des Herrn" eigentlich aussagt, ist sicherlich faszinierend, sprengt aber unseren Rahmen hier. Der Begriff mag sogar so etwas wie einen "Avatar" von Jahwe selbst symbolisieren (mehrere Stellen in der Tora legen das nahe). "Engel des Herrn" ist jedenfalls eine adaequate Uebersetzung, und man sollte hier nicht versuchen, von einer woertlichen Interpretation her zu fantasieren.
#95
(02-06-2020, 23:44)Ulan schrieb: Die Bibelautoren sind ja eigentlich auch gar nicht an Geschichte interessiert. Dass Zahlen uebertrieben wurden, ist auch bis in die griechisch-roemische Antike vollkommen normal. 

Richtig, und genau damit sind wir wieder bei der historischen Unzuverlässigkeit der Bibel insgesamt! Wahrheit interessiert die Autoren überhaupt nicht:

Menschen wurden hunderte Jahre alt, Wein wurde aus Hunderten Liter Wasser gezaubert, Brot wurde für Tausende von Zuhörern aus dem Nichts gesammelt, pharaonische Heerscharen ersoffen zu Zehntausend im Roten Meer, Hunderttausende Juden zogen durch die ungastliche Wüste monatelang und ernährten sich vom Manna-Segen usw. usw.

Das wäre ja alles nicht so schlimm, wenn den Bibeltexten bis heute nicht diese göttliche Autorität zugesprochen würde. Aber für Millionen gläubige Schafe, die von ihren "Hirten" Sonntag für Sonntag  mit immer neuen Bibelversen und Wundern gefüttert werden, muss der Bibeltext auf Punkt und Komma stimmen. Und wehe, man wagt es, der Vernunft ans Tageslicht zu verhelfen!
Und versucht beispielsweise, die Engelsgeschichten auf das zur reduzieren, das sie allenfalls sein können: Gute-Nacht-Geschichten für kleine Kinder! 

Ein Manna-Wunder wäre nach den gestrigen Abendnachrichten zum Beispiel für den Jemen vonnöten. Dort allein leben Millionen im Hunger-Modus. Wie schön wäre es, wenn Goethes Faust doch recht hätte: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Dann würden wir weniger über Engel und mehr über humanitäre Hilfen reden. Unglaublich, dass solche Zustände im 21. Jh. auf "Gottes Erde" mit ihrem exorbitanten Reichtum möglich sind.

Den Rüffel für die Abweichung vom Thema Engel nehme ich dafür in Kauf.

MfG
#96
(03-06-2020, 07:11)Ulan schrieb: . . . Strong . . .  Ein richtiges hebraeisches Woerterbuch ist das nicht.


Hallo 'Ulan'

Hier sind wir bei einer prinzipiellen Frage angekommen.
Wenn man etwas schreibt, soll man es mit einer QUELLE belegen.
Hier im Religionsforum wäre es wenig zielführend, mit universitären Wörterbüchern der antiken Sprachen Althebräisch, Aramäisch, Altgriechisch,
mit dem Großen Brockhaus in 24 Bänden, mit dem Talmud in 12 Bänden und sonstiger Spezialliteratur als Quellenmaterial zu operieren.

Zitate aus derartigen Werken sind für wohl 90 % der Leser uninteressant, da sie diese nicht nachprüfen können.

Sie würden das als Zumutung empfinden und - zurecht - meinen, der Schreiber des Beitrags wirft hier mit unerreichbaren Werken um sich, um Eindruck zu machen . . .

Aus diesem Grund verwende ich hier im Religionsforum folgende Quellen:
- Strong mit seinem Wörterbuch Althebräisch, Aramäisch, Altgriechisch
- Einheitsübersetzung der Bibel
- Wikipedia als Nachschlagewerk (deutsch, englisch, französisch)
- Jewish Encyclopedie (New York 1906)

Diese Quellen stehen im INTERNET und können von ALLEN LESERN abgerufen werden.
#97
(03-06-2020, 07:11)Ulan schrieb: Haette Assyrien 185.000 Leute an Truppen verloren, haette es nicht mehr existiert


Man vergißt gerne, daß antike Militärstaaten gerne Fremdtruppen verwendeten.
Um nicht die eigene Staatsnation zu schädigen, verheizte man in verlustreichen Kriegen massenhaft "Militärsklaven"

Ja, das existierte wirklich - gerade auch Rom setzte massenhaft "Auxiliartruppen" ein 
und man denke an die Janitscharen der türkischen Armee (gekidnappte Christenkinder wurden massenhaft in die türkische Armee gepreßt so daß riesige Truppenverbände aus Fremden entstanden) und die Grande Nation errichtete 1831 ihre Fremdenlegion für ihre Kolonialkriege: Araber wurden gegen Vietnamesen eingesetzt, Ostasiaten  gegen Algerier usw. Auch die Briten waren Meister auf diesem Gebiet 

In der österreichischen Armee der Kaiserzeit waren außerhalb des deutschsprachigen Kernlandes nur die Offiziere Deutsche, die große Mehrheit der Soldaten sprach Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Kroatisch, Bosnisch, Slowenisch, Rhutenisch . . . 90 % der K.u.k. Soldaten sprach nicht Deutsch! Nur das Offizierscorps war deutsch - und die vielen Unteroffiziere mußten bloß der deutschen Kommandosprache mächtig sein. Das heißt, sie mußten die militärischen Begriffe und die standardisierten Kommandos kennen.
Dies ist deshalb von Interesse, da dies alles nicht lange her und daher bekannt ist - und erlaubt Rückschlüsse auf Heere antiker Großreiche

Um zur Antike zurückzukehren: Alexander der Große war ein Virtuose auf dem Gebiet der Errichtung von Fremdtruppen

. . . und die aggressive Großmacht Assyrien setzte wohl sicher Militärsklaven im großen Stil ein.
Man darf vermuten, daß bei einem Feldzug der Assyrer nur die Offiziere Assyrer waren
Die berittenen Kommandanten und die Streitwagenfahrer waren sicher Assyrer,
das Fußvolk der assyrischen "Lanzenträger" und der gesamte Troß (Offiziersdiener, Köche und Küchengehilfen, Huren, Flickschuster zur massenhaften Instandsetzung der auf dem Marsch zerschlissenen Sandalen, Müller zum täglichen zerstoßen der mitgeführten Getreidekörner, Kutscher, Bäcker zur täglichen Herstellung der Fladenbrote, Roßknechte und Stallburschen) war jedoch ein buntscheckiger Haufen von Sklaven aus allen eroberten Gebieten. 

Wenn ein assyrisches Heer von 185.000 Mann zugrunde ging, starben vielleicht 4000 Assyrer (ein Fünfzigstel der Kopfzahl) - die Masse waren keine Assyrer

Das war ja das Rezept dieser Großreiche

(03-06-2020, 07:11)Ulan schrieb: die offiziellen assyrischen Chroniken schweigen


Auch über den Auszug der Israeliten schweigen die offiziellen ägyptischen Chroniken

Es ist bekannt, daß frühe Militärstaaten über Siege schrieben, daß aber verheerende Niederlagen verschwiegen wurden

Das Fehlen von verheerdenden Niederlagen in Chroniken von mächtigen antiken Königreichen besagt also nichts !

Erst mit dem Aufkommen der ersten Demokratien (Griechenland) und ersten Republiken (Rom ab 509 v. Chr.) war es nicht mehr möglich, Niederlagen aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen.


--


Eine erfrischende Ausnahme in der Flut der antiken Propagandaflut von schöngefärbten Siegesberichten stellt die Bibel dar

Mit höchster Objektivität wird auch von verheerenden Niederlagen der Israeliten berichtet !

Zur Thematik der Fremdtruppen des Assyrischen Heeres fand ich noch folgendes Statement:

"Außerhalb ihres Kernlands am mittleren Tigris bildeten die Assyrer in ihrem Reich zu vielen Zeiten die Oberschicht aus Verwaltungsbeamten und Militärs."
Assyrer - Wikipedia
Geschichte
#98
(03-06-2020, 21:49)Sinai schrieb: Hallo 'Ulan'

Hier sind wir bei einer prinzipiellen Frage angekommen.
Wenn man etwas schreibt, soll man es mit einer QUELLE belegen.[...]

Aus diesem Grund verwende ich hier im Religionsforum folgende Quellen:
- Strong mit seinem Wörterbuch Althebräisch, Aramäisch, Altgriechisch
- Einheitsübersetzung der Bibel
- Wikipedia als Nachschlagewerk (deutsch, englisch, französisch)
- Jewish Encyclopedie (New York 1906)

Diese Quellen stehen im INTERNET und können von ALLEN LESERN abgerufen werden.

