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Bußübungen oder Liebe bei Meister Eckhart
#1
Im Text "Von der Dunkelheit" von Meister Eckhart wird sehr gut über die Gottesgeburt im Menschen gesprochen und über die damit verbundenen Hindernisse. Es ist ein mittelalterlicher Text und man würde erwarten auf Leibfeindlichkeit zu treffen auf die Weise, dass der sündige Leib "gestraft werden solle um zu Gott zu kommen. Im nachfolgenden sinngemäßen Zitat wird aber ein anderes und durchaus auch für heutige Menschen nachvollziehbares Bild deutlich:

Buße ist erdacht, da der Leib sich dem Geist entgegenstellt. Der Leib ist hier kühn und stark, denn hier ist er zu Hause. Die Welt hilft ihm, die Erde ist sein Vaterland. Ihm helfen hier alle seine Verwnandten, die Speise, der Trank die, Schönheit. Der Geist ist hier fremd ! Damit der Leib den Geist nicht überwindet gibt es Buße.

Im weiteren Verlauf dieses Textes weißt Meister Eckhart auf die stärkere Wirkung der Liebe hin, die wenn sie gelebt wird eine starke Bürde für den Leib ist. Bei der spirituell verstandenen Liebe geht es nicht darum das sündhafte zu vernichten, es beschreibt einen Weg wie sich das sündhafte, weltliche von selbst auflöst, wenn der Geist zu seinem Recht kommt. 

Persönlich kenne ich wie jeder andere dieses Problem, salopp formuliert, den inneren Schweinehund zu besiegen. Wenn ich versuche mir klar zu machen was für mich wirklich Bedeutung hat, dann kann ich durch dieser "Arbeit" zu Ideen kommen und es wird immer für den Moment des Nachdenkens klar was für mich Sinn macht.  

Fazit: Die wirkliche "Bußübung" besteht nicht darin dass negative, das Sündhafte, das Unvollkommene zu bekämpfen. Es besteht darin eine wirkliche Alternative zu den zufälligen Vorlieben des Ego zu leben und so die Möglichkeit zu haben frei zu werden. Darin geübte Menschen, zu denen ich nicht gehöre, werden dies wohl in jedem Augenblick Ihres Lebens leben können. Ich muss dagegen noch sehr viel üben, damit diese Art der Distanz zu meinem Ego mir in "Fleisch und Blut" übergeht, wie man so sagt.
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#2
(28-12-2019, 18:19)Stefan82 schrieb: Es ist ein mittelalterlicher Text und man würde erwarten auf Leibfeindlichkeit zu treffen auf die Weise, dass der sündige Leib "gestraft werden solle


Das Mittelalter war gar nicht so leibfeindlich, wie heute getan wird. Der Mensch damals fraß und suff sehr gerne (Bauern und Ritter)
Bauern, kleine Ritter und kleine Mönche soffen Bier in riesiger Menge,
Grafen, Herzöge, Könige und Prälaten sprachen dem Saft der aus dem Mittelmeer stammt, sehr gerne zu (Wein)
Um das tägliche Brot wurde auch damals gebetet, und Fleisch war (bis auf die Fastenzeit) ein zentrales Thema
Gerade die kleinsten Bauern hatten als liebsten Zeitvertreib die "Fleischeslust" - sprich Kinder machen
und beim Adel war das nicht anders (siehe den seltsamen König Henry VIII, der wegen seinen Weibergeschichten traurige Berühmtheit erlangte)

"Leibfeindlichkeit" war das Kennzeichen von Sekten, die bald verfolgt wurden.
Siehe die Katharer - nach denen die "Ketzerei" benannt wurde
Siehe die Geißler - die alsbald verfolgt wurden
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#3
Du schreibst, daß sich der "Geist" gegen den Trank auflehnte.
Das ist doch voll in Ordnung! In heutiger Sprache sagt man, daß sich der "Intellekt" oder die "Vernunft" gegen die Alkoholabhängigkeit auflehnt. Klar erkannte der Mensch des Mittelalters, daß zu viel an Alkohol schadet: man wird müde, langsam und faul, man wird dick (Bierbauch) und das unmäßige Essen oder Fressen macht ebenso dick und dann fällt er um (Begriffe wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Zuckerkrankheit waren damals unbekannt) und allzuviel Schönheit ist eine Gefahr für junge Mädchen, auf Abwege zu kommen, ungewünscht schwanger zu werden. Im Dorf war es nicht ratsam, mit figurbetonter Kleidung, voll mit Henna geschminkt und mit wallendem Haar und aufreizendem Schritt zur Feldarbeit zu stolzieren

Der Mensch damals hatte von Medizin keine Ahnung, die Existenz des Blutkreislaufs war unbekannt, ebenso die Existenz von Blutgruppen, Cholesterin und Triglyceride sowie Leberwerte kannte man nicht, aber man wußte aus der Bibel daß zu viel an Suff und Fraß und Fleischeslust in den Untergang führt. Und dies bewahrheitete sich auch durch ständige Beobachtung. Trunkenbolde wurden nicht alt (sie verunglückten beim Reiten, starben bei Raufhändeln, wurden hingerichtet, starben mit 30 eines natürlichen aber dennoch gräßlichen Todes) - Vielfraße wurden fett und häßlich, konnten nicht mehr schnell gehen ohne in Atemnot zu kommen, konnten nicht mehr richtig arbeiten (ein Problem für Bauern) und nicht mehr fechten und nicht mehr gut reiten (ein Problem für Ritter) - wer zu viel mit seiner Frau "beisammen war" hatte bald ein Dutzend Kinder zu ernähren

Da gibt es viele soziologische Milieustudien - hochinteressant zu lesen !

Da brauchte es keine Bußübungen, keine katharischen Lehren, keine Flagellanten, keine Bettelmönche und keine Wanderprediger

Der Mensch vor 1000 Jahren lebte noch in Einklang mit der Natur, er war naturverhaftet
Kein Tier säuft und frißt etwas, das ihm schadet. Kein Tier frißt so viel, daß es übergewichtig wird. Ich habe noch nie einen übergewichtigen Hirschen gesehen
Und der Mensch damals lebte viel vernünftiger als der heutige Mensch
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#4
.
Mit "Buß-Übungen" wird es m. E. nicht getan sein. 
Buße im biblischen Sinne heißt Umkehr, sich vom Unrecht tun abwenden und sich der Gerechtigkeit zuwenden.  

Dazu gibt es eine einfache biblische Regel, die ein gewisser Jesus aus Nazaret aufgestellt laut  

Mt 7,12:
"Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Denn darin besteht das Gesetz und die Propheten".  

Lk 6,31: 
"Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, tut ihnen ebenso!" 


Entsprechendes ist sinngemäß in vielen (auch nicht christlichen) Kulturen ausgedrückt und wird in neuer Zeit auch als "Goldene Regel" bezeichnet. Siehe dazu nur mal in 

https://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel

Konfuzius (551–479 v. Chr.) antwortete laut seinen um 200 n. Chr. aufgeschriebenen Analekten einem Schüler auf die Frage, was sittliches Verhalten sei:  
"Begegne den Menschen mit der gleichen Höflichkeit, mit der du einen teuren Gast empfängst. Behandle sie mit der gleichen Achtung, mit der das große Opfer dargebracht wird. Was du selbst nicht wünschst, das tue auch anderen nicht an. Dann wird es keinen Zorn gegen dich geben – weder im Staat noch in deiner Familie."
(Zitat Ende)
.
Vorsicht: Lesen, was verständlich geschrieben ist, gefährdet die Dummheit.
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#5
Aber hier in dieser Diskussion geht es nicht darum, wie man sich anderen Menschen gegenüber verhalten soll, sondern um eine gesunde Lebensweise

Und zwar um den Erhalt der physischen und psychischen Gesundheit - der Mensch hatte offenbar schon früh erkannt, daß ein Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Gesundheit besteht. Ein Säufer und Vielfraß, der über die Stränge haut und schläfrig und fett und schwer wird, ist auch psychisch wenig leistungsfähig. Zwar verwendete der Mensch im Mittelalter keine Begriffe aus der altgriechischen Welt ("physisch" und "psychisch"), aber er erkannte, daß hier ein Zusammenhang besteht.

