14-07-2015, 17:14
(14-07-2015, 09:16)Jutta schrieb: Ich sehe das eigentliche Problem darin, dass BEIDE SEITEN unbedingt Recht haben wollen, auch auf Kosten der Wahrheit.Der Zusammenhang liegt tiefer, wenn man genauer hin sieht und darüber nachdenkt.
Religion ist eine i. d. R. organisierte Weltanschauung und bezieht sich auf das soziale Sein ihrer Glieder. Religionen beziehen jene jahrhundertelange Erfahrung dessen ein, was für Gemeinden "gut" ist. Hier gibt es zwei Sorten, die autoritäre und die fördernde und verbindende Ausprägung. Das wird deutlich z. B. bei Erich Fromm, den Bion kürzlich zitiert hat. (Verwandtes und Sonstiges › Atheismus und Agnostizismus/ Religionskritik- Religion als kollektive Phantasiebefriedigung? - hier)
Aus letzterer haben sich seit der Aufklärung säkulare, nicht mehr auf ein Heiliges, Absolutes bezogene Weltanschauungen entwickelt, die letztendlich die menschliche Sozietät bestimmen lässt, wie zusammen gelebt werden soll (z. B. Humanismus, Utilitarismus oder „nichts“, wie manche zur Antwort geben.)
Kommen wir zur Kritik! Was wird kritisiert? Meist sind das nicht die eigentlich religiösen, sondern die profanen Dinge einer Religionsgesellschaft. Von nun an reden die Diskussionsteilnehmer aneinander vorbei.
Die einen lassen auf ihre Religion so wenig kommen wie ein Wissenschaftler auf die Grundlagen seiner Wissenschaft. Die anderen behaupten: So, wie sich diese Leute daneben benehmen, so ist diese Weltanschauung – und das ist definitiv falsch.
Denn das ist so, als wenn ich unter den Tausenden von Verbrechern aller Couleur die Atheisten, angeblichen Humanisten, schlicht Ungläubigen heraus suche und sage: Seht her – so sind sie die Atheisten, Humanisten oder Ungläubigen.
Nein, so sind diese Weltanschauungen eben nicht! Sondern sie haben Mitglieder oder Strukturen, die gewisse negativen Eigenheiten des menschlichen Zusammenlebens so wenig verhindern können, wie die Zivilgesellschaft.
(14-07-2015, 09:16)Jutta schrieb: Und, dass Sektenangehörige sich oft PERSÖNLICH angegriffen fühlen, wenn die eigene Religion kritisiert wird. JEDE RELIGION hat GUTE und SCHLECHTE SEITEN. Während Sektenanhänger die guten Seiten betonen wollen, wobei sie oft die negativen Seiten verschweigen, verleugnen und verdrängen; sehen ihre kritiker vor allem die negativen seiten, und verlieren dabei zu oft die guten Seiten aus dem Blickwinkel.Dem kann ich nur zum Teil zustimmen. Außer Acht bleibt, dass die Grundlage der eigenen Identität entzogen wird – und Wut erzeugt, zumal die Kritik ja polemisch mit Negativtouch an der Grundlage und nicht allein an ihren Protagonisten vorgebracht wird. Hier macht der Ton die Musik und der falsche Adressat!
Das einzelne Kirchenglied kennt nur „lauter nette, integre Leute“; es sei denn, es wurde gemobbt.
(14-07-2015, 11:12)Wilhelm schrieb: Ich denke mal, dass sich Glauben und Wahrheit gegenseitig ausschließen. Liegt vielleicht daran, das sich Wahrheiten beweisen lassen, Glauben nicht.Das ist mir zu unpräzis. Glaube und säkulare Weltanschauungen beziehen sich letztendlich auf das Beziehungsgeflecht der Gesellschaft oder Teilgesellschaft. In der Wissenschaft sind das einige Grundregeln, wann man etwas akzeptieren will, was andere sagen.
Zum Verhältnis von Wissen und Glaube siehe hier
Zur Grundhaltung der wissenschaftlichen Gemeinschaft siehe hier.
Was jetzt „Wahrheit“ oder „Wahrheiten“ sein sollen, erschließt sich mir nicht. Auch darüber gibt es bereits „Gespräche“ in unserem Forum: hier und hier.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard