Zur Zeit Jesu in ↗Peräa (Ostjordanland), wohl überwiegend an dem ↗Jericho gegenüberliegenden Ufer des ↗Jordan (Mk 1,9/Mt 3,13; vgl. Lk 3,3) wirkender ↗Asket und ↗Endzeitprediger. Die Historizität der Person ist mit ihrer Erwähnung durch ↗Josephus Flavius (Ant. 18, 116-119) weitestgehend gesichert.
↗Christen gilt der Täufer als Wegbereiter ↗Jesu. Er wurde durch seine Wirkungsgeschichte zur bedeutendsten Gestalt der in der frühen Kaiserzeit wohl häufiger anzutreffenden ↗Täuferbewegungen (Vgl. ↗Sybillinische Weissagungen 4,1651; Wolf 148; Beile 137f.). Eine Zeit lang wird Jesus zur Anhängerschaft des Johannes gehört und sich diesem später entfremdet haben. Die ↗Taufe wurde von den Christen übernommen. Jesus selbst hatte nie getauft.
Die ↗Mandäer besitzen ein "Buch des Johannes" (draša d-jahja). Es ist eine Sammlung von ↗mythologischen Texten sowie dem Täufer (Jahjā-Jōhānā) zugeschriebenen Traktaten und Predigten, nach dem zweiteiligen "Ginza" ("Schatz" oder "Das große Buch") und neben der "Qolastā" (einer Sammlung liturgischer Texte), eines der Fundamente der mandäischen Religion (Gese, Höfner, Rudolph 412).
Im ↗Koran ist Johannes mit Namen "Yayhã" als ↗Prophet und Rechtschaffener (6:85) vermerkt.
Geschichtliche Informationen vermitteln die neutestamentlichen Quellen kaum. Alle Berichte, die den Täufer als Vorläufer2 ↗Christi auftreten lassen, sind ↗anekdotisch und mehrfach überarbeitet. Spannungen, die es zwischen der Anhängerschaft Jesu und jener des Täufers gegeben hat, sind in den Texten noch erkennbar (zB Mk 2,18ff.).
In der mandäischen Tradition ist Jesus ein "falscher Prophet" und Widersacher des Täufers (Gese, Höfner, Rudolph 447).
Johannes ruft alle Menschen zum sündentilgenden ↗Reinigungsbad auf und vollzieht dieses im Jordan. Durch Bußpredigten und Taufe wollte er ↗Israel wie ↗Elija 3 (Vgl. Mk 9,11-13; Mt 11,14) auf den Tag des Gerichts, auf die Feuertaufe (= Vernichtung der Menschheit) vorbereiten. Nur wer seine ↗Sünden bekennt, Umkehr übt und die Jordantaufe durch ihn empfängt4, wird den nahen Tag des ↗Zorns Gottes schadlos überstehen.
↗Lukas führt die Abstammung des Täufers auf ↗Aaron (Lk 1,5) zurück und behauptet eine Verwandtschaft mit Jesus (Lk 1,36).
Die Schilderungen zur Herkunft und Geburt des Täufers sind ↗legendär. Ebenso der biblische Bericht über die Umstände seiner Hinrichtung.
Am Hof des ↗Herodes Antipas pflegte man den griechisch-römischen Lebensstil. Ein Schleiertanz der ↗Salome5 nach orientalischer Art war bei einem Gelage, wie es in der griechisch-römischen Gesellschaft stattzufinden pflegte, unwahrscheinlich.
Der Schleiertanz (↗Bienentanz), bei dem die Mädchen, Frauen ihre Kleidung (Schleier) ablegten und wieder anzogen, ist für Persien und Ägypten belegt. Solche Tanzaufführungen dürften im gesamten ↗Orient anzutreffen gewesen sein, wurden aber überwiegend von gering geachteten Mädchen und Frauen ausgeführt (für Ägypten gibt es dafür Belege).
Dass die Tochter der Herodias, also ein Mitglied der Herrscherfamilie, vor der versammelten führenden Beamtenschaft, vor den hohen Offizieren und den Vertretern der vornehmen Familien ↗Galiläas einen Schleiertanz in orientalischer Manier aufführte (Mk 6,17-29), ist praktisch auszuschließen.
Plausibler ist, dass die Geschichte in Teilen erfunden wurde, um die Fürstenfamilie zu diffamieren.
Die Schilderung des Josephus, wonach Herodes Antipas wegen der großen Massen, die sich um Johannes versammelten, Sorge hatte, dass es zu einem Aufruhr kommen könnte und er den Verdächtigen – einen möglichen Anstifter eines Volksaufstandes - vorsorglich in der Festung ↗Machaerus festsetzte, um ihn später umbringen zu lassen, entspricht dem historischen Sachverhalt wohl eher6.
