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Normale Version: Kann die Wissenschaft moralische Werte festlegen?
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Wenn man mich auf den Utilitarismus reduzieren will, dann würde ich auch gerne eklärt haben bekommen in wie weit die Axiome der Naturwissenschaft kein Nützlichkeitsprinzip inne haben? Sind wir vielleicht alle von 10-Dimensionalen Wesen gesteuerte Marionetten? Ich weiß es nicht, denn philosophisch gesehen gibt es für diese Art von Metaphysik keine naturwissenschaftliche Antwort. Was hat die Naturwissenschaft also mit der Metaphysik gemacht? Nichts, sie ignoiert die Tatsache und schaut nach dem praktischen, dem nützlichen Wert. Noch ein kleines Beispiel dazu. Der Nihilismus eine schöne alternative für die subjektive Moral, nämlich das alles garkeinen Wert hat, denn wenn sowieso alles subjektiver Natur ist, dann gibt es halt keine Erkenntnis keine Fakten und keien Naturwissenschaft und besonders keine Moral. Wozu also Gesellschaftlich vereinbaren, dass die Menschenwürde wichtig ist, wenn es sowieso keinen Zweck hat? Warum machen wir es trotzdem? Wegen dem Sinn und Zweck oder auch wegen dem praktischen Nutzen.

Gundi

(07-01-2019, 20:07)Holmes schrieb: [ -> ]Meine Behauptung ist, dass man biologisch festellen kann, dass der Mensch etwa ein Bedürfnis hat zu überleben und das einzige Axiom das du hier ziehen musst, ist das dieses Bedürfnis deine Sollaussage herstellen soll.

Du sagst also, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse bei ethischen Fragen mitberücksichtigt werden sollten?
Ich denke, da wird dir hier keiner widersprechen.

Aber das ist ja schon noch etwas anderes, als der Threadtitel vorgibt: "Kann Wissenschaft moralische Werte festlegen?"

Kann Biologie moralische Werte festlegen? Nein.
Können biologische Erkenntnisse bei ethischen Fragestellungen berücksichtigt werden? Ja.

(07-01-2019, 20:07)Holmes schrieb: [ -> ]Das Axiom ist hier dein logischer Schluss der dir fehlt, eben weil ich keine objektive Moral die Gottgegeben erschaffen will, will ich ein Axiom setzen, dass eben abhilfe schafft für diesen logischen Schritt.

Diesen Satz kann ich leider nicht verstehen.

(07-01-2019, 20:07)Holmes schrieb: [ -> ]Ich hoffe das ist jetzt klarer?

Für mich nicht. Ich finde deine Ausführungen teilweise sehr diffus und unverständlich. Sorry.
(07-01-2019, 20:13)Holmes schrieb: [ -> ]Wozu also Gesellschaftlich vereinbaren, dass die Menschenwürde wichtig ist, wenn es sowieso keinen Zweck hat? Warum machen wir es trotzdem? Wegen dem Sinn und Zweck oder auch wegen dem praktischen Nutzen.


Aber natürlich. Worauf willst du damit hinaus?
Es ist doch klar, dass sich moralische Werte letztlich auf Basis von Erfahrungen entwickeln, und einen praktischen Nutzen haben sollen.

Du beschreibst hier mehr oder weniger eine wissenschaftliche Untersuchung z.B. des Phänomens 'Leid'.
Das kann man natürlich machen, und dabei von mir aus auch gerne mit Axiomen arbeiten.

Aber in dem Moment, in dem man daraus moralische Werte (ein 'Soll') formuliert, hört die Wissenschaft auf, und fängt Weltanschauung an.
Und ich befürchte, dass eine reine Betrachtung solch wissenschaftlicher Ergebnisse (ohne Basis bereits vorhandener humanistischer Werte), zu reichlich erschreckenden Ergebnissen führen kann.
Klar kann man an dieser Stelle auch hergehen und sagen: "Aber das ist doch das Optimum, sichert das Überleben, und ist demnach moralisch richtig", aber das ist keine wissenschaftliche Aussage.