Aber der Mensch im Mittelalter wußte auch, daß Askese schädlich für Körper und Geist ist.
Die sechswöchige jährliche Fastenzeit (40 Tage) waren niemals eine Bedrohung für die Gesundheit, sondern eher eine Entgiftungskur oder Entschlackungskur.
Aber alles Fasten außerhalb der Fastenzeit, alles Kasteien, alles sich selbst geißeln, all die übertriebenen sektenhaften Übertreibungen galten ihm als suspekt. Gerade mal in abgeschlossenen Klöstern hinter hohen Klostermauern wurde solches toleriert - in der Öffentlichkeit erregte es Ärgernis. Zurecht! Denn eine Gesellschaft von Bauern und Rittern konnte sich solches kontrolliertes Siechen nicht leisten. Es brauchte kräftige Männer die arbeiten und fechten und reiten können, es brauchte gesunde, gebärfähige Frauen und keine bigotten Wracks die fiebernd, zitternd und schwindsüchtig das Ende der Welt herbeiträumten
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#6
(28-12-2019, 20:13)Sinai schrieb: "Leibfeindlichkeit" war das Kennzeichen von Sekten, die bald verfolgt wurden.

Sie ist aber gerade in den paulinischen Schriften deutlich erkennbar und war auch schon in fruehchristlichen Zeiten ein weit verbreitetes Phaenomen.


Der Ansatz im Originalbeitrag ist ja nicht verkehrt. Das ist zwar noch nicht die Goldene Regel, aber schon Leviticus 19,18 gebietet dies:

"An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr."

Die positive Grundeinstellung ist der Schluessel zum harmonischen Zusammenleben.
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#7
Nun, ich hatte vor allem auf die in der Fragestellung enthaltenen Wörter Liebe und Ego abgestellt. 

Viele Grüße 
Herbert
Vorsicht: Lesen, was verständlich geschrieben ist, gefährdet die Dummheit.
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#8
(28-12-2019, 22:01)Herbert schrieb: Nun, ich hatte vor allem auf die in der Fragestellung enthaltenen Wörter Liebe und Ego abgestellt.

Die sind ja implzit im Satz "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" enthalten.


Diese Fluegelkaempfe zwischen den eher lebensbejahenden und den strafbetonten Parteien im Judentum bestimmten ein Grossteil der Makkabaeer-Zeit und auch die Endzeit Judaeas.
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#9
Der Punkt auf den ich eigentlich hinaus wollte ist die Frage auf welche Art eine Gotteserfahrung am Ehesten möglich ist, wie der Mensch zu dem Bild werden kann, dass Gott von ihm hatte bevor er Welt erschuf.  Buße soll von der Sünde befreien. Mit Leiblichkeit ist nicht zuerst ein gesundes Leben gemeint. Es ist eher die Frage ob die Lebenshaltung eher auf Vergängliches gerichtet ist oder auf der Ahnung desen, was ewig ist. Und dies Ahnung des Ewigen wird in der Konzentration auf ein geistiges Leben, das ein Mensch durch das spühren und ausdrücken seines Wesens erreichen kann ermöglicht. Um die Frage welcher Wesensausdruck einem Menschen in Wahrheit am besten entspricht, wodurch er das Gefühl hat heimzukommen und nicht mehr Unzufrieden zu sein mindestens  für den Moment seines Tuns.
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#10
(28-12-2019, 22:18)Stefan82 schrieb: Der Punkt auf den ich eigentlich hinaus wollte ist die Frage auf welche Art eine Gotteserfahrung am Ehesten möglich ist, wie der Mensch zu dem Bild werden kann, das[s] Gott von ihm hatte bevor er Welt erschuf. 

Das ist nun wirklich nicht zu beantworten.
Wie es war, bevor Gott die Welt erschuf.
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#11
(28-12-2019, 22:04)Ulan schrieb: Die sind ja implzit im Satz "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" enthalten.

