14-04-2020, 18:29
(24-01-2020, 21:05)Ekkard schrieb: Und selbstverständlich stimme ich der Grundthese zu, dass Bibelexegese ohne die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht möglich sind (also einmal der Antike und zum anderen unsere). Das hat zur Folge, dass man - sagen wir in hundert Jahren - anders interpretieren wird als wir heute.
Das ist richtig - aber das "anders interpretieren " ist nicht die Realität. Leider!
Klicken Sie mal in die Videos der überwiegend fundamentalistischen Schwertbischöfe, Latzel-Prediger, Heilig-Kreuz-Priester, Libie-Exegeten hinein. Sie werden sich wundern: Da fliegen Ihnen die Bibelsprüche auf Punkt und Komma nur so um die Ohren.
Der Jesus-Bruder Jacobus soll vom vielen Knien im Tempel Schwielen wie ein Kamel gehabt haben. Diese Prediger, so fürchte ich, haben Schwielen vom Schwenken der Bibel in die Kameras an den Händen: "So und nicht anders müsst Ihr glauben" heißt es da. "Es steht doch hier schwarz auf weiß. Es ist das Wort Gottes."
Nein eine Bibelexegese der 1800 Jahre alten Texte ist weder nötig noch erwünscht. Sie bilden nach Kirchendogmen das buchstabengetreue Glaubens-Korsett eines neutestamentlichen Verherrlichungsszenarios, das von der Historie allerdings meilenweit entfernt ist.
Die beschönigte Realität dagegen: Ein radikalethischer, bewundernswerter Wanderprediger (einer von vielen übrigens) endet als staatlicher Störenfried elendig am Kreuz. Seine Prognose über das hereinbrechende "Gottesreich" trifft nicht ein.
So blieb seinen Anhängern (und seinen armen, analphabetischen, ungebildeten Zuhörern) quasi keine andere Wahl als ihn glorreich wieder auferstehen zu lassen, wie es sich damals ohnehin "gehörte". Beispiele gibt`s genug. Garniert mit einem Haufen von Wundern, die man heute nicht mal mehr einem Konfirmanden aufbinden kann. Man wusste in der Antike halt, wie man die Menschen verzückte.
Die Kirche heute sollte vielmehr zugeben, dass die ganze Bibel* von fremden, unbekannten Autoren geschrieben wurde, sich ständig in Widersprüche verwickelt und die Originale hunderte Male absichtlich und unabsichtlich verfälscht wurden. Das ist nötige Exegese, die bei vielen Fundamentalisten allerdings genau so weh täte, wie bei einem 6-Jährigen der abhanden gekommene Weihnachtsmann oder das Christkind. Dier Kirchen haben beide nicht den Mut aufgebracht, ihren Schlafwagenglauben gegen die Erkenntnisse der Aufklärung einzutauschen. Sie arbeiten sich weiter ab am Hymen der immerwährenden Jungfernschaft Mariens (bei 7 Kindern) und erzählen uns immer noch, dass Gott die Erde in 7 Tagen erschaffen hat. Was sollen wir da noch exegieren?
MfG
*Wenn ich Bibel schreibe, meine ich im wesentlichen das NT.