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Normale Version: Stellung drakonischer Strafen
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Ich möchte Jakow nachdrücklich unterstützen, wenn ich auch nicht jedes Argument verstehe. Ich kenne von lokalen Juden eine sehr ähnliche Betrachtungsweise: Ein Gesetz fordert einerseits ..., aber andererseits will G*tt doch nicht, dass ... (z. B. Leben vernichtet wird), und schließlich sind wir Menschen nicht dazu da, Rache zu üben etc.. Nach Auskunft unserer (rheinisch-evangelischen) Theologen sind auf diese Weise tatsächlich nur wenige drakonische Strafen umgesetzt worden. Gerichte, die mehr als alle 10 Jahre ein solch grausames Urteil fällten, wurden deswegen abberufen. Ich kann's wegen mangelnder Kenntnis auch nicht beweisen; aber ich kann mir vorstellen, dass tatsächlich nur die Extremfälle mit solcher Strafe zu rechnen hatten - als Abschreckung sollten drakonische Strafen definitiv gelten.

Thema abgetrennt; bitte neuen Betreff benutzen!/Ekkard
(17-01-2013, 13:25)Ekkard schrieb: [ -> ]Ich möchte Jakow nachdrücklich unterstützen, wenn ich auch nicht jedes Argument verstehe

das ist ja interessant

du verstehst zwar gar nicht, was jemand eigentlich sagen will, unterstützt ihn aber ausdrücklich?

(17-01-2013, 13:25)Ekkard schrieb: [ -> ]Ich kenne von lokalen Juden eine sehr ähnliche Betrachtungsweise: Ein Gesetz fordert einerseits ..., aber andererseits will G*tt doch nicht, dass ... (z. B. Leben vernichtet wird), und schließlich sind wir Menschen nicht dazu da, Rache zu üben etc.. Nach Auskunft unserer (rheinisch-evangelischen) Theologen sind auf diese Weise tatsächlich nur wenige drakonische Strafen umgesetzt worden

woher wissen die das?

waren sie dabei?

(17-01-2013, 13:25)Ekkard schrieb: [ -> ]Gerichte, die mehr als alle 10 Jahre ein solch grausames Urteil fällten, wurden deswegen abberufen. Ich kann's wegen mangelnder Kenntnis auch nicht beweisen; aber ich kann mir vorstellen, dass tatsächlich nur die Extremfälle mit solcher Strafe zu rechnen hatten - als Abschreckung sollten drakonische Strafen definitiv gelten

schau - und ich kann mir noch was ganz anderes vorstellen

so kommen wir also nicht weiter

abschrecken können übrigens nur strafandrohungen, die auch exekutiert werden

und wenn nur alle 10 jahre von ein und demselben gericht ein widerspenstiges kind gesteinigt wird, macht das in meinen augen die sache nicht viel besser


ich möchte auch daran erinnern, daß es eigentlich überhaupt nicht darum geht, wie in grauer vorzeit jüdisches recht praktiziert wurde. sondern um den anspruch (eines christen, nicht eines juden), die bibel sei "gottes wort", und eben den hinweis, welche unsäglichkeiten dieses "gotteswort" enthält

wenn das, was in der bibel steht, ohnehin ins gegenteil des wortlauts interpretiert werden müssen soll, um tatsächlich "gottes wort" zu erkennen, dann ist sie als gotteswort untauglich. man kanns auch gleich lassen und sich beleibiges ausdenken, das man als "gottes wort" behauptet, weil man ja (zitat indy) "es nur erkennen" muß und einem dabei eben "Gott geholfen" hat
(17-01-2013, 11:33)Bion schrieb: [ -> ]
Jakow schrieb:Mir ging es nicht um die Ausführungsbestimmung für eine Steinigung, sondern darum was der Text genau meint mit "ist zu steinigen".

Na dann sag doch Du, was der Text mit "ist zu steinigen" ausdrücken will.
Warom sollte ich? Jeder welcher hier meint das der Text eindeutig sei und barbarisch sei, muss diese Fragen doch alle ebenso eindeutig beantworten können. Offensichtlich scheitert hier aber einer nach dem anderen daran.