Gundi

(07-01-2019, 22:38)Mustafa schrieb: [ -> ]Und ich befürchte, dass eine reine Betrachtung solch wissenschaftlicher Ergebnisse (ohne Basis bereits vorhandener humanistischer Werte), zu reichlich erschreckenden Ergebnissen führen kann.

Imho begehst du mit einer solchen Aussage den gleichen Fehler wie Holmes. Die "erschreckenden Ergebnisse" würden doch auch nicht aus den wissenschaftlichen Ergebnissen kommen, sondern aus einer Weltanschauung heraus, die die wissenschaftlichen Ergebnisse eben so nutzt, oder?
(07-01-2019, 22:52)Gundi schrieb: [ -> ]Imho begehst du mit einer solchen Aussage den gleichen Fehler wie Holmes. Die "erschreckenden Ergebnisse" würden doch auch nicht aus den wissenschaftlichen Ergebnissen kommen, sondern aus einer Weltanschauung heraus, die die wissenschaftlichen Ergebnisse eben so nutzt, oder?

Meinst du damit, dass man gar nicht 'ohne Weltanschauung' betrachten, und (in Hinsicht Moral) auswerten kann?
Das ist natürlich richtig, das habe ich ungenau formuliert.
Klar, es kommen nur dann erschreckende Ergebnisse, wenn man vorher schon die Axiome entsprechend gesetzt hat, und auch entsprechende Deutungen vornimmt.
Das kann m.E. aber schon durch ein Postulat wie 'Reduzierung von Leid = moralisch gut' passieren. Dazu gab es hier ja schon Beispiele.
(07-01-2019, 19:56)Gundi schrieb: [ -> ]
(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Mustafa hat doch auf das Grundproblem hingewiesen. Die Ableitung von Moral aus der Biologie ist nicht moeglich, da man so auch ausgpesproche utilitiaristisch argumentieren kann. Z.B. waere es doch weitaus vorteilhafter fuer die Gesellschaft als Ganzes, Kranke, Alte und Leute, die keinen Nutzen fuer die Gesellschaft darstellen, zu toeten.

Vor allem sind Fragen nach Nutzen und Unnutzen für eine Gesellschaft keine biologischen. Sie sind schlicht nicht Untersuchungsgegenstand dieser Disziplin.

Jein. Holmes hat sich ja nur auf einen einzigen Punkt eingeschossen, den er in der Biologie zu erkennen vermeint. Im Prinzip ist aber der Einzelne in einer biologischen Betrachtung nichts, denn es geht um den Erfolg von Populationen (also nicht ganz "Gesellschaft", aber doch mehr als nur das Individuum). Und da koennen die besten Strategien recht unangenehm fuer den Einzelnen sein. Ausserdem ist Tod ja letztlich mit Sicherheit das Ende von Leiden. Der biologische Blickwinkel ist fuer eine individuell augerichtete Morallehre, wie sie Holmes vorschwebt, prinzipiell recht ungeeignet.

Dass wir hier ueber weltanschauliche Entscheidungen reden, ist klar. Mir ging's eher darum, aufzuzeigen, dass ich Lehren aus der Biologie nicht ganz so rosig sehe, um daraus den Handlungsrahmen einer leidensfreien Gesellschaft abzuleiten. Vor allem halte ich das fuer ueberfluessig, sobald es ueber eine Feststellung des Machbaren hinausgeht.
Wie soll dieses eingeschossen gemeint sein, wenn die Axiome sich danach richten würden, je nach dem, welchen biologischen Fakt man ableiten kann. Mein Axiom fängt nicht bei dem leiden an, sondern dort, dass Menschen nicht Wertefrei auf die Welt kommen und mit einer gewissen Moralvorstellung geboren werden. Das kann man jetzt natürlich verneinen, aber darauf fixiert sich das axiom ja, dass eben Menschen erfahrungsgemäß mit einem gewissen ‚soll‘ geboren werden. Soll auch nicht nur für Menschen gelten, sondern allgemein für alle Gattungen. Jetzt kann ich eben aus einem soll ein soll ableiten und brauche kein Ist dafür.
(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Z.B. waere es doch weitaus vorteilhafter fuer die Gesellschaft als Ganzes, Kranke, Alte und Leute, die keinen Nutzen fuer die Gesellschaft darstellen, zu toeten. Leid kann man vermeiden, indem man das vollkommen schmerzlos macht.

Ein sehr gefährlicher Gedanke. So etwas habe ich noch nie gehört. Klingt nach George Orwell.
Selbst bei Tieren werden die Alten versorgt. Die alten hinkenden Wölfe die sich nicht mehr an der Jagd beteiligen können, dürfen sich an der Beute sättigen


(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Es gibt ja durchaus Gesellschaften, die so wenig Ressourcen zur Verfuegung haben, dass das dort praktiziert wird (Eskimos z.B.).

Dieses unglaubwürdige Gerücht habe ich noch nie gehört. Ein schlimmes Vorurteil
Außerdem:
Die von Inuit gegründete Nichtregierungsorganisation Inuit Circumpolar Council möchte den Ausdruck "Eskimo" allgemein durch "Inuit" ersetzen. Die Bezeichnung "Eskimo" wird als abwertend empfunden. (Siehe Wikipedia)


(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Als Folge haette man sehr viel mehr Ressourcen fuer nuetzliche Dinge uebrig. Welches objektiv ableitbare Prinzip wuerde dem entgegenstehen?

Das objektiv ableitbare Prinzip, das dem entgegensteht ist das Recht auf Leben
(08-01-2019, 11:32)Holmes schrieb: [ -> ]Mein Axiom fängt nicht bei dem leiden an, sondern dort, dass Menschen nicht Wertefrei auf die Welt kommen und mit einer gewissen Moralvorstellung geboren werden.


Die Erfahrung zeigt doch, daß Menschen wertefrei auf die Welt kommen.
Niemand ist von Geburt die Monogamie oder die Polygamie in die Wiege gelegt.
In alten Zeiten war die Polygamie "gut" und später war die Monogamie "gut"
Das waren aber religiöse Normen und keine Werte die der Mensch schon bei seiner Geburt hat
Niemand wird mit einer bestimmten Moralvorstellung geboren
(08-01-2019, 17:01)Sinai schrieb: [ -> ]Ein sehr gefährlicher Gedanke. So etwas habe ich noch nie gehört. Klingt nach George Orwell.

Das war kein Verhaltensvorschlag.

(08-01-2019, 17:01)Sinai schrieb: [ -> ]
(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Es gibt ja durchaus Gesellschaften, die so wenig Ressourcen zur Verfuegung haben, dass das dort praktiziert wird (Eskimos z.B.).

Dieses unglaubwürdige Gerücht habe ich noch nie gehört. Ein schlimmes Vorurteil

Wenn's nichts zu essen gab: https://en.wikipedia.org/wiki/Senicide

(08-01-2019, 17:01)Sinai schrieb: [ -> ]Außerdem:
Die von Inuit gegründete Nichtregierungsorganisation Inuit Circumpolar Council möchte den Ausdruck "Eskimo" allgemein durch "Inuit" ersetzen. Die Bezeichnung "Eskimo" wird als abwertend empfunden. (Siehe Wikipedia)

Dass die Inuit das so sehen, ist richtig. All die Eskimo-Voelker, die keine Inuit sind, sehen das natuerlich anders. Die Frage wird immer noch diskutiert.

(08-01-2019, 17:01)Sinai schrieb: [ -> ]
(07-01-2019, 18:23)Ulan schrieb: [ -> ]Als Folge haette man sehr viel mehr Ressourcen fuer nuetzliche Dinge uebrig. Welches objektiv ableitbare Prinzip wuerde dem entgegenstehen?