Diese Fluegelkaempfe zwischen den eher lebensbejahenden und den strafbetonten Parteien im Judentum bestimmten ein Grossteil der Makkabaeer-Zeit und auch die Endzeit Judaeas.

Ja das zweite Gebot ist ja auch zutreffend.

Mir ist aber nicht klar, worauf Du mit Deinem Hinweis auf Flügelkämpfe hinaus willst.

Viele Grüße
Herbert
Vorsicht: Lesen, was verständlich geschrieben ist, gefährdet die Dummheit.
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#12
lebensbejahend / strafbetont
Mir ist das auch zu schwammig

Bitte um Konkretisierung !
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#13
(28-12-2019, 22:18)Stefan82 schrieb: Der Punkt auf den ich eigentlich hinaus wollte ist die Frage auf welche Art eine Gotteserfahrung am Ehesten möglich ist, wie der Mensch zu dem Bild werden kann, dass Gott von ihm hatte bevor er Welt erschuf.  Buße soll von der Sünde befreien. Mit Leiblichkeit ist nicht zuerst ein gesundes Leben gemeint. Es ist eher die Frage ob die Lebenshaltung eher auf Vergängliches gerichtet ist oder auf der Ahnung desen, was ewig ist. Und dies Ahnung des Ewigen wird in der Konzentration auf ein geistiges Leben, das ein Mensch durch das spühren und ausdrücken seines Wesens erreichen kann ermöglicht. Um die Frage welcher Wesensausdruck einem Menschen in Wahrheit am besten entspricht, wodurch er das Gefühl hat heimzukommen und nicht mehr Unzufrieden zu sein mindestens  für den Moment seines Tuns.

Meines Erachtens verknüpfst du da mehrere Dinge miteinander, die so wohl nicht zusammenpassen. Das macht eine Beantwortung sehr schwierig bis unmöglich.

Zunächst müsstest du mal sagen, was du mit "Welt" meinst. Das ganze Universum, die Erde, die Menschheit insgesamt, oder was sonst?

Meine persönliche Meinung dazu ist, dass Gott nichts von dem zuvor von mir genannten geschaffen hat. Da vertraue ich eher auf die Ergebnisse der Evolutionstheorie. 

Mir ist auch nicht klar, was du dir unter einer Gotteserfahrung vorstellst.

Das Bild Gottes (des unsichtbaren Gottes) ist nach meinem Verständnis der Mensch Jesus Christus. Da Jesus den Willen Gottes getan hat, ist er ein Sohn (Kind) Gottes, wie jeder andere Mensch auch, der den Willen Gottes tut. 
Allerdings hat Jesus eine Vorrangstellung von Gott gegenüber allen anderen Kindern Gottes erhalten.

Von der Sünde befreit, die Sünde nicht mehr zu tun.
denn wer nicht mehr sündigt  hat sich von der Sünde abgewendet, ist also umgekehrt und hat damit Buße getan. Diesem Menschen werden seine früheren Sünden vergeben, was auch Jesus gepredigt hat. Das steht schon im Buch Hesekiel geschrieben,
Ist also keine "Erfindung" von Jesus.

Was nun das Leibliche betrifft, wobei der Leib letztlich auch Fleisch (Gewebe) ist, so steht in den Evangelien geschrieben, dass das Fleisch nichts nützt, sondern der Geist lebendig macht. 

Siehe dir eine Leiche an, die nach wie vor Fleisch (Gewebe) ist, und du wirst erkennen, dass in ihr kein Leben ist, weil kein Geist mehr in ihr ist.

Die Lebensgestaltung sollte so ausgerichtet sein, dass sie der Goldenen Regel entspricht, was ich früher schon mal schrieb. 

Das Gute tun, führt zum (ewigen/dauerhaften) Leben und das Böse tun zum Tod. Daran erkennt man, wessen geistiges Kind du bist: Gottes oder des Teufels. 

