Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Irrationalismus - Können wir die Welt überhaupt erklären?
#46
(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb:
(30-11-2024, 02:10)Ekkard schrieb: ...
Ich denke, wir wollen eine kritische Auseinandersetzung mit Religionen.

Und mir geht es eben eher darum, was der Kern aller Religionen ist.
In diesem Fall sprechen wir über Ideen, die in menschlichen (Partial-) Gesellschaften und Religionsgemeinschaften kursieren.
Ideen sind nicht begrenzt und nicht kontrollierbar. Solange man damit keine Einflussnahme insbesondere keinen Machtanspruch beabsichtigt, kann ich fremde Ideen durchaus tolerieren. Aber ich möchte auch keine "wissenschaftlichen" Begründungen lesen. Denn Wissenschaft beschäftigt sich nicht mit gesellschaftlich induzierten Vorstellungen und Ideen, sondern nur damit, wie Dinge zusammenwirken. Ideen haben darauf naturgemäß keinen Einfluss.

Der Kern aller Religion(en) als inspirierende Quelle:
(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Mich interessiert, was diese Quelle ist - und da ist mit der Ratio eben nicht viel zu erreichen. Hier kommt die Intuition ins Spiel, weil sie das bessere Mittel zum Zweck ist. Du siehst also, dass die Begründung für die Anwendung der Intuition durchaus rational hergeleitet werden kann.
Öhm - rational, das bessere Mittel? 

(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb:
(01-12-2024, 15:39)petronius schrieb: was???

gegenstände und gehirne bilden sich durch quantenfluktuationen???


Ja, in der unvorstellbar weit entfernten Zukunft - weil solche Vorgänge von der Quantenmechanik nicht ausdrücklich verboten, sondern nur für nahezu unmöglich gehalten werden. Die Betonung liegt auf nahezu - wenn eine fast unendliche Zeit vergeht, werden auch Ereignisse mit einer Wahrscheinlichkeit von quasi Null - aber eben nicht ganz null - eintreten.
Da muss ich @petronius Recht geben. Dass komplexe Gebilde aller Art in einem Schritt entstehen, ist ausgeschlossen. Dass im Laufe mehrerer Milliarden Jahre Entwicklung komplexe Systeme heranreifen, ist allerdings Erfahrung. Anderenfalls gäbe es uns nicht. Und das kann immer mal wieder passieren, namentlich dann, wenn die Zeit aus irgendwelchen Gründen endet.

Kleine Skizze:
Dass die Zeit enden kann, hat damit zu tun, dass das (expandierende) Universum nach Wissensstand keiner Volumenbeschränkung unterliegt. Dies hat eine immer weiter abnehmende Temperatur zur Folge. Wir wissen nicht, wie sich der derzeit herrschende und dann verloren gehende Massenhintergrund auf die Stabilität der Materie auswirkt. Hypothesen gehen dahin, dass sich die Materie zunächst in Strahlung umwandelt, die dann hinter den Ereignishorizonten endgültig verschwindet. Zurück bleibt ein Vakuum, in dem außer gelegentlichen Quantenfluktuationen nichts mehr stattfindet. Damit ist die Zeit beendet.   

(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Ich bin manchmal selber erstaunt darüber, was ich denke.
Solche Gedankenspiele werden unbewusst lange vorbereitet. Irgendein Artikel, eine Aussage, ein Hinweis löst dann eine Lawine von Ideen aus. Aber Ideen sind halt "zollfrei", kosten also nichts. Die Frage ist eben: wem nützen sie, wie kann man sie anwenden?
Und da setzt dann die kritische Vernunft ein.

(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Aber wenn es um die "höheren" Fragen geht, schöpfe ich einfach aus irgendeiner Quelle im Unterbewusstsein. 

Im Übrigen glaube ich, dass dies letztlich alle Menschen so tun - nur ist es den meisten nicht bewusst.
Eben!

(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Und mein Glaube ist eben, dass diese Quelle im Unterbewusstsein, die uns allen gegeben ist, die selbe oben genannte Quelle aller Religionen ist.
Das kann schon sein. Wir müssen bei Ideen aber immer den Faktor "Beeinflussung" oder "Machtausübung" berücksichtigen. Da Ideen aus sich heraus unbeschränkt sind, im Gegensatz zum empirischen Beleg, ist halt die Frage: Wo hat die Idee ihre sinnvolle Grenzen?

(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Es ist zwar "von dieser Seite aus" schwer vorstellbar, aber vielleicht, nachdem man ein langes und ausgiebiges Bad in jener Quelle genommen hat, sehnt man sich dann sogar wieder nach einer "Außenmission", um es mal im Star Trek Jargon zu sagen.
Dieses Bild verstehe ich jetzt nicht. Aber ich nehme an, dass es um Wissensfragen geht, die sich mit empirisch Erfahrbarem befassen (, was löblich wäre).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#47
(04-12-2024, 00:33)Ekkard schrieb:
(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb:
(01-12-2024, 15:39)petronius schrieb: was???

gegenstände und gehirne bilden sich durch quantenfluktuationen???

Ja, in der unvorstellbar weit entfernten Zukunft - weil solche Vorgänge von der Quantenmechanik nicht ausdrücklich verboten, sondern nur für nahezu unmöglich gehalten werden. Die Betonung liegt auf nahezu - wenn eine fast unendliche Zeit vergeht, werden auch Ereignisse mit einer Wahrscheinlichkeit von quasi Null - aber eben nicht ganz null - eintreten.

Da muss ich @petronius Recht geben. Dass komplexe Gebilde aller Art in einem Schritt entstehen, ist ausgeschlossen. Dass im Laufe mehrerer Milliarden Jahre Entwicklung komplexe Systeme heranreifen, ist allerdings Erfahrung. 


Also, ich versuche das jetzt nochmal so wiederzugeben, wie ich es verstanden habe. Meine Quellen sind dabei immer noch die beiden genannten und zitierten Bücher.

Es geht darum, dass manche Prozesse und Teilchenanordnungen zwar von der Quantenmechanik nicht ausdrücklich verboten werden, aber so ungeheuerlich unwahrscheinlich sind, dass sie im bisher verstrichenen Zeitraum der Existenz unseres Universums praktisch nicht vorkommen können. Anders jedoch in der sehr fernen Zukunft. Wie fern? Brian Greene beschreibt die Anzahl der Jahre, die verstreichen werden, bis solche Quanteneffekte eintreten so: Man muss sich eine Zahl vorstellen, die so viele Nullen hat, dass jeder Buchstabe jedes Buches, das jemals geschrieben wurde, durch eine Null ersetzt werden müsste und selbst dann hätte man erst einen Bruchteil dieser Zahl geschrieben (siehe: Bis ans Ende der Zeit, Seite 329). Wie das Forumsmitglied "exkath" kürzlich so treffend sagte, sind Ereignisse, die sich in einer so weit entfernten Zukunft abspielen, für uns tatsächlich in etwa so relevant wie der Speiseplan einer VW-Kantine in 100 Jahren. Dennoch finde ich solche Überlegungen interessant. 

