(20-08-2010, 10:09)petronius schrieb: (19-08-2010, 23:02)alwin schrieb: Zitat:Oder in der Neuinterpretation der wiederhergestellten Kirche Christi. Diese Möglichkeit darf nicht außer Acht gelassen werden.
Eine reine Eigeninterpretation. Auf solche Selbsternennungen ist wohl kaum ein weiterer Kommentar notwendig
gilt das auch für die selbsternennung des paulus zum verkünder des christentums?
dann kannst du ja die christlichen kirchen genauso in die tonne treten wie den mormonismus
Im Prinzip ja.
(20-08-2010, 10:31)alwin schrieb: Theoretich ja. Aber es wurde ja von Zeugen seiner Berufung berichtet. Insofern ist es dann keine Selbsternennung.
Welche Zeugen meinst Du?
Das hier erfahren wir in der Apostelgeschichte:
Apostelgeschichte 9
3 Unterwegs aber, als er sich bereits Damaskus näherte, geschah es, dass ihn plötzlich ein Licht vom Himmel umstrahlte.
4 Er stürzte zu Boden und hörte, wie eine Stimme zu ihm sagte: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?
5 Er antwortete: Wer bist du, Herr? Dieser sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst.
6 Steh auf und geh in die Stadt; dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.
7 Seine Begleiter standen sprachlos da; sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.
8 Saulus erhob sich vom Boden. Als er aber die Augen öffnete, sah er nichts. Sie nahmen ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus hinein.
9 Und er war drei Tage blind und er aß nicht und trank nicht.
Geschrieben hat die Apostelgeschichte jemand, der sich Lukas nannte. Einig ist sich die Forschung darin, dass der Verfasser des Lukasevangelkums und der Apostelgeschichte ein- und dieselbe Person sind.
Nicht einig, aber möglich ist, dass Lukas ein Begleiter des Paulus - also Augenzeuge - war. Genausogut kann er aber auch Augenzeugenberichte ausgewertet haben.
Aus obigem Zitat geht hervor, dass, selbst wenn ein Augenzeugenbericht vorliegen würde, nicht klar ist, von wo die Stimme kam. Wir wissen von sogenannten Besessenen, dass sie mit verschiedenen Stimmen sprechen. Die Zeugen können also durchaus Stimmen gehört haben.
Manche - auch Christen - sagen, dass Paulus ein Epilektiker gewesen sei und so diese Vision hatte.
Aber ich brauche eigentlich mir keinen Epileptiker einzureden, um nachvollziehen zu können, dass Paulus, der äußerst brutal und mit Lust am Morden Christen beim Sterben zugesehen hat, psychisch irgendwann zusammenbrach in Form einer Vision.
Visionen gibt es, darin gibt es keinen Zweifel. Und dass seine bracchiale Wut gegen diesen Christus ihm einen Christus vorgaukelte, der sagt: 'Paulus, warum verfolgst du mich', ist mir mühelos nachvollziebar.
Dass er dann Gemeinden gegründet hat, ist für die meisten erwiesen. Er wird ja keine Phantombriefe geschrieben haben. Allerdings sind fast die Hälfte dieser Briefe als nicht von Paulus stammend erwiesen worden.
Und dann gibt es noch die radikalere Ansicht, dass sämtliche Briefe nicht von Paulus stammen, sondern von jemand anders.
Aber es geht noch radikaler. Und das hat mich seinerzeit sehr amüsiert: dass der ganze Paulus gefälscht ist. Dass es ihn nie gegeben habe und die Gemeinden ihn nur simuliert haben oder so ähnlich. Dies begründet hat Hermann Detering, der in der Tradition der holländischen Radikalkritiker steht und - seltsam genug - schlichter Pfarrer in Berin ist. Oder vor zwei Jahren noch war.
Der Titel dieses Buches heißt "Der gefälschte Paulus" und war jahrelang auf der Webseite der Radikalkritik - die von Detering selber betrieben wurde - als pdf herunterladbar. Jetzt habe ich es nicht mehr gefunden. Aber man kann es antiquarisch bei amazon bekommen. Damals hab ich es mir aber runtergeladen.
(20-08-2010, 02:50)Lars schrieb: Nun agnostik, ich wusste auch nicht, dass wir hier wissenschaftliche Pamphlete mit Quellenangaben verfassen oder dass bestimmte Grundlagen hinsichtlich des Buddhismus nicht geläufig sind, werde diese aber gerne demnächst in Form von Buchempfehlungen nachreichen.
Dake.