Das objektiv ableitbare Prinzip, das dem entgegensteht ist das Recht auf Leben

Inwiefern ist das "objektiv ableitbar"? Woraus? Ausserdem ging es hier um biologische Grundlagen.
Ich habe vergeblich versucht, deine ('Holmes') Argumente zu verstehen. Letztlich halte ich die Gegenargumente für die angemesseneren.

(04-05-2018, 12:04)Holmes schrieb: [ -> ]Wie wir also miteinander umgehen sollen, dabei hilft uns die Ursache, denn kenne ich die Ursache und die Wirkung, dann kann ich Entscheidungen treffen. Genau dafür haben wir ja die Naturwissenschaft. 

Es können zwar nicht allein durch Naturwissenschaft moralische Werte festgelegt werden, aber auch nicht ohne, meiner Meinung nach. Setzte ich moralische Werte fest ohne das zu tun von Naturwissenschaft, dann komme ich auf fragliche Werte.

Dieses, inzwischen schon ältere Argument ist mir noch klar. Ich denke, das bestreitet auch niemand.
Aber danach erscheint eine Argumentation insbesondere gegen David Hume, die ich einfach nicht begreife.

(05-01-2019, 03:37)Holmes schrieb: [ -> ]Ich muss David Hume Widersprechen. Wenn wir von objektiven Fakten sprechen z.B ob die Sonne sich die Erde sich um die Sonne bewegt, dann referieren wir dies zu der wissenschaftlichen Definition von objektiv, also Sachverhalte die empirisch nachgewiesen sind, etwa durch eine Messung oder anderes. Nehmen wir nun eine philosophische Definition von Objektivität, dann müsste die Antwort, dass die Erde sich um die Sonne bewegt, objektiv verneint werden, denn philosophisch gesehen gelten unsere objektiven Fakten nur unter den Rahmenbindungen unter denen wir unsere Objektivität wissenschaftlich beschrieben haben, also unter unseren sogenannten Axiomen oder auch Vor-Annahmen. ...
Deine "philosophishe Definition von Objektivität', nach der die Bewegung der Erde um die Sonne 'falsch' ist, verdrechselt simple Sachverhalte. D. h. sie macht die sehr einfache Beschreibung (kleiner Massen im Schwerefeld einer sehr viel größeren Masse) zu einer komplexen Beschreibung mit einer Reihe von Zusatzannahmen (so geschehen im Mittelalter, um die Planetenbewegungen mathematisch zu erfassen)

Richtig ist, dass der (natur)wissenschaftliche Begriff der Objektivität sehr reduktionistisch ist und möglichst auf Zusatzannahmen verzichtet. Der Mensch neigt leider zu Ausschmückungen, und Reduktion irritiert ihn.

Moral soll danach, so dein Argument, durchaus objektiv sein. Das liest sich dann so:

(05-01-2019, 03:37)Holmes schrieb: [ -> ]Moral sollte und könnte sich meiner Meinung, also auch ganz durch ein System von Axiomen faktisch begründen lassen.
Was du hier "Axiome" nennst, sind bereits gesellschaftspolitische, zwischenmenschliche, soziologische Soll-Forderungen. Diese einmal akzeptiert und wissenschaftlich ausgefeilt, bedingen natürlich moralische (ethische?) Folgen. Aber es führt doch kein Weg von der deskriptiven Wissenschaft auf diese Axiome. Umgekehrt, die Axiome akzeptiert, können natürlich die Entwicklung schmerzstillender Medikamente, humanere Behandlung von Kindern und vieles mehr erzeugen und verbessern.

Darum meine Frage: Was widerspricht eigentlich meiner ursprünglich geäußerten Haltung, dass die Wissenschaft (als eine Methodenlehre) nicht in der Lage ist, (reduktionistisch) objektive moralische Richtlinien zu erzeugen wohlgemerkt: ohne die sozialen, soziologischen und innermenschlichen Zusatzannahmen.
Wir lassen einfach die wissenschaftliche Methodenlehre das Mittel objektiver Feststellung sein, und überlassen jene Zusatzannahmen ("Axiome") der menschlichen Gesellschaft und unserem Gefühlsleben (Nützlichkeit, Leidvermeidung usw.).
(09-01-2019, 00:42)Ekkard schrieb: [ -> ]Was du hier "Axiome" nennst, sind bereits gesellschaftspolitische, zwischenmenschliche, soziologische Soll-Forderungen. Diese einmal akzeptiert und wissenschaftlich ausgefeilt, bedingen natürlich moralische (ethische?) Folgen. Aber es führt doch kein Weg von der deskriptiven Wissenschaft auf diese Axiome. Umgekehrt, die Axiome akzeptiert, können natürlich die Entwicklung schmerzstillender Medikamente, humanere Behandlung von Kindern und vieles mehr erzeugen und verbessern.

Darum meine Frage: Was widerspricht eigentlich meiner ursprünglich geäußerten Haltung, dass die Wissenschaft (als eine Methodenlehre) nicht in der Lage ist, (reduktionistisch) objektive moralische Richtlinien zu erzeugen wohlgemerkt: ohne die sozialen, soziologischen und innermenschlichen Zusatzannahmen.
Wir lassen einfach die wissenschaftliche Methodenlehre das Mittel objektiver Feststellung sein, und überlassen jene Zusatzannahmen ("Axiome") der menschlichen Gesellschaft und unserem Gefühlsleben (Nützlichkeit, Leidvermeidung usw.).

Ich denke ich kann die Kritik verstehen, aber ich denke auch, dass ein Punkt vergessen wurde, dass nämlich meine Forderung eben nicht gesellschaftspolitisch ausgehandelt werden kann oder eine soziologische Soll-Forderung ist, sondern eben ( "Richtig ist, dass der (natur)wissenschaftliche Begriff der Objektivität sehr reduktionistisch ist und möglichst auf Zusatzannahmen verzichtet", Ekkard) reduktionistischer Art ist.

Meine Annahme reduziert menschliche Werte bzw. Moralaussagen darauf, dass weder Mensch noch irgendeine andere Gattung, ohne diese intrinsisch ihm eingegeben Werte auf die Welt kommt. Welche diese sind, dass vermag die Biologie zu beantworten, aber ich denke Leidreduzierung trifft es hier schon ganz gut, aber das ist nur das Beispiel, dass hier als praxisnahes Verhältnis dienen soll, deswegen ist hier natürlich keine Utilitaristische oder andere ideologische Weltanschauung enthalten. 

Ich denke ich hab mich auch vielleicht zu kryptisch ausgedrückt und sollte mich expliziter Ausdrücken, deswegen probiere ich das jetzt noch einmal. Der Punkt, dass Naturwissenschaft keine reduktionistischen objektiven moralischen Richtlinien zu erzeugen vermag, halte ich für den wichtigsten, denn das ist wohl der größte Kritikpunkt und den auf den man sicher als wichtigsten ansehen kann. 

Das Problem besteht weiterhin dahin, dass als Annahme von Anfang an gilt, die Biologie kann keine normativen Aussagen über Menschliches verhalten treffen. Diese Annahme ist aber sehr hinderlich, wenn man ihn aus einem reduktionistischen Aspekt betrachten will, wie du es beschrieben hast Ekkard, denn wenn von Anfang an ausgeschlossen wird, per Grundannahme, dass die Biologie bzw. die gesamte Naturwissenschaft, keine normativen Aussagen treffen kann, dann macht deine Kritik bezüglich der soziologisch und innermenschlichen Annahmen ja keinen Sinn? Selbst wenn ich dir ein Konzept liefern würde, dass frei von diesen soziologisch und innenmenschlichen Konflikten ist könntest du es, wegen dieser Grundannahme nicht akzeptieren oder sehe ich das falsch? Selbst wenn mein Axiom bzw. meine Annahmen frei von all diesen Dingen wäre, selbst dann müsste es eigentlich keinen Unterschied machen, deswegen verstehe ich deine Kritik teilweise auch nicht, denn wenn deine Kritik schon diese Ebene erreicht hat, dann müsstest du schon eigentlich die Möglichkeit sehen, dass normative Aussagen aus einer Naturwissenschaft abgeleitet werden können, ansonsten denke ich, ist deine Kritik umsonst. 

Lautet deine Kritik aber, dass wir davon ausgehen, dass die Naturwissenschaft objektive Aussagen treffen kann, aber daraus folgen würde, dass diese Aussagen nicht frei von gesellschaftlichen Vereinbarungen sein können oder innermenschlichen Annahmen, dann sehe ich deine Kritik eher an dem Konzept an sich und nicht an der Unmöglichkeit normativer Aussagen. Daraus würde ich dann ableiten, dass das Konzept fehlerhaft ist, aber nicht die Annahme, dass Naturwissenschaft keine normativen Aussagen über Moral und Werten treffen kann.

Meine nächste Frage an dich wäre ob die reduktionistischen Annahmen der Naturwissenschaft, dann nicht auch innenmenschliche Zusatzannahmen enthalten, die eben auch sozial bedingt sind. Wie ich schon, wahrscheinlich sehr schlecht, beschrieben habe, ist die Naturwissenschaft in der metaphysischen Philosophie keine objektive Wissenschaft, denn objektiv heißt hier ableitbar aus irgendeiner absoluten Gewissheit und diese existiert nunmal nicht. Wenn wir also jeden Zusammenhang nicht aus einer Gewissheit ableiten können, sondern nur reduzieren können auf ein Axiom oder eine Annahme die erfahrungsbedingt getroffen wurde, dann reduziert man sich hier gewiss auf eine soziale gesellschaftliche Vereinbarung, nämlich, dass unsere Zusammenhänge eben irgendeinen Wert darstellen. Ob dieser Wert jetzt für die Nützlichkeit der Wissenschaft steht oder dafür steht, dass wir keine andere Wahl haben, als diese Welt zu akzeptieren, macht keinen Unterschied, denn ein Werteurteil wurde getroffen und dieses Werturteil muss gesellschaftlich und oder soziologisch vereinbart worden sein.
(von hier, Beitrag #45)

(10-01-2019, 22:00)Holmes schrieb: [ -> ]Falls das zu meiner Diskussion zur objektiven Moral hilft, dem würde ich hier Geobacters Beiträge empfehlen, denn diese Position, dass bestimmte "Ideen" eben nicht nur Ideen sind, sondern ein menschliches Bedürfniss darstellen, teile ich.
Hm... ich muss gestehen, dass ich - trotz aller Liebe zur Weisheit - mit Moralphilosophie und Ethik leider nur sehr wenig anfangen kann, weshalb mir die obige Diskussion zwar nicht ganz entgangen war, ich mich dort aber nicht weiter eingelesen, geschweige denn einen Beitrag geleistet hab...

(10-01-2019, 22:00)Holmes schrieb: [ -> ]Ich würde euch bitten dieses Gedankenexperiment in eurer Weise durchzuspielen und mir sagen auf welches Ergebnis ihr kommen würdet. Würdet ihr auf ein Ergebnis kommen bei dem es eine komplett neue Moral gibt, also die Subjektivität der Moral eindeutig die Oberhand ergriffen hat, oder könnte es sein, dass das menschliche Bedürfnis ein solches Szenario verhindert.

Für mich ist die Sache klar. Selbst Zivilisationen, die abgetrennt von unseren Wertevorstellungen leben, werden, wenn sie sich weit genug entwickeln, eine ähnliche Moralvorstellung entwickeln und deswegen sehe ich hier eindeutig ein weiteres Argument für die Behauptung von Sam Harris und in diesem Fall auch Geobacter.
Ich verstehe, worauf du hier hinauswillst und sehe es ähnlich (ich meine, diesen oder einen ähnlichen Gedanken auch selbst mal durchgespielt zu haben): Konsens dürfte etwa in der Minimierung von Leid bei ggf. gleichzeitiger Maximierung von Genuss bestehen, ersteres im Sinne einer Pflicht, letzteres im Sinne eines Gebots. Ausnahmen bestätigen freilich die Regel (manchmal ist Leid bspw. gerechtfertigt - man denke etwa an den Zahnarztbesuch, eine Operation o.ä. - oder wird bei irgendwelchen Ritualen - etwa beim Tätowieren - bewusst in Kauf genommen). Sicherlich spielen hier auch noch spieltheoretische Überlegungen eine Rolle, also bspw. Stichwort "Tit for Tat" oder "Gefangenendilemma". Viele scheinbar moralische Entscheidungen entpuppen sich nicht selten eben auch einfach als rationale Entscheidungen.

(Hoffentlich klingt's jetzt aber nicht so, als würde ich dem Utilitarismus nahestehen... Utilitaristen betrügen ihre Ehefrauen und plündern Gräber...)
Es ist sicher richtig, dass sich 'nützliche' Verhaltensweisen irgendwann auch in den 'Genen' manifestieren. 
Und 'moralische' Verhaltensweisen sollen natürlich nützlich sein.
Es ist nur so, dass die Biologie da weitaus langsamer ist als die Kultur.

Wenn wir alle Kultur wegwerfen, und von vorne anfangen, dann kann es schon sein, dass es eine ähnliche Entwicklung gibt, sofern die äußeren Lebensumstände die gleichen wären, und sich ähnliche prägende Ereignisse ergeben. Das dauert dann wieder einige tausend Jahre. 
Aber dieses Gedankenspiel ist letztlich nur 'hätte, hätte, Fahrradkette'.
 
Eine wissenschaftliche Studie über die Zusammenhänge zwischen den 'Genen' und moralischen Werten ist natürlich interessant, aber
was du (Holmes) als moralischen Kompass vorschlägst, ist ganz klar eine weltanschauliche Aussage.
Und der stimme ich nicht zu. 
Eine Vorgehensweise, die kulturelle Entwicklung außer acht zu lassen, und die Moral rein aus der Biologie zu holen, halte ich nicht für richtig.

Wenn es uns eh schon die Biologie vorgibt, brauchen wir dann überhaupt moralische Werte?
Damit wären wir letztlich irgendwo bei Nietzsches 'Moral als Widernatur'.

Ein Zitat daraus bei dem ich durchaus Parallelen sehe:

"Ich bringe ein Prinzip in Formel. 
Jeder Naturalismus in der Moral, das heißt jede gesunde Moral, ist von einem Instinkte des Lebens beherrscht – irgendein Gebot des Lebens wird mit einem bestimmten Kanon von »Soll« und »Soll nicht« erfüllt, irgendeine Hemmung und Feindseligkeit auf dem Wege des Lebens wird damit beiseite geschafft. 
Die widernatürliche Moral, das heißt fast jede Moral, die bisher gelehrt, verehrt und gepredigt worden ist, wendet sich umgekehrt gerade gegen die Instinkte des Lebens – sie ist eine bald heimliche, bald laute und freche Verurteilung dieser Instinkte."

(aus Götzendämmerung - Moral als Widernatur)
Das Argument würde zählen, wenn unsere Kultur nicht auch aus der Biologie abgeleitet werden kann. Nur sehe ich dafür keinen Grund, weil wenn ich es reduktionistisch betrachten will, dann sind Kultur und anderes eben auch nur Dinge, die sich eben aus diesen Bedürfnissen und dem Kompass herleiten lassen.
Wo soll es auch sonst herkommen? Das Potential, das wir bekommen, dass ist eben kein transzendentes, sondern eben eins mit einem Ursprung und der Ursprung ist eben die Biologie. Könntest du mir erklären 
wo du hier ein weltanschauliches Motiv siehst?
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