Nehmen wir mal ein anderes Beispiel: Wenn wir eine Colaflasche öffnen, gehen wir in aller Regel davon aus, dass sich die Kohlensäuremoleküle mit einem Zischen aus der Flasche verabschieden und sich dann in etwa gleichmäßig auf den Raum verteilen. Jedoch verbieten es die Gesetze der Quantenmechanik nicht ausdrücklich, dass sich sämtliche Moleküle dafür entscheiden, sich wieder zu einer verdichteten Wolke zusammenzuschließen und mit einem Zischen in die Flasche zurückzufliegen. Ein solches Ereignis ist allerdings so unwahrscheinlich, dass es statistisch betrachtet in der bisherigen Existenzzeit des Universums praktisch keine Chance hatte, aufzutreten. Sollte es allerdings in der sehr fernen Zukunft noch Lebewesen geben, die Colaflaschen öffnen, müssen rein statistisch betrachtet irgendwann genau solche höchst unwahrscheinlichen Effekte eintreten und dann tatsächlich die Moleküle wieder in die Flasche zurückkehren. 

Genau so ist es eben auch mit dem spontanen Entstehen von allerlei Gegenständen und Gehirnen, auch wenn sich dies noch so absurd anhört. Im übrigen müsst ihr euch das aber nicht unbedingt als ein Entstehen "in einem Schritt" vorstellen, wie du gesagt hattest. Lass es ruhig mehrere Schritte sein, vielleicht sogar ziemlich viele Schritte, aber im Vergleich zur uns vertrauten, historischen Entwicklung des Universums, immer noch rasend schnell. (Wenn euch das interessiert, dann lest mal den Wikipedia-Artikel zu "Boltzmann-Gehirn").

Hier kommt nun aber der eigentliche Clou: Wenn wir uns die enormen Zeiträume anschauen, in denen solche Effekte dann auftreten werden, dann überschreiten diese ganz wesentlich unseren derzeitigen kurzen Zeitabschnitt, in dem sich ganz regulär und historisch Planeten, Lebewesen und schließlich menschliche Gehirne bilden. Und daraus folgt, dass es ganz wesentlich, sogar geradezu astronomisch viel wahrscheinlicher ist, dass ein existentes Gehirn mit all seinen scheinbaren Erinnerungen erst vor Kurzem durch eine Quantenfluktuation am Ende der Zeit entstanden ist, als dass es sich um ein Gehirn aus der kurzen Zeitepoche handelt, in der wir hier scheinbar gerade existieren. Und plötzlich ist der Speiseplan in der VW-Kantine in 100 Jahren topaktuell und hoch relevant.

Aber zugegeben: Diese ganze These ist ein totaler Mindfuck. Mich betreffen solche Thesen ja auch gar nicht, da ich kein Materialist bin. Denn dies alles funktioniert ja nur dann, wenn tatsächlich jeder Bewusstseinszustand nichts weiter ist als eine spezifische Teilchenanordnung. Bitte verinnerlicht euch das, liebe Materialisten, es sind eure eigenen Thesen, konsequent zu Ende gedacht, die solche absurden Möglichkeiten eröffnen. Da ich an ein Bewusstsein glaube, dass ganz unabhängig von Gehirnen und Teilchenanordnungen existieren kann, muss ich mich auch nicht mit solchen absurden Ergebnissen befassen, was ich aber paradoxerweise dennoch (sogar gerne) tue. 


(04-12-2024, 00:33)Ekkard schrieb:
(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Und mein Glaube ist eben, dass diese Quelle im Unterbewusstsein, die uns allen gegeben ist, die selbe oben genannte Quelle aller Religionen ist.

Das kann schon sein. Wir müssen bei Ideen aber immer den Faktor "Beeinflussung" oder "Machtausübung" berücksichtigen. Da Ideen aus sich heraus unbeschränkt sind, im Gegensatz zum empirischen Beleg, ist halt die Frage: Wo hat die Idee ihre sinnvolle Grenzen?


Wo überhaupt sinnvolle Anwendung von spirituellen Lehren möglich ist, ist tatsächlich eine gute Frage. Ich denke am ehesten sollte man die Befassung mit solchen Themen als eine Vorbereitung auf den Tod betrachten. Speziell das tibetische Totenbuch wurde ja zum Beispiel zu diesem Zweck geschrieben. Im Grunde sind spirituelle Lehren ein Anknüpfungspunkt an "die Ewigkeit" - also den Zeitraum, der laut Materialismus als "nichts" erlebt wird. 


(04-12-2024, 00:33)Ekkard schrieb:
(02-12-2024, 21:45)subdil schrieb: Es ist zwar "von dieser Seite aus" schwer vorstellbar, aber vielleicht, nachdem man ein langes und ausgiebiges Bad in jener Quelle genommen hat, sehnt man sich dann sogar wieder nach einer "Außenmission", um es mal im Star Trek Jargon zu sagen.

Dieses Bild verstehe ich jetzt nicht.

Nun, vielleicht etwas eindrücklicher formuliert: Nachdem man aus einer stinkenden Kloake entkommen und hundert Jahre in einem beheizten Luxuspool herum gehangen ist, sehnt man sich vielleicht wieder mal nach der Kloake.  Icon_wink
Zitieren
#48
(04-12-2024, 17:41)subdil schrieb: Es geht darum, dass manche Prozesse und Teilchenanordnungen zwar von der Quantenmechanik nicht ausdrücklich verboten werden, aber so ungeheuerlich unwahrscheinlich sind, dass sie im bisher verstrichenen Zeitraum der Existenz unseres Universums praktisch nicht vorkommen können

aber wovon genau und konkret ist hier denn die rede?

solange wir nicht wissen, um was es überhaupt geht, ist es doch absolut müßig, über dessen wahrscheinlichkeit auch nur zu spekulieren