Darin finde ich ja vielleicht einen Anhaltspunkt, woher Du Deine Meinungen zum Buddha und zum Vajrayana hast
Daß von Seitens der Kirchen Paulus, interessenbedingt, eine entsprechende Stellung einnehmen konnte, dürfte nicht von der Hand zu weisen sein. Die Überlieferungen. mal als Fakt angenommen, sprechen hier Bände. Wie meine Einstellung zu diesen Schriften bzw. deren Inhalte sind, habe ich bereits kundgetan.
Gruß
(20-08-2010, 23:23)Karla schrieb: Apostelgeschichte 9
3 Unterwegs aber, als er sich bereits Damaskus näherte, geschah es, dass ihn plötzlich ein Licht vom Himmel umstrahlte.
4 Er stürzte zu Boden und hörte, wie eine Stimme zu ihm sagte: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?
5 Er antwortete: Wer bist du, Herr? Dieser sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst.
6 Steh auf und geh in die Stadt; dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.
7 Seine Begleiter standen sprachlos da; sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.
8 Saulus erhob sich vom Boden. Als er aber die Augen öffnete, sah er nichts. Sie nahmen ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus hinein.
9 Und er war drei Tage blind und er aß nicht und trank nicht. Paulus wurde als römischer Bürger in Tarsus geboren (Apg.16,37;21,39;22,25)
und wuchs als Sohn jüdischer Eltern aus dem Stamm Benjamin auf.
Der Rabbi Gamaliel unterrichtete ihn in der Methodik jüdischer Theologie
und er gehörte der radikalen Partei der Pharisäer an.
(Apg.22,3;23,6;Phil 3,5)
Als voll ausgebildeter Schriftgelehrter erhielt er offiziell den Auftrag zur Christenverfolgung, der er sich mit allem Eifer widmete, bis er das Erlebnis mit Jesus hatte.
Auch wenn die Zeugen es "nur" gehört haben, so haben sie doch gesehen, daß er blind war und sie haben ihn nach Damaskus geführt in das Haus
des Judas wo ihm dann Hananias die Hände auflegte und seinen Auftrag bestätigte. Da wurde er wieder sehend und vom Heiligen Geist erfüllt
(Apg. 9, 10-18;22,12-16) der ihm die gewaltige Kraft gab, das Evangelium den "Heiden" zu verkünden, bis zu seinem Tod.
Wenn er "mehr" hätte sein wollen als seine Glaubensbrüder hätte er sich niemals Paulus (der Kleine; der Geringe; der Niedrige) genannt, sondern Papst.
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(21-08-2010, 10:52)indymaya schrieb: Auch wenn die Zeugen es "nur" gehört haben, so haben sie doch gesehen, daß er blind war
wie soll so was gehen?
mal abgesehen davon, ob das ganze überhaupt passiert ist (die apostelgeschichte ist eben kein tatsachenbericht) - nichts einfacher, als blindheit vorzutäuschen und dann eine "wunderheilung" zu erleben...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(22-08-2010, 15:25)petronius schrieb: wie soll so was gehen? Kennst Du nicht den "Gottschalktest"?
Betrug anzunehmen ist eigentilch nicht nötig. Zumal Paulus, so wie er in seinen Briefen als Charakter sichtbar wird, kein betrügerischer Mensch ist.
Dass er ein paar Tage nicht sehen konnte, halte ich für durchaus denkbar. Das war der Schock. Und dass ein guter Therapeut oder ein einfühlsamer Mensch diesen Schock lindern kann und so die 'Blindheit' wieder aufhebt, ist mir auch nachvollziehbar.
Das alles kann also so bleiben, und dennoch ist mit nichts verdeutlicht worden, dass der reale Jesus da gesprochen hat.
Wer - zum Beispiel - einen Menschen verloren hat, dessen Verlust er nicht verwindet, kann diesen Menschen laut in seinem Zimmer sprechen hören. Ist das jetzt ein Beweis dafür, dass dieser Mensch irgendwo in einem Jenseits 'lebt'? Nein. Leider nein.
Also selbst wenn alles wortwörtlich so abgelaufen ist wie in der Apostelgeschichte, fehlt der Nachweis, dass die Stimme einem realen Wesen gehört. Bei Paulus kommt hinzu, dass er - und seine Begleiter - den Stimmklang von Jesus gar nicht kannten. Er konnte ihn schon von daher nicht eindeutig identififizieren.
Weiter kann man überprüfen, dass die Lehre des Paulus in weiten Gebieten der Lehre Jesu - so wie sie in den Evangelien überliefert ist - heftig widerspricht. Sie passen überhaupt nicht zusammen.
(22-08-2010, 15:48)Karla schrieb: Weiter kann man überprüfen, dass die Lehre des Paulus in weiten Gebieten der Lehre Jesu - so wie sie in den Evangelien überliefert ist - heftig widerspricht. Sie passen überhaupt nicht zusammen.
Ah ja - das habe ich auch schon immer gedacht und deshalb dann den Paulus völlig ignoriert.
Welche Stellen (Aussagen) stimmen nicht mit den Lehren Jesu überein? Was paßt nicht zusammen und warum?
(22-08-2010, 15:54)agnostik schrieb: (22-08-2010, 15:48)Karla schrieb: Weiter kann man überprüfen, dass die Lehre des Paulus in weiten Gebieten der Lehre Jesu - so wie sie in den Evangelien überliefert ist - heftig widerspricht. Sie passen überhaupt nicht zusammen.
Ah ja - das habe ich auch schon immer gedacht und deshalb dann den Paulus völlig ignoriert.
Vieleicht schreibt ihr auch mal was da nicht zusammen passt.
Dazu wäre jetzt eine gründliche Exegese erforderlich. Das nähme einige Wochen in Anspruch.
Ich denke, wer kritisch die Bibel liest, dem fällt das auf. Und wer keinen Unterschied zwischen Jesus und Paulus sehen will, der wird ihn auch nach so einer Exegese nicht sehen. Insofern werde ich dafür keine Zeit investieren.
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Dass Paulus eine eigene Theologie entwickelt hat, ist unbestritten. Auch hat er maßgeblich die Heidenmission betrieben. Erstaunlich ist dabei immerhin, dass Paulus' schriftliche Glaubenszeugnisse die ältesen überhaupt sind. Von der Zeit her, kommt das Markus-Evangelium in diese Zeit; alle anderen werden auf später datiert. Allerdings muss es eine ältere Quelle als die Paulusbriefe geben. Auf diese ältere Quelle stützen sich die Evangelisten Markus, Lukas und Matthäus (Synoptiker). Ebenfalls eine ganz eigene Theologie hat Johannes entwickelt, dessen Quellen nicht ganz klar sind. Weshalb bei ihm die Datierungsunsicherheit am größten ist.
Man kann also feststellen, dass das Urchristentum aus mindestens drei unterschiedlichen Theologien besteht: Paulus, die Synoptiker und Johannes. Alle drei Strömungen finden sich im kanonisierten Neuen Testament. Ich habe mir sagen lassen, dass dies bei der Kanonisierung bewusst geschah, um sich gegen Lehrer abzusetzen, die nur die ihnen genehmen Partien erhalten wissen wollten.
Man muss sich immer klar machen, dass auch das NT eine Textsammlung ist, deren Teile nicht ausschließlich gottesdienstlich verwendet werden dürfen. Im Übrigen sei nochmals betont, dass der Glaube jeder Epoche die Texte nur als Projektionsfläche benutzt. Wie ausgewählt wurde und wird, hängt von den gesellschaftlichen Gegebenheiten ab - selbst bei den Wörtlichnehmern.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(22-08-2010, 15:42)indymaya schrieb: Kennst Du nicht den "Gottschalktest"?
nein
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einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Im Grunde genommen stand Paulus in einem schweren Konflikt: Die Ansprüche aus der damaligen Zeit und die Ansprüche Jesu v.N. Feministen unserer Zeit mögen dagegen wettern aber seine Forderung, Frauen mögen an Versammlungen teilnehmen, aber schweigern, war bereits eine Herausforderung an die damalige Gepflogenheit(en). Auch schon mal bedacht?
Gruß
Petronius schrieb:wie soll so was gehen?
mal abgesehen davon, ob das ganze überhaupt passiert ist (die apostelgeschichte ist eben kein tatsachenbericht) - nichts einfacher, als blindheit vorzutäuschen und dann eine "wunderheilung" zu erleben... Jetzt kannst Du natürlich nach Deinem Ermessen alles auch nach heutigem Ermessenstand durchspekulieren und dann zu Deinem Urteil kommen.
Ob es der Sache gerecht wird, stelle ich dahin.
Da kann ich nur für mich feststellen, entweder hast Du kein Einfühlungsvermögen in die Vorgänge der damaligen Zeit oder Du willst einfach nur etwas kritisieren, wegen Unmöglichkeit usw., die Dich aber in Deiner Kritik in der heutigen Zeit scheinbar bestätigen. Von " anscheinend" kann hier nach meinem Ermessen nämlich keine Rede sein.
Gruß
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