Aber dieses für denn leider nicht zu einem Umdenken, sondern ich bin dann wieder der Fiese welcher von irgend etwas ablenkt, verharmlost oder was weiss ich Icon_wink

(17-01-2013, 11:33)Bion schrieb: [ -> ]Ich nehme an, Du wirst versuchen, die Talmud-Kommentare wieder einmal als bis in die mosaische Zeit verbindlich hinzustellen. Das aber ist ein versuchtes Schönreden von archaisch-grausamen Texten.
QEQ.

Ich bleibe dabei, dass die Grausamkeit des Textes in der Interpretation hier liegt.

Jakow schrieb:Und genau diese Interpretation gibt eben dein Mischna Text eben nicht wieder.

(17-01-2013, 11:33)Bion schrieb: [ -> ]Und wollen wir dazu festzuhalten, dass der Mischna-Text die vielerwähnte mündliche Tora ist.
Auch, aber eben auch alles was später noch verschriftlich bzw. diskutiert wurde, wie die Gemore.

(17-01-2013, 11:33)Bion schrieb: [ -> ]Und der Mischna-Text soll auf einmal nur dann etwas hergeben, wenn man ihn mit den talmudischen Kommentaren – die die Mischna fallweise bis zur Unkenntlichkeit zerreden – liest?
Das habe ich wiederum nie gesagt.

Mir ging es auch nie um diese Mischna noch andere, sondern um die naive Interpretation von Bibelstellen.
(17-01-2013, 11:21)Lelinda schrieb: [ -> ]Für all das hast du keine Beweise, aber es klingt gut, und man kann schwer dagegen argumentieren.
Ich erinnere noch einmal daran, dass es hier um Textinterpretation geht. Die Interpretation auf Seiten der jüdischen Lehre ist hier eindeutig und es existiert keine andere. Auf der anderen Seite steht die Interpretation hier.

Der Text lässt somit beide und noch viele anderer Interpretationen zu. Woran will nun hier jemand bemessen, dass ein Text barbarisch ist, wenn er ebenso das Gegenteil zulässt?

Wie gesagt, ich sage nicht, welche Interpretation die Richtige ist, die Historische, die Einmalige, die Wahre,... mir geht es darum, dass eine Interpretation hier schlüssig sein muss und darum meine Nachfragen, um aufzuzeigen, dass die naive Interpretation diese eben nicht ist.

Und wenn hierbei viele Fragen offen bleiben, in dem Sinn Annahmen getroffen werden müssen, wie will man dann den Text noch bewerten? Alleine immer das Grausamste annehmen?

Und genau damit sind wir beim Punkt, dass ich die naive Interpretation als Barbarei hier, als die eigentlich grausame empfinde und eben nicht der Text, welcher dazu den Anlass gibt.
(17-01-2013, 14:11)petronius schrieb: [ -> ]wenn das, was in der bibel steht, ohnehin ins gegenteil des wortlauts interpretiert werden müssen soll
Ich sage es noch einmal: Dieses Gesetz ist genauso auch heute noch gültig. Nicht das Gegenteil, keine Änderung nichts.

Die entscheidende Frage ist alleine nur: Was sagt das Gesetz?

Und hier musstest auch du zugeben, dass du vieles dabei nicht weisst. Du hast zugegeben Nachfragen über den Inhalt nicht beantworten zu können.

Somit - ich fragte es schon einmal - wie will dann hier jemand es interpretieren? Wieso will jemand aufgrund dieses erkannten Unwissens, ein Gesetz nun so interpretieren, dass tausende von Söhne sofort und unmittelbar zu töten sind?

