Hallo Miriam :)
Zitat:Miriam: Ich find es nur so irre, wenn man sich vorstellt, dass Christen Christen umbringen
- sogenannte Christen
und auch die die versuchen Jesus nachzufolgen...
find ich halt persönlich absolut schrecklich die Vorstellung
- Da geb ich Dir voellig Recht.
Es ist schon absolut schrecklich, wenn Menschen Menschen umbringen, etwa um etwas zu erreichen, wofuer es sicherlich mit etwas mehr Geduld oder Selbstachtung eine mit Lebenlassen vereinbare Loesung gibt.
Die Frage, ob sie da wirklich jemandem nachfolgen, wie er heute verstanden wird, nachdem man in dieser Hinsicht mehrere Wandel durchgestanden hat, worauf andere Generationen achteten, sogar in einem so relativ kurzen Text wie den 4 Evangelien.
Eine altdeutsche Nacherzaehlung "Heliand" - zum Singen fuer Barden konzipiert - stellt sich jemanden vor, der der "Held einer Saga" sein konnte - das war nach Karl d.Gr. im Sinne der damaligen Zeit und ihrer Kulturstufe. Die Voelker waren noch so stark gefolge-orientiert, dass es reichte, 1 Fiuersten zu taufen und schon galt alles, was zu dem gehoerte, als nun schonmal christianisiert, die christlichen Geistlichen konnten dann antreten und die Lehre im Einzelnen bei allen Untertanen nachliefern, sie hatten die Vollmacht des Fuersten, etwaige Abneigungen gegen die neue Soziallehre als Untreue gegenueber diesem Fuersten zu tadeln.
Es gab eine im Christentum ziemlich demokratische Moeglichkeit, zu denen zu gehen, die lernen, und in diesen Stand zu kommen (Moenche, Nonnen oder Priester) - aber nicht etwa die, dass jeder Untertan selber lernte, was sein Glaubens-Inhalt ist oder was die Hl.Buecher genauer erzaehlen. Man erwartete, dass Leute irgendwann irgendwem auch mal einfach vertrauen, und das war auch zeitweise berechtigt. Unter denen, die also lernten, gab es trotzdem erhebliche Wissens-Spannen, die zeigten, dass nicht unbedingt das Wesentliche der Lehre flaechendeckend bekannt war.
Bis zum Jahr 1000 ndZ ist es auch fast kaum mal der Fall, dass der Glaube von jemandem beschrieben wurde in der Hinsicht, wie es sich innerlich damit fuehlt, also kaum so etwas wie "Seelen-Bekenntnisse" - geistliche Tagebuecher
- selbst die Bekenntnisse des Bischofs St.Augustinus und dessen Weg vom damals gesellschaftlich anerkannteren Manichaeer zum weniger beachteten Katholiken, das ist ein Buch mit Lehrzweck, man koennte noch sagen, Rechenschafts-Ablegung eines Hochschullehrers, aber nicht dessen geistliches Tagebuch. Er starb so ca.um 400 ndZ, als sein Bischofssitz Hippo in Nordafrika schon von arianischen Vandalen belagert war (und dann fuer das Christentum bald voellig unterging) - er schrieb und predigte die damals spannendsten und schoensten Nachrufe auf Glaubenszeugen einer Verfolgung dort bei Karthago, z.B.ueber Perpetua und Felizitas, eine Herrin und ihre Dienerin.
Es geht aber inhaltlich dabei nur um ihre Bewaehrung im Zeitraum ihrer Bewaehrung angesichts eines staatlichen Zwangs, von ihrem Glauben abschwoeren zu sollen. Sie haetten unter Nachfolge Jesu nicht verstanden, irgendwie so aehnlich leben zu wollen wie er, sondern, seinem Gebot treu zu bleiben, gerecht lebensfreundlich hilfsbereit und bruederlich unter den Menschen zu leben, weil G0TT aller Menschen gemeinsamer Vater und Herr und Freund ist.
Zur Zeit Heinrich VIII war wieder eine ganz andere Situation. Krieg als solchen hielt man immer noch fuer eine Normal-Erscheinung des Alltags im Leben, auch wenn ihn niemand wirklich mochte, er galt aber irgendwo noch als Mittel zum Lebensunterhalt und als ab und zu noetig zur Sicherung der Sesshaftigkeit vieler. Nur Sesshafte konnten wirksam die Verelendung vieler Menschen verhindern und einen Staat bluehen zu lassen.
Es ist 700 Jahre spaeter als zur Zeit Karl d.Gr. und mit ihrer Verfeinerung verglichen war der alte Kaiser noch geradezu ein Asket im Sattel, der schon als 12-Jaehriger den Vater Koenig ins Feld begleitete und schon der Rechtsprechung wegen samt Hofstaat und Familie bis zum Lebensende im Sattel durch sein ganzes Reich rotierte, unterwegs lernte, diktierte und persoenlich nichts schrieb. Es heisst, er schrieb nur den Querstrich im A von CAROLUS, seiner Unterschrift.