Zitat:Nehmen wir mal ein anderes Beispiel: Wenn wir eine Colaflasche öffnen, gehen wir in aller Regel davon aus, dass sich die Kohlensäuremoleküle mit einem Zischen aus der Flasche verabschieden und sich dann in etwa gleichmäßig auf den Raum verteilen. Jedoch verbieten es die Gesetze der Quantenmechanik nicht ausdrücklich, dass sich sämtliche Moleküle dafür entscheiden, sich wieder zu einer verdichteten Wolke zusammenzuschließen und mit einem Zischen in die Flasche zurückzufliegen

von welchen sagenhaften "Gesetze der Quantenmechanik" ist denn hier überhaupt die rede? ich kennen keine, die mit dem beschriebenen szenario irgendetwas zu tun hätten. das einzelne co2-molekül mag ja meinetwegen mit verschwindender wahrscheinlichkeit "wieder zurück in die flasche tunneln" - aber doch nicht alle gemeinsam!


mir scheint, es geht hier zum wiederholten male nur um dumpfes raunen, dem mit so nebulösem wie willkürlichem bezug auf irgendein "quantendingsbums" ein naturwissenschaftliches adelsprädikat verliehen werden soll. kommt natürlich bei allen, die von der quantenlehre keine ahnung haben und sie als ein "anything goes" mißverstehen, gut an
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#49
Nun, so wie ich diese Milchmädchenrechnungen verstehe, handelt es sich um schlichte Stochastik großer Teilchenmengen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Impulse eines Vielteilchensystems z. B. einer Lokomotive kurzzeitig so synchronisiert werden, dass die Lok "eines Tages" über den Bahnhof springt oder ein Gehirn erzeugt wird.
Doch das ist Unsinn, weil dazu nicht nur die Teilchen synchonisiert werden müssen, sondern zugleich eine riesige Menge Energie "leihen" müssen. Diese kann aber gar nicht so schnell zufließen und woher auch?

Wenn wir schon über Zeiten reden, die selbst geringe Wahrscheinlichkeiten wahr werden lassen (Brian Greene), dann ist jede Entwicklung vom Urknall bis zum Zeittod schneller und überholt die geduldig wartenden "Milchmädchen".
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#50
Die Quantenmystik benutzt solche zwar theoretisch moeglichen, aber so unwahrscheinlichen Ereignisse, dass sie praktisch ausgeschlossen sind, um sich irgendwelche "Wunder" schoen zu reden. Im naechsten Schritt wird diese fehlerhafte Begruendung dann inflationaer eingesetzt, was der Statistik dann endgueltig den Rest gibt.
Zitieren
#51
Jupp Icon_lol
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#52
(08-12-2024, 00:02)Ulan schrieb:
(07-12-2024, 23:25)subdil schrieb: Vielleicht sind diese Fragen für uns tatsächlich überhaupt nicht beantwortbar - weder per Ratio, noch per Intuition - weil der menschliche Geist dafür einfach zu klein und begrenzt ist. Man könnte dann tatsächlich nur auf die Offenbarung "von oben" vertrauen, weil diese eben aus der Perspektive des vollkommenen Wissens verfasst ist, welches man selber zuvor per Ratio oder Intuition angestrebt hatte.

Eigentlich sollte Dir der Kern der Aussage dieses Deiner Meinung nach "spirituell weit fortgeschrittenen Menschen" klar sein: denk nicht nach, glaube einfach! Wir schauen also auf das typische Immunisierungsmuster, mit dem nun schon seit Jahrtausenden versucht wird, die Widersprueche in der biblischen Botschaft schlicht beiseite zu schieben, indem es sie als "fuer die Ratio nicht erkennbar" erklaert. So etwas nennt man auf gut Deutsch Bauernfaengerei. Du sollst Dich einfach nicht mehr daran stoeren, dass die christliche Botschaft bei naeherer Betrachtung keinerlei Sinn macht.


Dieses Zitat von Ulan und auch das nachfolgende von Petronius stammen aus dem "Strohmann"-Thread. Da die Diskussion dort off topic ist, hier aber sehr gut reinpasst, antworte ich hier darauf:

Zunächst mal muss ich an dieser Stelle zugeben, dass ich, was die philosophischen und spirituellen Fragen betrifft, leicht beeinflussbar bin - aber immer nur kurzfristig. Soll heißen: Wenn ich ein Argument oder eine Darlegung höre, die ich in dieser Form zuvor noch nie entdeckt hatte, dann bin ich erst einmal kurz überwältigt von einer neuen Möglichkeit. Eigentlich ist ja die These von der göttlichen Offenbarung, die uns die Welt erklärt an sich überhaupt nichts Neues - jedoch wurde sie mir noch nie so anschaulich dargelegt wie eben von dieser Person.

Ich hatte ja vor kurzem an anderer Stelle schon mal gesagt, dass ich die Beschäftigung mit diesen Themen als eine Vorbereitung auf den Tod betrachte. Es gibt ja dieses alte Sprichwort: "Gerufen oder ungerufen - Gott wird da sein". Insofern kann es sicherlich nicht schaden, sich mit göttlichen Offenbarungen zu befassen, denn wir können ja nie wissen, ob uns nicht vielleicht doch in solchen Texten eine helfende Hand "von oben" ausgestreckt wird. 


(08-12-2024, 15:36)petronius schrieb:
(07-12-2024, 23:25)subdil schrieb:
(06-12-2024, 00:31)petronius schrieb: so, so... dieser frage rational nachzugehen, wäre also nicht ernsthaft?

Gestern hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit jemandem
...

du weichst einer antwort auf meine frge recht unelegant aus. schade


Im Grunde haben wir drei Werkzeuge zur Verfügung: Ratio, Intuition und Glaube. Aber alle drei haben einen gemeinsamen Mangel: Sie sind dadurch beschränkt, dass wir derzeit an einen materiellen Körper gebunden sind. Im Threadtitel habe ich die Frage in den Raum gestellt, ob wir die Welt überhaupt erklären können. Diese Frage war dort jedoch allein auf die Ratio gepolt. An dieser Stelle möchte ich die Frage nun ausweiten auf den Bereich der Intuition und des Glaubens. 

Aber damit du nicht wieder das Gefühl hast, dass ich deiner Frage ausweiche, will ich diese kurz ganz direkt beantworten: Doch, es ist natürlich auch ein ernsthafter Ansatz, sich auf rationalem Wege mit der Frage nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit und des menschlichen Wesenskerns zu befassen. Es ist für uns "Westler" sogar der direkteste Weg, weil wir einfach seit der Aufklärung systematisch auf diese Herangehensweise erzogen wurden. Es ist auch mir gar nicht gegeben, die Intuition und den Glauben in vergleichbarem Ausmaß einzusetzen, weil solche Fähigkeiten ja auch immer gesellschaftlich entweder gefördert oder unterdrückt werden - im Westen wird die Ratio seit ein paar hundert Jahren ganz außerordentlich gefördert, die Intuition und der Glaube werden jedoch unterdrückt. 

