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Bibelverse
(23-07-2009, 11:39)helmut schrieb:
(15-07-2009, 15:50)DureeTotale schrieb: Denn Texte, die "unendlich" viel bedeuten können, können alles bedeuten
Kleiner Denkfehler von dir: unendlich bedeutet nicht alles. Es gibt beispielsweise unendlich viele rationale Zahlen, aber trotzdem gibt es auch irrationale Zahlen wie z.B. π(pi). Du kannst immer wieder neue Bedeutungen zu einem Text finden, wenn du ihn auf neue Situationen anwendest, aber trotzdem gibt es Bedeutungen, die in dem Text nicht enthalten sind. Unendlich viele Bedeutungen sind nicht alle Bedeutungen, so wie unendlich viele Zahlen nicht alle Zahlen sind.

Nun, der Denkfehler liegt wohl eher bei dir... Denn z.B. die Aussage "Unendlich viele Zahlen sind nicht alle Zahlen." ist eben nicht korrekt. Solange du nämlich nicht genau bestimmst, um welche Art Zahlen es sich handelt, können damit auch alle Zahlen gemeint sein, weshalb unendlich viele Zahlen zwar nicht alle Zahlen sein müssen, es aber sehr wohl sein könnensie können es aber sehr wohl!

Sprache (wozu bekanntlich auch Texte gehören) ist nun bekanntlich in der Bedeutung der verwendeten Zeichen und Symbole bei weitem nicht so klar definiert wie Mathematik. Die verallgemeinerte Aussage, dass ein Text "unendlich" viel bedeuten könne, ist in sich nur dann logisch, wenn die darin verwendeten Symbole (Wörter) unendlich viel bedeuten können. Wörter aber, die "unendlich" viel bedeuten können, können de facto nun eben mal alles bedeuten... Man kann es drehen wie man will, die in Rede stehende Aussage, dass die "Bedeutung eines Textes unendlich" sei, ist einfach mal grober Unsinn!


(23-07-2009, 11:39)helmut schrieb:
(15-07-2009, 15:50)DureeTotale schrieb: Daraus folgt, dass die Kommunikation mittels Sprache um so brauchbarer ist, je eindeutiger, klarer und unmissverständlicher sie ist.
Die alten Texte sind genauso klar, eindeutig und unmissverständlich wie moderne Texte, sie sind nicht unklarer, sondern anders. Für den, der die historischen Hintergründe kennt, sind sie genauso klar wie moderne Texte. Deine Ausführungen über unklare Texte kannst du dir sparen.

Ach ja, die "historischen Hintergründe"...
Mal abgesehen davon, dass dies ein ausgesprochen schwammiger Begriff ist: Wenn das Verständnis historischer Schriften von der Kenntnis der entsprechenden historischen Hintergründe abhängt, bedeutet dies zum einen, dass wenig oder gar keine Kenntnis der historischen Hintergründe wenig oder gar kein Verständis der entsprechenden Texte bedeutet und zum anderen, dass, da eine vollständige Kenntnis der historischen Umstände so weit zurückliegender Zeiten völlig unmöglich ist, ein vollständiges, klares und unmissverständliches Verständnis der entsprechenden historischen Texte somit ebenso unöglich ist.

Und auf den Umstand, dass unser Wissen über die "historischen Zusammenhänge" im Wesentlichen auf entsprechenden historischen Schriftzeugnissen beruht, so an dieser Stelle nur mal hingewiesen sein...:icon_wink:
(23-07-2009, 12:05)helmut schrieb:
(15-07-2009, 21:00)DureeTotale schrieb: Sollte dir unbekannt sein, dass mit großer Effizienz mittels dieser Schriften die unglaublichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit als "gottgewollte" bzw. "gottgefällige" Taten deklariert wurden?
Sollte dir unbekannt sein, dass diese Verbrechern nicht mittels, sondern gegen diese Texte gerechtfertigt wurden? Das ging ja so weit, dass ab ca. 1200 in weiten Teilen Europas den Laien das Bibellesen verboten wurde, eben weil die Leute aus den Bibeltexten "Ketzereien" herauslasen. Franz von Assisi war für lange Zeit der Letzte, der ungestraft von der Kirche aus den Aussagen des NTs Anweisungen für das Leben herauslesen konnte - und nach seinem Tod wurden seine Anhänger mittels der Inquisition zu einem normalen Bettelorden reduziert (das ist literarisch in Der Name der Rose verarbeitet worden).

"Gegen diese Texte"? Wie soll das bei Texten, die "unendlich" viel bedeuten können, überhaupt möglich sein...?