Wo liegt hier die eigentliche Grausamkeit?
(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Ich erinnere noch einmal daran, dass es hier um Textinterpretation geht

wem?

dir

(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Der Text lässt somit beide und noch viele anderer Interpretationen zu. Woran will nun hier jemand bemessen, dass ein Text barbarisch ist, wenn er ebenso das Gegenteil zulässt?

das tut er eben nicht

der text ist eindeutig, nur deine interpretation eine andere

(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]mir geht es darum, dass eine Interpretation hier schlüssig sein muss

eben

die deine scheint davon eher entfernt zu sein, würde ich meinen

du siehst das anders, auch klar

(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Und wenn hierbei viele Fragen offen bleiben, in dem Sinn Annahmen getroffen werden müssen, wie will man dann den Text noch bewerten?

annahmen triffst doch nur du

andere halten sich an den text, ohne zusätzlich irgendwas anzunehmen



(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]
(17-01-2013, 14:11)petronius schrieb: [ -> ]wenn das, was in der bibel steht, ohnehin ins gegenteil des wortlauts interpretiert werden müssen soll
Ich sage es noch einmal: Dieses Gesetz ist genauso auch heute noch gültig

wlches gesetz und wo?

ich würde gern den paragrphen in einem modernen strafrechtsbuch lesen, der die todestrafe für widerspenstige kinder fordert

(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]Und hier musstest auch du zugeben, dass du vieles dabei nicht weisst. Du hast zugegeben Nachfragen über den Inhalt nicht beantworten zu können

was soll ich zugegeben haben und wo?

sicher gibts vieles, was ich nicht weiß. aber lesen kann ich

(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]Somit - ich fragte es schon einmal - wie will dann hier jemand es interpretieren?

ich will ja gar nicht interpretieren, schon gar nicht solange, bis das rauskommt, was ich gern hätte

(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]Wieso will jemand aufgrund dieses erkannten Unwissens, ein Gesetz nun so interpretieren, dass tausende von Söhne sofort und unmittelbar zu töten sind?

das hat mit nichts von dem, was ich gesagt habe, auch nur das geringste zu tun
(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Ich erinnere noch einmal daran, dass es hier um Textinterpretation geht. Die Interpretation auf Seiten der jüdischen Lehre ist hier eindeutig und es existiert keine andere. Auf der anderen Seite steht die Interpretation hier.

Der Text lässt somit beide und noch viele anderer Interpretationen zu.

Was denn nun? Gibt es nun mehrere Interpretationen, von denen eine als verbindlich festgelegt wurde, oder gibt es nur die “eindeutige”?

(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Woran will nun hier jemand bemessen, dass ein Text barbarisch ist, wenn er ebenso das Gegenteil zulässt?

Was ist das Gegenteil von “barbarisch”? „Menschenfreundlich“? Was wäre eine menschenfreundliche Interpretation eines Textes, der zumindest dem Laien suggeriert, ungezogene kleine Kinder dürften von den Eltern vor Gericht geschleppt werden, um danach gesteinigt zu werden? Interpretiere mir diese Bibelstelle so, dass sie nicht barbarisch klingt - aber ohne irgendwelche später notierten und anfangs auf keinen Fall vorhandene andere Gesetze zur Hilfe zu nehmen!

(17-01-2013, 14:17)Jakow schrieb: [ -> ]Und wenn hierbei viele Fragen offen bleiben, in dem Sinn Annahmen getroffen werden müssen, wie will man dann den Text noch bewerten? Alleine immer das Grausamste annehmen?

Meistens werden grausame Gesetze auch ausgeführt; dafür sind sie ja gemacht worden. Das ist in der Scharia so (samt Steinigungen), und das war früher auch im Christentum so. Wenn man also davon ausgeht, dass das auch im alten Judentum der Fall war, so ist das nicht bösartig, sondern nachvollziehbar. Wir sprechen ja schließlich vom Judentum vor 2000-3000 Jahren und nicht dem Judentum heute!
(17-01-2013, 13:25)Ekkard schrieb: [ -> ]Ich möchte Jakow nachdrücklich unterstützen, wenn ich auch nicht jedes Argument verstehe. Ich kenne von lokalen Juden eine sehr ähnliche Betrachtungsweise: Ein Gesetz fordert einerseits ..., aber andererseits will G*tt doch nicht, dass ... (z. B. Leben vernichtet wird), und schließlich sind wir Menschen nicht dazu da, Rache zu üben etc..

Dass im Judentum viel diskutiert wird, habe ich schon gehört. Aber auch über die Anwendung göttlicher Gesetze? Darf man das denn? Steht irgendwo in der Bibel, dass es erlaubt ist, irgendein Gebot Gottes in Frage zu stellen – und sei es nur, weil es anderen Gesetzen widerspricht? Könnte eine solche Diskussionskultur dann nicht auch dazu führen, dass Gott diejenigen bestraft, die das in seinen Augen plötzlich falsche Gesetz halten und nicht ein anderes, das dem widerspricht und ihm gerade besser gefällt? Wie erklärt man sich überhaupt widersprüchliche Gesetze?
(17-01-2013, 14:40)Lelinda schrieb: [ -> ]Dass im Judentum viel diskutiert wird, habe ich schon gehört. Aber auch über die Anwendung göttlicher Gesetze? Darf man das denn?

Moin,

nicht das Gebot wird in Frage gestellt sondern das richtige Verständnis dazu diskutiert. Und das kann letztlich sogar dem reinen Wortsinn entgegen stehen.
(klingt merkwürdig, ja sogar widersprüchlich, aber wir sind hier ja kein Wunschkonzert. Es ist nunmal im Judentum so)

Das ist es wohl auch, was Jakow hier zu vermitteln versucht und was man nur schlecht ooder gar nicht versteht, wenn man sich mit dieser jüdischen Streit- und Auslegungskultur nicht beschäftigt hat.

Tschüss

Jörg
Gott gibt also unklare Anweisungen? Dann kann er aber nicht verlangen, dass diese richtig interpretiert werden, und auch nicht meckern, wenn diese falsch (zum Beispiel wörtlich) ausgelegt werden.

Das mit der jüdischen Streit- und Auslegungskultur finde ich interessant. Ich vermute ja auch, dass Jesu Auseinandersetzungen mit den Pharisäern wohl eher solche Diskussionen waren. Kannst du (oder irgendjemand anderes) dazu etwas Genaueres schreiben? Von mir aus auch in einem anderen Thread, da es ja wieder eine Abweichung vom Thema wäre.
(17-01-2013, 11:03)Jakow schrieb: [ -> ]Und hierzu sollte man einmal bedenken, dass auch bezogen auf Deutsches Rechte Laien doch zu recht anderen Schlüssen kommen, wenn sie für sich alleine denn doch angeblich verständlichen Geseztestext interpretieren. Vielleicht hilft dieser Verweis dabei, dass man hier seine Stellung als Laie erkennt und sich doch etwas zurückhält.

Ich glaube nicht, dass ein rechtswissenschaftlicher Laie nach Amerika gehen könnte, die Verfassung lesen würde, auf die Todesstrafe stoßen und sie für friedlich halten würde. Laien würden das sicher ganz unterschiedlich interpretieren und unterschiedlich bewerten, aber alle wären sich am Ende einig: Es geht darum, besonders schwere Verbrechen mit dem Tod zu bestrafen. Für diese Feststellung braucht man kein Jurastudium. Im Übrigen habe ich (als "Laie und Unwissender") nie behauptet, diese Bibelstelle völlig begriffen oder perfekt interpretiert zu haben. Darum ging es mir auch nicht. Es ist viel simpler als das, und für meine Erwiderung gegen indymayas Argumente reicht sogar ein Gesetz, das nur möglicherweise barbarisch ist.

(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]Die entscheidende Frage ist alleine nur: Was sagt das Gesetz?

Erlaube mir einen Gedanken: Wenn das Gesetz derart unklar ist, dass sowohl eine barbarische als auch eine gegenteilige Interpretation möglich ist, wie wird es denn dann angewandt? Welchen Inhalt hat ein Gesetz, wenn scheinbar niemand sicher wissen kann, was mit den Worten gemeint ist - eine Steinigung oder doch eher das Gegenteil? Oder anders gefragt: Ist ein solches Gesetz nicht ziemlich wertlos?

(17-01-2013, 14:24)Jakow schrieb: [ -> ]Wieso will jemand aufgrund dieses erkannten Unwissens, ein Gesetz nun so interpretieren, dass tausende von Söhne sofort und unmittelbar zu töten sind?

