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Sichtweisen Sure 4 Vers 34
#31
stimme voll und ganz zu :clap:
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#32
Hi allerseits :)
hm, ja, hier waren wir stehengeblieben.
Also weiter, ein paar Dinge muss man hier noch dazu erwaehnen.

Fang ich mal hinten an, mit dem Ayatolla Khomejni-Buch.
Der Iranische Staatspraesident vor Achmadinedschaf ist Ayatolla Chomejni,
aber dieser ist nicht sein Vorgaenger, der "Revolutions-Fuehrer" Ayatolla Khomejni, welcher den Schah vom Kaiserthron stuerzte und seine Version der Shi'a zur Staatsreligion erhob
- bitte das auseinanderzuhalten, es klingt nur aehnlich, wird aber verschieden geschrieben.
Ein Ayatolla ist nicht ein privater Vornahme, sondern hat durchaus den Rang und die Ausbildung eines hohen schiitischen Richters, Gelehrten und Geistlichen, etwa wie ein Erzbischof vergleichsweise.
Und ein iranischer Staatspraesindent ist nicht irgendwer, er vertritt und regiert ein altes Land mit einem beruehmten Volk sehr alter Eigenkultur und einer teils sehr hoch wissenschaftlichen Hochschul-Kultur, der wir vorzeiten einiges verdankten, sie verknuepften das alte Indien mit dem alten "Abendland" wirtschaftlich und philosophisch, deren religioese Einfluesse reichten bis an den Rhein und den Nil. Im fruehen Islam war es hauptsaechlich Ali, der sich mit Persern fachlich befreundete und der dafuer plaedierte, auch mal einen Perser zur Leitung islamischer Voelker einzusetzen, und mit einem solchen Gelehrten-Kaufmann und der Tochter Mohammeds als Ehefrau ging er fort aus den Hedschas und von den Sunniten-Kalifen, an den Euphrat und nach Persien missionieren.
Diese wurden dann aber als "Spalter" erbittert bekaempft und lebten dann immer wieder sehr zurueckgezogen mit nur wenigen offiziellen Bekennern um das Heiligen-Grab geschart, andere fuegten sich aeusserlich den Sunniten und "offenbarten" sich erst nach dem Macht-Antritt der Seldschuken (prae-Tuerken aus Suedrusslands Ebenen, die zuerst immer nur die Leibgarde der islamischen Zentral-Regierung stellten) als Fatimiden-Dynastie um Kairo als Hauptstadt und Hochschule.

Gerechterweise muss man sagen, dass mit diesen Gelehrten ein Dialog zum Christen-und Judentum unter Hinzuziehen der antiken Hellenen-Philosophen erstmals zum Tragen kam. Vernunft und Vertraege ersetzten qualvolle Kriegszuege, und man erkannte nach langen, vertieften Lehr-Vergleichen einander die Glaeubigkeit an DEN EINEN G0TT allerseits an. Ab damals machte die Europaeer-Welt erst wissenschaftliche Universitaeten auf, die gewisse saekulare Lehr-und Lernfreiheit einfuehrten, auf Basis der Aristoteles-Beweiskunde.

Ayatolla Khomeini - dieser also, studierte den geistlichen Weg und wurde zunaechst einfach ein junger "Erz-Bischof" der Shiiten in Persien - da waren sie noch kaum 5 Prozent aller Muslime der Welt - und er geriet ueberquer mit der kaiserlichen Regierung des Schah Reza Pahlewi, wohl wegen Modernisierungen im Staat zugunsten westlicher Einfluesse, die er sehr ablehnte, und er floh dann ins Ausland nach Paris, wo er wohl mit sozialistischen Ideologen um die Sorbonne herum in diesem frz.Lieblings- Punkt eintraechtig wurde, den Thron zu stuerzen sei immer gut fuer das Volk - er ersuchte damals auch mal um Asyl in Deutschland, zur Zeit der "68er"-Unruhen, und die hiesige RAF sah im Schah und in den USA und der UN die Erzfeinde, die europaeische Linke fast durchgehend auch - und so auch dann der Ayatolla - nach ca.20 Jahren dieserart ermuntert in Europa betrieb er dann den Sturz des Schah-Throns und die Diktatur im Namen des (Shiiten)-Islam, wie er ihn nun auffasste.

Aber nun stellte sich heraus, dass es ein Schreckensregiment wurde, wie er das mit Militaergewalt durchzog, ganz Iran unter seine Shari'a zu zwingen. Europaeer hoerten auf, ihn zu verehren, nur ein paar hingen weiter an ihm. So erklaert sich ein gewisser "Markt", der besteht, der das erwaehnte Buch gebrauchen konnte.
Zitat:Die Werke von Khomeini:
Band 1: Enthüllung der Geheimnisse
Band 2: Erklärung der Probleme
Band 3: Der islamische Staat
Band 4: Meine Worte
Pabel-Moewig-Verlag, 1986 - ISBN 978-3-8118-6601-0
(das soll der Playboy Verlag sein? Eher denk ich, es war ein gesponsertes Buch, egal wer das druckt, der Interessent bezahlt es beliebig hoch)

1986 war doch 20 Jahre vor der boesartigen Intifada II und den Suizid-Bomber-Moden
- Goethe liebte vieles am Islam - also es bestand hierzulande eine Intellektuellen-Zuneigung ohne genauere Kenntnisse als den Koran und 1001-Nacht auf Deutsch.
Viele Deutsche liessen sich ja anwerben, Shiiten dieser Art zu werden, nicht nur zum Heiraten, sondern auch um nicht-das-was-jeder-hat zu sein.
Ich sage Shi'it "dieser Art", weil es eine Art neuer Religions-Gruendung wurde, folglich liest man die Worte des Gruenders aus verschiedenen Gruenden dann doch mal, sowohl wer dafuer ist, als auch wer dagegen sein will, aber es gerne genauer waere.

Es gibt deutliche Unterschiede zur Shi'a Alis und Husseins von vorher. Es gibt noch groessere Unterschiede zu dem Islam der Fatimiden zu Kairo.

Das Volk dazu, vor Ort im Iran, das muss man auch unterscheiden in Stadt-Volk und Land-Bevoelkerung. Letztere wird meist von allen Veraenderungen nur nebenbei informiert - die sagen sich: irgendwer wird sie immer regieren. Die Revolutionen sind mehr in den Staedten zuhause, um die Hochschulen zentriert, "jung". Viele Iraner waren aber auch einfach ins Ausland gekommen, weil das moeglich war, oder weil sie dem Shah-"Regime" nicht gefielen, oder als gut ausgebildete Fachleute. Viele derer konnten nun unter Ayatolla Khomejni ja nicht nachhause zurueck, denn der waere noch mehr gegen sie als zuvor der Shah, wenn sie Sunniten, Christen, saekularisiert oder sonst etwas waren.

Dann war da noch der 10j Krieg zwischen Iran und Irak:
Im Irak liegt das den Shiiten heilige Grab des Ali-Sohns Hussein, bis mindestens dorthin haetten die iranischen Ayatollas die Region gerne vereinigt. Daraufhin setzte der Nachbar-Diktator Saddam Hussein dazu an, die gesamte Bevoelkerung aus dem Zweistromdelta, wo sie in den Suempfen leben und shiitischen Glaubens sind, zwangs-umzusiedeln (nach Vorbild Lenins, Stalins und Hitlers). Die Kurden im Gebirge liess er doerferweise mit Giftgas bombardieren, also bestand die Furcht nicht grundlos, es werde noch vielen und auch denen im Delta so ergehen.
Dies ist denn ja nun erstmal abgewendet - hoffen wir, dass es auch bald ruhiger zu bewohnen sein wird.

Zu Khomejnis Buch: 3 Baende mit uebersetzten Texten plus 1 Band mit ausgewaehlten Spruechen aus verschiedenen Werken - das ist nicht unbedingt gleich als Witz gemeint und ein "Fake", (ich hab es nicht gelesen) - ich hab mal selbst aus meinen eigenen Manuskripten eine Serie "gut gesagter" Saetze herausgesucht, weil das Gesamtthema fuer Laien nicht sonderlich reizvoll war.
Man muss beruecksichtigen, dass ein Ayatolla von Berufs wegen ein religions-gesetzlicher Richter ist, Shari'a setzt sich aus dreierlei Rechts-Quellen zusammen (das ist hier im Forum anderswo geschildert), und in seinem Konzept ist das auch zusammen das staatliche Gesetz, das man anrufen kann ("Antrags-Delikte") oder das von sich aus Delikte aufspuert und aburteilt ("Verfolgungs-Delikte").
Das Bizarrste, was ich hoerte, war eindeutig auf saekular-europaeischer Herzlosigkeit gewachsen: ein Gesetz zu Ende des Irak-Iran-Kriegs, als die Soldaten knapp wurden, dass man zum Tode Verurteilten erst das gesamte Blut abnehmen sollte (um fuer die Front Blutkonserven zu kriegen), und dann erst die gesetzliche Strafe an den Toten vollstrecken.
So eine Lehre ist "Nuetzlichkeits-Wahn", und eben nicht Islam-typisch.

Aber auch weniger birazze richterliche Folgerungen lesen sich fuer mittel-europaeische Ohren befremdlich - z.B.all diese Todes-Urteile, die man doch sonst ueberall schon abzuschaffen bestrebt und gewoehnt ist - schon die Sache selbst, Tod anzuordnen, stoert uns sehr, und dann das Verfahrens-Gesetz, wie, wenn das ausdisputiert wird, wird zur Pein, es zu lesen.

Somit war es von Teheran aus wohl ganz unbesonders, wenn der Ayatolla zur Exekutierung eines im Ausland lebenden Romanschreibers (Sir Salman Rushdie) aufrief, den er als im-Prinzip-Untertan ansah. Innerhalb der zeitgenoessischen Literatur nahm sich dessen Buch ja wohl gar nicht so exotisch aus, es ist wie ein Traum-Gespinst streckenweise lieblich und bilderreich poetisch versponnen, auch mal skurril - doch laesst er Szenen darin direkt um Mohammeds Haushalt herum spielen und schildert den Engelboten ziemlich befremdlich - und das galt eben als "Blasphemie".
Es sollte witzig-skurril sein, denke ich, also es entspraeche eben den unerlaubten Karikaturen. Unterschied ist nur, dass diese Daenen nicht Muslime waren, und denen ist so etwas zu denken ja nicht verboten.

Der Unterschied ist halt auch noch, dass ueber den Sir Rushdie in echt ein Richter-Spruch erlassen wurde, von einem wirklichen Richter - ungeachtet, ob "man" das so auslegen musste wegen dieses Romans gleich den Tod anzuordnen.

Nehmen wir zum Vergleich unseren Ex-Bundespraesidenten Roman Herzog, der auch beruflich Richter gelernt hat, so waere es fuer unser Land hoch-verwunderlich gewesen, wenn er als Bundespraesident im Amt Gerichts-Urteile gesprochen und Strafen verhaengt haette und gar noch ueber einen Deutschen in Uruguay oder so, der dort ein etwas zu witziges Buch ueber Karl d.Gr. herausgebracht haette, und sei es 40 DM Ordnungsgeld.
Daran sehen wir, dass das Konzept des Staats Iran unter Khomeini sehr anders war als etwa nur, den Thron zum Abdanken zu bringen.
Davon abgesehn wurde Salman Rushdie erst kuerzlich zum Sir erhoben, und niemand hat ihn getoetet. Er blieb jedoch ein europaeischer Promi.
Es war sicher nicht angenehm, all diese Jahrzehnte hindurch permanent eine Leib-Wache zu brauchen - aber die Masse der europaeischen Muslime haette sich dazu nicht gerufen gefuehlt, ihm etwas anzutun - wollte ich sagen.
So geht es auch der ganzen Liste Prominenter, denen Tod angedroht worden ist,welche hier aufgefuehrt wurde - niemand tat denen was.

Es war ja auch ausserdem kein weiterer solcher wirklicher Urteilsspruch dabei, und das mit dem Karikaturenstreit war inszeniert fuer die Richter in Kairo (hier Sunniten), der Eiferer, der den Crash erzeugen wollte, legte auch Material hinzu, das damit gar keinen Zusammenhang hatte, damit sie wirklich empoerter sein sollten als sie es von sich aus waeren. Hier erwirkte der eine Eiferer, dessen Anhang zuvor sehr gering war, dass er einen unverhaeltnismaessigen Skandal ausrufen konnte - mithilfe eben derselben Medien ja auch, die gerne Brand nachschueren.
Es ist allerdings recht schrecklich, dass vereinzelt wirklich jemand loszog und "ersatzweise" irgendwen ermordete, sich erfreut der ihm nun ermoeglichten Ausrede bedienend, dass ein Gericht "solche Karikaturen" als Blasphemie definiert hatte.

Wenn man etwas kritisch sehn moechte, dann doch dies (unter Vorbehalt gesagt, dass ich mich darin irren kann): Biblisches Recht verlangt, dass der Taeter einer Sache genau der sein muss, der die Strafe verdient - es reicht nicht aus, die Strafe irgendwem aus dessen Sippe aufzubrummen, sondern das ware ein Willkuer-Schaden an einem Unschuldigen. In den biblisch berichteten Faellen, wo eine Gruppe gestraft wird, ist es, weil die den Einzeltaeter dem Gericht ueber nur diesen nicht ausliefern wollte.
Die Situation ist aber dann die, dass diese Gruppe eine eigene Tat hinzugefuegt hat und sich selber verschuldet hat, beurteilt zu werden.

Vergessen wir nicht, dass im 20.Jhd. sowohl bei Stalin als auch bei Hitler die Sippen-Haftung noch gang und gaebe war. Es ist schon richtig, dass man nicht beschoenigen soll, solche Schreckens-Herren haetten doch auch etwas Gutes erbracht (BlaBlaBla...) - so eine Verknuepfung ist nicht mehr berechtigt, sondern sollte verrechnet werden gegen das Boese, das weit ueberwog, und ausserdem sachlich auf Fakten begrenzt sein
(z.B.an der "Autobahn", die Plaene waren schon im Kaiserreich erstellt, und an der Arbeit waren nie mehr als 10'000 Deutsche gegen Lohn beschaeftigt worden - auf Zeit. Die unbezahlten, die man daran verrecken liess, bis in den Tod unter Hunger, Entwuerdigung und Pein die Schwerst-Arbeiten daran zu tun, aus den vielen Straflagern all-ueber-all, die werden nicht hinterher gelobt haben koennen, dass da doch etwas Gutes dran war, weil sie auch "Arbeit" hatten.
- So aehnlich kann sich Stalins Regierung auch nicht der Erweiterung der Transsibirischen Eisenbahn auf 2 Gleise ruehmen. Deren 1.Strecke erschufen die Zaren gegen Bezahlung der Fachleute und mithilfe ernaehrter normaler Straeflings-Trupps an der Strecke - zur Erweiterung versklavte man einfach beliebig viele Untertanen und scherte sich nicht darum, wieviele unterernaehrt daran starben. - Und fast durchgehend wurde die ganze Familie zugleich deportiert und verbannt oder auch mit versklavt.)
- Fuer so eine Mentalitaet kann man also nicht eine bestimmte Religion verantwortlich machen (sondern den Rechenstift in der Hand von auf Nutzen-Kosten-Rechnung fixierter Funktionaere), und beide Diktaturen bekaempften auch die Religionen als bei ihren Plaenen hinderlich durch humanitaere Forderungen und Einklagen richtiger Gerichts-Vorgange, ehe man jemanden zu etwas zwingt oder gar toetet.
Dieses Ausmass waere religioes gar nicht mehr moeglich geworden.
Die Konfessionen in unseren Gebieten waren von der Staatlichkeit ja alle inzwischen entflochten, aber hatten das Recht, maessigend auf sie einzuwirken, und das geht ja auch - sagen wir mal - generell, denn die Glaeubigen sind andererseits selbst auch einzeln die Buerger. Fuer eine Demokratie hat sich dies schon bewaehrt - einer Diktatur passt es nicht.

Insofern hat Khomeini mit der leninistischen Revolutions-Strategie, die im Nahen Osten etwa um 1975 aufkam, die es aufgab, den Islam zu tadeln, und statt dessen unter dessen Maske auftrat, einen Schwachpunkt gefunden, der mit der dort noch verbreiteten Gemeinschafts-Haftung zu tun hat: Brueder duerfen einander nicht kritisieren und muessen einander das Portemoinnaie geben. Das Prinzip funktionierte bei kleinen sesshaften Gemeinschaften relativ gerecht.
Es ist nicht islamisch sondern verbreiteter.
In Sibirien stand z.B.die Gastfreundschaft extrem hoch, da lebten wenige Menschen weit auseinander, die brauchten das gegenseitig, so aehnlich auch die Indianer Nordamerikas bis ca.1840. Mit der Fluktuation, Seuche und Stark-Besiedlung solcher Regionen zuliebe der Ausbeutung von Bodenschaetzen erwies sich das Prinzip als komplett ruinoes, denn der der gab, erhielt nicht weiterhin das Gleiche, wenn er drauf angewiesen war, und bald war auch nichts mehr da zum Abgeben. Auch dies war mit ihren Religionen verbunden, es ist die Ebene, aus der Religioesitaet vielleicht ueberhaupt immer entsteht.

Auf diese baut sich die Buch-Religion auf, wo immer das hinzukommt. Das heisst, auf Iran bezogen: Was am Modernen Kaisertum des Shah die Menschen irritierte, war der Zustrom an Saekularitaet in den Staat. Menschen waren vorher im Osmanenreich "grenzenlos" zwischen Malaysia und Marokko in 1 Reich mit 1 Dach-Konfession, und darin existierten Inseln, die hohe Kopfsteuer zahlten, bei denen andere Konfessionen zugelassen waren. Dies Ueberreich ueberliess den Koerperschaften vor Ort sehr vieles selbst, es nach eignem Brauchtum zu regeln. So kam es aus mit einer relativ geringen Verwaltung und relativ kleinen stehenden Berufs-Armee.
Mehrere Koenigreiche mauserten sich hervor seit dem 19.Jhd. erst, fast jeder hatte dafuer seine Minderheiten rausgeekelt.
Ab ca.1908 meldeten sich Nationsstaaten der Reihe nach an, jeder wurde kleiner als man dachte.

Das war also ganz anders als in Europa.
Unsere letzten Monarchien vor den Kaisern waren schon Jahrhunderte alt und lange nebeneinander-national unter dem Dach eines West-Kaisers - mit Christentum, und wenig war dem oertlichen Brauchtum zu regulieren anvertraut worden, es war intensiver verwaltet.
Vorhandene Nicht-Christen hatten einfach kein Recht auf Landbesitz darin, also solche religioes halb-autonomen vielen Enklaven wie im Osmanen-Reich gab es so nicht hier. Kaum jemand registrierte es daher, wenn hier auch mal Muslime oder Buddhisten lebten. Bekannter war es, wenn hier Juden lebten.

Schon lange waren auch nicht mehr die meisten Menschen komplett Analphabeten, sondern erst der Preussenkoenig z.B.liess Frau und kleine Kinder spez.Maedchen, und Behinderte, nicht mehr zum Ausbilden fuer die Arbeitswelt zu, sondern nur Knaben, die auch Soldat sein wuerden. Wenn hier ebenfalls "50%" zeitweise als Analphabeten firmiert haetten, so doch pro Familie, und irgendwer konnte ueberall lesen. Schon Mitte des 19.Jhd. holte die Bevoelkerung sich das alles zurueck. Es gab bald Schulen aller Art wieder und nur, dass Lehrer beim Staat ein Minimum zu normen hatten, was sie lernten und lehrten, also Staats-Examen in jedem Fall.

In den Islam-Laendern untereinander empfand der Einzelne sich nicht als Vertreter seiner Konfession in dem Mass wie hier im Norden etwa ein Protestant oder Katholik oder Jude. Seine Lehrer brauchten keine Staats-Examen zu normen, die Mehrheit brauchte nur soviel Arabisch zum Islam, wie man benoetigt, um mit zu beten, etwa wie ein Katholik "sein" Latein hatte. Gute Sitten und Brauchtum erlernte man in der Grossfamilie ohne eigentlichen Unterricht. Was es meistens dann zu arbeiten gab, oblag den Jungen und Maennern. Soweit man Land besass, machten die Frauen die Schwerstarbeit fuer das taegliche Brot allein oder hatten Sklaven dazu.
In den Staedten war es schon zur Zeit Babylons anders. Die sind per se dazu da, dass verschiedene Bevoelkerungen hier ihre Abordnungen wohnen haben, auch gemischt konfessionell - dann ja in verschiedenen Stadt-Vierteln verteilt jede fuer sich. Das sind fast 5000 Jahre Erfahrung, so. Und hier amtierten auch die Regierungs-Gerichte.
Ein Dorf-Kadi ist vermutlich nicht mit so sehr komplizierten Rechtsfaellen beschaeftigt gewesen, die wurden auch nur mal in der Antike sehr scharf in Persien beaufsichtigt, das kann nachgewirkt haben als Hang zu mehr Gelehrsamkeit.

Verbreitet war die Grundeinstellung, dass G0TT (ALLAH) schon weiss, was gut fuer IHN ist, und niemand sonst ist wichtig genug, dass er leben muss, wenn es drauf ankommt.
Es war ja ein absolutistisches Feudal-System mit kaum einer Institution, an die sich jemand haette wenden koennen in grundsaetzlichen Dingen.
Das bildete ein Rollen-Verhalten aus, bei dem es noetig ist, etwas zu befehlen, falls man die Autoritaet ist, also Vater, Aeltester Bruder, Imam, Effendi, Hauptmann, Kleinfuerst, Fuerst, Herrscher. Der jeweils Hoehere hat mehr die Pflicht, etwas zu befehlen als der jeweils niedrigere die Pflicht, zu gehorchen. Dessen Interesse bildet daher Klugheit aus, durch Geschenke manches Befohlene wieder abzumildern.
(Es ist das Gegenteil von unserer Mentalitaet, sich von Verantwortungen mit Gehorcht-Haben-Muessen zu entpflichten)
Das wirkt sich beim neuzeitlichen Demokratie-Erwerb eben so aus wie in dem hier zitierten Artikel in Kairo bei der Wahl.

Also wieder zum Ayatolla Khomejni: Das Volk fuehlte sich verunsichert wegen der Neuerungen im Lande, besonders wenn es dem Islam nicht mehr die alt-vertrauten Formeln entlehnte. Einige Verbaende vorher unter smanen maechtiger Familien haetten sich diesen Kaiser nicht gewuenscht und waren daher unerwuenscht, gleich gesamt herabgestuft. Fuer einen, der leibeigen ist, war dies als solches nicht so wesentlich, denn man hatte indirekt Renomee dadurch, wem man gehoerte, ob der wichtig war.
Durch Land-Reformen und Bauernbefreiung waren also nicht alle nun gluecklicher dran, denn nun musste sich jede Kleinfamilie selbst um was zum Leben kuemmern, und neue Industrien boten dafuer ueberall nicht gleich einen neuen Versorgungs-Pegel an, sondern verkleinerten und zerrissen Grossfamilien meistens schnell. Deutschland hat ja nun schon fast ueberall die 1-Personen-Haushalte und Allein-Versorger-Familien, wo jeder ab der Jugend schon flexibel sein soll, egal wohin zu ziehen, um zu arbeiten oder lernen. So schlimm war das noch nicht im Orient, aber spuerbar war das auch schon, dass meinungsbildende Koerperschaften immer kleiner wurden und keine "richtige" Macht mehr darstellten, dass Braeuche sich aufloesten - Missbraeuche aber mehr vorkamen.

Unruhe war also ansprechbar, um den Thron zu stuerzen, und es war die Gelegenheit, dass nun ein hoher Geistlicher kam und sagte: "Leute - ich bringe uns wieder zur alten Religion zurueck, einem richtigen Islam". Wie Revolution technisch zu machen ist, kannte er aus Paris und es hatten ja einige Nachbarstaaten auch schon den Kommunismus durchgebracht. Aus denen war noch keiner unter der Maske, islamisch zu sein, aufgetreten, soweit ich weiss.
Man hatte eher an Nationales appelliert, wie der Muslim-Gross-Mufti (Islam-Patriarch zu Jerusalem) in Palaestina, der damals (1929) vorrangig Frauen anwarb und diese ausdruecklich auch als Christen-oder-Muslime - dies sei unerheblich, sofern sie alt-einheimisch seien. Der scheiterte aber persoenlich mit der Absicht, das alte Osmanen-Reich wieder zu errichten.
Das war auch ein hoher Geistlicher, Sunnit im Prinzip, aber diese Idee, die funktionierte nicht gut, die Palaestinenser quaelen sich noch heute herum mit dessen Ergebnis an Gewalt und Unglueck.
Sie holten auch ab etwa 1975 den Islam in ihre Formeln, wodurch ihre christlichen Mit-Einheimischen offiziell ausgebootet sind, ohne dass sie das je klarstellten - sie verdraengen die einfach. Nationalismus ist eigentlich inzwischen out. Manche wissen das nur noch nicht.

Der Ayatolla Khomejni hatte sich vermutlich schon einige dieser Entwicklungen von Paris aus angesehn, Presse-Berichte, Archive, also Informations-Moeglichkeiten, so etwas ist in Paris optimal zu haben, zumal frz. Journalisten im Vorderen Orient an viele Kontakte kommen, die englisch-sprachigen Besuchern nicht zugaenglich sind, wie mir auffiel.
Als Shiit brauchte er den Grossmufti der Sunniten nicht zu bewundern oder billigen, ihm war auch nicht 1908 der Kalif verschwunden, und ein Arafat mit PLO 1980 oder Scheich Jassin (der war noch Spendensammler "nur" fuer Suppenkuechen) oder ein Bin Laden (der war da noch Dandy und nur-Agent) sind fuer ihn keine ausgebildeten Autoritaeten in Fragen des Islam. Das sind sie auch nie gewesen oder geworden.
Man sieht doch sogar hier im Forum, wie leicht sich ein sprachlich islamischer Anstrich selbst aus Uebersetzungen erlernen laesst.

Es war sozusagen ein Vakuum fuer Islamisches da, in das hinein er seine Art Shi'a-plus-Lenin hineinfuellen konnte, und, einmal an der Macht, war er ein ausgebildeter Shari'a Richter. Diesen Islam missionierte er alsdann auch bald zum Libanon hin, zur Tuerkei, nach Deutschland hin, und rundherum, und in der Tradition insofern zu Ali, dass es keine nationalen Hindernisse gibt, auch hoechste Aemter zu erlangen, solange es eine Religions-Regierung ist. Daraus bezog er vermutlich das Gefuehl, ein Recht darauf zu haben, alle seine Untertanen nun zu dieser Konfession zu zwingen, sich ihrem Gericht zu fuegen.
Ich meine, er hat nicht etwa dort einheimische Juden oder Christen gezwungen, dem Islam beizutreten, aber Gericht nach der Sharia seiner Art wurde auch ueber sie verhaengt, einige Faelle weiss ich. Und bald merkte das iranische Volk, dass ihm Todesurteile ganz leicht von der Hand gingen - wie bequem, politisch. Auf dem Marktplatz ueberzeugten die permanenten Hinrichtungen jedermann, dass es vermutlich doch unter dem Schah und davor niemals so bedrohlich war, hier zu leben.
Im Nu war es daher geschafft, dass Frauen sich unter dem schwarzen Shadur anonymisierten, ehe dass eine Streife der Religions-Polizei sie auf Schritt und Tritt peinigte.

Das aehnelt nur von aussen dem Vorgehn in Saudi-Arabien (Wahabiten), der aegyptischen Moslem-Brueder (Sunniten) und der afghanischen Zeit unter Bin Ladens Regime der Taliban (Wahabiten-Zweig). Das liegt an diesen antiken genormten Todes-Strafen, auf die sich alle beziehn, weil das so geschrieben war, aber ansonsten sind es grosse Unterschiede.
Ich meine nicht, dass aus Khomejnis Iran jemals Suizid-Bomber entsandt wurden, wenn auch solche Familien hinterher demonstrativ eine Spende bekamen - nur politisch gemeint, und nicht sehr viel.
Suizid-Bomber z.B.begehn ein vervielfachtes Verbrechen: keineswegs ist ein Mord zugleich gesuehnt, wenn der Moerder mit dabei stirbt - das ist ja nur noch eine Selbstjustiz mehr, denn Suehne muss korrekterweise gerichtlich erwirkt sein, um religioes eine Rehabilitation zu erreichen, nachdem dieser Suender bekennt und bereut hat.

Nach Ayatolla Khomejni regierte Ayatolla Chomeni und nun erstmals ein Zivilist, der weder geistlich noch juristisch deren Niveau hat, aber eben gewaehlt wurde. Er macht es unerfreulich, mit orientalischem Sinn fuer treffende Sticheleien und Finten. - Man muss abwarten, was nach dem sein wird.

Es gibt aber keinen Grund, den Ayatolla Khomejni als "krankes Gemuet" aufzufassen oder ins Laecherliche zu ziehn - er war furchtbar und auch politisch gefaehrlich klug und unerbittlich, und ein Islam-gepraegter Jurist, der immerhin einen Kaiserthron sturzte und ein eigentlich reiches Land relativ unangefochten regierte. Wenn man den Zuwachs an Shia-Muslimen weltweit betrachtet, von der Milliarde immerhin nun 1/5 nach seiner Art, statt in einem Winkelchen-Dasein 1/20, dann haette er als naechstes mithilfe der Hizbolla den Libanon eingenommen, dann Syrien untergebuttert und die Tuerkei-Bevoelkerung von Europa abgewendet. Aber auch der lebte nicht lange genug fuer so etwas.
Von denen allen ist er vermutlich am ehesten islamisch - aber ebenso diesem durch europaeische Denkweisen entfremdet und daher so effizient geworden, zu seiner Zeit.

Wenn wir ueberhaupt abschaetzen wollen, was am Islam uns Kopfzerbrechen machen sollte, dann muessen wir genauer vorgehn und Personen differenziert auseinanderhalten, auch wenn sie uns nicht gefallen. Pauschale Verdammungen bewirken immer nur das Verzweifeln der Gutwollenden - diese wirft es den Boeswollenden doch zum Frass vor.

Das aber ist etwas, was unserer biblischen Tradition nicht wuerdig ist.
Mich schmerzt es um alle Opfer von Gewalt und Diktaturen, ob in Familien oder Staaten, und das kann nur ehrlich sein, wenn ich hinsehe und unterscheide, um zu ueberlegen, was wann der Antrieb war, was der Empfaenger, und wie man das kuenftig vorher bemerken und abwenden muesste. Denn auch die Opfer sind Individuen, jeder war Gerechtigkeit wert, ihn / sie nicht so nebenbei zu vernichten.

Taeter von Boesem muss ich nicht verstehn wollen, ich will das ja nicht lernen und auch werden. Aber Anfuehrer mit Gefolge muss man genauer studieren, denn da hat das Gefolge die Motive, die jenen trugen und seine Begabungen herausforderten - wenn Gefahr, dann liegt da die Gefahr.
Ab wo so jemand persoenlich suendigt, kann nur G0TT unterscheiden, und das ist gewiss - der Tag kommt jedem sowieso, wo man sich rechtfertigen muss, was man daraus machte, was man vorfand.

mfG WiT
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