Aber auch mit einem etwas weniger nichtssagenden Bedeutungsverständnis bedarf es bei einer solch extrem heterogenen und vieldeutigen antiken Schriftsammlung wie der der biblischen Texte durchaus keiner größeren Mühe, aus dieser alles Mögliche, also sowohl jede Wohltat als auch jede erdenkliche Übeltat, als "gottgewollt" oder "gottgesegnet" heraus zu destillieren!

Und wenn ich bedenke, wie intensiv du die "historischen Hintergründe" bemühst, erscheint dein historischer Blickwinkel zudem wirklich ausgesprochen eng. Denn spätestens seit der Erfindung des Buchdruckes und Luthers Bibelübersetzung war es immer mehr Menschen möglich, sich selbst mit den Bibeltexten auseinanderzusetzen. Was hat das denn am Außmaß der Übeltaten, die mit diesen biblischen Schriften als "gottgefällig" deklariert wurden und deren perfekten Eignung zu eben dieser Praxis geändert? Nachweislich nicht das Allergeringste, wie jedermann weiß, oder zumindest wissen kann.

Und um dies mal an einem ganz modernen Beispiel zu illustrieren: Zu den hartnäckigsten Anhängen der Kriegstreiber- und Menschenrechtsverächterclique um G.W. Busch in den USA gehörten bekanntermaßen die "bibeltreuen" Evangelikalen - schon wieder vergessen...?
(09-07-2009, 17:50)DureeTotale schrieb:
(09-07-2009, 14:53)Saldo schrieb:
(09-07-2009, 13:06)DureeTotale schrieb: Wenn man in die Aussagen der Bibel hineininterpretieren und herauslesen und daraus annehmen und ablehnen können soll, was immer einem eben gerade opportun dünkt:

Kann man eben nicht. Was stört Dich so an der historisch-kritischen Forschung?

"Historisch kritische Forschung" - ich lach mich schief! Wonach da "geforscht" wird ist doch nichts anderes, als die neuesten Kniffe ausfindig zu machen, wie man sich die biblischen Aussagen passend hinbiegen kann.


Um noch einmal auf diese Replik zurückzukommen.
Diese Deine Aussage verursacht, dass es sehr schwer ist, Dich ernst zu nehmen. Denn es ist ja nun sichtbar, dass Du von historisch-kritischer Forschung keine Ahnung hast und sie mit irgendetwas gänzlich Anderem verwechselt. Du lachst Dich aber schief.

Wie soll man da ernsthaft diskutieren?
Heute kann man alles nachschlagen, bevor man einen Beitrag schreibt. Es ist aber Sackgasse, wenn jemand sich weigert, sich zu informieren, trotzdem aber so tut, als wüsste er bestens Bescheid.

Es genügt durchaus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-...he_Methode
Dort kannst Du auch nachlesen, dass die historisch-kritische Methode nicht nur in der Religionswissenschaft, sondern in allen Wissenschaften benutzt wird, wo schwierige Textverhältnisse vorliegen: zum Beispiel in der Literaturwissenschaft und in der Geschichtswissenschaft.



(14-07-2009, 13:12)helmut schrieb: Die Bedeutung eines Textes, hat der Sprachwissenschaftler Saussure gesagt, ist unendlich.

(23-07-2009, 11:53)helmut schrieb:
(15-07-2009, 18:38)Saldo schrieb: Ferdinand de Saussure hat das in der Tat nicht gesagt.
Ups ... grübel ... oh, du hast Recht. Das hat jemand anders gesagt (weiß ich nicht mehr wer, vielleicht einer von den "postmodernen" Vordenkern in den 80-er Jahren).


Es könnte sein, dass Du den Begründer der Rezeptionssästhetik Hans Robert Jauß meinst - aber von "unendlich" hat er wohl auch kaum geredet.
Er hat nur aufgezeigt, dass jede Generation die Werke neu deutet.
Und in seinem Kielwasser schrieben mehrere Literaturwissenschaftler, die das Verhältnis Werk-Leser studierten.
Im umgangssprachlichen Bereich kann man also schon sagen, es gibt "unendlich viele" Deutungen, aber genaugenommen sind es eben nur sehr viele. Jeder Leser hat eine andere.

Das bedeutet aber nicht - sage ich nun allgemein -, dass Deutungen beliebig sind. Was heißt auch schon "beliebig". Wenn User B den Text von User A liest und User C auch den Text von User A liest, dann verstehen halt User B und C den Text verschieden - auf Grund ihrer Voraussetzungen. Das ist nicht "beliebig", sondern sie können offenbar den Text nicht anders verstehen.