Wer aber bisher ein Sünder war und sich dann dem Guten zuwendet und nicht mehr sündigt, der ist von den Toten zu den Lebenden hinübergegangen.

Schon gemäß der Antwort des Konfuzius (siehe meinen Hinweis auf Wikipedia - Goldene Regel), 
wirst du dauerhaft in Frieden und Zufriedenheit leben können und nicht nur für den Moment.

Viele Grüße
Herbert
Vorsicht: Lesen, was verständlich geschrieben ist, gefährdet die Dummheit.
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#14
(29-12-2019, 01:44)Herbert schrieb:
(28-12-2019, 22:04)Ulan schrieb: Die sind ja implzit im Satz "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" enthalten.

Diese Fluegelkaempfe zwischen den eher lebensbejahenden und den strafbetonten Parteien im Judentum bestimmten ein Grossteil der Makkabaeer-Zeit und auch die Endzeit Judaeas.

Ja das zweite Gebot ist ja auch zutreffend.

Mir ist aber nicht klar, worauf Du mit Deinem Hinweis auf Flügelkämpfe hinaus willst.

Nun, das von Dir gebrachte Jesus-Ztat in Mt 7,12 ist ja in seiner negativen Form fuer Hillel (um 30 v. – 10 n. Chr.) ueberliefert:
"Was dir verhasst ist, das tue deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora, alles andere ist Auslegung. Geh, lerne!"

Die Kaempfe zwischen den Schulen von Hillel und Schammai bestimmten den juedischen Diskurs im Judaea der Zeit Jesu und bis zum Untergang Jerusalems. Das gipfelte darin, dass die Schueler Hillels bei einem gemeinsamen Treffen in einem Haus entweder vertrieben oder umgebracht wurden. Das Blatt wendete sich dann nach dem verlorenen Krieg. Die Differenzen zwischen den beiden Schulen betrafen die Tora-Auslegung (Beispiele siehe hier). Das Haus Schammai vertrat die strikteren Positionen, das Haus Hillel war toleranter.

Der Bezug zum Thema (Bußübungen oder Liebe) sollte durch die im Link gegebenen Beispiele klar sein. In einem Fall wird strikte Befolgung von Regeln als der Weg zum Heil gesehen, im anderen wird die positive Ueberwindung von Hindernissen betont, bei der einem die Erleuchtung sozusagen nebenbei zuteilwird.
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#15
(29-12-2019, 02:50)Herbert schrieb: Meines Erachtens verknüpfst du da mehrere Dinge miteinander, die so wohl nicht zusammenpassen. Das macht eine Beantwortung sehr schwierig bis unmöglich.

Zunächst müsstest du mal sagen, was du mit "Welt" meinst. Das ganze Universum, die Erde, die Menschheit insgesamt, oder was sonst?


Meine persönliche Meinung dazu ist, dass Gott nichts von dem zuvor von mir genannten geschaffen hat. Da vertraue ich eher auf die Ergebnisse der Evolutionstheorie. 

Die Gesetze der Evolutionstheorie gelten

Mir ist auch nicht klar, was du dir unter einer Gotteserfahrung vorstellst.

Das Bild Gottes (des unsichtbaren Gottes) ist nach meinem Verständnis der Mensch Jesus Christus. Da Jesus den Willen Gottes getan hat, ist er ein Sohn (Kind) Gottes, wie jeder andere Mensch auch, der den Willen Gottes tut. 
Allerdings hat Jesus eine Vorrangstellung von Gott gegenüber allen anderen Kindern Gottes erhalten.

...

Was nun das Leibliche betrifft, wobei der Leib letztlich auch Fleisch (Gewebe) ist, so steht in den Evangelien geschrieben, dass das Fleisch nichts nützt, sondern der Geist lebendig macht. 

Siehe dir eine Leiche an, die nach wie vor Fleisch (Gewebe) ist, und du wirst erkennen, dass in ihr kein Leben ist, weil kein Geist mehr in ihr ist.

...

Wer aber bisher ein Sünder war und sich dann dem Guten zuwendet und nicht mehr sündigt, der ist von den Toten zu den Lebenden hinübergegangen.