Bis heute sind sich Kirchenhistoriker auch nicht einig, wo denn die Geburtstagsfeier des Antipas stattgefunden haben könnte.
Auf der Festung Machaerus? Die Festung war schwer zugänglich, von tiefen Schluchten umgeben, wie Josephus schreibt. Zwar hätte man den gefangenen Johannes an der Hand gehabt, für die Eingeladenen, den "vornehmsten Persönlichkeiten Galiläas" (Mk 6,21), wäre das aber eine mühsame Anreise durch gebirgiges, unwegsames Gelände an die Süd-Ostgrenze des anderen Teils des zweigeteilten Herrschaftsgebiets (Galiläa/Peräa) des Herodes Antipas gewesen.
Oder in ↗Tiberias in Galiläa, das Antipas zur Haupt- und Residenzstadt seines Herrschaftsgebiets gemacht hatte? Dann wäre Johannes nicht greifbar gewesen, um ihn nach dem Tanz umbringen zu lassen.
In beiden Fällen hätte der Henker vorsorglich schon vor Ort warten müssen.
Die Grabstätte des Täufers wird in der ↗Johannes-Kathedrale in Samaria (die heute als Moschee genutzt wird) verehrt. Seinen Kopf zu besitzen, wird an mehreren Orten behauptet. Neben San Silvestro in Capite in Rom sind das Notre Dame d’Amiens und die Kirche der heiligen ↗Cyrill und Methodius bei Sosopol, Bulgarien.
Nach einem ↗apokryphen Text aus dem 4. Jh nC (Vita loannis Baptistae, VitIaon) soll der der Körper des Täufers in Sebaste, Samaria, begraben worden sein. Der abgeschlagene Kopf aber habe noch 15 Jahre gepredigt (VitIaon 24f.) und sei danach in Homs zur Ruhe gekommen (begraben worden).
1) Sib 4,165ff.: Reinigt den Körper im fließenden Wasser! Bittet zum Himmel um Verzeihung für eure früheren Taten und sühnt sie mit Lobpreis! Dann wird es Gott reuen, er wird euch nicht schlagen. Wenn ihr fromm und gottesfürchtig seid, besänftigt er seinen Groll. Doch wenn ihr verstockt bleibt und nicht hören wollt aus böswilliger Freude am Frevel, dann wird ein Feuer die Welt überziehen,…
2) Die Bezeichnung "Vorläufer" (πρόδρομος) wird für Johannes weder in den Evangelien noch in der Apostelgeschichte verwendet, ist aber vom Anspruch her durchgehend anzutreffen.
3) Bei ↗Markus und ↗Mattheus ist der Täufer der wiedergekommene Elija (Mk 9,12-13; Mt 11,14.17,12; Vgl. Mal 3,1.23), Lk schwächt ab (Lk 1,17), Joh unterschlägt die Tradition, aus der Mk und Mt geschöpft haben, gänzlich. Bei ihm verneint der Täufer die Frage, ob er der wiedergekommene Elija sei (Joh 1,21).
4) Die Taufe des sündenfreien Jesus, der selbst nicht getauft hat, war schon beim Entstehen der Texte ein kaum lösbares Problem.
5) Der Name des Mädchens, Salome, war den Evangelisten nicht bekannt.
6) RGG, Bd 3, S. 805: Johannes wurde auf Befehl des Herodes Antipas hingerichtet. Darin stimmen die Berichte über seinen Tod überein (Mk 6, 17-29 par; Josephus Ant. 18, 118 f.). Sie differieren aber in der Motivation. Der Josephusbericht (politische Gründe) wird zutreffender sein als die über die Personalverhältnisse der Herodeer wenig informierte Anekdote Mk 6.
Literatur:
Hartmut Gese, Maria Höfner, Kurt Rudolph. Die Religionen Syriens, Altarabiens und der Mandäer. 1970 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer.
Michael Tilly. Johannes der Täufer und die Biographie der Propheten. Die synoptische Täuferüberlieferung und das jüdische Prophetenbild zur Zeit des Täufers. 1994 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer (Diss. Uni Mainz, 1993).
Robert H. W. Wolf. Mysterium Wasser. Eine Religionsgeschichte zum Wasser in Antike und Christentum. 2004 Göttingen. V & R unipress GmbH.
Rüdiger Beile. Zwischenruf aus Patmos. 22005 Göttingen. V & R unipress GmbH.