Das liegt am Wesen der Sprache. Sie ist vielschichtig, und bei jedem Wort schwingen wer weiß wie viele Nebenbedeutungen mit, die der eine wahrnimmt, der andere nicht.

Der wissenschaftliche Umgang mit Texten aber hat durchaus Regeln.
(23-07-2009, 13:48)DureeTotale schrieb: Inwieweit ändert dieses eigentümliche Sprache-Kanaans-Statement etwas an meiner Feststellung? Etwa in der Weise, dass man Bibelaussagen nach jeweiligem Belieben entweder als "Menschenwort" bzw. als "Gottes Wort" deklarieren kann, je nach dem, ob sie in den aktuellen Exegesekram passen oder nicht?
Nein. Es bedeutet, dass "Gottes Wort" und "Menschenwort" bei der Bibel kein "entweder/oder" ist.

Zitat:Darum ganz konkret: Was genau an der in Rede stehenden Aussage, dass die Bibel z.B. für dich "immerdar und für alle Zeiten unwandelbar gültiges, in seiner unendlichen Weisheit und Umfassenheit unüberbietbares Wort des einzigen und unwandelbaren Gottes an die Menschen" sei, erachtest du denn nun als falsch?
Ich lasse mich nicht auf "unüberbietbar" festnageln. Die Grammatikfehler im Buch der Offenbarung (aka Apokalypse) sind kein Argument dagegen, dass sie Heilige Schrift ist. Korrekt ist also "immerdar und für alle Zeiten unwandelbar gültiges Wort des einzigen und unwandelbaren Gottes an die Menschen".

Zitat:Ja klar: Wenn biblische Aussagen in den aktuellen Exegese-Kram passen,
Nein, so sollte es nicht sein. Was ich sagte war doch: Wenn jemand aus Mt 5 herausliest, dass sich Jesus gegen jüdische Auslegungen stellt, dann ist das wohl eine falsche Auslegung (die Auslegung, dass er sich gegen das AT stellt, ist eindeutig falsch, die widerspricht Mt 5,17-20), aber diese falsche Auslegung betrifft nicht die Hauptaussage des Textes. Wenn der Grundsatz "Bibel legt Bibel aus" beachtet wird, und die gesamte Bibel berücksichtigt wird, ist die Bibel gegen Fehldeutungen einigermaßen resistent, jedenfalls was die Basics angeht.

Zitat:Und wenn all das auch nichts hilft, dann hilft eines immer: Die "historisch-kritische Methode", mittels derer man bezüglich fast jeder biblischen Aussage wahlweise mehrere Bedeutungen unterschieben kann oder wenigstens behaupten kann, dass wir heute gar nicht mehr herausfinden könnten, was der betreffende Schreiber denn genau mit seinen Worten gemeint hätte
Die "historisch Kritische-Methode ist ein Methodenmix, in dem auch Einiges an Müll drinsteckt (z.B. bei "Quellenkritik"). Es gibt Pfarrer oder andere Leute, die genau das machen, was du beschreibst. Nur das ist auch was, das ich ablehne, und Saldo ist über solche Leute bestimmt auch nicht glücklich.

Eine fundierte Kritik an der HKM sieht anders aus.

Zitat:Denn insbesondere diese "Bibelrunden" sind ja nun wirklich die Orte, an welchen die beschriebende Bibel-Verbeliebigung zu unerreichter Perfektion gebracht wird...
Das kommt auf die jeweilige Runde an. Wenn da jemand dabi ist, der was über die historischen Hintergründe bzw. alten Sprachen weiß (und damit meine ich nicht, das, was so an HKM üblich ist, unkritisch zu übernehmen), sieht das sicher anders aus als bei nem schnuckeligen Hauskreis, wo noch niemand einen Bibelkommentar in die Hand genommen hat.

Und ein "durch diesen Text hat Gott mir gezeigt" ist nicht das Gleiche wie "der Text sagt aus".

Aber ich weiß ja nicht, in was für Runden du schon drin warst, vielleicht hilft es ja wenn du was drüber erzählst.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
helmut schrieb:Ok, etwas genauer. Was heißt denn "wörtlich nehmen"? Wer nimmt da was? Schon den Satz "ich nehme das wörtlich" kannst du nicht 100% wörtlich nehmen, denn du nimmst dir nichts, wenn du etwas wörtlich nimmst.

Naja, das hat jetzt nicht mehr wirklich viel mit dem Thema zu tun und ist ein bisschen weit hergeholt.