Aber - wie ich zuvor angedeutet habe: Egal wie gut ausgeprägt Ratio, Intuition oder Glaube auch sein mögen - all diese Mittel haben starke Beschränkungen dadurch, dass wir derzeit an einen materiellen Körper gebunden sind. Das fängt damit an, dass wir dadurch eine ständige ganz banale Aufgabe haben: den menschlichen Körper am Leben zu halten. Wenn wir uns vor Augen führen, wieviel Energie nur dafür verwendet werden muss, dass man ein Dach über dem Kopf und genug zu Essen hat, dann ist das schon mal eine beträchtliche Einschränkung. Wir hatten hier schon öfters das Thema Entropie - diese Naturkraft ist ständig darauf angelegt, dass sich die Umwelt in Richtung größerer Unordnung entwickelt - der menschliche Körper als hochgeordnetes System befindet sich daher in einem ständigen Konflikt mit dieser Naturkraft. 

Dazu kommt aber auch, dass wir durch die fünf Sinne und das Gehirn nur einen ganz spezifischen Ausschnitt der Welt buchstäblich "vor Augen geführt" bekommen - eben Mittelerde. Wir vergessen immer wieder, dass diese ganze Art der Wahrnehmung im Grunde so etwas wie eine kontrollierte Halluzination ist - also eine Weltwahrnehmung, die ganz spezifisch auf den menschlichen Körper und die Erhaltung desselben ausgelegt ist. 

Genau das ist der Grund dafür, dass sich die asketischen Strömungen aller spirituellen und religiösen Traditionen so sehr ähneln. Und diese Tatsache kann man gar nicht überbetonen, wo sie sich doch in allen anderen Aspekten - also was Lehren, Dogmen, Glaubenssätze betrifft - komplett widersprechen. Dies ist ein Hinweis darauf, was der Kern aller Religionen und Traditionen ist: Letztlich eine Überwindung der Körperlichkeit und der daraus resultierenden Beschränkung der Wirklichkeitswahrnehmung. 

Und natürlich beinhaltet dies auch, dass im Grunde das ganze Leben eine Vorbereitung auf den Tod ist. Denn der menschliche Körper hat ein Verfallsdatum, was eine weitere Beschränkung darstellt. Im Angesicht der Ewigkeit ist daher die einzige relevante Frage die, was mit dem menschlichen Geist geschieht, wenn das Verfallsdatum des Körpers erreicht ist. Die Befassung mit der Beschaffenheit der Wirklichkeit und dem Kern des menschlichen Wesens ist daher nicht einfach ein müßiger Zeitvertreib, sondern im Gegenteil das Wichtigste, was es überhaupt gibt. Und hier muss eben jeder schauen, welches der drei verfügbaren Mittel - Ratio, Intuition, Glaube - für ihn am besten funktioniert.
Zitieren
#53
(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Es gibt ja dieses alte Sprichwort: "Gerufen oder ungerufen - Gott wird da sein". Insofern kann es sicherlich nicht schaden, sich mit göttlichen Offenbarungen zu befassen, denn wir können ja nie wissen, ob uns nicht vielleicht doch in solchen Texten eine helfende Hand "von oben" ausgestreckt wird.
Wenn du schon nicht müde wirst, in Reklovs Horn zu tuten, dann bemerke wenigstens den logischen Widerspruch in deinen Ausführungen!
Wir wissen etwas nicht, schön! Wir können etwas (was eigentliche genau?) nicht wissen, weil unsere Welterkenntnis angeblich nicht vollständig ist. Gleichwohl wird im Anschluss eine Glaubensgewissheit verkündet als wüssten wir doch etwas. Da wird Ahnen zum Faktum! Eusa_naughty

(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Im Grunde haben wir drei Werkzeuge zur Verfügung: Ratio, Intuition und Glaube. Aber alle drei haben einen gemeinsamen Mangel: Sie sind dadurch beschränkt, dass wir derzeit an einen materiellen Körper gebunden sind. Im Threadtitel habe ich die Frage in den Raum gestellt, ob wir die Welt überhaupt erklären können. Diese Frage war dort jedoch allein auf die Ratio gepolt. An dieser Stelle möchte ich die Frage nun ausweiten auf den Bereich der Intuition und des Glaubens.

Glaube und Intuition sind Gedankenkonstruktionen, die durch nichts an die Wirklichkeit gebunden sind. Sie sind nicht hinreichend auf das real Vorhandene beschränkt oder konzentriert. Wie wenig, zeigt sich an jenen Vorstellungen, die üblicherweise zu Kriegen führen.

(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Aber - wie ich zuvor angedeutet habe: Egal wie gut ausgeprägt Ratio, Intuition oder Glaube auch sein mögen - all diese Mittel haben starke Beschränkungen dadurch, dass wir derzeit an einen materiellen Körper gebunden sind.
Das und deine Beispiele überzeugen nicht! Das Dilemma liegt doch ganz woanders: Es ist überhaupt nicht auszumachen, wo "höhere Ebenen" der Erkenntnis mit der Wirklichkeit überhaupt übereinstimmen könnten. Gerade subjektive Verfahren (Intuition, Glaube) beweisen täglich, dass sie eher zum Abgewöhnen taugen. Das Beispiel Krieg hatte ich oben schon genannt. Alle Arten der Diskriminierung kommen dazu.


(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Das fängt damit an, dass wir dadurch eine ständige ganz banale Aufgabe haben: den menschlichen Körper am Leben zu halten. Wenn wir uns vor Augen führen, wieviel Energie nur dafür verwendet werden muss, dass man ein Dach über dem Kopf und genug zu Essen hat, dann ist das schon mal eine beträchtliche Einschränkung.
Ja, aber das ist doch gerade das Wichtigste überhaupt: Die Konzentration auf das Notwendige. Daraus besteht die Wirklichkeit (kommt von "wirken").

(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Dazu kommt aber auch, dass wir durch die fünf Sinne und das Gehirn nur einen ganz spezifischen Ausschnitt der Welt buchstäblich "vor Augen geführt" bekommen - eben Mittelerde. Wir vergessen immer wieder, dass diese ganze Art der Wahrnehmung im Grunde so etwas wie eine kontrollierte Halluzination ist - also eine Weltwahrnehmung, die ganz spezifisch auf den menschlichen Körper und die Erhaltung desselben ausgelegt ist.
Ja und? Deswegen sollten wir sehr sorgfältig darauf achten, dass man uns nichts vom "Drachen in meiner Garage" (Carl Sagan) erzählt, sprich keine Phantastereien erfindet. Darüber hinaus erweitert das wissenschaftliche Instrumentarium unsere Sinne gar sehr.

(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Und natürlich beinhaltet dies auch, dass im Grunde das ganze Leben eine Vorbereitung auf den Tod ist.
Nein, ist es nicht! Denn unser individueller Tod ist nur insofern interessant, dass unsere Gesellschaft Maßnahmen ergreift, dass im Katastrophenfall ausreichend viele Leute überleben, dass die Schäden langfristig ausgeglichen werden können.

Glaube und Intuition helfen hier überhaupt nicht, weil sie die Ursachen und ihre Wirkungen teilweise bewusst ignorieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#54
(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Ich hatte ja vor kurzem an anderer Stelle schon mal gesagt, dass ich die Beschäftigung mit diesen Themen als eine Vorbereitung auf den Tod betrachte. Es gibt ja dieses alte Sprichwort: "Gerufen oder ungerufen - Gott wird da sein". Insofern kann es sicherlich nicht schaden, sich mit göttlichen Offenbarungen zu befassen, denn wir können ja nie wissen, ob uns nicht vielleicht doch in solchen Texten eine helfende Hand "von oben" ausgestreckt wird

dann am besten aber auch gleich satanist werden, denn vielleicht wird dereinst diese "helfende Hand"von unten ausgestreckt - kann man ja nie wissen, nicht wahr?

Zitat:Im Grunde haben wir drei Werkzeuge zur Verfügung: Ratio, Intuition und Glaube. Aber alle drei haben einen gemeinsamen Mangel: Sie sind dadurch beschränkt, dass wir derzeit an einen materiellen Körper gebunden sind

nur mal zur erinnerung: die frage war, ob es also nicht ernsthaft sei, der "Frage danach, was die Beschaffenheit der Wirklichkeit und der wahre Wesenskern des Menschen ist", rational nachzugehen. denn ich habe deine entsprechende auslassung dazu so verstanden, daß du das so siehst

und ja, jegliche kognitive und intellektuelle leistung ist "an einen materiellen Körper gebunden" - wie auch nicht?

Zitat:Doch, es ist natürlich auch ein ernsthafter Ansatz, sich auf rationalem Wege mit der Frage nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit und des menschlichen Wesenskerns zu befassen

danke für die klarstellung. dann sehe ich aber auch keinen grund, irrationalem den vorzug zu geben

Zitat:Wir hatten hier schon öfters das Thema Entropie - diese Naturkraft ist ständig darauf angelegt, dass sich die Umwelt in Richtung größerer Unordnung entwickelt - der menschliche Körper als hochgeordnetes System befindet sich daher in einem ständigen Konflikt mit dieser Naturkraft

das ist in gewisser weise richtig. ich habe nur das gefühl, du verstehst nicht, warum

daß wir uns technischer hilfsmittel bedienen (müssen), um sozusagen den zweiten hauptsatz zu überlisten (und dabei zwangsläufig global die entropie erhöhen, obwohl und indem wir sie ja gerade lokal reduzieren) - das hat nichts mit einer zunahme gesellschaftlicher unordnung (qua notwendigkeit, einen lebensunterhalt zu bestreiten) zu tun. oder einer daraus folgenden praktischen verunmöglichung, sich irrationalen spekulationen hinzugeben
 
Zitat:Dazu kommt aber auch, dass wir durch die fünf Sinne und das Gehirn nur einen ganz spezifischen Ausschnitt der Welt buchstäblich "vor Augen geführt" bekommen - eben Mittelerde

eben nicht. unser gehirn reicht - grundsätzlich, natürlich nicht bei jedem individuum (ich nenne hier keine namen) - weit über "mittelerde" hinaus

aber viel interessanter ist doch, daß auch esoteriker und irrationalisten nicht mehr an erkenntnisressourchen zur verfügung haben (und das auch gar nicht könnten)

Zitat:Wir vergessen immer wieder, dass diese ganze Art der Wahrnehmung im Grunde so etwas wie eine kontrollierte Halluzination ist

das ist es ganz sicher nicht. eine halluzination ist ein von realer wahrnehmung völlig entkoppelter psychischer prozeß

Zitat:also eine Weltwahrnehmung, die ganz spezifisch auf den menschlichen Körper und die Erhaltung desselben ausgelegt ist

ich verstehe jetzt leider weder, was du damit konkret meinst, noch, was das problem daran wäre 

Zitat:Genau das ist der Grund dafür, dass sich die asketischen Strömungen aller spirituellen und religiösen Traditionen so sehr ähneln

ja, askese ist askese. und weiter?

bigotterie ist ja auch bigotterie...

Zitat:Dies ist ein Hinweis darauf, was der Kern aller Religionen und Traditionen ist: Letztlich eine Überwindung der Körperlichkeit und der daraus resultierenden Beschränkung der Wirklichkeitswahrnehmung. 

Und natürlich beinhaltet dies auch, dass im Grunde das ganze Leben eine Vorbereitung auf den Tod ist

ja, die todesorientierung ist wohl der morbide kern religiösen glaubes. lebensfeindlichkeit inklusive

Zitat:der menschliche Körper hat ein Verfallsdatum, was eine weitere Beschränkung darstellt. Im Angesicht der Ewigkeit ist daher die einzige relevante Frage die, was mit dem menschlichen Geist geschieht, wenn das Verfallsdatum des Körpers erreicht ist

er hat seine grundlage verloren und hört daher auf, zu existieren

worin ich aber auch kein prolem sehe - für andere dagegen ist das natürlich die ultimate narzißtische kränkung
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#55
(08-12-2024, 22:08)Ekkard schrieb:
(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Es gibt ja dieses alte Sprichwort: "Gerufen oder ungerufen - Gott wird da sein". Insofern kann es sicherlich nicht schaden, sich mit göttlichen Offenbarungen zu befassen, denn wir können ja nie wissen, ob uns nicht vielleicht doch in solchen Texten eine helfende Hand "von oben" ausgestreckt wird.

Wenn du schon nicht müde wirst, in Reklovs Horn zu tuten, dann bemerke wenigstens den logischen Widerspruch in deinen Ausführungen!
Wir wissen etwas nicht, schön! Wir können etwas (was eigentliche genau?) nicht wissen, weil unsere Welterkenntnis angeblich nicht vollständig ist. Gleichwohl wird im Anschluss eine Glaubensgewissheit verkündet als wüssten wir doch etwas. Da wird Ahnen zum Faktum! 


An welcher Stelle habe ich eine Glaubensgewissheit verkündet? Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es dieses alte Sprichwort gibt, welches übrigens C.G. Jung im lateinischen Original über der Eingangstüre seines Hauses stehen hatte. 


(08-12-2024, 22:08)Ekkard schrieb:
(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Und natürlich beinhaltet dies auch, dass im Grunde das ganze Leben eine Vorbereitung auf den Tod ist.

Nein, ist es nicht! Denn unser individueller Tod ist nur insofern interessant, dass unsere Gesellschaft Maßnahmen ergreift, dass im Katastrophenfall ausreichend viele Leute überleben, dass die Schäden langfristig ausgeglichen werden können.


Du bist mit deiner Analyse wie immer ganz im Außen. Ich habe natürlich davon gesprochen, was der individuelle Tod für das davon betroffene Individuum bedeutet und über nichts anderes. 

Im tibetischen Totenbuch wird es so dargestellt, dass es unmittelbar nach Eintritt des Todes einen ganz kurzen Moment gibt, in dem die Möglichkeit besteht, dem Rad der Wiedergeburten zu entkommen und somit aus Samsara, also der materiellen Welt, für immer auszusteigen. Jedoch ist dieser Moment so kurz und instabil, dass man sich das ganze Leben lang darauf vorbereiten muss, diese Gelegenheit nicht zu verpassen. 


(09-12-2024, 15:35)petronius schrieb:
Zitat:also eine Weltwahrnehmung, die ganz spezifisch auf den menschlichen Körper und die Erhaltung desselben ausgelegt ist

ich verstehe jetzt leider weder, was du damit konkret meinst, noch, was das problem daran wäre


Unsere fünf Sinne sind gerade so gut, wie es die Evolution für nötig gehalten hat, unser Überleben mehr oder weniger zu sichern. Wir sehen gerade so viel, wie wir sehen müssen, hören gerade so viel, wie wir hören müssen usw... um uns einen evolutionären Vorteil zu verschaffen - nicht mehr und nicht weniger. Ein Problem ist das nur dann, wenn man daran interessiert ist, was der menschliche Geist bzw. die Seele eigentlich hier zu suchen hat. Dann erkennt man die Limitationen des menschlichen Körpers. Eine ganz entscheidende Gemeinsamkeit unzähliger Nahtoderfahrungen ist folgender Gedanke bei der Rückkehr in den Körper: "Wie kann etwas so Großes, Unbegrenztes (also die Seele) in etwas so Kleines, Beschränktes (also den Körper) passen"?


(09-12-2024, 15:35)petronius schrieb: ja, die todesorientierung ist wohl der morbide kern religiösen glaubes. lebensfeindlichkeit inklusive


Lebensfeindlichkeit nur insofern, dass erkannt wird, dass das irdische Leben voller Leiden ist und dass der menschliche Körper mehr oder weniger ein Gefängnis für die Seele ist. Daraus entsteht dann aber auch ein enormes Maß an Mitleid, weil man erkennt, dass alle Menschen im Innern die selben sind. Solche Einstellungen wie Rassismus, Sexismus, Hass in jeglicher Form usw. werden dadurch eigentlich unmöglich - es sei denn das Fleischliche ist doch noch stärker als das Seelische, obwohl man dies erkannt hat. 

Also insofern macht eine gewisse Lebensverachtung den Menschen sogar menschlicher und damit auf eine andere Art, über einen Umweg, auch wieder lebensfreundlicher, weil das Hauptinteresse nun darin besteht, so wenig Leiden wie möglich zu verursachen. Ein Hauptgrund für die Askese und somit auch die sexuelle Enthaltsamkeit war in den alten Zeiten der, dass man auf gar keinen Fall riskieren wollte, neues Leben in diese gefallene Welt zu setzen.


(09-12-2024, 15:35)petronius schrieb: er hat seine grundlage verloren und hört daher auf, zu existieren
worin ich aber auch kein prolem sehe - für andere dagegen ist das natürlich die ultimate narzißtische kränkung

Sollte der menschliche Geist mit dem Ableben des Körpers seine Grundlage verlieren und aufhören zu existieren, wäre dies die Lösung aller metaphysischen Probleme. Insofern kann da niemand ein Problem damit haben, der ernsthaft darüber nachdenkt. Wer nicht (mehr) existiert, kann keine Probleme (mehr) haben und vor allem kann er nichts vermissen. Wer in der Nichtexistenz ein Problem sieht, hat die Nichtexistenz nicht verstanden. Im Gegenteil, haben diejenigen die Nichtexistenz verstanden, die sie aktiv anstreben, also vor allem die Buddhisten.

Aber ich bin mir eben überhaupt nicht sicher, ob die individuelle, bewusste Existenz tatsächlich mit dem Tod des Körpers endet. Hier kann ich nur immer wieder auf die unzähligen Berichte von Nahtoderfahrungen und deren inhaltliche Überschneidungen mit alten spirituellen Texten verweisen.
Zitieren
#56
(06-12-2024, 00:31)petronius schrieb:
Zitat:Hier haben dann die Menschen einen riesigen Vorteil, die wirklich gut meditieren können

wieso? woraus leitest du ab, daß gerade meditation zum "wahren Wesenskern des Menschen" führt? du willst das halt so glauben (aber mit begründungen hast du es ja eh nicht so)

Das ist doch ganz offensichtlich. Wo soll denn der wahre Wesenskern des Menschen liegen, wenn nicht im Innern des Menschen, also in den Tiefen des menschlichen Geistes? Und Meditation bedeutet ja nichts anderes als eine bewusste Versenkung in diese Tiefen. Daher haben Menschen im spirituellen Bereich einen riesigen Vorteil, wenn ihnen die Fähigkeit gegeben ist, besonders schnell und leicht in diese Versenkung einzutreten. 

Im Übrigen muss Meditation auch gar nichts mit Esoterik oder gar Religion zu tun haben. Der bekannte Atheist Sam Harris zum Beispiel preist die Meditation bei jeder Gelegenheit an. Nur sagt auch er immer dazu, dass einem das einfach gegeben sein muss und dass sicherlich nicht jeder diese Techniken beherrschen kann. 

Aber wie ich schon sagte gibt es ja auch Alternativen zur Meditation. Etwa die Kontemplation, also die geistige Konzentration auf einen "Gegenstand" der Betrachtung. Hier geht die Richtung der Versenkung nicht nach innen in den Wesenskern des Menschen, sondern in das Innere eines Begriffes. Dies ist zum Beispiel etwas, was mir viel eher liegt als die Meditation. Und so muss eben jeder herausfinden, wo in diesem Bereich seine Stärken und Fähigkeiten liegen.
Zitieren
#57
(09-12-2024, 17:36)subdil schrieb:
(08-12-2024, 22:08)Ekkard schrieb:
(08-12-2024, 17:23)subdil schrieb: Es gibt ja dieses alte Sprichwort: "Gerufen oder ungerufen - Gott wird da sein". Insofern kann es sicherlich nicht schaden, sich mit göttlichen Offenbarungen zu befassen, denn wir können ja nie wissen, ob uns nicht vielleicht doch in solchen Texten eine helfende Hand "von oben" ausgestreckt wird.
Wenn du schon nicht müde wirst, in Reklovs Horn zu tuten, dann bemerke wenigstens den logischen Widerspruch in deinen Ausführungen!
Wir wissen etwas nicht, schön! Wir können etwas (was eigentliche genau?) nicht wissen, weil unsere Welterkenntnis angeblich nicht vollständig ist. Gleichwohl wird im Anschluss eine Glaubensgewissheit verkündet als wüssten wir doch etwas. Da wird Ahnen zum Faktum! 

An welcher Stelle habe ich eine Glaubensgewissheit verkündet?

wo du sie dir zu eigen gemacht hast: "Insofern kann es sicherlich nicht schaden..."

Zitat:Du bist mit deiner Analyse wie immer ganz im Außen. Ich habe natürlich davon gesprochen, was der individuelle Tod für das davon betroffene Individuum bedeutet und über nichts anderes

den tod. also das "nichts mehr" 

Zitat:Im tibetischen Totenbuch wird es so dargestellt, dass...

und in anderen märchenbüchern anders

Zitat:
(09-12-2024, 15:35)petronius schrieb:
Zitat:also eine Weltwahrnehmung, die ganz spezifisch auf den menschlichen Körper und die Erhaltung desselben ausgelegt ist
ich verstehe jetzt leider weder, was du damit konkret meinst, noch, was das problem daran wäre

Unsere fünf Sinne sind gerade so gut, wie es die Evolution für nötig gehalten hat, unser Überleben mehr oder weniger zu sichern. Wir sehen gerade so viel, wie wir sehen müssen, hören gerade so viel, wie wir hören müssen usw... um uns einen evolutionären Vorteil zu verschaffen - nicht mehr und nicht weniger

kann man so sehen, ja. wenn ich es natürlich auch nicht so teleologisch formulieren würde

Zitat:Ein Problem ist das nur dann, wenn man daran interessiert ist, was der menschliche Geist bzw. die Seele eigentlich hier zu suchen hat

wo "hier"? wobei? beim überleben?

es ist imho ganz sicher so, daß der menschliche intellekt die absolute dominanz unserer spezies ermöglicht hat. ob er für unser langfristiges überleben als spezies ausreicht, erscheint mir eher zweifelhaft

Zitat:Dann erkennt man die Limitationen des menschlichen Körpers

woran?

Zitat:Eine ganz entscheidende Gemeinsamkeit unzähliger Nahtoderfahrungen ist folgender Gedanke bei der Rückkehr in den Körper: "Wie kann etwas so Großes, Unbegrenztes (also die Seele) in etwas so Kleines, Beschränktes (also den Körper) passen"?

ist das so?

mein vater hatte zwar eine sogenannte "nahtoderfahrung", sich so was aber nie gefragt. wie er auch überhaupt dem ganzen keinerlei spirituellen wert zugeschrieben hat, sonder nur keine angst mehr vor dem tod hatte

Zitat:
(09-12-2024, 15:35)petronius schrieb: ja, die todesorientierung ist wohl der morbide kern religiösen glaubes. lebensfeindlichkeit inklusive

Lebensfeindlichkeit nur insofern, dass erkannt wird, dass das irdische Leben voller Leiden ist

und noch mehr voller freuden. zumindest in meinem leben überwiegen diese, und ich bin sicher, das geht nicht nur mir so

Zitat:und dass der menschliche Körper mehr oder weniger ein Gefängnis für die Seele ist

so, so

ja, wenn du in allem unbedingt etwas schlechtes sehen willst...

Zitat:Daraus entsteht dann aber auch ein enormes Maß an Mitleid

woraus? aus der vorstellung vom körper als gefängnis der seele?

Zitat:weil man erkennt, dass alle Menschen im Innern die selben sind

warum soll das aus der seltsamen vorstellung vom körper als gefängnis der seele folgen?

ich sehe da keinen zusammenhang, schon gar keinen zwingenden

Zitat:Solche Einstellungen wie Rassismus, Sexismus, Hass in jeglicher Form usw. werden dadurch eigentlich unmöglich - es sei denn das Fleischliche ist doch noch stärker als das Seelische, obwohl man dies erkannt hat

unfug. warum sollen "Einstellungen wie Rassismus, Sexismus, Hass in jeglicher Form usw." nicht auch seelisch verankert sein?

wie immer, so bezahlst du auch hier mit ungedeckten schecks. stellst einfach wilde behauptungen auf, um aus diesen zu folgern

Zitat:Also insofern macht eine gewisse Lebensverachtung den Menschen sogar menschlicher und damit auf eine andere Art, über einen Umweg, auch wieder lebensfreundlicher, weil das Hauptinteresse nun darin besteht, so wenig Leiden wie möglich zu verursachen

das ergibt keinen sinn. warum soll lebensverachtung zu lebensfreundlichkeit führen?

Zitat:Sollte der menschliche Geist mit dem Ableben des Körpers seine Grundlage verlieren und aufhören zu existieren, wäre dies die Lösung aller metaphysischen Probleme

na siehst du - so einfach ist das. aber du willst es ja kompliziert haben und fantasierst daher probleme, wo gar keine sind
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#58
(09-12-2024, 21:55)subdil schrieb: Wo soll denn der wahre Wesenskern des Menschen liegen, wenn nicht im Innern des Menschen, also in den Tiefen des menschlichen Geistes?

um das zu beantworten, müßtest du mir erst mal sagen, was denn dieser mysteriöse kern überhaupt sein soll. noch dazu, wo du ja meinst, geist sei nicht an einen körper gebunden

Zitat:Und Meditation bedeutet ja nichts anderes als eine bewusste Versenkung in diese Tiefen

woher willst du das wissen? weil irgendein meditationsguru das predigt?
 