...
Mit "Welt" ist all das gemeint, was ein Mensch mit seinen Sinnen wahrnehmen kann verbunden mit den natürlichen Bedürfnissen die daraus enstehen,  etwa Hunger, Sexualität, die Wahrnehmung der Umstände des eigenen Lebens und der unmittelbaren Umwelt als Mittel zum Überleben. 

Im Gegensatz dazu steht Mystik als zweckfreie Sichtweise auf die Welt. Aus dieser Perspektive werden die eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften akzeptiert wie sie sind und es entsteht der Versuch die weltlichen Ereignisse aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen. Diese Perspektive kann man Wahrnehmung der Gnade oder der "Gratitude/Geschenkhaftigkeit" nennen. 

Evolutionstheorie, Naturgesetze und ihr Ursprung

Die Naturgesetze, zu der ich auch die Evolutionstheorie zähle, gelten natürlich voll und ganz für eine Beschreibung nach welchen Gesetzen sich das Leben entwickelt. Ich glaube nicht, dass Gott durch Wunder die gegebenen Gesetze einfach außer Kraft setzt, wie etwa eine Jungfrauengeburt. 
An einer Stelle müssen Theorien und Modelle aber beginnen. Es muss zunächst einmal einen Menschen geben, der von dem ausgeht was er sieht ein Modell entwickelt. Es ist aber nicht so, dass die so entdeckten  Gesetze völlig unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten eines Menschen sein können. Ein kleines Beispiel: Wir sehen ja auch nur einen Teil des elektromagnetischen Spektrums, als Licht. Auf eine umfassendere Sicht können wir nur durch unseren Verstand schließen. Es ist so als würde man den Himmel durch ein Schilfrohr betrachten, es ist immer nur ein Ausschnitt sichtbar.
Ich will damit nur sagen, dass die Wahrnehmung unseres Lebens als Erscheinung unsere Existenz selbst, selbst wenn sie vollsändig theoretisch erfasst werden kann, die Erste-Person-Perspektive nicht umfasst, sondern sie zur Voraussetzung hat.

Gotteserfahrung

Unter Gotteserfahrung verstehe ich eine Erfahrung die sich natürlich auch innerhalb dieser Welt mit Ihren Naturgesetzen abspielt. Ich kann es mir nur so vorstellen, dass es sich bei dieser Art von Erfahrung um eine zunehmende Bewusstwerdung unbewusster Impulse handelt, die normalerweise im verborgenen bleiben. Meister Eckhart nennt eine solche Erfahrung "Möglichkeit des Empfangens". Ich verstehe dass so, dass ich mich als Mensch bereit machen kann, dass etwas in mir entsteht, von dem ich einerseits weis, dass ich handle, dass andererseits aber der Inhalt der Handlung als gegeben, als Geschenk erscheint, oder eben als Bewusstwerdung eines unbewussten Prozesses den wir nicht kontrollieren sondern höchstens wahrnehmen können. 

Diese Vorstellung dienst mir aber nur der Orientierung was man wohl unter Gotteserfahrung verstehen kann. Ich könnte nicht aus eigener Erfahrung sagen was es heißt, "Ich lebe nicht, Christus lebt in mir." 

Sünde

Wie du es beschrieben hast, in einer Leiche ist nur noch "Fleisch" aber kein "Geist". Sünde führt zum Tod. Der leibliche Tod kann damit nicht allein gemeint sein, denn jeder stirbt. Was aber heißt dann ewiges Leben. Jesus sagt: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Für mich, das ist in aller kürze nur meine Meinung, heißt dass wenn ich an Meister Eckhart denke, dass was das sinnvolle im Leben eines Menschen ausgemacht hat, was aus dem Grund seiner Seele entstanden ist, identisch ist mit dem göttlichen und dieses göttliche natürlich nicht stirbt. Das einzige was durch den Tod vergeht, ist diese konkrete Erscheinungsform, etwas geschaffenes, etwas kreatürliches, dass an sich selbst ohne Gott nichts ist. 
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