Zitat:Aber wenn du wissen willst, ob sich zwei Bibeltexte widersprechen, dann solltest du dich schon ein wenig damit beschäftigen, wie die Leute damals das verstanden haben, ob die den Text so verstanden haben, dass er an jedem Detail festgenagelt werden kann oder nicht.

Keine Angst, damit habe auch ich mich schon ein wenig beschäftigt, auch wenn du es nicht glaubst und dich vielleicht intensiver damit auseinandergesetzt hast.

Mir ging es nur um folgendes:
Mich nervt, dass die Interpretation mancher Christen vornehmlich von Versen des AT so weit hergeholt ist, dass es m.E. keine Interpretation mehr ist, sondern gezielte Verfälschung der Aussagen des AT.

Ich lese die Bibel und meistens ist das, was man darin liest, gut verständlich und muss nicht mehr interpretiert werden, um den Sinn zu verstehen. Ich nehme die Stellen der Bibel, die gut verständlich sind (wo man also keinen Sinn mehr hineininterpretieren muss, wenn sie zu verschwommen sind) also wörtlich. In wie weit nun das "Wörtlich nehmen" Interpretation ist, kann man streiten, aber ich denke, diese Diskussion führt zu Nichts. Ich komme nun, auch wenn Ekkard es nicht gerne lesen wird, noch einmal zu Hosea 14, 1 zurück. Abgesehem davon, dass die hl. Schrift (wie) ein Hologramm ist, wie er schrieb, verweise ich also auf diesen Vers und frage dich:

Was haben die Leute damals anders daran verstanden als heute?

Wenn die Bedeutung dieses Verses sich ergibt, wenn man ihn liest, wieso wird er dann von manchen Christen "uminterpretiert"?
(23-07-2009, 14:28)DureeTotale schrieb: Nun, der Denkfehler liegt wohl eher bei dir... Denn z.B. die Aussage "Unendlich viele Zahlen sind nicht alle Zahlen." ist eben nicht korrekt.
Ich kann auch Haare spalten, also gut, du hast es so gewollt:
Mit "Unendlich viele Zahlen sind nicht alle Zahlen" habe ich mich natürlich auf die Intension der Ausdrücke "Unendlich viele Zahlen" und "alle Zahlen" bezogen. Und die ist verschieden, also sind, was die Extension angeht, "unendlich viele Zahlen" nicht immer "alle Zahlen", es gibt unendliche Zahlenmengen, die nicht alle zahlen umfassen (z.B. die Menge aller Quadrate einer natürlichen Zahl). Entsprechend gibt es unendliche Bedeutungsmengen, die nicht alle Bedeutungen umfassen. Was du anführst ist also genau das, was ich gemeint habe, und ich war der Meinung, dass jeder intelligente Mensch das sofort so versteht.

Zitat:Sprache (wozu bekanntlich auch Texte gehören) ist nun bekanntlich in der Bedeutung der verwendeten Zeichen und Symbole bei weitem nicht so klar definiert wie Mathematik.
Auch bei der Mathematik ist dies nicht immer klar. Sviw muss für die Beantwortung der Frage, ob es eine Menge aller Zahlen geben kann, erst mal exakt definiert werden, was eine "Zahl" ist. Die Mathematik kennt natürliche, rationale, reelle und komplexe Zahlen, außerdem Kardinalzahlen und was weiß ich noch. Ist ℵ-Null eine Zahl?

Zitat:Wörter aber, die "unendlich" viel bedeuten können, können de facto nun eben mal alles bedeuten...
Nein. "Füf mal drei" kann nicht "sechs plus sieben" bedeuten. Aber was bedeutet denn "drei mal fünf":
"Sage mir, was das Ergebnis der Multiplikation der Zahlen fümf und drei ergibt" (z.B. in einer Grundschule)
"ich möchte 5 Essensmarken für Essen III erwerben" (hab ich vor einigen Jahrzehnten manchmal an der Bonkasse in der Mensa so benutzt)
"das Stück ist 5m lang und 3m breit (z.B. in einem Teppichgeschäft)
und so weiter, jeder kann sich gemäß seiner Fantasie weitere Bedeutungen in weiteren Kontexten vorstellen. Und da wurde behauptet, dass die Menge solcher Bedeutungen unendlich ist.

