22-11-2006, 19:51
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26-08-2007, 14:47 von Alanus ab Insulis.)
Christus oder Jesus? Gott oder Mensch oder beides - Christus Jesus?
Ich möchte in diesem Thread eine Diskussion anstossen, die vielleicht nicht in erster Linie exegetisch oder dogmatisch geformt ist, wenn gleich jenes unmäglich auszuklammer ist, sondern viel mehr die Hinterfragung und das Nachdenken über unseren CHRIST(US)lichen Glauben.
Welche Bedeutung, ja welche Rolle nimmt die Person Jesus in unerem Leben, in unserem Glauben, im Glauben unserer Gemeinschaft und Kirche ein?
Ist denn diese, vielleicht uns schon so ferne, Gestalt eines Jesus von Nazareth, Sohn eines Zimmermanns, wirklich derjenige, der die Verheißung seines Namens erfüllt. Jeschua = Gott ist (mein) Heil
Das Heil, das nach christlich-jüdischer Tradition durch den königlichen Messias, den Immanuel (Gott (ist) mit uns; Jes 7, 14), errichtet und gespendet wird. Das Heil, dass alle Menschen sehen werden, da es von Gott kommt. (vgl. Lk 3,6)
In diesem Sinne möchte ich auch auf einen Artikel verweisen, der heute erschienen ist. Und somit zum Nachdenken und zum Austausch anregen.
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Ein Exklusiv-Auszug aus dem neuen Buch von Benedikt XVI. - Mit freundlicher Genehmigung der Zeitung "Die Welt"
Vatikan (www.kath.net/ Die Welt)
Im April wird Papst Benedikt XVI. ein Buch über "Jesus von Nazareth" (Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung) veröffentlichen, das er als Ausdruck seines persönlichen Suchens nach dem Angesicht des Herrn versteht. Der Vorgang ist in jeder Hinsicht einzigartig. Die WELT-online brachte am Mittwoch exklusiv einen Auszug aus dem Vorwort, jetzt mit freundlicher Genehmigung auch auf kath.net:
"Seit den 50er Jahren wurde der Riss zwischen dem "historischen Jesus" und dem "Christus des Glaubens" immer tiefer Die Fortschritte der historisch-kritischen Forschung führten zu immer weiter verfeinerten Unterscheidungen, hinter denen die Gestalt Jesu, auf den sich doch der Glaube bezieht, immer undeutlicher wurde. Zugleich wurden die Rekonstruktionen dieses Jesus, der hinter den Traditionen der Evangelisten und ihrer Quellen gesucht werden mußte, immer gegensätzlicher: vom antirömischen Revolutionär, der auf den Umsturz der bestehenden Mächte hinarbeitet und freilich scheitert, bis zum sanften Moralisten, der alles billigt und dabei unbegreiflicherweise selber unter die Räder kommt. Wer mehrere dieser Rekonstruktionen nebeneinander liest, kann alsbald feststellen, daß sie weit mehr Fotografien der Autoren und ihrer Ideale sind als Freilegung einer undeutlich gewordenen Ikone. Als gemeinsames Ergebnis all dieser Versuche ist der Eindruck zurückgeblieben, daß wir wenig Sicheres über Jesus wissen und daß der Glaube an seine Gottheit erst nachträglich sein Bild geformt habe.
Dieser Eindruck ist inzwischen weit ins allgemeine Bewußtsein der Christenheit vorgedrungen. Eine solche Situation ist dramatisch für den Glauben, weil sein eigentlicher Bezugspunkt unsicher wird: Die innere Freundschaft mit Jesus, auf die doch alles ankommt, droht ins Leere zu greifen.
Dies alles aufnehmend wollte ich den Versuch machen, den Jesus der Evangelien als den wirklichen Jesus, als den "historischen Jesus" im eigentlichen Sinn darzustellen. Ich denke, daß gerade dieser Jesus "der Evangelien" eine historisch sinnvolle und stimmige Figur ist.
Nur wenn Außergewöhnliches geschehen war, wenn die Gestalt und Worte Jesu das Durchschnittliche aller Hoffnungen und Erwartungen radikal überschritten, erklärt sich seine Kreuzigung und erklärt sich seine Wirkung. Schon etwa 20 Jahre nach Jesu Tod finden wir im großen Christus-Hymnus des Philipper-Briefs (2,6-8) eine voll entfaltete Christologie, in der über Jesus gesagt wird, daß er Gott gleich war, aber sich entäußerte, Mensch wurde, sich erniedrigte bis zum Tod am Kreuz und daß ihm nun die kosmische Huldigung, die Anbetung zukommt, die Gott beim Propheten Jesaja (45,23) als ihm allein gebührend ankndigte.
Die kritische Forschung stellt sich mit Recht die Frage: Was ist in diesen 20 Jahren seit der Kreuzigung Jesu geschehen? Wie kam es zu dieser Christologie? Das Wirken anonymer Gemeindebildungen, deren Träger man ausfindig zu machen versucht, erklärt in Wirklichkeit nichts. Wieso konnten unbekannte kollektive Größen so schöpferisch sein? So überzeugen und sich durchsetzen? Ist es nicht auch historisch viel logischer, daß das Große am Anfang steht und daß die Gestalt Jesu in der Tat alle verfügbaren Kategorien sprengte und sich nur vom Geheimnis Gottes her verstehen ließ? Freilich, zu glauben, daß er wirklich als Mensch Gott war und dies in Gleichnissen verhüllt und doch immer unmißverständlicher zu erkennen gab, überschreitet die Möglichkeiten der historischen Methode.
Es ist offenkundig, daß ich mit dieser Sicht der Jesusgestalt über das hinausgehe, was (in einem großen Teil der gegenwärtigen Schriftauslegung gesagt wird). Ich hoffe, daß aber deutlich wird, daß dieses Buch nicht gegen die moderne Exegese geschrieben ist, sondern in großer Dankbarkeit für das viele, das sie uns geschenkt hat.
Ich habe lediglich versucht, über die bloß historisch-kritische Auslegung hinaus die neuen methodischen Einsichten anzuwenden, die uns eine eigentlich theologische Interpretation der Bibel gestatten. Gewiß brauche ich nicht eigens zu sagen, daß dieses Buch in keiner Weise ein lehramtlicher Akt ist, sondern einzig Ausdruck meines persönlichen Suchens "nach dem Angesicht des Herrn" (vgl. Ps 27,8). Es steht daher jedermann frei, mir zu widersprechen. Ich bitte die Leserinnen und Leser nur um jenen Vorschub an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt.
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P.S.: Die Diskussion soll sich nicht in erster Linie um den Artikel bemühen, sondern um die oben angeregten Fragen. Der Artikel soll hier helfen einen Zugang zur Diskussion und zum Thema zufinden, und somit kann auch auf ihn eingegangen werden, nicht jedoch in dem Sinne, dass die Diskussion an diesen Artikel gebunden wird.
Ich möchte in diesem Thread eine Diskussion anstossen, die vielleicht nicht in erster Linie exegetisch oder dogmatisch geformt ist, wenn gleich jenes unmäglich auszuklammer ist, sondern viel mehr die Hinterfragung und das Nachdenken über unseren CHRIST(US)lichen Glauben.
Welche Bedeutung, ja welche Rolle nimmt die Person Jesus in unerem Leben, in unserem Glauben, im Glauben unserer Gemeinschaft und Kirche ein?
Ist denn diese, vielleicht uns schon so ferne, Gestalt eines Jesus von Nazareth, Sohn eines Zimmermanns, wirklich derjenige, der die Verheißung seines Namens erfüllt. Jeschua = Gott ist (mein) Heil
Das Heil, das nach christlich-jüdischer Tradition durch den königlichen Messias, den Immanuel (Gott (ist) mit uns; Jes 7, 14), errichtet und gespendet wird. Das Heil, dass alle Menschen sehen werden, da es von Gott kommt. (vgl. Lk 3,6)
In diesem Sinne möchte ich auch auf einen Artikel verweisen, der heute erschienen ist. Und somit zum Nachdenken und zum Austausch anregen.
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Ein Exklusiv-Auszug aus dem neuen Buch von Benedikt XVI. - Mit freundlicher Genehmigung der Zeitung "Die Welt"
Vatikan (www.kath.net/ Die Welt)
Im April wird Papst Benedikt XVI. ein Buch über "Jesus von Nazareth" (Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung) veröffentlichen, das er als Ausdruck seines persönlichen Suchens nach dem Angesicht des Herrn versteht. Der Vorgang ist in jeder Hinsicht einzigartig. Die WELT-online brachte am Mittwoch exklusiv einen Auszug aus dem Vorwort, jetzt mit freundlicher Genehmigung auch auf kath.net:
"Seit den 50er Jahren wurde der Riss zwischen dem "historischen Jesus" und dem "Christus des Glaubens" immer tiefer Die Fortschritte der historisch-kritischen Forschung führten zu immer weiter verfeinerten Unterscheidungen, hinter denen die Gestalt Jesu, auf den sich doch der Glaube bezieht, immer undeutlicher wurde. Zugleich wurden die Rekonstruktionen dieses Jesus, der hinter den Traditionen der Evangelisten und ihrer Quellen gesucht werden mußte, immer gegensätzlicher: vom antirömischen Revolutionär, der auf den Umsturz der bestehenden Mächte hinarbeitet und freilich scheitert, bis zum sanften Moralisten, der alles billigt und dabei unbegreiflicherweise selber unter die Räder kommt. Wer mehrere dieser Rekonstruktionen nebeneinander liest, kann alsbald feststellen, daß sie weit mehr Fotografien der Autoren und ihrer Ideale sind als Freilegung einer undeutlich gewordenen Ikone. Als gemeinsames Ergebnis all dieser Versuche ist der Eindruck zurückgeblieben, daß wir wenig Sicheres über Jesus wissen und daß der Glaube an seine Gottheit erst nachträglich sein Bild geformt habe.
Dieser Eindruck ist inzwischen weit ins allgemeine Bewußtsein der Christenheit vorgedrungen. Eine solche Situation ist dramatisch für den Glauben, weil sein eigentlicher Bezugspunkt unsicher wird: Die innere Freundschaft mit Jesus, auf die doch alles ankommt, droht ins Leere zu greifen.
Dies alles aufnehmend wollte ich den Versuch machen, den Jesus der Evangelien als den wirklichen Jesus, als den "historischen Jesus" im eigentlichen Sinn darzustellen. Ich denke, daß gerade dieser Jesus "der Evangelien" eine historisch sinnvolle und stimmige Figur ist.
Nur wenn Außergewöhnliches geschehen war, wenn die Gestalt und Worte Jesu das Durchschnittliche aller Hoffnungen und Erwartungen radikal überschritten, erklärt sich seine Kreuzigung und erklärt sich seine Wirkung. Schon etwa 20 Jahre nach Jesu Tod finden wir im großen Christus-Hymnus des Philipper-Briefs (2,6-8) eine voll entfaltete Christologie, in der über Jesus gesagt wird, daß er Gott gleich war, aber sich entäußerte, Mensch wurde, sich erniedrigte bis zum Tod am Kreuz und daß ihm nun die kosmische Huldigung, die Anbetung zukommt, die Gott beim Propheten Jesaja (45,23) als ihm allein gebührend ankndigte.
Die kritische Forschung stellt sich mit Recht die Frage: Was ist in diesen 20 Jahren seit der Kreuzigung Jesu geschehen? Wie kam es zu dieser Christologie? Das Wirken anonymer Gemeindebildungen, deren Träger man ausfindig zu machen versucht, erklärt in Wirklichkeit nichts. Wieso konnten unbekannte kollektive Größen so schöpferisch sein? So überzeugen und sich durchsetzen? Ist es nicht auch historisch viel logischer, daß das Große am Anfang steht und daß die Gestalt Jesu in der Tat alle verfügbaren Kategorien sprengte und sich nur vom Geheimnis Gottes her verstehen ließ? Freilich, zu glauben, daß er wirklich als Mensch Gott war und dies in Gleichnissen verhüllt und doch immer unmißverständlicher zu erkennen gab, überschreitet die Möglichkeiten der historischen Methode.
Es ist offenkundig, daß ich mit dieser Sicht der Jesusgestalt über das hinausgehe, was (in einem großen Teil der gegenwärtigen Schriftauslegung gesagt wird). Ich hoffe, daß aber deutlich wird, daß dieses Buch nicht gegen die moderne Exegese geschrieben ist, sondern in großer Dankbarkeit für das viele, das sie uns geschenkt hat.
Ich habe lediglich versucht, über die bloß historisch-kritische Auslegung hinaus die neuen methodischen Einsichten anzuwenden, die uns eine eigentlich theologische Interpretation der Bibel gestatten. Gewiß brauche ich nicht eigens zu sagen, daß dieses Buch in keiner Weise ein lehramtlicher Akt ist, sondern einzig Ausdruck meines persönlichen Suchens "nach dem Angesicht des Herrn" (vgl. Ps 27,8). Es steht daher jedermann frei, mir zu widersprechen. Ich bitte die Leserinnen und Leser nur um jenen Vorschub an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt.
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P.S.: Die Diskussion soll sich nicht in erster Linie um den Artikel bemühen, sondern um die oben angeregten Fragen. Der Artikel soll hier helfen einen Zugang zur Diskussion und zum Thema zufinden, und somit kann auch auf ihn eingegangen werden, nicht jedoch in dem Sinne, dass die Diskussion an diesen Artikel gebunden wird.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)