Vita loannis Baptistae (VitIaon) in: Christoph Markschies, Jens Schröder. Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. Band I, Teilband 2. 72012 Tübingen. Verlag Mohr Siebeck. Seiten 1013-1029.
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↗Christen gilt der Täufer als Wegbereiter ↗Jesu. Er wurde durch seine Wirkungsgeschichte zur bedeutendsten Gestalt der in der frühen Kaiserzeit wohl häufiger anzutreffenden ↗Täuferbewegungen (Vgl. ↗Sybillinische Weissagungen 4,1651; Wolf 148; Beile 137f.). Eine Zeit lang wird Jesus zur Anhängerschaft des Johannes gehört und sich diesem später entfremdet haben. Die ↗Taufe wurde von den Christen übernommen. Jesus selbst hatte nie getauft.
Die ↗Mandäer besitzen ein "Buch des Johannes" (draša d-jahja). Es ist eine Sammlung von ↗mythologischen Texten sowie dem Täufer (Jahjā-Jōhānā) zugeschriebenen Traktaten und Predigten, nach dem zweiteiligen "Ginza" ("Schatz" oder "Das große Buch") und neben der "Qolastā" (einer Sammlung liturgischer Texte), eines der Fundamente der mandäischen Religion (Gese, Höfner, Rudolph 412).
Im ↗Koran ist Johannes mit Namen "Yayhã" als ↗Prophet und Rechtschaffener (6:85) vermerkt.
Geschichtliche Informationen vermitteln die neutestamentlichen Quellen kaum. Alle Berichte, die den Täufer als Vorläufer2 ↗Christi auftreten lassen, sind ↗anekdotisch und mehrfach überarbeitet. Spannungen, die es zwischen der Anhängerschaft Jesu und jener des Täufers gegeben hat, sind in den Texten noch erkennbar (zB Mk 2,18ff.).
In der mandäischen Tradition ist Jesus ein "falscher Prophet" und Widersacher des Täufers (Gese, Höfner, Rudolph 447).
Johannes ruft alle Menschen zum sündentilgenden ↗Reinigungsbad auf und vollzieht dieses im Jordan. Durch Bußpredigten und Taufe wollte er ↗Israel wie ↗Elija 3 (Vgl. Mk 9,11-13; Mt 11,14) auf den Tag des Gerichts, auf die Feuertaufe (= Vernichtung der Menschheit) vorbereiten. Nur wer seine ↗Sünden bekennt, Umkehr übt und die Jordantaufe durch ihn empfängt4, wird den nahen Tag des ↗Zorns Gottes schadlos überstehen.
↗Lukas führt die Abstammung des Täufers auf ↗Aaron (Lk 1,5) zurück und behauptet eine Verwandtschaft mit Jesus (Lk 1,36).
Die Schilderungen zur Herkunft und Geburt des Täufers sind ↗legendär. Ebenso der biblische Bericht über die Umstände seiner Hinrichtung.
Am Hof des ↗Herodes Antipas pflegte man den griechisch-römischen Lebensstil. Ein Schleiertanz der ↗Salome5 nach orientalischer Art war bei einem Gelage, wie es in der griechisch-römischen Gesellschaft stattzufinden pflegte, unwahrscheinlich.
Der Schleiertanz (↗Bienentanz), bei dem die Mädchen, Frauen ihre Kleidung (Schleier) ablegten und wieder anzogen, ist für Persien und Ägypten belegt. Solche Tanzaufführungen dürften im gesamten ↗Orient anzutreffen gewesen sein, wurden aber überwiegend von gering geachteten Mädchen und Frauen ausgeführt (für Ägypten gibt es dafür Belege).
Dass die Tochter der Herodias, also ein Mitglied der Herrscherfamilie, vor der versammelten führenden Beamtenschaft, vor den hohen Offizieren und den Vertretern der vornehmen Familien ↗Galiläas einen Schleiertanz in orientalischer Manier aufführte (Mk 6,17-29), ist praktisch auszuschließen.
Plausibler ist, dass die Geschichte in Teilen erfunden wurde, um die Fürstenfamilie zu diffamieren.
Die Schilderung des Josephus, wonach Herodes Antipas wegen der großen Massen, die sich um Johannes versammelten, Sorge hatte, dass es zu einem Aufruhr kommen könnte und er den Verdächtigen – einen möglichen Anstifter eines Volksaufstandes - vorsorglich in der Festung ↗Machaerus festsetzte, um ihn später umbringen zu lassen, entspricht dem historischen Sachverhalt wohl eher6.
