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Heilige drei Könige
#1
Die Erzählung von ↗Magiern aus dem Osten, die sich aufmachten, den neugeborenen König der Juden aufzusuchen, ihm zu huldigen und Geschenke zu bringen, findet sich nur bei ↗Matthäus (2,1-12). Dass sie zu dritt gewesen wären, davon weiß der ↗Evangelist nichts. Auch Namen waren ihm nicht bekannt. Die ↗Dreizahl erschloss ↗Origenes aus der Zahl der Geschenke, die überreicht wurden. Dass es Könige gewesen sein müssen, meinte erstmals ↗Tertullian (adv. Marc. 3,13) und erläuterte seine Überlegung mit Verweisen auf das ↗Alte Testament.

Wie bei der ↗Bethlehemitischen Kindermordgeschichte auch, handelt es sich bei der Magier-Erzählung um eine fromme ↗Legende. Damit sollten sich auch Spekulationen erübrigen, welches astronomische Ereignis der Himmelserscheinung eines wandelnden Sterns (Planetenkonjunktion, Supernova, Komet) denn zugrunde gelegen haben könnte.

Spätere Fassungen der Geschichte gehen ins Detail. Im ↗Protevangelium des Jakobus zieht ein "unbeschreiblich großer" Stern vor den Magiern her und bleibt über dem Haupt des Christuskindes stehen (ProtEvJak 21, 731; vgl. Schneemelcher I 347f.). Im ↗arabischen Kindheitsevangelium wird erklärt, dass der Stern, der den Magiern vorangezogen sei, eigentlich ein ↗Engel gewesen war (Markschies 894).

Zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert wurden die Magier aus dem Morgenland zu Königen. Einem Mosaikbild in der Kirche Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna aus dem 6. Jahrhundert sind schon ihre Namen (Balthassar, Melchior, Caspar) bekannt. Die ↗armenische Fassung eines Kindheitsevangeliums, das gegen Ende des 7. Jahrhunderts entstanden ist, hat ebenfalls schon Namen für die Könige. Dort sind sie königliche Brüder und heißen Balthasar, König über Indien, Melqon, König über Persien, und Gaspar, König über Arabien.

Seit den 12. Jahrhundert wird Caspar als Mohr gedacht. In späteren Darstellungen fällt die Rolle des Mohren auch Melchior zu.

Die Mutter ↗Kaiser Konstantins, ↗Helena, soll die Gebeine der Heiligen einst aufgefunden und nach ↗Konstantinopel gebracht haben. Im 4. Jahrhundert sollen sie dann dem ↗Bischof von ↗Mailand, dem Heiligen ↗Eustorgius, als kaiserliches Geschenk übergeben worden sein. Belege zu diesem Ereignis sind rar oder, besser ausgedrückt, nicht vorhanden. ↗Ambrosius, der Nachfolger des Eustorgius auf dem Mailänder Bischofstuhl, verliert über die ↗Reliquien kein Wort. Auch kein anderer Text der ↗Spätantike und des ↗Mittelalters bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts weiß darüber etwas zu berichten.

Nachdem ↗Kaiser Friedrich I. Barbarossa Mailand (1162) geplündert hatte, überließ er seinem Kanzler, dem Erzbischof von ↗Köln, ↗Rainald von Dassel, zum Dank für geleistete Dienste, geraubte Reliquien2. Nach Überführung der heiligen Gebeine von Mailand nach Köln (1164), wem immer diese einmal gehört haben mögen, beauftragte man den Goldschmied Nikolaus von Verdun mit der Herstellung eines adäquaten Behältnisses (↗Dreikönigsschrein).

Der Text, der die Auffindung der Gebeine durch Helena beschreibt (Vita Eustorgii), liegt in seiner Entstehung zeitlich auffallend nahe zum Raub bzw. zur Ankunft der Reliquien in Köln. Er taucht erst nach 1164 auf und ist wohl auch erst kurz vor seiner "Entdeckung" hergestellt worden. Wenn Mailand die Gebeine der Magier tatsächlich seit der Spätantike besessen hat, haben diese über die Jahrhunderte kaum Aufmerksamkeit erregt. Ein Text aus dem Jahr 11583 lässt vielmehr annehmen, dass die drei Heiligen erst kurz vor 1158 in der Kirche Sant’Eustorgio aufgefunden und als Überreste der Magier erkannt worden sind (Hartmann 70f.).

Auch in Mailand hat der Dreikönigskult offenbar erst nach dem Raub der Reliquien Bedeutung gewonnen. In der Cappella dei Magi in Sant’Eustorgio befinden sich heute neben einem spätantiken Sarkophag, in dem die heiligen Knochen angeblich gelegen hatten, jener Teil der Reliquien, den Köln 1903/1904 an Mailand zurückgegeben hat.


1) Zitiert nach der Ausgabe des griechischen Textes durch Tischendorf
2) Neben den Heiligen drei Königen hat man auch noch die Märtyrer Nabor und Felix nach Köln verbracht.
3) Robert von Torigni (≈ 1110-1186), Abt im Kloster auf dem Mont Saint Michel, erwähnt in seiner Chronik, er habe von einem Augenzeugen erfahren, dass bei der Öffnung des Sarkophags der Heiligen drei Könige drei Körper vorgefunden wurden. Der Zustand der Körper ließ es zu, die Lebensalter der Körper zum Zeitpunkt des Todes abzuschätzen. Als sie verstarben dürften sie etwa 15, 30 und 60 Jahre alt gewesen sein.


Literatur:
Martin Hartmann. Über das altspanische Dreikönigsspiel. 1879 Diss UNI Leipzig
Wilhelm Schneemelcher. Neutestamentliche Apokryphen. 2 Bde. 61990 Tübingen. Verl. Mohr Siebeck.
Christoph Markschies, Jens Schröter Hg. Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. Band 1 in zwei Teilbänden. Evangelien und Verwandtes. Teilband 2. 72012 Tübingen. Verl. Mohr Siebeck.



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MfG B.
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