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13-12-2021, 00:12
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 00:12 von Ulan.)
Sagen wir mal so: die Geschichte feiert, dass der Jahwe-Kultur endlich die Erstgeborenen-Opferung aufgab.
Aber trotzdem sollte man solch eine Geschichte eher positiv deuten: Sicherlich ist die Tendenz der Bibeltexte, die vormaligen Braeuche der Israeliten auf angebliche externe Voelker (die "Kanaanaeer", die nichts anderes als die Vergangenheit Israels repraesentieren) zu schieben, ein wenig unehrlich, aber sei's drum: sie feiern neue und im allgemeinen menschlichere Praktiken, also einen sozialen Fortschritt. Und das ist doch schon mal was.
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13-12-2021, 08:03
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 08:05 von Sinai.)
(13-12-2021, 00:12)Ulan schrieb: Sagen wir mal so: die Geschichte feiert, dass der Jahwe-Kultur endlich die Erstgeborenen-Opferung aufgab.
Das stimmt zwar auf den ersten Blick - aber leider ging die Geschichte anders aus: Der verhinderte Ritualmörder wurde leider nicht erschlagen, sondern für seinen zur Schau gestellten Kadavergehorsam reichlich belohnt!
Die Message aus dieser alten Bibelstelle ist sehr schädlich.
Der Bösewicht wurde nicht bestraft, ja nicht einmal gemaßregelt - er wird als Vorbild dargestellt und wurde Vater einer großen Nachkommenschaft
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13-12-2021, 10:19
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 10:30 von Ulan.)
Du missverstehst. Der Vater war kein "Boesewicht". Der Jahwekult verlangte die Opferung der Erstgeborenen. Die Geschichte feiert den Moment, an dem Gott endlich auf dieses Opfer verzichtete und ein Schaf als Ersatz akzeptierte. Gott ist hier grosszuegig; endlich keine Menschenopfer mehr. In dem Moment wurde er "besser" als die anderen Goetter um ihn herum.
Es ist auch hier mal wieder Gott, der ethisch waechst, und nicht der menschliche Protagonist, der dem Willen der Gottheit mehr oder weniger hilflos ausgeliefert ist.
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(13-12-2021, 10:19)Ulan schrieb: Du missverstehst. Der Vater war kein "Boesewicht". Der Jahwekult verlangte die Opferung der Erstgeborenen.
Gibt es da irgendwelche Quellen, dass der Jahwekult vor Abraham die Opferung der Erstgeborenen verlangte?
Zweite Frage: was bedeutet "opfern" ?? Ich hörte einmal, dass das bedeutete, den Erstgeborenen aus der Zeugungskette der Familie herauszunehmen und ihm dem Tempeldienst zu weihen. Seine Söhne waren damit Tempeleigentum und wurden wieder zu Priestern ausgebildet und geweiht.
"Tempel" und "Priester" darf man in Zeiten vor dem Aufenthalt in Mizraim nicht so eng sehen - das kann ein Feldheiligtum (Zelt) oder eine Grotte gewesen sein
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13-12-2021, 15:46
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 15:48 von Ulan.)
(13-12-2021, 13:49)Sinai schrieb: Gibt es da irgendwelche Quellen, dass der Jahwekult vor Abraham die Opferung der Erstgeborenen verlangte?
Welcher Jahwe-Kult "vor Abraham"? Abraham ist eine mythologische Figur. Die Opferung von Erstgeborenen in seinem Kult nennt Jahwe selbst in einem seiner Monologe, wo er einraeumt, er haette "schlechte" Gesetze gegeben. Bei Interesse schreibe ich eventuell demnaechst zu dem Komplex etwas.
(13-12-2021, 13:49)Sinai schrieb: Zweite Frage: was bedeutet "opfern" ??
Feuer. Das war bei den Kulten der Gegend so ueblich.
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Wie Du Dir denken kannst, bin ich mit Deinen Anworten nicht zufrieden.
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(13-12-2021, 10:19)Ulan schrieb: Du missverstehst. Der Vater war kein "Boesewicht". Der Jahwekult verlangte die Opferung der Erstgeborenen. Die Geschichte feiert den Moment, an dem Gott endlich auf dieses Opfer verzichtete und ein Schaf als Ersatz akzeptierte. Gott ist hier grosszuegig; endlich keine Menschenopfer mehr. In dem Moment wurde er "besser" als die anderen Goetter um ihn herum.
Es ist auch hier mal wieder Gott, der ethisch waechst, und nicht der menschliche Protagonist, der dem Willen der Gottheit mehr oder weniger hilflos ausgeliefert ist.
Hallo Ulan,
... "Gott" war/ist sicher kein Bösewicht, lediglich die praktizierten Menschenopferkulte (siehe z.B. auch Baal-Kult...) knechteten die antiken Völker. - Die Opfer-Rituale in den Tempeln müssen blutüberströmten Szenen geglichen haben, wie ein Historiker vermerkte. Die damaligen Priester waren genauso "wahnsinnig", wie die Täter, welche später als kath. Inquisitoren ihr menschenverachtendes Handwerk über Jahrhunderte ungehindert ausüben konnten/durften.-
(Wie zu lesen war, sollen auch germanische Stämme Menschenopfer praktiziert haben.)
Das Schicksal, welches das Neue Testament Jesus zuschreibt, erinnert auch an alttestamentarische, heidnische Vorstellungen, "Gott/Götter" sei/en mit einem Opfer zu besänftigen oder gar zu einem Gesinnungswandel zu bewegen.
"Gott" braucht meiner Ansicht nach auch nicht "ethisch zu wachsen", denn man darf ihn durchaus als "tadellos" denken.
Wachsen muss der Mensch  Schaut man aber auf den bisherigen Verlauf unserer Welt-Geschichte, so ist hierzu große Skepsis angebracht - und berechtigt!
Gruß von Reklov
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 20:10 von Sinai.)
(13-12-2021, 19:11)Reklov schrieb: alttestamentarische, heidnische Vorstellungen, "Gott/Götter" sei/en mit einem Opfer zu besänftigen oder gar zu einem Gesinnungswandel zu bewegen.
2 Mose 4:24
"Unterwegs in der Unterkunft trat Jehova ihm entgegen und wollte ihn zu töten. Schließlich nahm Zippọra einen Feuerstein und beschnitt ihren Sohn. Sie ließ die Vorhaut seine Füße berühren und sagte: „Das ist, weil du ein Blutbräutigam für mich bist.“ Da ließ Gott ihn gehen. Damals sagte sie: „Ein Blutbräutigam“, wegen der Beschneidung."
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 22:43 von Ulan.)
(13-12-2021, 19:11)Reklov schrieb: "Gott" braucht meiner Ansicht nach auch nicht "ethisch zu wachsen", denn man darf ihn durchaus als "tadellos" denken.
Das war jetzt nicht meine Ansicht von Gott, sondern die, die in den aelteren Teilen des AT vertreten wird. Gott ist da durchaus unueberlegt, rachsuechtig, handelt gegen seine eigenen Interessen wenn die Wut ihn ueberkommt, gesteht eigene Fehler ein, aendert in der Folge sein Verhalten. Insofern ist die Gottesvorstellung von Teilen des AT halt eben nicht die eines "tadellosen" Wesens. Maechtig, ja, aber mit vielen Fehlern. Natuerlich ist die Message wichtig: nur Dein Priester hat eine Chance, Gott zu besaenftigen, wenn er einen Tobsuchtsanfall hat.
Dass heutige Gottesvorstellungen da ganz anders - aber auch sehr viel ferner - sind, ist klar. Jesus soll da die nun grosse Kluft ueberbruecken.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-12-2021, 23:28 von Sinai.)
(13-12-2021, 22:40)Ulan schrieb: Natuerlich ist die Message wichtig: nur Dein Priester hat eine Chance, Gott zu besaenftigen, wenn er einen Tobsuchtsanfall hat.
Dass heutige Gottesvorstellungen da ganz anders - aber auch sehr viel ferner - sind, ist klar. Jesus soll da die nun grosse Kluft ueberbruecken.
Also wenn ich mir die Geheime Offenbarung anschaue, dann ist der in dieser Schrift beschriebene Massenmörder namens "Jesus" sehr schlimm — plant angeblich, die halbe Menschheit auszurotten — aber wahrscheinlich ist das ohnehin nur eine Namensgleichheit
Jesus hießen damals viele, so wie heute Peter oder Walter
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14-12-2021, 13:53 von Reklov.)
(13-12-2021, 20:08)Sinai schrieb: (13-12-2021, 19:11)Reklov schrieb: alttestamentarische, heidnische Vorstellungen, "Gott/Götter" sei/en mit einem Opfer zu besänftigen oder gar zu einem Gesinnungswandel zu bewegen.
2 Mose 4:24
"Unterwegs in der Unterkunft trat Jehova ihm entgegen und wollte ihn zu töten. Schließlich nahm Zippọra einen Feuerstein und beschnitt ihren Sohn. Sie ließ die Vorhaut seine Füße berühren und sagte: „Das ist, weil du ein Blutbräutigam für mich bist.“ Da ließ Gott ihn gehen. Damals sagte sie: „Ein Blutbräutigam“, wegen der Beschneidung."
Hallo Sinai,
... es ist ja nun hinreichend bekannt, dass seinerzeit viele relig. Vorschriften rein gesundheitliche Gründe hatten. Um denen aber entsprechenden Nachdruck zu verleihen, kleidete man sie in einen "göttlichen Willen".
Dies bezieht sich ja nicht nur auf die Beschneidung, sondern geht über moralische Vorschriften bis hin zu Speiseverboten!
Gruß von Reklov
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(13-12-2021, 22:40)Ulan schrieb: Das war jetzt nicht meine Ansicht von Gott, sondern die, die in den aelteren Teilen des AT vertreten wird. Gott ist da durchaus unueberlegt, rachsuechtig, handelt gegen seine eigenen Interessen wenn die Wut ihn ueberkommt, gesteht eigene Fehler ein, aendert in der Folge sein Verhalten. Insofern ist die Gottesvorstellung von Teilen des AT halt eben nicht die eines "tadellosen" Wesens. Maechtig, ja, aber mit vielen Fehlern. Natuerlich ist die Message wichtig: nur Dein Priester hat eine Chance, Gott zu besaenftigen, wenn er einen Tobsuchtsanfall hat.
Dass heutige Gottesvorstellungen da ganz anders - aber auch sehr viel ferner - sind, ist klar. Jesus soll da die nun grosse Kluft ueberbruecken.
Hallo Ulan,
... wie man ja lesen kann, ist dem Messias solches aber auch nur gelungen, weil er sein Leben "geopfert" hat. Er erfuhr zunächst keine Gnade, denn es musste (für die Sünden der Welt) "bezahlt" werden - und zwar vom "Besten", der sein Leben hinzugeben hatte, obwohl er im Garten Getsemani um das "Vorübergehen des Kelches" bat.
In dieser "Heilsgeschichte" des Neuen Testaments zetzt sich der alte heidnische "Opfergedanke" weiterhin durch, genau wie sich z.B. alte Götter/innen in den Namen unserer Wochentage "lebendig" halten.
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(13-12-2021, 23:27)Sina schrieb: Also wenn ich mir die Geheime Offenbarung anschaue, dann ist der in dieser Schrift beschriebene Massenmörder namens "Jesus" sehr schlimm — plant angeblich, die halbe Menschheit auszurotten — aber wahrscheinlich ist das ohnehin nur eine Namensgleichheit
Jesus hießen damals viele, so wie heute Peter oder Walter
Hallo Sinai,
... mal abwarten, ob dies nicht der Mensch selber - oder aber gar ein Virus "erledigt"?
Gruß von Reklov
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14-12-2021, 16:55 von Sinai.)
Meinst du die B-Waffe ?
In der Geheimen Offenbarung ist merkwürdigerweise von einer verheerenden Seuche die Rede
Und es gibt immer wieder Menschen, die sich als Werkzeug des Willens Gottes sehen
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14-12-2021, 18:25 von Ulan.)
(14-12-2021, 14:05)Reklov schrieb: ... wie man ja lesen kann, ist dem Messias solches aber auch nur gelungen, weil er sein Leben "geopfert" hat. Er erfuhr zunächst keine Gnade, denn es musste (für die Sünden der Welt) "bezahlt" werden - und zwar vom "Besten", der sein Leben hinzugeben hatte, obwohl er im Garten Getsemani um das "Vorübergehen des Kelches" bat.
Ich habe das Geefuehl, nur weil man es oft genug gehoert hat, kann man sich einbilden, das wuerde irgendeinen Sinn machen. Wem gegenueber hier was warum vergeben wurde, dadurch, dass ein Sektenfuehrer - aus damaliger rechtlicher Sicht uebrigens vollkommen zurecht - hingerichtet wurde, erschliesst sich mir nicht, auch wenn ich die Opfersymbolik an sich sehe. Selbst wenn ich dafuer rein theoretisch, um des Gedankenspiels willen, mal akzeptiere, dass ein Gott hier seinen Sohn opfert, stellen sich mir nicht weniger Fragen.
Aber klar, nach lokalem Brauch gehoerte unter den Eckpfeiler eines neue Hauses der geopferte Erstgeborene - einfach, weil das so Sitte war. Und da ja Christus der Eckstein ist, auf dem die neue Kirche errichtet werden sollte, musste er, als Erstgeborener, unter deren Eckstein. Irgendeine andere Logik als "das gehoert sich halt so" - also letztlich gar keine Logik ausser gesellschaftlicher Konvention - sehe ich hier immer noch nicht.
Selbst wenn ich die eher abstrakte Logik meines ersten Absatzes und nicht die davon teilweise unabhaengige meines zweiten Absatzes anwende, so bleibt doch letztlich eine Schuld gegenueber Gott abzuloesen, die er aus irgendeinem Grund nicht in der Lage ist, zu vergeben, und stattdessen so ein atavistisches Opferritual abziehen muss.
Was fuer mich dann als letzte Moeglichkeit bleibt, ist der etwas verunglueckte Versuch, eine missverstandene Prophezeiung zu erfuellen. Das ist dann aus der atavistischen Interpretation heraus, die ich in Absatz zwei versucht habe, merkwuerdigerweise in einer neuen Religion geendet.
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