Bis heute sind sich Kirchenhistoriker auch nicht einig, wo denn die Geburtstagsfeier des Antipas stattgefunden haben könnte.
Auf der Festung Machaerus? Die Festung war schwer zugänglich, von tiefen Schluchten umgeben, wie Josephus schreibt. Zwar hätte man den gefangenen Johannes an der Hand gehabt, für die Eingeladenen, den "vornehmsten Persönlichkeiten Galiläas" (Mk 6,21), wäre das aber eine mühsame Anreise durch gebirgiges, unwegsames Gelände an die Süd-Ostgrenze des anderen Teils des zweigeteilten Herrschaftsgebiets (Galiläa/Peräa) des Herodes Antipas gewesen.
Oder in ↗Tiberias in Galiläa, das Antipas zur Haupt- und Residenzstadt seines Herrschaftsgebiets gemacht hatte? Dann wäre Johannes nicht greifbar gewesen, um ihn nach dem Tanz umbringen zu lassen.
In beiden Fällen hätte der Henker vorsorglich schon vor Ort warten müssen.
Die Grabstätte des Täufers wird in der ↗Johannes-Kathedrale in Samaria (die heute als Moschee genutzt wird) verehrt. Seinen Kopf zu besitzen, wird an mehreren Orten behauptet. Neben San Silvestro in Capite in Rom sind das Notre Dame d’Amiens und die Kirche der heiligen ↗Cyrill und Methodius bei Sosopol, Bulgarien.
Nach einem ↗apokryphen Text aus dem 4. Jh nC (Vita loannis Baptistae, VitIaon) soll der der Körper des Täufers in Sebaste, Samaria, begraben worden sein. Der abgeschlagene Kopf aber habe noch 15 Jahre gepredigt (VitIaon 24f.) und sei danach in Homs zur Ruhe gekommen (begraben worden).
1) Sib 4,165ff.: Reinigt den Körper im fließenden Wasser! Bittet zum Himmel um Verzeihung für eure früheren Taten und sühnt sie mit Lobpreis! Dann wird es Gott reuen, er wird euch nicht schlagen. Wenn ihr fromm und gottesfürchtig seid, besänftigt er seinen Groll. Doch wenn ihr verstockt bleibt und nicht hören wollt aus böswilliger Freude am Frevel, dann wird ein Feuer die Welt überziehen,…
2) Die Bezeichnung "Vorläufer" (πρόδρομος) wird für Johannes weder in den Evangelien noch in der Apostelgeschichte verwendet, ist aber vom Anspruch her durchgehend anzutreffen.
3) Bei ↗Markus und ↗Mattheus ist der Täufer der wiedergekommene Elija (Mk 9,12-13; Mt 11,14.17,12; Vgl. Mal 3,1.23), Lk schwächt ab (Lk 1,17), Joh unterschlägt die Tradition, aus der Mk und Mt geschöpft haben, gänzlich. Bei ihm verneint der Täufer die Frage, ob er der wiedergekommene Elija sei (Joh 1,21).
4) Die Taufe des sündenfreien Jesus, der selbst nicht getauft hat, war schon beim Entstehen der Texte ein kaum lösbares Problem.
5) Der Name des Mädchens, Salome, war den Evangelisten nicht bekannt.
6) RGG, Bd 3, S. 805: Johannes wurde auf Befehl des Herodes Antipas hingerichtet. Darin stimmen die Berichte über seinen Tod überein (Mk 6, 17-29 par; Josephus Ant. 18, 118 f.). Sie differieren aber in der Motivation. Der Josephusbericht (politische Gründe) wird zutreffender sein als die über die Personalverhältnisse der Herodeer wenig informierte Anekdote Mk 6.
Literatur:
Hartmut Gese, Maria Höfner, Kurt Rudolph. Die Religionen Syriens, Altarabiens und der Mandäer. 1970 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer.
Michael Tilly. Johannes der Täufer und die Biographie der Propheten. Die synoptische Täuferüberlieferung und das jüdische Prophetenbild zur Zeit des Täufers. 1994 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer (Diss. Uni Mainz, 1993).
Robert H. W. Wolf. Mysterium Wasser. Eine Religionsgeschichte zum Wasser in Antike und Christentum. 2004 Göttingen. V & R unipress GmbH.
Rüdiger Beile. Zwischenruf aus Patmos. 22005 Göttingen. V & R unipress GmbH.
Vita loannis Baptistae (VitIaon) in: Christoph Markschies, Jens Schröder. Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. Band I, Teilband 2. 72012 Tübingen. Verlag Mohr Siebeck. Seiten 1013-1029.
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MfG B.