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War Jesus ein Rebell gegen die Römer?
#1
In einem anderen Thread sind wir über die Evangelien-Geschichte gestolpert, in der Jesus einen Besessenen heilt, indem er die bösen Geister in eine Herde Schweine fahren lässt, die sich daraufhin zu Tode stürzen. Der Kranke heißt "Legion", und angeblich sollte die Geschichte ursprünglich keine Krankenheilung bedeuten, sondern die Wunschvorstellung dass Jesus eine Legion Römer zurückgetrieben hätte.

Wie wahrscheinlich ist die Theorie, dass Jesus eigentlich gegen die Römer kämpfte? Ich finde, dafür spricht einiges:
- diese Schweine-Geschichte (vor allem wegen des Namens "Legion")
- dass er den Römern mindestens einen Zöllner abspenstig machte
- seine merkwürdig undurchsichtige Antwort auf die Frage, ob man dem Kaiser Steuern zahlen soll
- dass mindestens zwei seiner Jünger Rebellen gegen Rom gewesen sein könnten (Judas Iskariot und Simon der Zelot)
- dass die Römer ihn schließlich hinrichteten
- auch das Gleichnis vom armen Lazarus wird von einigen Leuten als anti-römisch interpretiert
usw.

Was dagegen spricht, ist natürlich, dass das Christentum ein paar Jahrhunderte später römische Staatsreligion wurde und die nicht gerade Römer-freundlichen Geschichten wie die mit den Schweinen (trotzdem) ins Neue Testament aufgenommen wurden. Liegt das evtl. daran, dass es in den Evangelien auch viele Stellen gibt, die sich bemühen, die Römer als nette Menschen hinzustellen (wie den Hauptmann, der angeblich eine Synagoge gebaut hat)?
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#2
Du kannst auch noch die Geschichte, dass er (Jesus) mit dem Schwert gekommen sei, dazunehmen. Solche Aspekte gibt es in den Evangelien sicherlich; allerdings auch andere. Gewisse Details sind ja ausgesprochen Roemer-freundlich, wie die Rolle des Pilatus.

Falls Du auf die historische Rolle von Jesus hinaus willst, so wird Dir das niemand beantworten koennen. Die einzigen direkten Quellen, die etwas ueber das Leben Jesu erzaehlen, sind die Evangelien, und das sind keine unabhaengigen Zeugnisse, da sie aufeinander aufbauen. Wir koennen also nicht mal sagen, ob Jesus existierte oder eine vollkommen mythologische Figur ist. Trotzdem ist es einfacher, wenn man annimmt, dass es ihn tatsaechlich gab, als Fuehrer einer kleinen, unbedeutenden religioesen Gruppe, der es irgendwie geschafft hatte, zum Tode verurteilt zu werden, wodurch auch immer.

Warum Deine Frage nun trotzdem so schwer zu beantworten ist, ist die Aufeinanderfolge eines ersten Mythologisierungsprozesses der Figur Jesu, die alle historischen Realitaeten verwischt hat, auf die dann nachfolgend eine Rehistorisierung folgte, aber auf der Basis des mythologischen Materials. Ich kann kurz ausfuehren, wie ich mir das vorstelle, damit klar wird, was ich meine (alles sehr spekulativ, wenn auch nicht ohne Begruendungen, aber nimm's mit einer dicken Prise Salz):

Stufe 1: Eine winzige religioese Splittergruppe hat einen charismatischen Fuehrer (Jesus), der entweder wegen religioeser und/oder militaerischer Taten hingerichtet wurde (das ging damals vielen so, wie wir von Josephus wissen). Der Fuehrer ist so beliebt, dass einige Mitglieder meinen, Erscheinungen ihres auferstandenen Anfuehrers zu haben, der vom Jenseits aus noch immer ueber sie wacht. Ein Bruder des Verstorbenen (Jakobus) ergreift die Gunst der Stunde, behauptet auch, die Erscheinung gehabt zu haben, und fuehrt von nun an die Gruppe weiter. Ob es hier schon die Geschichte der Wiederkunft des Messias gab, weiss keiner. Die Gruppe geht in den Juedischen Kriegen mehr oder weniger unter und wird vollkommen unbedeutend, von ein paar kleinen nachfolgenden Splittergruppen abgesehen (Ebioniten, Nazarener). Hier haben wir zwar einen mythisch ueberhoehten, aber noch historisch verwurzelten Jesus, der uns leider nichts hinterlassen hat.

Stufe 2: Ein Jude aus der griechischsprachigen Diaspora (Paulus) lernt im Zuge einer Verfolgungsaktion (Details unklar) die Lehre dieser Gruppe kennen und behauptet, im Rahmen einer Episode, die sich in der Apg wie ein Sonnenstich anhoert, ebenfalls, mit einer Erscheinung Jesu gesprochen zu haben. Er aendert sein Leben und zieht nun predigend durch die Gegend. In unserem aeltesten christlichen Text, 1 Thessalonicher, klingt er noch sehr bescheiden, von einer Kreuzigung ist keine Rede. Sein Evangelium waechst aber langsam. Er nimmt spaeter zwei oder drei Mal mit einigen Mitgliedern der Jerusalemer Gemeinde Kontakt auf (er nennt drei Mitglieder (Jakobus, Kephas, Johannes); man ist aber gegenseitig nicht beeindruckt und erreicht nicht das Verhandlungsziel (bei Paul war das Verhandlungsziel Anerkennung seiner Lehre). Das haelt Paul aber nicht von der weiteren Mission ab. Er predigt nichts aus dem Leben Jesu, sondern nur die Lehre von Tod und Auferstehung eines goettlichen (spirituellen) Jesu, der Erloesung und Auferstehung aller, die Abendmahlzeremonie mit Wein und Brot, und die baldige Erloesung aller durch den Messias noch zu den Lebzeiten der meisten Zuhoerer.

Das wichtige fuer unsere Betrachtung hier sind zwei Dinge: erstens, das vollkommene Desinteresse des Paulus am Leben Jesu, und zweitens, dass Jesus als lebendiger Geist in der Gemeinde anwesend ist, also auch jetzt, nach seinem Tode, durch den Mund jedes x-beliebigen Glaeubigen weiter predigen kann. Das heisst, dass spaetestens zu diesem Zeitpunkt Jesus eine mythologische Gestalt wird, wo man von keinem Detail, das ueber ihn erzaehlt wird, mehr herausfinden kann, ob das etwas mit dem tatsaechlichen Leben Jesu zu tun hat oder einfach eine "Prophezeiung" direkt aus der Gemeinde ist. Jesus ist also vollkommen mythologisiert.

Fortsetzung folgt...
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#3
Stufe 3a: Waehrend des Juedischen Krieges zeichnet sich der Untergang Judaeas und des Jerusalemer Tempels ab, des Zentrums des Glaubens aller Juden (und Christen, wenn man sie so nennen will). Dieses Missgeschick veranlasst einen Autor aus "christlichem" Umfeld (Markus), der Pauls Briefe (egal wie sie jetzt vorlagen) und das alte Testament recht gut kannte, eine juedische Apokalypse nach dem Vorbild des Buches Daniel zu schreiben. Als Grundlage zweckentfremdet er eine Geschichte Jesajas, die eigentlich das Volk Israel als Helden hat, zu einer Geschichte ueber den Messias, und dieser Messias wird zum Sendboten Gottes, der die Zerstoerung des Tempels als Strafe fuer den oberflaechlichen (Un-)Glauben der Juden ankuendigt, Gott das Vok Israel verlassen laesst und einen neuen Bund mit allen Nationen eingeht. Dabei verarbeitet der Autor geschickt alle moeglichen zur Aussage irgendwie passenden Episoden aus dem alten Testament, quer durch alle Buecher. Die ganze Geschichte besteht aus einer Aneinanderreihung von Parabeln, Midraschim auf AT-Texte. Auch Erlebnisse anderer Messias-Figuren der Zeit finden ihren Widerhall. Wiederum wird eine Wiederkehr des Erloesers noch zu Lebzeiten der Zuhoerer versprochen.

Held ist der Jesus des Paulus, der hier zum ersten Mal ein irdisches Gesicht in einer fiktiven Geschichte bekommt, an der wohl ausser dem Tod nichts Historisches dran ist.

Stufe 3b: In anderen Gemeinden, in denen an einen Lehrer namens Jesus geglaubt wird, werden seine Sprueche und Parabeln gesammelt. Die Auswahl dieser Sprueche erfolgt je nach gusto des Autors und hat auch eine lange Tradition im damaligen Judentum (siehe Jesus Sirach). Eine solche Spruchsammlung ist das Thomas-Evangelium, wohl schon leicht gnostisch angehaucht. Glaubt man Papias, hat auch ein gewisser Matthaeus eine solche Spruchsammlung auf Aramaeisch angelegt und dann auf Griechisch uebersetzt. So wie er das sagt, klingt das nach dem elusiven Q-Dokument.

Solche Sammlungen moegen durchaus judenchristliche Urspruenge gehabt haben, aber koennen genauso gut aus einem griechischsprachigen Umfeld kommen. Der Inhalt war auch dort nicht festgelegt und wuchs oder schrumpfte je nach Autor-Vorliebe.

Stufe 4: Irgendjemand nimmt das Markus-Evangelium und die Spruchsammlung des Matthaeus und fuegt das zu einem Ganzen zusammen, so dass die Hauptfigur ploetzlich ein Leben bekommt. Erst durch diese Zusammenfuegung wirkt dies ploetzlich wie eine reale Geschichte. Wo bei Markus die Parabeln noch selbst die Geschichte waren, werden sie hier wie Historie erzaehlt, waehrend die Sprueche aus der Sammlung zu Parabeln werden.

Hier an diesem Punkt wird Jesus ploetzlich wieder "historisch". Es ist nicht zu erwarten, dass nach dem zweimaligen Wechsel da noch urspruenglich Historisches uebrig ist. Die Geschichte geht natuerlich weiter, aber das gehoert nicht zum Thema. Ich hoffe, Du verstehst, warum Dir meiner Meinung nach wohl niemand Deine Frage beantworten koennen wird.
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#4
sehr gute und interessante ausführung - durchaus plausibel, jedenfalls mir
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#5
Danke. Plausibel heisst ja erst einmal nichts weiter, und meine Argumentation ist etwas verkuerzt. Jedenfalls war diese Mythologisierung des Messias eine ziemlich genialer Schachzug, weil er so dem Einfluss der Roemer entzogen wurde; er war ja schon tot, und in seiner auferstandenen Form unerreichbar fuer seine Gegner.
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#6
Okay, es könnte so gewesen sein.
Bleibt trotzdem die Frage: Warum einige Geschichten wie die mit den Schweinen, die Jesus (trotz aller "Gegengeschichten" vor allem von Lukas) einen anti-römischen Touch geben, wenn doch herausgestellt werden sollte, dass Jesus die Zerstörung des Tempels durch eben diese Römer vorausgesagt hatte (also damit implizierte, dass Gott das wollte), und wenn der (möglicherweise) wirkliche Jesus nicht nur für Paulus uninteressant war? Wäre es dann nicht sinnvoller gewesen, solche Texte, in denen Jesus eher auf Seiten des jüdischen Volkes gegen die Römer zu stehen scheint, herauszulassen?
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#7
Zwei Gruende sprechen dagegen:

Ab dem 3. Jahrhundert fiel es zunehmend schwerer, groessere Aenderungen an den Texten vorzunehmen. Vor dem spaeten zweiten Jahrhundert waren das noch keine heiligen Texte, sondern fromme Geschichtchen, und nur das Alte Testament war fixiert. Sobald die Texte aber gesammelt wurden, wie die Briefsammlungen Pauls oder 4-Evangelien-Baende, und weitere Verbreitung fanden, wurde es schwer, sie noch zu gross zu aendern, ohne dass das auffiel. Sobald die Idee eines Neuen Testaments aufkam, bekamen die Texte zunehmend einen unantastbaren Charakter, wo nur noch einzelne Worte oder Saetze ausgetauscht oder gestrichen wurden. Dieses Argument ist aber nicht besonders stark, da das Markus-Evangelium ja noch im 5. Jahrhundert einen neuen Schluss addiert bekam. Das Markus-Evangelium wurde von der Kirche auch lange Zeit heruntergespielt, als grob und nicht besonders genau. Es wurde auch kaum verwendet.