Dennoch war er gelehrt, verstand sich darauf, gute Gelehrte zu berufen, fuer ueberall in seinem Reich welche denken zu lassen, um dann das Ergebnis zu befehlen - konnte mehrere Sprachen und kannte die Hl.Schriften auch ziemlich gut und teils in der Ursprache. Andererseits war er sicherlich ein menschlicher "Baer" mit tatkraeftig lautem Benehmen und wenig Neigung zum Sensibel-Sein, denn er gruendete ein Reich, in welchem nicht mehr einfach das Recht des Staerkeren den Alltag aller beherrschen sollte - das durchzusetzen erforderte, wenigstens fuer seine Zeitlang in mehrerer Hinsicht der Staerkste zu sein, selbst als Mann... - dies garantiert nicht im Sinne der Kirche - aber insgesamt kam etwas Stabiles zustande, ein Reich, das tatsaechlich auf 1 Recht und Gesetz 1000 Jahre lang hielt.
Durch die Huldigungen seiner Biografen hindurch "zwischen den Zeilen" lesend, ist es etwas, was mich persoenlich fast wie eine Privat-Mitteilung beruehrt, dass er so gerne spielerisch seinen Papst Leo mit Moses und sich mit Koenig David verglich.
Die saemtlichen Heiligen seiner Epoche hat niemand in Wirklichkeit daraufhin gefragt, ob sie persoenlich liebenswuerdig oder irgendwann sanft waren, es sind viele Stifter sozialer Einrichtungen dabei, und Ermordete, durch deren Tod irgendjemand eine Erbfolge hatte verschieben wollen, wieder weg aus dieser gesetzlich sich ordnenden Linie, die zu unserm G0TT betete.
Allenfalls erfaehrt man mal aus jener Zeit den Seufzer einer misshandelten Fuerstin, mit was fuer einem Woelfe-Haushalt man sie da verheiratet hatte.
An was sollten sie messen, ob es sanfter zugehen sollte oder koennte? Und warum sollten sie dabei auf sich selber achten, ob sie das moechten, was ihnen die gegebenen Lebensumstaende waren? Sie haetten darueber wohl auch gar nicht direkt darueber mit G0TT geredet, sondern im Psalmbuch einen Text ausgesucht, der das ungefaehr aussagte, was sie erlebten, sich darin aufrichtend, dass es nicht nur ihnen so gegangen war. Einen Herrn, der geringer waere als ER haetten sie nicht mehr vorgezogen.
Nehmen wir etwa die Halbzeit dazwischen, St.Elisabeth, Landgraefin, diese war schon Franziskanerin, also in ihrer Zeit war der Gedanke schon da, so zu leben, wie man meinte, dass es Jesus tat, sich jede Form von Eigennutz verbietend, keinen Genuss aus unrecht erworbenem Gut zu ziehen, nichtmal ein Essen fraglicher Herkunft, um G0TT wie Jesus in den Aermsten der Armen persoenlich zu dienen - und zwar das auch unter den schwierigen Situationen, zugleich Ehefrau, Mutter und Fuerstin zu sein. Als Witwe wurde sie verjagt, mit ihren 3 kleinen Kindern, den Erben, und 24 jaehrig starb sie erschoepft, aber selig, sich voll und ganz eingesetzt zu haben, beim Kranken-Pflegen in einem Armenhospital. - Fans, die das nicht wirklich begriffen hatten, erschlugen dann nicht lange danach ihren Beichtvater und Seelen-Berater, in der Meinung, sein Rat habe sie ueberfordert
- doch es war schon ihre persoenlich eigene Leidenschaft gewesen, sich aus Begeisterung fuer G0TT und die Nachfolge Jesu selbst so schnell aufzubrauchen. Die ist das Vorbild der Caritas-Institution, die sich als Werk der biblischen Gerechtigkeit versteht, sich um alle zu kuemmern, die es brauchen und fuer die kein direkt verfuegbarer Verwandten- oder Freundeskreis da ist. Das war kurz nach 1200 ndZ und schon der Beginn der Zeit, in der es sehr beachtet wurde, wie sich Frommsein innerlich abmueht und danach forscht, G0TT tatsaechlich auch selber zu spueren, und eine ihrer Toechter wurde beruehmt als mystische Saengerin G0TTES.
Das wiederum ist beides ein Zugang zur Lehre, der einem Heinrich VIII voellig fremd war, 350 Jahre danach, denn der hat wieder viel mehr von der Baerenhaftigkeit eines Karl d.Gr. und auch so "Weibergeschichten", nur haerter, denn Karl liess seine Damen doch wenigstens am Leben und sprach seinem Amt nur ein paar mehr Damen zugleich zu seiner 1-Ehe zu bzw.der Reihe nach, aber ohne es durch Morde zu beschleunigen.
Man so ueber´n Zaun betrachtet, Karl d.Gr.war sogar jemand, der Juden gut fand und der soweit sachlich zu urteilen imstande war, sie von jenseits des Ebro aus Spanien her in sein Reich zu bitten, um seinen Untertanen eine gesetzlich anstaendige Verwaltung einzurichten. Dass er schon welche seit mindestens 500 Jahren im Lande hier leben hatte, stellten aber diese erst fest. Wir waren hier nicht in solchen Berufen gewesen - fuer welchen Koenig auch? Er war auch nicht generell gegen den Islam - sie kaempften damals noch nach festen Regeln und hielten sich an vorher als Kampfziel abgemachte Vertraege, auf beiden Seiten.
Soweit es einige Jahrhunderte spaeter dann Kriege und Schlachten um Glaubens-Lehren gab, sind nicht diese direkt als "Christ gegen Christ in der Nachfolge Jesu sich waehnend" definierbar, denn da stand schon wieder ein ziemlich uraltes Prinzip der Noachiten (weit aelter als Moses) dahinter, "cuius regio cuius religio", also wessen das Reich ist, der bestimmt die Religion der Untertanen.
Es ist nicht bemerkbar, dass diese Herrscher der Reformationszeit sich wirklich persoenlich um das Wohlgefallen im Sinne der Bergpredigt bemueht haetten, sie wollten lediglich das, was am christlichen Staat im Ganzen schon funktionierte, nicht voellig ablegen und brauchten dazu die kleineren Lehr-Unterschiede, z.B. die landes-sprachlich sich unterscheidende Liturgie und Bibel-Uebersetzung. Sagen wir es mal so - die Umsetzung ins Leben ueberliessen sie dann ihren Untertanen, Hauptsache die fuegten sich dann dieser Lehre und Landesherrn-Obhut, der die Variante ausgewaehlt hatte.
Das laesst sich ganz gut an den deutschen Fuersten erkennen, derer einige auf "lutheranisch" optierten, dann aber - auch auf deutsch und auch ohne Papst - "Reformierte" zu sein um_entschieden, in Hinblick auf die Koalition, welche Fuersten und Laendereien dann zusammengehn wuerden - und gewiss nicht auf den meiner Meinung nach sehr gravierenden Unterschied in z.B.der Praedestinations-Lehre bedacht. Sie liessen denken, wozu regiert man schliesslich ...
Nein, es ist noch komplizierter. Einige Fuersten dachten durchaus auch in eigener Froemmigkeit nach, ueber die Lehre der Bibel, und einige suchten auch selbst einen heiligmaessigen ehrlichen Weg. Aber das schlug nicht auf das staatliche Konzept durch. Es galt als deren Privatsache. Ebenso war es sehr unterschiedlich bei den Untertanen, wieweit diese Wandel sie wirklich beruehrten.
Mir faellt dazu Livland-Estland ein - eine Lehre, deren Bibel bereits in die Landessprache uebersetzt wurde, galt hier fuer ein Volk, dem man nicht die geringste Volksschul-Ausbildung gewaehrte, die also gar nicht mitgekriegt hatten, was sie inhaltlich Anderes geworden seien, als ihre gesamte Regierungsschicht lutheranisch wurde - bis etwa 80 Jahre spaeter zufaellig Jesuiten der Gegenreformation eintrafen und staunten, die sodann erste Volks-Schulen gruendeten und die Basis zu Universitaet und einem landes-eigenen Katechismus legten, aber das war eine kurze Epoche polnischer Besatzung. Das Volk selbst gab es dann einfach nicht auf, wirklich lernen zu wollen - bis heute.
Also, es stimmt, dass da "Christen mit Christen" Kriege hatten, aber es beschreibt nicht den Vorgang aus religioeser Sicht, ob sie Kriege fuehrten und gegen wen gerade.
Ein kleines Beispiel auch hierzu:
in Hessen gab es Gemeinden, die vorher zu einer Abtei (Fulda) gehoerten, kirchlich war das eine besondere Abtei, durch Bonifatius gegruendet, schon vor Karl d.Gr., weil sie jahrhundertelang niemandem ausser dem Papst direkt unterstand.
Nun war schon die Reformation gewesen, und es gab ein buntes Mosaik groesserer ind kleinerer Herrschaften, mal dieser, mal jener Konfession, in der Region. Wenn es den neuen Abtei-Herren an Geld fehlte, versetzten sie damals z.B.die Stadt Herbstein gegen Bargeld, mal an diesen, mal an jenen, nachher loesten sie diese kleine Stadt wieder ein.
Eines Tages schrieb dann diese Stadt ein Gesuch: man moege doch bitte konfessionell darauf achten, an wen man sie abwechselnd versetzte, es sei ja nicht drum, dass man dadurch eventuell bis zu mehrmals im Jahr nochmal Zins an jemand anderen abliefern sollte - aber jedesmal fuer einen gar nicht durch sie selbst steuerbaren "Glaubensabfall" von den Geistlichen der je naechsten Pfand-Eigner angeschnauzt und angepredigt zu werden, das sei auf die Dauer unzumutbar und irgendwie zynisch dem Glauben gegenueber. Sie moechten, soweit sie was zu melden haetten, doch - bitteschoen! - kuenftig jedesmal weiter katholisch sein und bleiben duerfen, wie die Abtei!
Ein Verein aus 4 Doerfern meldete eine aehnliche Bitte in Mainz: sie haetten es ja nun 60 Jahre versucht, brave Lutheraner zu werden, fuehlten sich aber damit wirklich nicht wohl - ob es wohl machbar sei, das Land dort fuer Erzbistum Mainz anzukaufen, damit sie wieder einfach wie frueher in Latein und mit Papst usw.beten duerften?
- Beide Bitten wurden erhoert, nebenbei gesagt.
Es ist aber auch dies eine eher praktische Ebene, denn noch ehe man an die Einzelheiten der Lehre wie "Nachfolge Christi" oder Ablass ja-oder-nein kam, ging es hier um gewisse dafuer ebenfalls Rahmen-Bedingungen.
In der standhaften Ikone eines "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" verkoerperte sich doch in keiner Weise nun, dass das fuer jeden Menschen galt, ab dann. Wenn es mal vorkam, dass ein naechster das dachte, dann lief es darauf hinaus, das Land verlassen zu muessen und zu sehn, on man damit noch irgendwo leise unterkommen konnte.
Auch fuer Juden war das eine sehr unangenehme Zeit, denn so besehn passte dazu keine der Staatsreligionen, um die sich der Kampf drehte. Man war praktisch nur im Vatikanstaat relativ sicher.
So entstanden auch Baptisten und Mennoniten damals, dass sie gedacht hatten, es sei nun jeder so frei, nachzusehn, ob er das glaubt, in den Hl.Schriften - es war so nicht gemeint, sie wurden erstmal hin und her vertrieben - weil da auch irgend jemand "nicht anders" konnte als das, was er der Uebersetzung nach seinerseits las.
Selber Lesen und Auslegen, oder gar der Regierung einen Spiegel Vorhalten, das war nicht in jeder Ebene machbar, nur fuer das Ordnen der Sitten im Alltag. Also flugs stand schon eine neue Tradition da, was es da zu lesen gebe. Es musste genau zum erstellten Katechismus passen.
Theologisch kam eigentlich bis ins 19.Jhd.dann weiter nichts nach.
Man hatte nur nach dem qualvollen 30j Krieg soweit zum Vorherigen zurueckgefuenden, dass dies "cuius regio cuius religio"-Prinzip 1648 wieder abgeschafft wurde und Untertanen ihren Glauben behalten durften, auch wenn der Landesherr einer anderen christlichen Richtung anhing.
Also der Vorwurf ist falsch gezielt, nicht die Koerperschaften sind der Christ, sondern immer nur das Individuum, durch die eigene Taufe selber verpflichtet. Dieser ist es, der, ob Krieg oder Frieden ihn in Dienst stellte, vor Ort und immer ganz persoenlich religioes und fromm ist oder nicht.
Das Faktum, dass ein Krieg war "und einer ging mit", ist keine Auskunft ueber die Menschen selbst, denn Gutes tun und auch Suendigen, soweit es in G0TTES Augen was zaehlt, bewertet ER einmal am Einzelnen und - gesondert davon - nochmal am jeweiligen Vereinsgeist (ER spricht auch Recht und Urteil ueber "die G*tter", was zu biblischer Zeit einfach nur die groessere oder kleinere, zum Geschaffenen gehoerende Wir-Person um Menschen-Gemeinschaften meint).
Es waere einfach ungerecht, es zu ignorieren, dass es sicher auch in all den Plagen, Krieg, Seuche, Hungersnot, heroisch fromme und barmherzige Leute gegeben haben kann, wegen der empfangenen Lehre - und zwar bei all jenen Beteiligten aller Konfessionen. Das war wie zu allen andern Zeiten eine Wahl des Einzelmenschen vor dessen Gewissen. Seien wir dankbar dafuer.
mfG WiT :)