Wenn du fiktive Kontexte (z.B. Science-Fiction) dazu nimmst, spricht nichts gegern die Annahme, dass in Zukunft mal ein Roman erscheint, der einem Ausdruck eine weitere, heute noch unbekannte Bedeutungen hinzukommen. Ich erinnere an Chomskys "farblose grüne Ideen", ein Ausdruck, von dem er seinerzeit meinte, dass er "ungrammatisch" wäre, weil sich ihm keine sinnvolle Bedeutung zugeordnet werden konnte - heute würde das jeder sofort verstehen, wenn ein Politiker (sagen wir, von der CDU) in den Mund nimmt. Und das ist sogar ein Beispiel aus dem realen Leben!

Zitat:Ach ja, die "historischen Hintergründe"...
Mal abgesehen davon, dass dies ein ausgesprochen schwammiger Begriff ist: Wenn das Verständnis historischer Schriften von der Kenntnis der entsprechenden historischen Hintergründe abhängt, bedeutet dies zum einen, dass wenig oder gar keine Kenntnis der historischen Hintergründe wenig oder gar kein Verständnis der entsprechenden Texte bedeutet
Nicht unbedingt. Wissenslücken werden durch Vermutungen ausgefüllt, und sei es die Annahme "damals war es genauso wie heute". Je nachdem wie gut diese Annahmen sind, ist das Ergebnis mehr oder weniger korrekt.

Und die Hintergründe der Bibel sind ja in den letzten 150 Jahren gründlich erforscht worden, archäologische Ergebnisse haben Philologie, Geschichtswissenschaften etc. befruchtet. Da von "wenig oder gar keiner Kenntnis" zu sprechen, ist schlicht Ignoranz.

Du kannst gerne auf konkrete Wissenslücken hinweisen, um bestimmte Auslegungen (z.B. meine) in Frage zu stellen, aber so wie du daherkommst wirkt das eher, als ob das, was du sagt, von Kenntnissen in diesem Gebiet unbeeinflusst ist.

Zitat:Und auf den Umstand, dass unser Wissen über die "historischen Zusammenhänge" im Wesentlichen auf entsprechenden historischen Schriftzeugnissen beruht, so an dieser Stelle nur mal hingewiesen sein...:icon_wink:
Der hermeneutische Zirkel grüßt zurück. :icon_wink::tongue:
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
(26-07-2009, 08:57)helmut schrieb: Wenn der Grundsatz "Bibel legt Bibel aus" beachtet wird, und die gesamte Bibel berücksichtigt wird, ist die Bibel gegen Fehldeutungen einigermaßen resistent, jedenfalls was die Basics angeht

das zu glauben, ist bestenfalls naiv. denn mit bezug auf welche bibelstelle soll denn eine bibelstelle gedeutet werden? das ist doch wieder eine sehr freie auswahl, die hier zur verfügung steht

wenns etwa um schwule geht, so legst du ja nicht etwa die alttestamentarische schwulenhetze nach dem neutestamentarischen grundsatz der nächstenliebe aus (indem du die sexualität des schwulen so akzeptierst wie deine eigene heterosexualität), sondern beziehst dich halt auf den römerbrief

und wenns um die alttestamentarische aufforderung zum völkermord geht, könntest du dich ja durchaus auf jesu aussage beziehen, er sei nicht gekommen, den frieden zu bringen, sondern das schwert

daß du ersteres tust und zweiteres nicht, ist allein darauf zurückzuführen, wie du die bibel halt gerne verstanden haben möchtest. hat aber nichts mit einer der bibel eingeschriebenen eindeutigen aussage zu tun, die man durch so was simplifizierend-griffiges wie den spruch "die bibel legt die bibel aus" fassen könnte
(23-07-2009, 16:26)DureeTotale schrieb: Aber auch mit einem etwas weniger nichtssagenden Bedeutungsverständnis bedarf es bei einer solch extrem heterogenen und vieldeutigen antiken Schriftsammlung wie der der biblischen Texte durchaus keiner größeren Mühe, aus dieser alles Mögliche, also sowohl jede Wohltat als auch jede erdenkliche Übeltat, als "gottgewollt" oder "gottgesegnet" heraus zu destillieren!
Wenn einer das will, schafft er das auch. Anders sit es, wenn jemand nicht rauslesen will, was ihm passt, sondern wirkliuch wissen will was Gott sagt.

Zitat:Denn spätestens seit der Erfindung des Buchdruckes und Luthers Bibelübersetzung war es immer mehr Menschen möglich, sich selbst mit den Bibeltexten auseinanderzusetzen.
In Grenzen schon vorher, siehe Wycliff, Hus und Co. Es gab schon vor Luther evangelische Christen.

Zitat:Was hat das denn am Außmaß der Übeltaten, die mit diesen biblischen Schriften als "gottgefällig" deklariert wurden und deren perfekten Eignung zu eben dieser Praxis geändert? Nachweislich nicht das Allergeringste, wie jedermann weiß,
Nein, wie du zu wissen glaubst. Da hat sich was geändert, wenn auch zugegenermaßen zu wenig bzw. zu langsam. Aber mal einige konkrete Beispiele:
Als Luther vonn der Wartburg, wo er sich versteckt hielt, nach Wittenberg kam, um da Ordnung zu schaffen, war das erste, was er predigte: Das Evangelium darf nicht durch Gewalt und Zwang verbreitet werden, vielmehr soll mensch versuchen, die Leute zu überzeugen. Dass Luther in der Praxis (nicht in der Theorie) später davon wieder abgerückt ist, ist keine Wirkung der Bibel, sondern hat andere Ursachen (gewissermaßen Nachwirklungen des Mittelalters ...). Andere waren da konsequenter, z.B. ein gewisser Menno Simons, von dem die noch heute bestehende Kirche der Mennoniten herkommt. Die hat wie andere verwandte Täufergruppen (z.B. Hutterer) auch mit der von dir angeprangerten Praxis radikal gebrochen. Du kannst das als geringe Änderung bezeichnen, aber das ist eine nachweisbare Änderung.

Meine Kirche (BFeG) ist zu jung (seit 1854, da gabs in Preußen schon Religionsfreiheit) um noch was mit den mittelalterlichen Gräueln zu tun haben, aber wenn du die uns nahe stehenden Baptisten nimmst: die wurden vor ca. 400 Jahren in Großbritanniehn gegründet, und haben niemals andere Christen oder Religionen verfolgt (auch nicht, als sie gekonnt hätten, in der englischen Kolonie Rhose Island, und sie in anderen Kolonien in Nordamerika verfolgt wurden). Siehe z.B. diese englische Webseite.

Zitat:Zu den hartnäckigsten Anhängen der Kriegstreiber- und Menschenrechtsverächterclique um G.W. Busch in den USA gehörten bekanntermaßen die "bibeltreuen" Evangelikalen - schon wieder vergessen...?
Nach einer Untersuchung des Barna-Ihnstituts bezeichnen sich zwar über 60% der Amis als "evangelical", aber nur 19% stimmen auch den Glaubensübezeugungen der Bewegung der US-Evangelikalen zu.
Der (zeitlich) letzte US-Präsident, dem ich es abnehme, evangelikal zu sein, hieß Jimmy Carter. Hab ich sviw hier schon mal gesagt - schon vergessen?
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
(26-07-2009, 12:36)Byron schrieb: Mir ging es nur um folgendes:
Mich nervt, dass die Interpretation mancher Christen vornehmlich von Versen des AT so weit hergeholt ist, dass es m.E. keine Interpretation mehr ist, sondern gezielte Verfälschung der Aussagen des AT.
Das muss an Beispielen diskutiert werden, so allgemein kann ich nix zu sagen.

Zitat:Ich komme nun, auch wenn Ekkard es nicht gerne lesen wird, noch einmal zu Hosea 14, 1 zurück. Abgesehem davon, dass die hl. Schrift (wie) ein Hologramm ist, wie er schrieb, verweise ich also auf diesen Vers und frage dich:
Was haben die Leute damals anders daran verstanden als heute?
Ich denke nicht, dass sie es anders verstanden haben als ich: das ist eine Voraussage darüber, dass Samaria erobert und zerstört werden wird. Was dann ja auch eingetroffen ist, als die Assyrer das "Nordreich" Israel vernichteten.

Zitat:wieso wird er dann von manchen Christen "uminterpretiert"?
Wer, ob Christ oder Nichtchrist, versteht den Vers denn anders als ich es oben beschrieben habe?
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
(26-07-2009, 12:46)petronius schrieb: denn mit bezug auf welche bibelstelle soll denn eine bibelstelle gedeutet werden? das ist doch wieder eine sehr freie auswahl, die hier zur verfügung steht
Im Zweifelsfall mit allen :tard:

Zitat:wenns etwa um schwule geht, so legst du ja nicht etwa die alttestamentarische schwulenhetze nach dem neutestamentarischen grundsatz der nächstenliebe aus (indem du die sexualität des schwulen so akzeptierst wie deine eigene heterosexualität),
Nö dann hast du nicht genau genug gelesen. Ich sag wie das NT, dass es Sünde ist, wenn zwei Männer miteinander schlafen, ich sag aber eben auch was gegen eine Hatz auf Sünder.

Und dass das AT durch das NT ausgelegt werden muss und nicht umgekehrt, ist christlicher Konsens. Wer das nicht weiß, dem fehlt doch Einiges an Basiswissen über den christlichen Glauben.

Zitat:und wenns um die alttestamentarische aufforderung zum völkermord geht, könntest du dich ja durchaus auf jesu aussage beziehen, er sei nicht gekommen, den frieden zu bringen, sondern das schwert
Lies mal diese Aussage im Zusammenhang: da geht es darum, dass Jesus seine Leute wie Schafe unter die Wölfe sendet, dass sie von ihren eigenen Verwandten verraten und den Verfolgern ausgeliefert werden. Christen in Nordkorea oder in vielen islamischen Ländern erfahren täglich, was es heißt, dass Jesus nicht Frieden bringt, sondern das Schwert.

Zitat:daß du ersteres tust und zweiteres nicht, ist allein darauf zurückzuführen, wie du die bibel halt gerne verstanden haben möchtest.
Nö, es wär doch viel angenehmer für mich, wenn Schwule nicht als Sünder bezeichnet würden, oder Jesus lauter "Friede, Freude, Eierkuchen" versprechen würde, so dass ich sagen könnte: ein Christ der verfolgt wird ist selber dran schuld. Dann kann ich mich in meinem Sessel zurücklehnen und die verfolgten Christen in Gedanken abhaken.

Du bringst ne Auslegung, bei der jemand (vermutlich kein Christ) in einem aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelvers hineinliest, was ihm passt - und nennst es Willkür, wenn ich bei dem bleibe, was der Text wirklich aussagt.:icon_rolleyes:

Aber du kannst ja versuchen mich zu widerlegen: nenne mal einen Vers aus Mt 10, der das stützt, was du in Mt 10,34 hineingelesen hast.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
(26-07-2009, 14:05)helmut schrieb:
(26-07-2009, 12:46)petronius schrieb: denn mit bezug auf welche bibelstelle soll denn eine bibelstelle gedeutet werden? das ist doch wieder eine sehr freie auswahl, die hier zur verfügung steht
Im Zweifelsfall mit allen :tard:

meine rede :icon_cheesygrin:

Zitat:
Zitat:wenns etwa um schwule geht, so legst du ja nicht etwa die alttestamentarische schwulenhetze nach dem neutestamentarischen grundsatz der nächstenliebe aus (indem du die sexualität des schwulen so akzeptierst wie deine eigene heterosexualität),
Nö dann hast du nicht genau genug gelesen. Ich sag wie das NT, dass es Sünde ist, wenn zwei Männer miteinander schlafen, ich sag aber eben auch was gegen eine Hatz auf Sünder.

Und dass das AT durch das NT ausgelegt werden muss und nicht umgekehrt, ist christlicher Konsens. Wer das nicht weiß, dem fehlt doch Einiges an Basiswissen über den christlichen Glauben

du mißverstehst mich absichtlich

es geht darum, welche stelle stelle des nt du dir hier aussuchst, um das at auszulegen

hatte ich aber bereits deutlich geschrieben, nur hast du es lieber nicht zitiert


Zitat:
Zitat:und wenns um die alttestamentarische aufforderung zum völkermord geht, könntest du dich ja durchaus auf jesu aussage beziehen, er sei nicht gekommen, den frieden zu bringen, sondern das schwert
Lies mal diese Aussage im Zusammenhang: da geht es darum

du liest den römerbrief ja auch nicht im zusammenhang, wenn du mit ihm das at bestätigen willst

du drehst es dir halt so, wie du willst. die bibel gibt ja auch alles her, und das gegenteil. aber helmut weiß ja genau, ob nun das gegenteil "wahr" ist oder was sonst

Zitat:Du bringst ne Auslegung, bei der jemand (vermutlich kein Christ) in einem aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelvers hineinliest, was ihm passt - und nennst es Willkür, wenn ich bei dem bleibe, was der Text wirklich aussagt.:icon_rolleyes:

nein, du bist dreister als die, die etwas in einen aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelvers hineinlesen. du versuchst, dein hineinlesen dadurch zu autorisieren, daß du zweckdienlich ausgesuchte bibelverse dazu liest. obwohl man natürlich auch ganz andere zusammenhänge herstellen könnte

Zitat:Aber du kannst ja versuchen mich zu widerlegen: nenne mal einen Vers aus Mt 10, der das stützt, was du in Mt 10,34 hineingelesen hast.

wozu? was soll das beweisen? warum gibst du mir nur diesen einzigen aus abertausenden bibelversen vor, um einen zusammenhang zu konstruieren?
(26-07-2009, 13:21)helmut schrieb: Anders sit es, wenn jemand nicht rauslesen will, was ihm passt, sondern wirkliuch wissen will was Gott sagt

was soll da anders ein und warum?

wer erklärt ihm denn (mit welcher berechtigung), "was Gott sagt"?

Zitat:Meine Kirche (BFeG) ist zu jung (seit 1854, da gabs in Preußen schon Religionsfreiheit) um noch was mit den mittelalterlichen Gräueln zu tun haben

das ist sehr bequem für euch. und die von dir mit begeisterung von dir gutgeheißenen gräuel im at (dein gott darf das ja, weil er uns schließlich erschaffen hat, so wie wir das selbstgeschnitzte spielzeug zerbrechen dürfen) sind ja, wenn schon nicht weniger scheußlich als die des mittelalters, doch ein wenig länger her...

Zitat:Der (zeitlich) letzte US-Präsident, dem ich es abnehme, evangelikal zu sein, hieß Jimmy Carter. Hab ich sviw hier schon mal gesagt - schon vergessen?

wem du was abnimmst, ist unerheblich. aber die standardentschuldigung "das ist ja kein wahrer christ/evangelikaler/sonstwie gläubiger" wird langweilig... wie würde wohl der wiedergeborene dabbeljuh sich selber sehen?
(26-07-2009, 13:36)helmut schrieb: Ich denke nicht, dass sie es anders verstanden haben als ich: das ist eine Voraussage darüber, dass Samaria erobert und zerstört werden wird. Was dann ja auch eingetroffen ist, als die Assyrer das "Nordreich" Israel vernichteten

es ist keine simple vorhersage, wie der wetterbericht, sondern eine drohung: wenn ihr nicht glaubt, wie ihr sollt, wird das und das passieren

wenns dann passiert, hat dein allmächtiger gott natürlich absolut nichts damit zu tun, daß seine drohung wahrgeworden ist...
petronius schrieb:es ist keine simple vorhersage, wie der wetterbericht, sondern eine drohung: wenn ihr nicht glaubt, wie ihr sollt, wird das und das passieren

wenns dann passiert, hat dein allmächtiger gott natürlich absolut nichts damit zu tun, daß seine drohung wahrgeworden ist...

Genau. Dazu fällt mir gerade der schöne Satz von SchmetterMotte ein, den ich hier sinngemäß wiedergeben möchte:

Aus dem rachsüchtigen Gott wurde allmählich ein verzeihender, barmherziger, bärtiger Opa. Und wenn doch einmal etwas schlimmes passiert, dann war es der Teufel oder Gottes Wege sind unergründlich.

(Ich hoffe, es ist einigermaßen richtig wiedergegeben)
(26-07-2009, 22:46)Byron schrieb:
petronius schrieb:es ist keine simple vorhersage, wie der wetterbericht, sondern eine drohung: wenn ihr nicht glaubt, wie ihr sollt, wird das und das passieren

wenns dann passiert, hat dein allmächtiger gott natürlich absolut nichts damit zu tun, daß seine drohung wahrgeworden ist...

Genau. Dazu fällt mir gerade der schöne Satz von SchmetterMotte ein, den ich hier sinngemäß wiedergeben möchte:

Aus dem rachsüchtigen Gott wurde allmählich ein verzeihender, barmherziger, bärtiger Opa. Und wenn doch einmal etwas schlimmes passiert, dann war es der Teufel oder Gottes Wege sind unergründlich.

(Ich hoffe, es ist einigermaßen richtig wiedergegeben)

ja, wobei ja die wandlung zum "barmherzigen, bärtigen Opa" nichts per se verwerfliches ist. gottesbilder (und von nichts anderem berichtet die bibel, auch wenn "kindergläubige" - copyright by ekkard - wie helmut natürlich glauben, sie sei ein bericht über gott) können sich glücklicherweise ändern, so wie eben auch der gesellschaftliche konsens

wer aber im "zeitgeist" einen schlimmen feind sieht, dem es zu widerstehen gilt, der muß natürlich einerseits krampfhaft an überholtem festhalten (wie schwulsein als "sünde"), zum anderen sich die historie des selber als gewandelt anerkannten (gott als eifersüchtiger rächer, der zum propagator der liebe selbst zum feind mutiert ist) schönreden - indem man sich einredet: "war ja gar nicht so!"


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