Die andere Antwort hatte ich schon in einem anderen Thread gegeben: Zeit heilt viele Wunden. Ein Krieg, der 250 Jahre her ist, wird einen Kaiser wohl kaum noch jucken. Ausserdem ist fraglich, ob die Textstelle so offensichtlich war, dass sie fuer jemanden, der nicht besonders nahe am Geschehen war, keine andere Deutung zuliess; war Konstantin bewusst, dass die Fretensis damals dort stand, und warum da gerade Schweine als Bild genommen wurden? Wahrscheinlich ist die Frage sogar: hat er die Bibel ueberhaupt gelesen? Auch heute faellt es Apologeten ja nicht schwer, die Stelle irgendwie anders zu deuten; nicht besonders einleuchtend meiner Ansicht nach, aber sie tun es. Der Hauptgrund ist natuerlich, dass fuer Apologeten die Geschichte um 30 spielt, weil sie ja "historisch" ist. Und da gab's halt keine Fretensis. Was uebrig blieb war eine harmlose Geschichte von Daemonen und Schweinen, die einen zwar den Kopf kratzen laesst, aber halt Jesus als Wundertaeter darstellt; Schwamm drueber.
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#8
(30-04-2014, 10:56)Lelinda schrieb: In einem anderen Thread sind wir über die Evangelien-Geschichte gestolpert, in der Jesus einen Besessenen heilt, indem er die bösen Geister in eine Herde Schweine fahren lässt, die sich daraufhin zu Tode stürzen. Der Kranke heißt "Legion", und angeblich sollte die Geschichte ursprünglich keine Krankenheilung bedeuten, sondern die Wunschvorstellung dass Jesus eine Legion Römer zurückgetrieben hätte.

Wie wahrscheinlich ist die Theorie, dass Jesus eigentlich gegen die Römer kämpfte? Ich finde, dafür spricht einiges:
Es spricht auch dafür, dass Jesus und alle Geschichten rund um Jesus nichts weiter als Legenden sind, die sich die Leute gerne gegenseitig selber erzählen.

Jesus soll dies und jenes und noch vieles mehr gesagt, getan und erledigt haben.
Aber was genau, ist längst in Vergessenheit geraten. Deswegen hat man von den gut 50 Evangelien über ihn, diejenigen ausgesucht, die sich am wenigsten von einander unterscheiden.

Warum die Geschichten über Jesus an allen möglichen Orten versteckt und vergraben wurden, wäre deswegen mal ein weit interessanteres Thema.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#9
(01-05-2014, 17:56)Geobacter schrieb: Warum die Geschichten über Jesus an allen möglichen Orten versteckt und vergraben wurden, wäre deswegen mal ein weit interessanteres Thema.

. . . Verfolgungen ?
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#10
(01-05-2014, 00:05)Ulan schrieb: Der Hauptgrund ist natuerlich, dass fuer Apologeten die Geschichte um 30 spielt, weil sie ja "historisch" ist. Und da gab's halt keine Fretensis.

Gab es schon.

"Die Legio X Fretensis war eine Legion der römischen Armee, die 41/40 v. Chr. von Octavian, dem späteren Augustus, aufgestellt wurde"
Legio X Fretensis – Wikipedia

"Vermutlich bereits vor dem Jahr 6 v. Chr. wurde die Legion in den Osten, nach Syria verlegt."
Legio X Fretensis – Wikipedia
Vergleiche dazu:
Emil Ritterling: Legio (X Fretensis). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XII,2, Stuttgart 1925, Sp. 1671–1678.

Vielleicht willst Du zum Ausdruck bringen, daß es um 30 n. Chr. im Gebiet wo Jesus lehrte, keine Legion Fretensis gab. Aber das zeigt, daß Jesus in die Zukunft sehen konnte, daß er vorhersah, daß die Legion Fretensis wieder zurückkehren wird.

Jesus sagte ja auch dezidiert die Belagerung Jerusalems voraus.
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#11
(01-05-2014, 23:45)Sinai schrieb: Gab es schon.