Zitat:Im Übrigen muss Meditation auch gar nichts mit Esoterik oder gar Religion zu tun haben. Der bekannte Atheist Sam Harris zum Beispiel preist die Meditation bei jeder Gelegenheit an

als "bewusste Versenkung in den wahren Wesenskern des Menschen"? wirklich?

Zitat:Aber wie ich schon sagte gibt es ja auch Alternativen zur Meditation. Etwa die Kontemplation, also die geistige Konzentration auf einen "Gegenstand" der Betrachtung

ich sehe den unterschied nicht so recht

Zitat:Hier geht die Richtung der Versenkung nicht nach innen in den Wesenskern des Menschen, sondern in das Innere eines Begriffes

ah ja?

nun, "Wesenskern des Menschen" ist ja auch nur ein begriff
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#59
(09-12-2024, 23:43)petronius schrieb:
Zitat:Ich habe natürlich davon gesprochen, was der individuelle Tod für das davon betroffene Individuum bedeutet und über nichts anderes

den tod. also das "nichts mehr"


Nur von dieser Seite aus betrachtet. Aber hier stoßen wir nun auf einen entscheidenden Begriff: Transzendenz. Das, was jenseits des Todes liegt, übersteigt unsere beschränkten fünf Sinne und unser materielles Gehirn bei weitem. Auch Nahtoderfahrungen finden ja immer noch mit einer gewissen Verbindung zum Körper statt, weshalb auch sie noch nicht vollkommen transzendent sein können. 

Es wurde jedoch in Nahtoderfahrungen davon berichtet, dass man an eine Schwelle oder ein Portal kommt, wo einem klar wird: Wenn man hier weiter geht, gibt es kein Zurück mehr. Manchmal wird man auch von einem Hüter der Schwelle an dieser Stelle zurück geschickt, weil man auf der Erde noch etwas zu erledigen hat. Diese Schwelle ist die Grenze zur Transzendenz, also dem definitiv Jenseitigen. 


(09-12-2024, 23:43)petronius schrieb:  
Zitat:Unsere fünf Sinne sind gerade so gut, wie es die Evolution für nötig gehalten hat, unser Überleben mehr oder weniger zu sichern. Wir sehen gerade so viel, wie wir sehen müssen, hören gerade so viel, wie wir hören müssen usw... um uns einen evolutionären Vorteil zu verschaffen - nicht mehr und nicht weniger

kann man so sehen, ja. wenn ich es natürlich auch nicht so teleologisch formulieren würde


Die Evolutionstheorie hilft uns, zu verstehen, warum wir in der materiellen Welt von der Transzendenz getrennt sind. Deshalb verstehe ich ja gar nicht, warum so viele spirituell denkende Menschen unbedingt die Evolutionstheorie widerlegen wollen, was ja ein außerordentlich schwieriges Unterfangen ist, da sie eine der am besten bewiesenen wissenschaftlichen Theorien überhaupt ist. Der Beginn der Evolution ist schon sehr weit vom Transzendenten - also vom Urknall, und auch diese Theorie ist ziemlich gut bewiesen - entfernt. 

Alle Singularitäten im Universum deuten auf das Transzendente hin, vor allem der Urknall, weil er am Anfang der Zeit steht. Ganz nah am Transzendenten ist die Entstehung des entropischen Zeitpfeils, weshalb ich die Entropie als so wichtiges Element der Wirklichkeit betrachte. Die Entstehung des Lebens auf der Erde ist dann schon sehr weit von der Urknall-Singularität und somit von der Transzendenz entfernt, weshalb wir als biologische Lebewesen völlig an die materielle Welt angekettet sind. 

Aber unser wahres Wesen ist und bleibt immer - wenn auch für uns zumeist nicht spürbar - mit dem Transzendenten verbunden. Hier spielen sich alle Religionen und spirituellen Lehren ab - allerdings sind sie alle nur Krücken, weil sie alle von dieser Seite aus gegründet werden müssen, weil kein direkter Austausch mit dem Transzendenten möglich ist. 

Auch sollten sich solche Lehren mit der Zeit weiter entwickeln, weil sie sonst buchstäblich aus der Zeit fallen - deshalb kommen uns gewisse altertümliche Gottesvorstellungen heutzutage so seltsam vor. In ihrer jeweiligen Zeit aber hatten sie ihren Platz.
Zitieren
#60
(11-12-2024, 16:59)subdil schrieb:
(09-12-2024, 23:43)petronius schrieb:
Zitat:Ich habe natürlich davon gesprochen, was der individuelle Tod für das davon betroffene Individuum bedeutet und über nichts anderes
den tod. also das "nichts mehr"

Nur von dieser Seite aus betrachtet

auf der "anderen seite" gibt es kein betrachten mehr

davon gehe ich zumindest aus, solange keine anderslautende evidenz oder auch nur plausibilität vorliegt

Zitat:Aber hier stoßen wir nun auf einen entscheidenden Begriff: Transzendenz. Das, was jenseits des Todes liegt, übersteigt unsere beschränkten fünf Sinne und unser materielles Gehirn bei weitem

überhaupt nicht. die völlige einstellung aller körperfunktionen (zu denen eben auch das bewußtsein zählt) ist nun wirklich nicht soooo schwer zu verstehen

Zitat:Auch Nahtoderfahrungen...

...gibt es nur von noch lebenden

Zitat:Die Evolutionstheorie hilft uns, zu verstehen, warum wir in der materiellen Welt von der Transzendenz getrennt sind

was???

die et befaßt sich nicht mit transzendenz

Zitat:Alle Singularitäten im Universum deuten auf das Transzendente hin, vor allem der Urknall, weil er am Anfang der Zeit steht

nö. non sequitur
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Etwas Geistiges erschafft unsere Welt Reklov 110 13096 30-03-2025, 14:20
Letzter Beitrag: petronius
  Die Diktatoren dieser Welt und in der Zeitgeschichte Klaro 9 12409 08-12-2013, 02:32
Letzter Beitrag: Artist
  Ist die Welt aus einem Nichts entstanden? Bion 9 14170 12-06-2011, 16:39
Letzter Beitrag: Ekkard

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste