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Welche Religion ist die richtige?
#76
(08-06-2009, 21:42)Ekkard schrieb: Hm? Muss die sinnstiftende Entität, selbst wenn es Geldwert oder die kultgleiche Macht eines Diktators ist, nicht irgendwie "angebetet" werden, d. h. bestimmenden, mentalen Einfluss ausüben.

"Strings" stiften keinen Sinn. Es sind mathematische Modelle für Mikrostrukturen, deren summarisches Zusammenwirken messtechnisch bekannte Phänomene erklären sollen. Sobald sie es nicht tun oder ein bessere Anpassung mit anderen Modellen erzielbar sind, werden sie verworfen, was bei sinnstiftenden Entitäten wege gefühlsmäßiger Adaptation sehr lange nicht der Fall ist.

Nun , über die Funktion der Sinnstiftung hatten wir noch gar nicht diskutiert.
Es ging um die "Transzendenz" , und ich nehme nicht an , daß du "Transzendenz" als notwendige Voraussetzung für Sinnstiftung betrachtest ; Petronius sicher auch nicht .


Mein Beispiel "Strings" war nur im Rahmen des Modellcharakters gemeint .
Inwieweit so ein "Modell" Emotionen an sich bindet, und zum Kultobjekt wird , ist eine andere Frage .

Grundsätzlich halte ich aber eine Religion der "Stringiten" , die in Konkurrenz zu Andersdenkenden steht, durchaus für möglich .


(08-06-2009, 21:42)Ekkard schrieb: Ich habe mal im Großen Meyer eine Definition gelesen, die von Religion dann spricht, wenn es etwas Heiliges gibt, das der Beurteilung durch die Anhänger entzogen erscheint. Das gilt z. B. auch für "Personenkult" oder den "Geldwert" (gemeint ist die Macht und das Prestige reicher Leute, die vor allem selbst von dieser Macht geblendet werden - aber egal!)


Interessanter Ansatz, nur daß er m.E. die Schamanen, Propheten und Priester ausklammert, die eben sehr wohl eine Beurteilung vorgenommen haben.

Im Endeffekt geht es bei diesem Ansatz um eine emotionale Begeisterung, bei der das Zielobjekt als "erhaben" angesehen wird.
Das kann man allerdings auf alles mögliche anwenden.
Ein musikalischer Künstler als "Gott"? Sicher lässt sich das ins Religiöse ziehen, aber da wird Petronius wohl noch lauter aufschreien.
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#77
Vielleicht sollten wir doch nochmal die 'Transzendenz' durchleuchten. Wenn man von diesem Begriff nicht zuviel verlangt, dann finden sich vielleicht alles diese dem Alltag enthobenen Dinge unter einem gemeinsamen Dach wieder?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#78
(08-06-2009, 21:27)melek schrieb:
(08-06-2009, 12:34)petronius schrieb: insofern, als ich meine, daß es mehr gibt, als was wir (natur)wissenschaftlich erklären können. das berechtigt uns aber imho nicht dazu, daraus die existenz einer transzendenten macht abzuleiten - was religionen tun

Nun , die Existenz "transzendenter" Mächte , also Kräfte , die die menschliche Wahrnehmung und Vorstellung überschreiten , kann man doch schwer leugnen.

Dir geht es wohl darum , daß diese Kräfte personifiziert und als persönliche Götter beschrieben werden

richtig - man behauptet, zu wissen, was und wie das unbekannte ist

Zitat:Klar ,das ist ein Wesensmerkmal von Religionen


na, endlich sind wir uns mal einig

Zitat:Nur denke ich , daß Religionen viel besser zu verstehen sind , wenn man den Göttern eher Modell-und Symbolcharakter zuschreibt

was aber nicht dem selbstverständnis von religionen entspricht - und das ist der knackpunkt

Zitat:Da der Mensch gerne mit Dingen hantiert , die er kennt , wurden solche Modelle benutzt , um die existierenden Kräfte und Vorgänge zu beschreiben
Religionen müssen sich also nicht stärker auf "Transzendentes" beziehen als die von dir als nicht-religiös gesehenen Weltanschauungen .
Sie beschreiben die Dinge nur häufig mit Begriffen wie eben "Gott" , während heutige Physiker z.B. mit "Strings" arbeiten .

strings sind berechenbar, folgen einer strengen mathematik. "gott" ist bekanntlich unerforschlich und steht für alles beliebige, erklärt letztlich nichts

deshalb gibt es auch nur eine stringtheorie, aber unendlich viele verschiedene und einander widersprechende "götter"
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#79
(08-06-2009, 21:29)Ekkard schrieb:
(08-06-2009, 09:27)petronius schrieb: der staatssozialismus z.b. nordkoreanischer prägung ist also "religion"?
Ich sehe das so, ja. Personenkulte hat ganz sicher religiöse Bezüge. Die Nazi-Ideologie übrigens auch.

ich halte eine derartige verwässerung des religionsbegriffs für nicht zielführend, aber das haben wir ja beim "glauben" schon mehrfach diskutiert
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#80
(09-06-2009, 00:10)melek schrieb: Nun , über die Funktion der Sinnstiftung hatten wir noch gar nicht diskutiert.
Es ging um die "Transzendenz" , und ich nehme nicht an , daß du "Transzendenz" als notwendige Voraussetzung für Sinnstiftung betrachtest ; Petronius sicher auch nicht

die "sinnstiftung" von religionen allerdings findet über das transzendente statt. das ist ja auch viel praktischer - wie will man einen solchen sinn bzw. dessen basis bezweifeln - wenn sie eben transzendent, also nicht greifbar, ist?

Mein Beispiel "Strings" war nur im Rahmen des Modellcharakters gemeint .
Inwieweit so ein "Modell" Emotionen an sich bindet, und zum Kultobjekt wird , ist eine andere Frage .

Grundsätzlich halte ich aber eine Religion der "Stringiten" , die in Konkurrenz zu Andersdenkenden steht, durchaus für möglich .

(09-06-2009, 00:10)melek schrieb:
(08-06-2009, 21:42)Ekkard schrieb: Ich habe mal im Großen Meyer eine Definition gelesen, die von Religion dann spricht, wenn es etwas Heiliges gibt, das der Beurteilung durch die Anhänger entzogen erscheint. Das gilt z. B. auch für "Personenkult" oder den "Geldwert" (gemeint ist die Macht und das Prestige reicher Leute, die vor allem selbst von dieser Macht geblendet werden - aber egal!)


Interessanter Ansatz, nur daß er m.E. die Schamanen, Propheten und Priester ausklammert, die eben sehr wohl eine Beurteilung vorgenommen haben

diese werden imho nicht ausgeklammert, sondern sind genauso "anhänger", wenn auch privilegierte

(09-06-2009, 00:10)melek schrieb: Im Endeffekt geht es bei diesem Ansatz um eine emotionale Begeisterung, bei der das Zielobjekt als "erhaben" angesehen wird.
Das kann man allerdings auf alles mögliche anwenden.
Ein musikalischer Künstler als "Gott"? Sicher lässt sich das ins Religiöse ziehen, aber da wird Petronius wohl noch lauter aufschreien.

richtig. wie du aber von "heilig" auf schnöde "erhabenheit" kommst, erschließt sich mir nicht
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#81
(09-06-2009, 00:31)Ekkard schrieb: Vielleicht sollten wir doch nochmal die 'Transzendenz' durchleuchten

das folgende ist ja schon mal ein schönes beispiel:

Ich habe mal im Großen Meyer eine Definition gelesen, die von Religion dann spricht, wenn es etwas Heiliges gibt, das der Beurteilung durch die Anhänger entzogen erscheint

(09-06-2009, 00:31)Ekkard schrieb: Wenn man von diesem Begriff nicht zuviel verlangt, dann finden sich vielleicht alles diese dem Alltag enthobenen Dinge unter einem gemeinsamen Dach wieder?

welche "alle", und was ist "dem Alltag enthoben"?
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#82
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: richtig - man behauptet, zu wissen, was und wie das unbekannte ist

Nicht unbedingt . Gott und seine Handlungen gelten auch in Religionen als unbeschreiblich.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
Zitat:Klar ,das ist ein Wesensmerkmal von Religionen


na, endlich sind wir uns mal einig

Nicht ganz, denn ich meinte nicht notwendiges , sondern mögliches Wesensmerkmal.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
Zitat:Nur denke ich , daß Religionen viel besser zu verstehen sind , wenn man den Göttern eher Modell-und Symbolcharakter zuschreibt

was aber nicht dem selbstverständnis von religionen entspricht

Ist das so ? Ok, bei zahlreichen "Fundamentalisten" ist es schon so, aber die Frage ist doch , ob es unbedingt so sein muss, um den Begriff "Religion" anbringen zu können. Ich denke nicht.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: strings sind berechenbar, folgen einer strengen mathematik. "gott" ist bekanntlich unerforschlich und steht für alles beliebige, erklärt letztlich nichts

deshalb gibt es auch nur eine stringtheorie, aber unendlich viele verschiedene und einander widersprechende "götter"

Wir brauchen nicht darüber diskutieren, daß Religionen anders arbeiten, und eben nicht immer von Berechnungen ausgehen. (Obwohl Berechnungen über Naturabläufe, den Lauf der Sterne,etc. sehr wohl Grundlage vieler Religionen waren, z.B. in Sumer).
Am Modellcharakter des Begriffes "Gott" ändert das nichts.
Du hast "Transzendenz" als "die menschlichen Sinne" überschreitend definiert.
Wir sind uns darüber einig , daß es "transzendente" Kräfte gibt, und daß die Wissenschaft versucht, diese - soweit sie sie greifen kann - mit Begriffen zu beschreiben.
Tja und die Religion bezieht sich eben auf die gleichen Kräfte; sie beschreibt sie nur mit anderen Begriffen und arbeitet auch sonst mit anderen Methoden.
Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren , welche Methoden für die Erkenntnisgewinnung brauchbarer sind, darum geht es ja nicht.
Es geht lediglich um deine Behauptung, daß sich Religionen im Gegensatz zu anderen Weltanschuungen auf "Transzendenz" berufen würden, und das sehe ich nach wie vor nicht so.
Es ist ein Wesensmerkmal von vielen Religionen, aber nicht notwendiger Bestandteil.

Ich meine, wie ist es denn zu Religionen gekommen ? Meinst du, da haben sich in jedem Falle verschlagene Priester irgendeinen Unsinn ausgedacht, umd die Menschen zu verarschen ?
Oder ist es nicht eher so, daß man ganz ehrlich versucht hat, Erkenntnisse über diese Welt zu gewinnen, und dabei für die nicht-greifbaren, transzendenten Kräfte eben Begriffe wie "Götter" gefunden hat?
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#83
(09-06-2009, 06:39)petronius schrieb: diese werden imho nicht ausgeklammert, sondern sind genauso "anhänger", wenn auch privilegierte

Es ging um die Aussage, daß das Heilige einer Beurteilung durch Anhänger entzogen ist.
Propheten und Priester, die Beurteilungen vornehmen, wären demnach nicht wirklich Anhänger. Man müsste sie gesondert als Religionsstifter bezeichnen, aber aus der Religion selbst ausklammern.


(09-06-2009, 06:39)petronius schrieb: richtig. wie du aber von "heilig" auf schnöde "erhabenheit" kommst, erschließt sich mir nicht

Ein "erhabenes" Zielobjekt ist einer Beurteilung durch Anhänger entzogen, weil es selbst zum Maß der Dinge wird.
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#84
(09-06-2009, 17:07)melek schrieb:
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: richtig - man behauptet, zu wissen, was und wie das unbekannte ist

Nicht unbedingt . Gott und seine Handlungen gelten auch in Religionen als unbeschreiblich

ich nenne das die "dialektik der religion"

religionen treiben viel aufwand, ihren anhängern bis ins kleinste zu erklären, wie gott ist (z.b. allmächtig, liebend etc.), was er tut (z.b. die welt erschaffen, die sünder bestrafen etc.), und was er will (z.b. daß ihm schwule ein greuel sind, weiber gefälligst den mund zu halten haben, man nicht des nächsten haus oder hof beghren soll). weist man sie anber auf inkonsistenzen in diesem gottesbild hin, dann gilt auf einmal: gott ist unerforschlich, unbegreifbar, und du sollst dir ja sowiseo kein bild von ihm machen

der hesse kommentiert ein solches ansinnen mit einem schlappen:

ach, geh doch fott...

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb:
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
Zitat:Klar ,das ist ein Wesensmerkmal von Religionen


na, endlich sind wir uns mal einig

Nicht ganz, denn ich meinte nicht notwendiges , sondern mögliches Wesensmerkmal

vorschlag zur güte: das übliche wesensmerkmal

welche religionen gibts denn schon, die ihre "höheren mächte" nicht personifizieren?

wie willst du auch zu einer nichtperson beten, oder sie vergötzen?

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb:
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
Zitat:Nur denke ich , daß Religionen viel besser zu verstehen sind , wenn man den Göttern eher Modell-und Symbolcharakter zuschreibt

was aber nicht dem selbstverständnis von religionen entspricht

Ist das so ? Ok, bei zahlreichen "Fundamentalisten" ist es schon so, aber die Frage ist doch , ob es unbedingt so sein muss, um den Begriff "Religion" anbringen zu können. Ich denke nicht.

ob und was aus einer sicht sein muß, interessiert doch nicht. ich rede davon, was ist. ich rede von religion in der alltäglichen praxis, nicht von einem konstrukt aus dem elfenbeinturm

außer wahrscheinlich ekkard sieht wohl jeder, der an einen gott glaubt, diesen nicht nur als "modell" an. und auch seine protestantische landeskirche würde sich wohl dagegen verwahren, daß gott nur "Modell-und Symbolcharakter"2 hat

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb:
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: strings sind berechenbar, folgen einer strengen mathematik. "gott" ist bekanntlich unerforschlich und steht für alles beliebige, erklärt letztlich nichts

deshalb gibt es auch nur eine stringtheorie, aber unendlich viele verschiedene und einander widersprechende "götter"

Wir brauchen nicht darüber diskutieren, daß Religionen anders arbeiten, und eben nicht immer von Berechnungen ausgehen

warum bringst du dann diesen vergleich?

nicht ich bin es, der ständig religion mit wissenschaft gleichsetzen bzw. alles inkl. der wissenschaft zu religion erklären will

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Du hast "Transzendenz" als "die menschlichen Sinne" überschreitend definiert

erstens war meine exakte definition ein wenig anders (was du dich aber beharrlich zur kenntnis zu nehmen weigerst), zweitens: was hat das jetzt mit der stringtheorie zu tun?

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Wir sind uns darüber einig , daß es "transzendente" Kräfte gibt, und daß die Wissenschaft versucht, diese - soweit sie sie greifen kann - mit Begriffen zu beschreiben

nein, absolut nicht

wenn ich etwas nicht verstehe, ist es deshalb noch keineswegs transzendent. ich bin möglicherweise einfach zu blöd oder ungebildet

(zumindest die natur)wissenschaft untersucht eben keine transzendenten phänomene, sondern unbekannte. und selbstverständlich mit den unseren sinnen (und sei es mit deren "maschineller verlängerung") möglichen mitteln - eben nicht per spekulation auf nicht greifbare (also transzendente) höhere mächte

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Tja und die Religion bezieht sich eben auf die gleichen Kräfte; sie beschreibt sie nur mit anderen Begriffen und arbeitet auch sonst mit anderen Methoden

da widerspreche ich entschieden - siehe oben

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren , welche Methoden für die Erkenntnisgewinnung brauchbarer sind, darum geht es ja nicht.
Es geht lediglich um deine Behauptung, daß sich Religionen im Gegensatz zu anderen Weltanschuungen auf "Transzendenz" berufen würden, und das sehe ich nach wie vor nicht so

und hast mir immer noch nicht erklärt, was denn dann der unterschied zwischen religionen und säkularen weltanschuungen sein soll

wozu gibt es denn überhaupt den begriff der religion, wenn er doch nichts spezifisches bezeichnet?

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Es ist ein Wesensmerkmal von vielen Religionen, aber nicht notwendiger Bestandteil

mir fällt keine religion ein, die sich nicht auf transzendente mächte beruft

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Ich meine, wie ist es denn zu Religionen gekommen ? Meinst du, da haben sich in jedem Falle verschlagene Priester irgendeinen Unsinn ausgedacht, umd die Menschen zu verarschen ?

nein - hab ich das denn behauptet?

aber das war ganz sicher in vielen fällen die folge, da hast du schon recht

(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Oder ist es nicht eher so, daß man ganz ehrlich versucht hat, Erkenntnisse über diese Welt zu gewinnen, und dabei für die nicht-greifbaren, transzendenten Kräfte eben Begriffe wie "Götter" gefunden hat?

nur daß das eben weder mit erkenntnisgewinn noch mit erklärung etwas zu tun hat. "Götter" sind imho ursprünglich nichts anderes als die personifizierung von "keine ahnung", und das hat sich dann als religion verselbständigt. hinter dem nicht verstandenen imaginiert man zuerst irgendwelche kräfte, personalisiert sie sodann, um zugang zu ihnen zu haben - also, um sie beeinflussen zu können (z.b. durch rituale und opfer zu bestechen), und iregndwann haben dann diese götter - vertreten durch schamanen, priester, usw. macht über die gläubigen
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#85
(09-06-2009, 17:18)melek schrieb: Es ging um die Aussage, daß das Heilige einer Beurteilung durch Anhänger entzogen ist.
Propheten und Priester, die Beurteilungen vornehmen, wären demnach nicht wirklich Anhänger. Man müsste sie gesondert als Religionsstifter bezeichnen, aber aus der Religion selbst ausklammern

wieso? sie sind wesentlicher bestandteil der religion, zumindest der religion als machtstruktur

(09-06-2009, 17:18)melek schrieb:
(09-06-2009, 06:39)petronius schrieb: richtig. wie du aber von "heilig" auf schnöde "erhabenheit" kommst, erschließt sich mir nicht

Ein "erhabenes" Zielobjekt ist einer Beurteilung durch Anhänger entzogen, weil es selbst zum Maß der Dinge wird.

aha

ja, wenn du das sagst...
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#86
(09-06-2009, 19:05)petronius schrieb: religionen treiben viel aufwand, ihren anhängern bis ins kleinste zu erklären, wie gott ist (z.b. allmächtig, liebend etc.), was er tut...

... weist man sie anber auf inkonsistenzen in diesem gottesbild hin, dann gilt auf einmal: gott ist unerforschlich, unbegreifbar, und du sollst dir ja sowiseo kein bild von ihm machen

Das ist kein Widerspruch. Es ändert nichts an der grundsätzlichen Unbegreiflichkeit Gottes, wenn man meint, zu bestimmten Bereichen dann doch was sagen zu können.


(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: welche religionen gibts denn schon, die ihre "höheren mächte" nicht personifizieren?

Es geht nicht um das Personifizieren, sondern darum, wieviel Transzendenz in dieser "Person" steckt.
Vor allem bei Religionen, die sich auf Naturphänomene beziehen, ist mit der "Person Gott" nicht das beschriebene (für dich :transzendente) Wesen selbst gemeint, sondern die erlebbaren Kräfte, die es symbolisieren soll.
Und diese Kräfte sind sehr wohl auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.

Glaubst du wirklich, daß bei den verschiedenen Darstellungen von Göttern, die wir etwa im alten Ägypten finden, irgendein Religionsvertreter wirklich gedacht hat, daß der Gott, so wie er gemalt wurde, auch existiert ?
Götter wurden stets mit Symbolen dargestellt, um ihren "Wirkungsbereich" zu umschreiben.
Wenn ein Gott auf einem Bild Hörner trägt, so heisst das nicht, daß er auch so aussehen soll, sondern daß er die Fruchtbarkeit beeinflusst.
Die Gottesbeschreibung gilt immer als "Modell", um reale Kräfte abzubilden.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: ob und was aus einer sicht sein muß, interessiert doch nicht. ich rede davon, was ist. ich rede von religion in der alltäglichen praxis, nicht von einem konstrukt aus dem elfenbeinturm

außer wahrscheinlich ekkard sieht wohl jeder, der an einen gott glaubt, diesen nicht nur als "modell" an. und auch seine protestantische landeskirche würde sich wohl dagegen verwahren, daß gott nur "Modell-und Symbolcharakter"2 hat

Auch der Papst hat kein Problem damit, in seiner Enzyklika "Deus caritas est" Gott als "Liebe" zu bezeichnen. Steht ja auch in der Bibel. Außerdem steht dort auch "Gott war das Wort".

Hat alles Symbol-und Modellcharakter.
Allein schon durch die Aussage, daß Gott eben für den Menschen nicht erklärbar ist, erhält man schon den Modellcharakter, denn Gott ist nicht das Bild, welches man sich im Kopf macht.

Du stellst dir offenbar zu sehr den alten Mann mit langem weissen Bart vor, und unterstellst Gläubigen, dasselbe zu tun.


(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: warum bringst du dann diesen vergleich?

nicht ich bin es, der ständig religion mit wissenschaft gleichsetzen bzw. alles inkl. der wissenschaft zu religion erklären will

Ich will dir darlegen, daß auch auf einem wissenschaftlichen Weltbild Religion entstehen kann.
Den Vergleich habe ich gebracht, um dir das mit dem Modellcharakter näher zu bringen.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Du hast "Transzendenz" als "die menschlichen Sinne" überschreitend definiert

erstens war meine exakte definition ein wenig anders (was du dich aber beharrlich zur kenntnis zu nehmen weigerst), zweitens: was hat das jetzt mit der stringtheorie zu tun?

Was war an deiner Definition anders?
Zweitens: Auch die Stringtheorie beschäftigt sich mit "Transzendentem", oder hast du schonmal so ein String mit deinen Sinnen wahrgenommen?

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Wir sind uns darüber einig , daß es "transzendente" Kräfte gibt, und daß die Wissenschaft versucht, diese - soweit sie sie greifen kann - mit Begriffen zu beschreiben

nein, absolut nicht

wenn ich etwas nicht verstehe, ist es deshalb noch keineswegs transzendent. ich bin möglicherweise einfach zu blöd oder ungebildet

Es ist transzendent, wenn es deine Wahrnehmungsfähigkeit übersteigt.


(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: (zumindest die natur)wissenschaft untersucht eben keine transzendenten phänomene, sondern unbekannte. und selbstverständlich mit den unseren sinnen (und sei es mit deren "maschineller verlängerung") möglichen mitteln - eben nicht per spekulation auf nicht greifbare (also transzendente) höhere mächte

Vielleicht solltest du echt nochmal deine Definition von Transzendenz erklären. Transzendent im Sinne von "die menschliche Wahrnehmung überschreitend", oder doch "nicht greifbar" ?
Ich gehe jetzt mal von letzterem aus :

Wieso kommst du auf die Idee, daß sich Religion notwendigerweise mit "nicht greifbaren, also tranzendenten" Mächten beschäftigt ? Und das auch noch spekulativ?
Ursache für religiöse Aussagen waren stets reale,greifbare Begebenheiten, die eben als eine Götterhandlung beschrieben wurden. Diese "Götter" sind greifbar! Sie sind die Kräfte, die wir wahrnehmen können.

Dieser ewig transzendente Gott, welcher vollständig von der Welt getrennt ist, ist ein Entwicklungsstrang in Religionen.
Religion kann aber auch dann funktionieren, wenn eben keine Trennung von Gott und der Welt gesehen wird. Siehe Naturreligionen, siehe mystische oder pantheistische Religionsansätze.


(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: und hast mir immer noch nicht erklärt, was denn dann der unterschied zwischen religionen und säkularen weltanschuungen sein soll

Doch, habe ich. Wenn die Weltanschuung verinnerlicht wird und aus ihr Handlungsrichtlinien gezogen werden.
Ja, damit fällt vieles ins Religiöse, was du nicht darin sehen willst.

Diese Ablehnung der Begriffe "Religion" und "Gott" fusst in der Auseinandersetzung zu Zeiten der "Aufklärung".

Dabei haben die Menschen in gleicher Weise weitergemacht, und tun dies noch heute. Sie wollen es nur nicht mehr mit genannten Begriffen benennen.
Es geht schlicht darum, daß Menschen versuchen, sich die Welt zu erklären, und ihr Leben in angenehmen Bahnen zu führen.

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: wozu gibt es denn überhaupt den begriff der religion, wenn er doch nichts spezifisches bezeichnet?

Ähm, aus der Kultur- und Sprachgeschichte vielleicht?
Ist dir noch nicht aufgefallen, daß der Begriff keineswegs so klar definiert ist, sondern als "Modell" Icon_wink für verschiedene Erscheinungen benutzt wird ?

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: mir fällt keine religion ein, die sich nicht auf transzendente mächte beruft

Ich habe dir Religionen genannt, die sich auf nichts anderes beziehen als es die Naturwissenschaft auch tut. (egal, wie weit du darin Transzendenz siehst)

(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb:
(09-06-2009, 17:07)melek schrieb: Ich meine, wie ist es denn zu Religionen gekommen ? Meinst du, da haben sich in jedem Falle verschlagene Priester irgendeinen Unsinn ausgedacht, umd die Menschen zu verarschen ?

nein - hab ich das denn behauptet?

Indirekt schon, wenn du behauptest, Religionen würden sich dazu erdreisten, für das "Unbekannte" einfach die Erklärung "Gott" ausdenken.


(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: nur daß das eben weder mit erkenntnisgewinn noch mit erklärung etwas zu tun hat. "Götter" sind imho ursprünglich nichts anderes als die personifizierung von "keine ahnung",

Also doch ausgedachter "Unsinn" ?

Ich unterstelle auch früheren Menschen, ehrlich nach Erkenntnisgewinn gestrebt zu haben, und wenn man meinte, Zusammenhänge erkennen zu können, hat man sie eben mit einem Modell (häufig Gott) beschrieben , und daraus Schlüsse für die eigenen Handlungen gezogen.
Man hat dabei durchaus die aktuellen "wissenschaftlichen" (soweit man sie so nennen kann) Methoden und Ergebnisse beachtet, siehe eben die Sternbeobachtungen und sonstige Berechnungen.

Die heutige Wissenschaft hat andere Methoden und kommt zu anderen Ergebnissen.
Wenn aber auf Basis so einer Weltanschauung ein Mensch seinen Platz gefunden weiß, so haben wir es mit Religion zu tun.
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#87
(09-06-2009, 19:09)petronius schrieb:
(09-06-2009, 17:18)melek schrieb: Es ging um die Aussage, daß das Heilige einer Beurteilung durch Anhänger entzogen ist.
Propheten und Priester, die Beurteilungen vornehmen, wären demnach nicht wirklich Anhänger. Man müsste sie gesondert als Religionsstifter bezeichnen, aber aus der Religion selbst ausklammern

wieso? sie sind wesentlicher bestandteil der religion, zumindest der religion als machtstruktur

Wenn Religion da angesetzt wird, wo es etwas gibt, was der Beurteilung durch die Anhänger entzogen ist, dann schließt das Propheten aus, weil diese eben sehr wohl Beurteilungen vornehmen. Diese wären demnach nicht religiös.
Das war mein Kritikpunkt an dieser Religionsdefinition.
Sie bindet mir die Propheten zu wenig ein. Diese wären eher selbst Anbetungsobjekte als Anhänger.
Sowas gibt es natürlich auch, sollte m.E. aber nicht bei der Religionsdefinition angenommen werden. Es würde die Ehrlichkeit der Propheten untergraben.
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#88
Zitat:Melek: Glaubst du wirklich, daß bei den verschiedenen Darstellungen von Göttern, die wir etwa im alten Ägypten finden, irgendein Religionsvertreter wirklich gedacht hat, daß der Gott, so wie er gemalt wurde, auch existiert ?
Götter wurden stets mit Symbolen dargestellt, um ihren "Wirkungsbereich" zu umschreiben.
- hierzu hab ich was definieren koennen,
z.B.die Gestaltung des *RE in aegyptischer Ikonologie zeigt eine Rote Scheibe zwischen zwei Widderhoernern ("Posthorn") auf dem Haupt eines "Amtsboten" (Engel) - damit ist gemalt, dass DER Unsichtbare als Wesenheit unsichtbar ist ("rot" = Mondfinsternis = nix zu sehen, eigentlich)
- waehrend im Schriftzeichen der Begriff fuer "G0tt" in unserm Sinne als Kreis um einen Punkt inmitten notiert ist, als ein "das da" inmitten dessen, was man nur annaehernd bezeugen kann, zumal einem irgendwann die Woerter ausgehn, in der Sprache, die man da hat - eine haeufig peinsame Erfahrung - ich uebersetze mir das als: "dieser Bote hat im Sinn", "im Kopf", diese Erlebnisrichtung, praesent zu haben, was *RE von z.B. ihm und uns will - somit "transportiert" der Bote den Auftragsgeber, immateriell - aber eben, wie will man das Unsichtbarste zeichnen?
- und der Bote, an den ich grad denke, an der Wand der Grabkammer des Ramses I, steht z.B.in einer "Barke", ueber die ein "Leucht-Wurm" (nicht gemeint ist eine Schlange) gewellt und kopfunter gelegt ist, was besagt: ein "dunkles Gewoelk" entzieht das ganz unseren Blicken, und innen drin wiederum steht kerzengrade ein zweiter "Leuchtwurm", denn da drin ist es wiederum licht und hell.
Es passt immer ganz gut, sich anzusehn, wo diese "Schlangen" jeweils ihre Koepfe haben, nach unten = dunkel, nach oben = hell, darum sag ich dazu Leucht-Wurm. Das Vorbild sind z.B.Dochtschlangen in Oellampen, die man als "ewiges Licht" noch in Kirchen verwendet, der Docht wird durch ein Scheibe gzogen, welche auf dem Oel schwimmt oder bei Wandlampen befestigt war, da schiebt man den gewachsten Docht von unten immer ein Stueck nach, soweit er heruntergebrannt ist, das aehnelt eben einer ihre Rippen spreizenden, sich aufrichtenden, Kobra.
Im Papyrus Ani (1250vdZ) sind davon viele zu sehn, mal als Stirnlampe eines vermutlich gemeinten Blinden ("nicht damit ich sehe, sondern damit andere sehn, dass ich nichts sehe und nichtmal weiss, ob Tag oder Nacht ist"), mal als komplette Reihe ("Thronsitz am Festtag") unterm Dach oder ("Noahs Arche") auf dem Dach, auch mal an Saeulen, wie man seinerzeit diese Kienspan-Lampen auch in Rom und Jerusalem hatte.
Diese Ikonenmaler-Zunft der Schreiber-Vereinigung (*Thot-Bund) hatte Regeln zu befolgen, wovon sich sagen liesse, dass sie nur etwas in Worten Beschriebenes malten und gar nicht abbildeten, soviel man auch abgemalt realistisch-adrett zu sehen meint - da ist fast jede Einzelheit zugleich eine Schriftzeichen-Silbe, Fuesse sind immer 2 "linke" oder 2 "rechte" von der typischen lateralen Seite gemalt, eine "Faust" umfasst nicht den Stab sondern ist gemalt als Faust vor dem Stab, weil das Wortbestandteile sind. Mancher Textsatz ist erst komplett, wenn man die Grossfigur mit liest.
Es laesst sich auch jede "Szene" mehrfach deuten, um mit ihrer Hilfe vorwaerts wie rueckwaerts Geschichten zu erzaehlen, und ein Text, der dabei steht, hat nicht immer Bezug zu dem, was da hinein gemalt wurde.
An Szenen gab es etwas wie einen kompletten 170er-Satz Szenen, die man frei komponieren konnte, um damit auch irgendwas Anderes zu erzaehlen, gross und klein kann fuer sich betrachtet werden, z.B."Frauen" haben als "Diademe" einen Palast "im Kopf", den man architektonisch exakt so im Orient findet, und Gabentische sind zugleich zu Landschaften dekoriert, die es geben kann, oder erzahlen auch wieder eine kleine Geschichte innerhalb der Manuskript-Beispiels - wenn man will und eine einem passierte.

Zum Thema, wo ihr grad bei seid. Ich hoerte auch, dass es umstritten ist, ob "Religion" etwas mit dem lateinischen Begriff "Bindung" zu tun hat, und ich dachte, religio heisse das. Man kann das natuerlich alles auch noch wieder verunsichern und "hinterfragen", wie es Petronius hier zu tun scheint, aber die Sprache hat ohnehin zu wenig Worte, und schlimmer noch: Leute unterschiedlicher Gedanken-Herkunft benutzen gemeinsame Worte, aber meinen damit Unterschiedliches.
In der Jaegersprache sind z.B. Augen "Lichter" und weisse Popo-Zonen beim Reh "Spiegel", aber auch sind die bunten Dekors unter Enten-Fluegeln "Spiegel", das Fell heisst "Decke", das Geweih "Krone" oder "Spiesse", die Beine "Laeufe" oder beim Wasservogel "Paddel", das Maul "Geaese" - man meint, es seien Spuren davon, dass urspruenglich, seit Urzeiten, die Jaeger "taktvoll" vermeiden moechten, dass ein Wild sie ueber es und die Jagd auf es fachsimpeln hoert. Wie auch immer, Fachsprachen benutzen oft Woerter, die in anderen Fachsprachen nicht dasselbe Ding bezeichnen.

Was Melek so charakterisiert: "Es ist transzendent, wenn es deine Wahrnehmungsfähigkeit übersteigt." - wuerde ich praezisieren als "was generell die Vorrichtung unserer "5 Sinne" nicht vermerken koennen, denn es sind ja nur Wahrnehmungs-Fenster, soweit sie lebenspraktisch sind, und die sind ausserdem im Wachzustand nochmal um bestimmt 95 Prozent vorgefiltert, zu vermerken haeufige Dinge an einigen punktuellen Daten zu erfassen, was da wahrnehmbar waere, es dann schon flink hochzurechnen und einzuspeichern, auch wen es da zufallig mal nicht waere.
In Trance stellen wir schon fest, dass wir viel mehr eingefilmt haben, damit aber nicht wissentlich umgehn, es jedoch in Hypnosen wieder hervorholen und nochmal genauer betrachten und beschreiben koennen, und die Phaenomene der Fehlleistungen sind immer wieder aufschlussreich, wie sehr wir sogar dann schon vor-entwerfen, was wahrzunehmen da sein wird und wie ulkig etwas, woran wir grad Anderes denken, sich da einmischen kann.
Wir koennen, soweit ich das mal selbst analysiert habe, mindestens 17 Schichten Erinnerbares auseinanerhalten oder mal verwechseln (das sah ich - das hoerte ich geschildert und stellte es mir bildhaft vor - das entwarf ich, dass es das geben muesste - das wollte ich sagen, verkniff es mir aber - das geschah vor dem - das ist genau die Fortsetzung eines Jahre vorher mittendrin unterbrochenen Gedankengangs, neues Material dazu - das erzaehlte ich dem-und-dem - das erzaehlte ich nicht, aber es ging mir dabei durch den Sinn - etc)
Es ist unglaublich vernetzt und geschichtet, und ein Wunder, dass es ueberhaupt unauffaellig ein Leben lang funktioniert. Alles aber ist in uns irgendwie beisammen abgeheftet, teils an organischem Material geparkt (Blutverlust erzeugt zeitweise Erinnerungs-Stoerungen, Durchfall Ausfaelle ganz bestimmter Assoziationen und gelernter Routinen, Fremdsprachen "parken" wir koerperlich woanders als die erste Muttersprache, usw.)

Ich benutze das Wort "transzendent" selber sehr ungern, aber meine auch, dass diese Inhalte aussagbar sind, aber nicht sinnlich wahrnehmbar durch etwas von aussen Vermerkbares (gehoert, gesehn, geschmeckt, getastet, gerochen - nein) und trotzdem mehr als in logisch erstellter Duerftigkeit Denkbares nachvollziehbar erfahren werden kann. Die Uni versitaet fuehrt ja, um Sicheres anzusammeln und aufzubauen, zu ordnen, 4 logische Regeln, es gibt auch Kombinationen daraus, die schneller zum Ziel fuehren, sowas wie ein Verlaufs-Hintereinander-Schalten solcher 2-3 Regeln zu einem haeufigen "Makro" in der Routine, was besonders bei Sprach-Analysen hilft.
Wir reden ja vieles in festen Sprachbloecken, und der Listige unterlaeuft so etwas bei anderen, darueber empoeren sich dann dessen Opfer, weil sie nun wieder auf jedes einzelne Wort achten muessen. Das ist anstrengend und zieht Energien von der Alltagsbewaeltigung ab.
Sogar Sokrates gab ja zu, dass seine Fragetechnik auf die Dauer eine Gesellschaft funktions-untuechtig machen kann. Leute verloren die soziale Eintracht, etwas "einfach mitzumachen" - das hiesse doch, wenn jeder innehaelt und mit "was-dann? und, was-dann?" seine Handlungen im Voraus logisch zuende durchdenken wollte, ob man Punkt um Punkt damit einverstanden sein koennte, theoretisch, im Voraus, gleich jetzt - eines Tages saessen dann doch auch die Baecker und Maurer, Muetter und Lernenden, alle, herum und waeren nur noch mit dem Stutzen beschaeftigt, nicht deuten zu koennen, was irgendwer sagte, und ob der das auch "meint".

Auch darin stimme ich Melek zu, dass Petronius einige seiner Kritikpunkte noch aus dem 19.Jhd her hat, und noch nicht aktuell refreshed hat. Aber "Petronius" als Rolle - das war doch der distanziert beobachtende etwas ironische Roemer am Hofe Neros? - da ist 19.Jhd. doch vergleichsweise neu?

Religionen sehe ich als ein sich miteinander um ein Thema Scharen an, das sich ausloest durch etwas Erlebtes - Beispiel: eine Katastrophe passierte und einer war nicht grad unter denen, die es hinraffte, der kann - je nach Typ, wie er Dinge verarbeitet, ein Sendungsgefuehl bekommen, das, was er gerade machte, und warum er nicht genau dann an der katastrophalen Stelle war, andern zu schildern, denn es haette ja unbedingt sein koennen und auch ihn / sie hingerafft. Mancher moechte wohl wissen, ob man da irgendwas "gemacht" hatte, oder wenn man nicht selbst, wer denn? - das kann durchaus Dritte mehr interessieren als so jemanden selber. Die Menschen sind darin verschieden, gruppierbar charakter-verschieden, immerhin. Wenn nun alle, die dies Erlebnis disputieren, ihre Moeglichkeiten durchdacht haben, kann schon etwas als "magisch" Definierbares von ihnen beschlossen werden.
Sie taeten nun manoevermaessig immer genau alles das nochmal, was jener kurz vor und waehrend der Katastrophe getan hatte, um - falls so etwas noch einmal passiert - dann ebenso davonzukommen. Schon ist ein Ritual vorhanden. Spaeter kann sogar die Ausgangs-Geschichte vergessen sein und "man" tut dies Ritual einfach um der Gemeinschaft willen, die dies "immer so tut", damit wird es ihr Gruppen-Merkmal. Nochmal spaeter ist das Ritual so stark zur Routine verinnerlicht, dass diese Leute teilweise in Panik kaemen, wenn sie gezwungen waeren, es zu unterlassen. Andere unter ihnen macht es nervoes, dass sie das "so" tun und ihm /ihr nicht erklaeren koennen, warum er /sie das mitmachen sollte - das sind natuerlich eher die Juengeren, denn um Routinen eingefleischt zu haben, muss man sie schon biografisch eine Zeit lang getan haben.

So beschrieben sind dies Vorgaenge, die man fast ueberall beobachten kann, und selbstverstaendlich haben auch A_theisten und A_gnostiker das auch in Hinsicht darauf, wie ihre Reflexe, auf bestimmte Signale hin mit einem Protest zu reagieren, angelernt waren.
In der menschlichen Vertrauensfrage ist daher der Unterschied des Inhalts von Religionen nicht anzusetzen. Auch ein alter Kommunist hat seine Art, es schliesslich in vielen Bereichen des Alltags mit seinen Leuten ehrlich zu meinen. Jeder, dem Visionen passierten, kann nichts anderes, als seiner Wahrnehmung zu trauen, denn sonst wuerden ja auch all dessen andere Wahrnehmungen ihm sehr schwierig zu deuten sein. Auch dazu gibt es spontane Veranlagungen, Begabungen, die nicht jedem passieren.

Da kommen wir ja schon zu dem Bereich, dass Einiges fuer die einen Menschen "transzendent" ist, denn sie koennen das nicht nachvollziehen, ihnen fehlt diese Dimension, etwas Aehnliches damit vergleichen zu koennen, ium es abzuschaetzen, was sie davon halten koennen, fuer sich und ihre Entscheidungs-Zwaenge im Alltag. Die einen wenden sich dann also einfach anderen Themen zu, die andern versuchen, dem Besondereren auszureden, etwas - oder speziell dies - wahrgenommen zu haben. Weitere haben darueber Erfahrbares gesammelt und vergleichen die Berichte, auch ohne auf diese Weise mithalten zu koennen. So entstanden viele Religionen um einen Seher und seinen glaubhaftesten Deuter, z.B.Natur-Religionen.

Nach langer Historie einer komplexeren Religion, die auf zusammenpassende zahlreiche Ereignisse zurueck-erinnern kann, wurden schon viele weiteren Werte an diese Tradition geknuepft, die in sich ihren sozialen Wert haben, etwa im Sinne bruederlicher Hilfen und allgemein staerkeren Sozialgefueges, soweit das lebenspraktisch ist und dieses viel mehr Leuten ermoeglicht, gemeinsam Ressourcen zu nutzen, selbst wenn die knapp sein sollten, lange Zeit oder kurz. Ab dann ist Religion "Bindung" und erreicht etwas in-sich-Gutes, naemlich dass viele dadurch laenger durchhalten, zu leben und dies mit in die Zukunft zu schaffen.

Schliesslich noch ist Religion auch etwas, das man fertig vorfindet und man kann es erstmal so mitmachen durch die einfache Entscheidung, etwas ueberhaupt mitzumachen. Manche suchen sich dazu erstmal ihnen wirklich sympathische Leute, andere richten sich lieber nach einer einleuchtenden Lehre (z.B."tue anderen das, was du moechtest, dass man es in so einer Lage auch dir taete").

mfG WiT :)
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#89
(09-06-2009, 22:23)melek schrieb: Das ist kein Widerspruch. Es ändert nichts an der grundsätzlichen Unbegreiflichkeit Gottes, wenn man meint, zu bestimmten Bereichen dann doch was sagen zu können.

ah ja?

nun, das wird wohl eine "glaubensaussage" sein, und sowas muß man als denkender mensch ja nicht verstehen...

für mich ist das eine bequeme ausrede, es sich so hinzudrehen, wie mans eben grade braucht

Zitat:Es geht nicht um das Personifizieren, sondern darum, wieviel Transzendenz in dieser "Person" steckt

na, 100% - wenn sie "grundsätzlich unbegreiflich" ist

Zitat:Vor allem bei Religionen, die sich auf Naturphänomene beziehen, ist mit der "Person Gott" nicht das beschriebene (für dich :transzendente) Wesen selbst gemeint, sondern die erlebbaren Kräfte, die es symbolisieren soll

wie kommst du jetzt auf den trichter?

ich behaupte das gegenteil. daß mit einem wassergeist sehr wohl ein wesen gemeint ist, welches meinetwegen ebbe und flut hervorruft

Zitat:Glaubst du wirklich, daß bei den verschiedenen Darstellungen von Göttern, die wir etwa im alten Ägypten finden, irgendein Religionsvertreter wirklich gedacht hat, daß der Gott, so wie er gemalt wurde, auch existiert ?

na sicher. wieso denn nicht?

Zitat:Götter wurden stets mit Symbolen dargestellt, um ihren "Wirkungsbereich" zu umschreiben.
Wenn ein Gott auf einem Bild Hörner trägt, so heisst das nicht, daß er auch so aussehen soll, sondern daß er die Fruchtbarkeit beeinflusst.
Die Gottesbeschreibung gilt immer als "Modell", um reale Kräfte abzubilden

klar ist die beschreibung voller symbolik. trotzdem wird damit jene "person" gemeint, die die real existierenden (und noch nicht durchschauten) naturkräfte "lenkt"

wer betet schon symbole an und opfert ihnen?

um einen gott durch rituale und opferungen bestechen zu können, muß er personal existieren

Zitat:Du stellst dir offenbar zu sehr den alten Mann mit langem weissen Bart vor, und unterstellst Gläubigen, dasselbe zu tun

spekulationen darüber, was ich mir vorstelle, kannst du dir getrost sparen

Zitat:Was war an deiner Definition anders?

kannst du nachlesen

Zitat:Zweitens: Auch die Stringtheorie beschäftigt sich mit "Transzendentem", oder hast du schonmal so ein String mit deinen Sinnen wahrgenommen?

und?

ich habe ja auch nie behauptet, alles, was sich mit nicht wahrnehmbaren beschäftige, sei religion (dann wäre ja auch mathematik religion). lies doch einfach mal sorgfältig!

religion ist dadurch gekennzeichnet, daß sie sich auf eine transzendente macht bezieht, welcher wirkung zugestanden wird

ich verweise nochmal auf wikipedia (schon damit du nicht wieder so tust, als handle es sich bei meinem religionsverständnis um eine singuläre privatmeinung):

Religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme stehen oft in langen Traditionen und beziehen sich zumeist auf übernatürliche Vorstellungen. So gehen viele, aber nicht alle Religionen von der Existenz eines oder mehrerer persönlicher oder unpersönlicher übernatürlicher Wesen (z. B. einer oder mehreren Gottheiten, von Geistern) oder Prinzipien (z. B. Dao, Dhamma) aus und machen Aussagen über die Herkunft und Zukunft des Menschen, etwa über das Nirwana oder Jenseits. Sehr viele Religionen weisen gemeinsame Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen

strings würde wohl niemand als "wesen" bezeichnen

Zitat:Es ist transzendent, wenn es deine Wahrnehmungsfähigkeit übersteigt

nach deiner definition vielleicht

noch mal wikipedia (wie oft eigentlich noch? nimm doch einfach mal zur kenntnis, was ich in diesem zusammenhang als "transzendent" bezeichne, anstatt mir ständig andere definitionen unterzu schieben und somit aussagen in den mund zu legen, die ich nicht getroffen habe):

Religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme stehen oft in langen Traditionen und beziehen sich zumeist auf übernatürliche Vorstellungen. So gehen viele, aber nicht alle Religionen von der Existenz eines oder mehrerer persönlicher oder unpersönlicher übernatürlicher Wesen (z. B. einer oder mehreren Gottheiten, von Geistern) oder Prinzipien (z. B. Dao, Dhamma) aus und machen Aussagen über die Herkunft und Zukunft des Menschen, etwa über das Nirwana oder Jenseits. Sehr viele Religionen weisen gemeinsame Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen
...
In der christlichen Religion gibt es ein irdisches und ein himmlisches Leben (z. B. Matthäus 22, 1. Korinther 15). Das Überschreiten dieser Grenze, Kontakte der einen Welt zu der anderen, wird als Transzendenz bezeichnet
...
Im Buddhismus tritt das Transzendenz-Prinzip in der Darlegung von relativer und absoluter Wirklichkeit auf. Die relative Wirklichkeit bezeichnet dabei die Welt so, wie sie von unerleuchteten Wesen wahrgenommen wird
...
Im Islam steht der Mensch Gott direkt und unmittelbar gegenüber, ohne Mittler oder Heilige. Gott ist nicht, wie im Christentum, Mensch geworden, sondern steht himmelweit über dem Menschen, der sich ihm „unterwerfen“ muss. Das arabische Wort „Islam“ bedeutet „Unterwerfung“ oder auch „Hingabe an Gott“. In seinem Buch Die unerbittlichen Erlöser. Vom Kampf des Islam gegen die moderne Welt schreibt Jean-Claude Barreau: „Der Islam erhebt sich über den Menschen. Er ist mehr noch als das Judentum eine Religion der Transzendenz


es geht also bei transzendenz nicht einfach darum, etwas nicht wahrnehmen zu können - so als wäre musik für einen gehörlosen "transzendent". es geht vielmehr um eine art parallelwelt, in der sich diese macht befindet, aus der heraus sie agiert, in die wir aber nicht ohne weiteres (z.b. mit unserern sinnen) vordringen können

Zitat:Vielleicht solltest du echt nochmal deine Definition von Transzendenz erklären. Transzendent im Sinne von "die menschliche Wahrnehmung überschreitend", oder doch "nicht greifbar" ?

das ist doch keine frage von entweder/oder!

Zitat:Wieso kommst du auf die Idee, daß sich Religion notwendigerweise mit "nicht greifbaren, also tranzendenten" Mächten beschäftigt ? Und das auch noch spekulativ?

na, weil es so ist!

was sonst sind denn z.b. aussagen über einen "schöpfer"?

Zitat:Ursache für religiöse Aussagen waren stets reale,greifbare Begebenheiten, die eben als eine Götterhandlung beschrieben wurden. Diese "Götter" sind greifbar! Sie sind die Kräfte, die wir wahrnehmen können

dann zeig mir mal, wie du den "schöpfer" wahrnimmst

Zitat:Dieser ewig transzendente Gott, welcher vollständig von der Welt getrennt ist, ist ein Entwicklungsstrang in Religionen.
Religion kann aber auch dann funktionieren, wenn eben keine Trennung von Gott und der Welt gesehen wird. Siehe Naturreligionen, siehe mystische oder pantheistische Religionsansätze

auch deren götter sind nicht greifbar

Zitat:
(09-06-2009, 06:31)petronius schrieb: und hast mir immer noch nicht erklärt, was denn dann der unterschied zwischen religionen und säkularen weltanschuungen sein soll

Doch, habe ich. Wenn die Weltanschuung verinnerlicht wird und aus ihr Handlungsrichtlinien gezogen werden

d.h., die eigene weltanschauung ist religion, die der anderen nicht

LOL

Zitat:Ja, damit fällt vieles ins Religiöse, was du nicht darin sehen willst

gibts außer dir noch jemanden, der alles zu "religion" erklärt?

aber gut - lassen wir die diskussion. sie hat keinen sinn
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#90
(10-06-2009, 09:34)petronius schrieb: aber gut - lassen wir die diskussion. sie hat keinen sinn

Offensichtlich.
Du solltest dich vielleicht einfach mal mehr mit den verschiedensten Erscheinungsformen von Religion (und deren Beziehungen zu ihren "Göttern") auseinandersetzen, dann würdest du auch merken, daß sich Religion zwar auf Transzendentes berufen kann - Beispiele dafür hast du ja gebracht - , aber keineswegs muss - Beispiele dafür habe ich gebracht.
Du versuchst, es so hinzudrehen, als hätte ich behauptet, daß Religionen sich niemals auf Transzendentes beruft, doch das habe ich nicht.
Meine Aussage war, daß "Transzendenz" nicht als Unterscheidungsmerkmal taugt, weil Religion auch ohne Transzendenz funktioniert.

Dein Vorgehen, den Begriff "Transzendenz" mal so und mal so zu benutzen, taugt auch nicht zu mehr als einem Verwirrspiel.

Wenn du bei "Transzendenz" von dieser Art "ungreifbarer Parallelwelt" ausgehst, so gibt es Religionen, die sich eben nicht darauf beziehen, sondern völlig in "dieser" Welt bleiben.
Wenn du "Transzendenz" lediglich als "die Wahrnehmung überschreitend" siehst, so beschäftigt sich auch die Naturwissenschaft damit.

Du kannst es also drehen, wie du willst : Dein Unterscheidungsmerkmal greift nicht.


edit:
(10-06-2009, 09:34)petronius schrieb: gibts außer dir noch jemanden, der alles zu "religion" erklärt?

Zahlreiche Religionswissenschaftler,Theologen,Philosophen,Soziologen, aber auch unzählige einfache Gläubige und Nichtgläubige ...
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