Das will doch niemand. Es ging darum, aufzuzeigen, dass die Bibel nicht per se friedlicher ist als alle anderen heiligen Schriften. Ich erinnere daran: Die ganze Diskussion um dieses Zitat begann mit dem Christentum, nicht mit dem Judentum. Und dafür ist es völlig unerheblich, wie oft das Gesetz zur Anwendung kam oder ob es widersprüchliche Gesetzestexte gibt. Oder hast du handfeste Beweise dafür, dass die Strafen der Scharia tatsächlich in jedem Fall wortgetreu angewendet wurden? Falls nicht, sind wir wieder am Anfang: Wir sehen, dass da ein Gestz steht, dass offensichtlich für "Laien und Unwissende" barbarisch ist. Anwendung egal. Auch die Androhung einer barbarischen Strafe (und wenn du nicht findest, dass es das ist, dann beleg doch du mal) ist ein nützliches Beispiel, um zu zeigen, dass die Bibel nicht nur von Nächstenliebe und Verzeihung handelt.
(17-01-2013, 15:03)Flat schrieb: [ -> ]nicht das Gebot wird in Frage gestellt sondern das richtige Verständnis dazu diskutiert. Und das kann letztlich sogar dem reinen Wortsinn entgegen stehen.
(klingt merkwürdig, ja sogar widersprüchlich, aber wir sind hier ja kein Wunschkonzert. Es ist nunmal im Judentum so)

Das ist es wohl auch, was Jakow hier zu vermitteln versucht und was man nur schlecht ooder gar nicht versteht, wenn man sich mit dieser jüdischen Streit- und Auslegungskultur nicht beschäftigt hat

vielleicht sollten sich juden dann mit diesem ihrem sehr speziellen verständnis einfach aus diskussionen zwischen christen und ggf. nichtgläubigen (alles "hellenistisch denkende") raushalten?

aber mal rein so aus neugier: wer entscheidet denn dann - wenn schon alles möglich ist, auch das gegenteil des gesagten - was gilt?

und wie geh ich damit um, wenn ein jude etwas zu mir sagt?

womöglich hat er ja das glatte gegenteil gemeint...
(17-01-2013, 15:07)Lelinda schrieb: [ -> ]Das mit der jüdischen Streit- und Auslegungskultur finde ich interessant. Ich vermute ja auch, dass Jesu Auseinandersetzungen mit den Pharisäern wohl eher solche Diskussionen waren. Kannst du (oder irgendjemand anderes) dazu etwas Genaueres schreiben? Von mir aus auch in einem anderen Thread, da es ja wieder eine Abweichung vom Thema wäre.

Moin,

da so manche Theologen Jesus sogar als Pharisäer ansehen, könnte die Vermutung stimmen. Oder auch nicht.

Ach, die Streitkultur ist eigentlich allgegenwärtig, wenn man sich mit dem Judentum beschäftigt. Der Talmud ist teilweise als Diskussions- und Streitschrift geschrieben. Oder wenn Du mal Bücher zur jüdischen Religionsgeschichte liest, da kommen ständig Beispiele, wo Gesetzesauslegungen geändert wurden. Es gab wohl ein recht prominentes Beispiel bei der Scheidung. Vielleicht hat Jakow das besser griffbereit als ich. Irgendwas, wo der Mann die Frau laut wörtlichen Text verstoßen konnte, und es an eine Diskussion und letztlich einen breiten Konsens einer anderen, genau entgegen gesetztem Auslegung gab.

Ich als am Judentum interessierter Nichtjude habe daraus den Schluss gezogen, dem wörtlichen Textverständnis zunächst überhaupt nicht mehr zu folgen sondern immer erst Mal nach jüdischen Auslegungen desselben zu schauen.

Denn -und auch das sollte man sich mal bewusst machen- die jüdischen Gesetze sind in aller Regel interne Gesetze. Sie betreffen uns Nichtjuden meist überhaupt nicht. Insofern sollten wir auch das Auslegungsverständnis der Juden respektieren und nicht versuchen, unser abweichendes darüber zu stülpen. Denn was soll das bringen, außer dass es zu falschen Ergebnissen des Verständnisses führt?

Allenfalls wäre so etwas für Christen interessant. Nämlich die christliche Bibel mal mit jüdischer Sicht zu lesen, wäre bestimmtreizvoll. Und würde wohl oft zu einem ganz anderen Verständnis führen. Aber genau das ist wohl eher nicht gewünscht.

Tschüss

Jörg
(17-01-2013, 15:26)Flat schrieb: [ -> ]Oder wenn Du mal Bücher zur jüdischen Religionsgeschichte liest, da kommen ständig Beispiele, wo Gesetzesauslegungen geändert wurden

das ist nicht so ungewöhnlich, wie es vielleicht klingt. auch in unserem recht gibt es ja z.b. "totes recht", das aufgrund eines geänderten rechtsverständnisses nicht mehr praktiziert wird, ohne deshalb gleich gelöscht zu werden (was natürlich die saubere variante ist)

nur: wenn "Gesetzesauslegungen geändert wurden" (und werden), wie kann man dann darauf beharren, daß die eigene interpretation die allein gültige ist, immer schon war und alle anderen keine ahnung von gar nichts haben?
[Folgendes Quoting repariert./Ekkard]
(17-01-2013, 15:26)Flat schrieb: [ -> ]Denn -und auch das sollte man sich mal bewusst machen- die jüdischen Gesetze sind in aller Regel interne Gesetze. Sie betreffen uns Nichtjuden meist überhaupt nicht. Insofern sollten wir auch das Auslegungsverständnis der Juden respektieren und nicht versuchen, unser abweichendes darüber zu stülpen. Denn was soll das bringen, außer dass es zu falschen Ergebnissen des Verständnisses führt?

Allenfalls wäre so etwas für Christen interessant. Nämlich die christliche Bibel mal mit jüdischer Sicht zu lesen, wäre bestimmtreizvoll. Und würde wohl oft zu einem ganz anderen Verständnis führen. Aber genau das ist wohl eher nicht gewünscht

ich denke, wenn das so rüberkommt, wie du es grade beschrieben hast, kann das durchaus reizvoll sein und gewünscht werden. was aber in dieser diskussion bisher erfolgt ist, ist eben leider genau ein "überstülpen"
(17-01-2013, 15:41)petronius schrieb: [ -> ]das ist nicht so ungewöhnlich, wie es vielleicht klingt.

Die Tatsache an sich, dass Gesetze interpretiert werden, ist in der Tat nicht ungewöhnlich. Man schaue sich nur mal die Urteile unseres Verfassungsgerichts über die letzten 50 Jahre an. So manche Rechtsauslegung wurde sehr geändert, der Wortlaut des Grundgesetzes in solchen Fällen aber teilweise überhaupt nicht.

Was meines Erachtens das judentum hier so besonders macht, ist, dass der Auslegungsstreit zum System dazu gehört. Man will streiten und um den richtigen Weg ringen. Die jüdische Kultur hat eine sehr ausgeprägte Streit- und Diskussionskultur. Sie ist von der Struktur her nicht obrigkeitshörig sondern betont eben das Individuum. Letztlich ist jeder Jude für sich selbst verantwortlich und muss seinen Weg finden.

(17-01-2013, 15:41)petronius schrieb: [ -> ]nur: wenn "Gesetzesauslegungen geändert wurden" (und werden), wie kann man dann darauf beharren, daß die eigene interpretation die allein gültige ist, immer schon war und alle anderen keine ahnung von gar nichts haben?

Wer beharrt denn hier darauf? Jakow stellt mögliche Interpretationen vor, um zu zeigen, was möglich wäre.

Und die Ahnung, sprich das Wissen um jüdische Gesetzesauslegungen ist hier doch in der Tat sehr unterschiedlich verteilt. Was kein Vorwurf ist, jeder hat Interessen, wo er sich besser auskennt als andere.

Schlimm nur, wenn man wenig/keine Ahnung hat und dennoch überall seinen Senf dazu geben will. Apropo, wenn ich mir hier so Deine Rekordpostingzahl und Deine intensive Teilnahme an so ziemlich jeder Thematik ansehe. Wie machst Du das eigentlich?
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