Das ist alles im Prinzip sehr loeblich, aber man sollte diese Quellen richtig verwenden. Zum Strong habe ich meine Meinung Dir gegenueber bereits mehrfach spezifiziert, und daran hat sich nichts geaendert. Strong's Konkordanz ist ein Index der KJV (King-James-Version der Bibel) und enthaelt nur Bedeutungen, die die Uebersetzer der KJV fuer Bibelstellen benannt hatten. Strong's Woerterbuch ist etwas besser, da sie die Bemuehungen des Teams, das die ASV (American Standard Version) erstellte, inkorporierte, und zumindest einige saekulare Bedeutungen erwaehnt (Strong oder die ASV'ler haben wohl auch das Woerterbuch von Gesenius zu Rate gezogen). Trotzdem hilft uns das nicht, wenn es um Fragen geht, die im 20. Jahrhundert zutage kamen und wo neue etymologische Erkenntnisse in Betracht gezogen werden muessen. Strong selbst hat darauf hingewiesen, dass sein Woerterbuch kein vernuenftiges Woerterbuch des Hebraeischen ersetzen kann. Ein Hinweis auf den Strong ist dann, wie auch in dem spezifischen Fall, der hier der Ausloeser war, kontraproduktiv. Man muss sich immer klar machen, was eine Quelle leistet, und was sie eben halt nicht leistet.
#99
(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Man vergißt gerne, daß antike Militärstaaten gerne Fremdtruppen verwendeten.
Um nicht die eigene Staatsnation zu schädigen, verheizte man in verlustreichen Kriegen massenhaft "Militärsklaven"

Nein, das vergisst niemand. Nur, wie stellst Du Dir die Logistik eines 185.000 Mann starken Heeres zur damaligen Zeit vor? Und warum 185.000 Truppen gegen ein Kaff mit 8000 Einwohnern? Die haetten einfach ueber die Mauern klettern koennen, wenn Verluste egal sind. Das ist genau so absurd wie die Sache mit dem Zug durch den Sinai. Du kannst ja mal auf die Suche gehen, ob die Zahl irgendeine Bedeutung in der Gematria hat; viele biblische Zahlen haben im Prinzip einen solchen Hintergrund und keinen geschichtlichen.

(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Auch über den Auszug der Israeliten schweigen die offiziellen ägyptischen Chroniken
... weil es den ganz offensichtlich nicht gab und nicht gegeben haben kann.

(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Es ist bekannt, daß frühe Militärstaaten über Siege schrieben, daß aber verheerende Niederlagen verschwiegen wurden

Mag sein, aber dies war eine vernichtende Niederlage Judas gegen Assyrien. Die Bedingungen, unter denen sich Hiskia ergeben musste, liessen ihn und Jerusalem gerade mal so ueberleben. Sein Reich war weg und ging groesstenteils an die Nachbarfuersten, alle finanziellen Mittel wurden als Strafzahlung eingezogen, und Hiskias Familie ging als Geiseln an den assyrischen Hof. Er war bestimmt froh, dass ihm nicht die Haut abgezogen wurde, aber das war halt das "Wunder des Herrn".

(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Eine erfrischende Ausnahme in der Flut der antiken Propagandaflut von schöngefärbten Siegesberichten stellt die Bibel dar

Mit höchster Objektivität wird auch von verheerenden Niederlagen der Israeliten berichtet!

Mit Objektivitaet hat das alles nichts zu tun (die Bibel ist ueberhaupt nicht objektiv; sie stellt viele geschichtliche Gegebenheiten komplett falsch dar). Als relativ kleines und schwaches Land waren Niederlagen fuer Juda an der Tagesordnung. Was tatsaechlich stattfand, war, dass Niederlagen theologisch umfunktioniert wurden und eine tragende Rolle im eigenen Glaubenssystem bekamen.

(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Zur Thematik der Fremdtruppen des Assyrischen Heeres fand ich noch folgendes Statement:

"Außerhalb ihres Kernlands am mittleren Tigris bildeten die Assyrer in ihrem Reich zu vielen Zeiten die Oberschicht aus Verwaltungsbeamten und Militärs."

Ja und? Hier geht's um einen Feldzug, den der Koenig selbst leitete, da er eine Koalition aus Juda, den phoenizischen Stadtstaaten Sidon und Tyros, Amurru, Moab und einigen Stadtstaaten der philistinischen Pentapolis (z.B. Ekron und Askalon), die ihm seine Einnahmen aus dem Aegyptenhandel streitig machten, niederschlagen musste. Da auch Aegypten Truppen schickte, musste er die Herausforderung durch die andere Grossmacht annehmen.

Ausser, dass Sanherib aus irgendeinem Grund Juda als Vasallenstaat behalten wollte, wissen wir nichts. Die Bibel ist ja mit ihrer theologischen Floskel auch nicht weiter erhellend.


Das Thema hier ist aber "das Geschlecht der Engel". Dazu kommt anscheinend nichts mehr.
(04-06-2020, 17:48)Ulan schrieb:
(03-06-2020, 22:51)Sinai schrieb: Man vergißt gerne, daß antike Militärstaaten gerne Fremdtruppen verwendeten.
Um nicht die eigene Staatsnation zu schädigen, verheizte man in verlustreichen Kriegen massenhaft "Militärsklaven"

wie stellst Du Dir die Logistik eines 185.000 Mann starken Heeres zur damaligen Zeit vor?


Bei damaligen Feldzügen gab es keine "Logistik"
Da zog eine riesige Herde von Kriegern und Nichtkombattanten (das Wort Truppe kommt von frz. troupeau, Herde) ähnlich wie Heuschrecken über die Länder und lebte vom Land und verwüstete ("verheerte") alles !

Nachschub im heutigen Sinn gab es keinen. Wie hätte dieser auch organisiert werden sollen ohne Eisenbahnen und ohne Lkw
und ohne Konservierunsgmittel

Bis da Lebensmittel 500 Km weit transportiert wurden, waren sie verdorben


--


Aber gerne kehre ich wieder zum Thema zurück - Das Geschlecht der Engel
Nach diesen Exkursen über paarungsbereite männliche Engel (1 Mose 6:4) und kämpferische Engel (1 Mose 32:25 und 2 Könige 19:35) dürfte es
- vorbehaltlich des Einwandes daß es nicht klar ist, daß dies "Engel"* waren - so aussehen, daß Engel männlich sind

*) Die Definition von altgriechischen Angelos (die sich in die Septuaginta verirrt hatten) und althebräischen Malachim ist eben keineswegs kongruent !
(04-06-2020, 17:12)Ulan schrieb:
(03-06-2020, 21:49)Sinai schrieb: Hallo 'Ulan'

Hier sind wir bei einer prinzipiellen Frage angekommen.
Wenn man etwas schreibt, soll man es mit einer QUELLE belegen.[...]

Aus diesem Grund verwende ich hier im Religionsforum folgende Quellen:
- Strong mit seinem Wörterbuch Althebräisch, Aramäisch, Altgriechisch
- Einheitsübersetzung der Bibel
- Wikipedia als Nachschlagewerk (deutsch, englisch, französisch)
- Jewish Encyclopedie (New York 1906)

Diese Quellen stehen im INTERNET und können von ALLEN LESERN abgerufen werden.

Das ist alles im Prinzip sehr loeblich, aber man sollte diese Quellen richtig verwenden. Zum Strong habe ich meine Meinung Dir gegenueber bereits mehrfach spezifiziert, und daran hat sich nichts geaendert. Strong's Konkordanz ist ein Index der KJV (King-James-Version der Bibel) und enthaelt nur Bedeutungen, die die Uebersetzer der KJV fuer Bibelstellen benannt hatten. Strong's Woerterbuch ist etwas besser, da sie die Bemuehungen des Teams, das die ASV (American Standard Version) erstellte, inkorporierte . . .


Dann mach einen anderen Vorschlag !
Ich klebe nicht am Strong
Die Alternative sollte aber 'Forumstauglich' sein

Nicht jeder Forumsteilnehmer oder Leser ist bereit, für das Abonnement eines Wörterbuchs Geld zu zahlen - oder gar mit seiner Privatsphäre zu zahlen (indem er pauschal jedwede Cookies akzeptiert die seine Internetadresse der internationalen Werbeindustrie ausliefern)

Vorschläge ?
Ulan schrieb:Das Thema hier ist aber "das Geschlecht der Engel". Dazu kommt anscheinend nichts mehr.

Doch, die ganze Zeit dreht sich die Diskussion ja schon um diesen erfundenen ominösen Gewalt-Engel, der in einer einzigen Nacht 185.000 assurische Krieger (heimlich still und leise, von den Kampfhunden unbemerkt  und ohne jede  Gegenwehr?) getötet haben soll. Der Riese Goliath muss ja nichts dagegen gewesen sein.

Spätestens hier muss doch jedem vernünftigen Menschen klar werden, dass Engel-Phantasien und -Theorien unsinnig sind.  Und damit erst recht deren Geschlechtsbestimmung.

MfG
(05-06-2020, 09:48)Davut schrieb:
Ulan schrieb:Das Thema hier ist aber "das Geschlecht der Engel". Dazu kommt anscheinend nichts mehr.

Doch, die ganze Zeit dreht sich die Diskussion ja schon um diesen erfundenen ominösen Gewalt-Engel...

... aber nicht um sein Geschlecht.
(05-06-2020, 02:04)Sinai schrieb: Bei damaligen Feldzügen gab es keine "Logistik"

Diese Bemerkung ist, nebenbei erwaehnt, vollkommen falsch. Sowohl bei Aegyptern als auch Assyrern machte Logistik ein Grossteil der Kriegsvorbereitungen aus, und wir kennen zum Teil selbst Details. Fuer Ramses den Grossen z.B. ist ueberliefert, wie er fuer die Ueberquerung des Sinai - auf dem kuerzesten und schnellsten Weg wohlgemerkt - seine Logistikabteilung vorausgeschickt hatte, um in bestimmten Abstaenden Depots mit Wasser, Nahrung und auch Viehfutter anzulegen, da im Sinai die Versorgung einer groesseren Gruppe von Menschen ansonsten nicht moeglich ist. Auch fuer die assyrische Armee der Zeit sind Details der Logistik seiner Kriegszuege bekannt.

(05-06-2020, 02:04)Sinai schrieb: Aber gerne kehre ich wieder zum Thema zurück - Das Geschlecht der Engel
Nach diesen Exkursen über paarungsbereite männliche Engel (1 Mose 6:4) und kämpferische Engel (1 Mose 32:25 und 2 Könige 19:35) dürfte es
- vorbehaltlich des Einwandes daß es nicht klar ist, daß dies "Engel"* waren - so aussehen, daß Engel männlich sind

*) Die Definition von altgriechischen Angelos (die sich in die Septuaginta verirrt hatten) und althebräischen Malachim ist eben keineswegs kongruent !

Diese Wortwahl Icon_rolleyes . Engelsvorstellungen auch im Alten Testament sind nicht einheitlich, ebensowenig wie die griechischen. Sicherlich waren hebraeische Engel urspruenglich eher so etwas wie die gefluegelten "Monster" (Mischwesen), die man von assyrischen Bauten kennt, also hatten bestenfalls menschliche Gesichter. Allerdings kennt das AT auch Wesen, die wie Maenner aussahen, und an vielen Stellen ist das Geschlecht einfach unbestimmt. Uebrigens laufen die hebraeische und die griechische Entwicklung hier parallel: die "Vermenschlichung" des Aussehens findet in beiden Faellen statt.
(05-06-2020, 02:17)Sinai schrieb: Dann mach einen anderen Vorschlag !
Ich klebe nicht am Strong
Die Alternative sollte aber 'Forumstauglich' sein

Nicht jeder Forumsteilnehmer oder Leser ist bereit, für das Abonnement eines Wörterbuchs Geld zu zahlen - oder gar mit seiner Privatsphäre zu zahlen (indem er pauschal jedwede Cookies akzeptiert die seine Internetadresse der internationalen Werbeindustrie ausliefern)

Vorschläge ?

Nun, wenn Du kein Geld ausgeben willst, musst Du Dir Deiner Einschraenkungen diesbezueglich bewusst sein. Mein Beitrag da oben richtete sich ja auch eher dagegen, wie Du den Strong benutzt, naemlich so als ob "Engel des Herrn" nicht als technischer Ausdruck seine eigene Bedeutung haette, unabhaengig von den Wortbedeutungen der Teile des Ausdrucks.

Im Prinzip geht es darum, dass Gott selbst etwas macht in diesen Faellen. Da Gott sich aber nicht zeigt, benutzt er die Form des "Engels des Herrn", um zu seinen Adressaten zu sprechen oder zu handeln (das Ringen mit Jakob, die Verkuendigungen gegenueber Moses, wo Jahwe in der "Ich"-Form durch den "Engel des Herrn" redet). Oder, wie im vorliegenden Fall, wir haben eine Umschreibung dessen, was auch im Englischen heute noch so schoen "acts of God" genannt wird, also zufaellige, natuerliche Ereignisse, auf die niemand einen Einfluss hat.


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