"Die Legio X Fretensis war eine Legion der römischen Armee, die 41/40 v. Chr. von Octavian, dem späteren Augustus, aufgestellt wurde"

Ups, danke fuer die Korrektur. Da habe ich schlicht etwas falsch uebersetzt.

(01-05-2014, 23:45)Sinai schrieb: Vielleicht willst Du zum Ausdruck bringen, daß es um 30 n. Chr. im Gebiet wo Jesus lehrte, keine Legion Fretensis gab.

Nun ja, wenn die Fretensis in Syrien war, dann passt's ja. Die Schweine-Episode spielt in der Dekapolis, die 37 syrisch wurde.

(01-05-2014, 23:45)Sinai schrieb: Aber das zeigt, daß Jesus in die Zukunft sehen konnte, daß er vorhersah, daß die Legion Fretensis wieder zurückkehren wird. Jesus sagte ja auch dezidiert die Belagerung Jerusalems voraus.

Zu der Zeit, als das Evangelium geschrieben wurde, war das eh alles Geschichte. Wobei speziell diese Episode aber durchaus frueher wirkt als vieles Andere.
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#12
(01-05-2014, 23:33)Sinai schrieb:
(01-05-2014, 17:56)Geobacter schrieb: Warum die Geschichten über Jesus an allen möglichen Orten versteckt und vergraben wurden, wäre deswegen mal ein weit interessanteres Thema.

. . . Verfolgungen ?

wer hat denn Abschriften verfolgt?

Das passiert höchstens, wenn es sich um unrechtmäßige "Raubkopien" von rechtlich geschützem "geistigen Eigentum handelt.
Und ich "glaube", dass dies auch der einzig wahre Grund dafür gewesen ist.

Natürlich immer aus meiner Überzeugung heraus, dass es sich bei allen menschlichen Göttern um das egozentrische Über-ich des Menschen selbst handelt. Icon_wink
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#13
(02-05-2014, 13:38)Geobacter schrieb: wer hat denn Abschriften verfolgt?

Die Kirche. Der Besitz "magischer Texte" war mit Todesstrafe belegt. "Magisch" umfasst dabei durchaus auch Buecher, die man heute als Zauberbuecher bezeichnen wuerde, aber auch Glaubensinhalte, die der Orthodoxie widersprachen. Der erste Haeretiker wurde 385 verbrannt (siehe hier), und ebenso seine Texte. Wer also haeretische Texte retten wollte, musste sie verstecken.

Als dann selbst die Fahnder nicht mehr lesen konnten, traf es auch wissenschaftliche und mathematische Traktate. Es ist halt schwierig, ein magisches Pentagramm von einer Zeichnung zum Satz des Pythagoras zu unterscheiden, wenn man die Beschriftung nicht versteht.

(02-05-2014, 13:38)Geobacter schrieb: Das passiert höchstens, wenn es sich um unrechtmäßige "Raubkopien" von rechtlich geschützem "geistigen Eigentum handelt.

Dieses Konzept gab es damals nicht. Imitation war die hoechste Form der Anerkennung. Textteile zu kopieren, ohne den Ursprung zu nennen, war akzeptabel; es ein wenig zu aendern, konnte Hochachtung hervorrufen.
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#14
Irgendwie hat's da den Link zerschossen: http://de.wikipedia.org/wiki/Priscillian
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#15
(02-05-2014, 14:11)Ulan schrieb:
(02-05-2014, 13:38)Geobacter schrieb: wer hat denn Abschriften verfolgt?

Die Kirche.

Die Kirche ist doch selbst der größte Kopist. Ohne Ende werden die Gesetze
Gottes versucht zu imitieren , die Lehren Jesu nachzuleben versucht.

All möglichst gute Kopien selbsterwählter Vorschriftslebensweise.
Die gesamten abrahamitischen Religionen bestehen doch aus
Imitatoren ihrer Ahnen.

Die Extremeren nennt man im Islam auch Salafisten.
Bei den Christen gibts da auch so Radikalgruppen.

Die wenigsten gehen aber soweit Handys wegzuschmeissen und wieder auf Eseln zu reiten.
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