(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]daß es so etwas wie allgemeines bzw. über das eines einzelnen hinausgehendes bewußtsein gebe, scheint mir jedenfalls nicht plausibel; aber vielleicht hast du ja eien andere definition von "bewußtsein" als ich
Die Frage ist eben, was aus einem Haufen wechselwirkender Nervenzellen ein Bewusstsein macht, das sich voller Fantasie über die materielle Funktionsweise z. B. jenen Sklavensystemen, die als PC vor uns stehen, erhebt. Ich weiß dies natürlich auch nicht. Jedenfalls spielt die stetige und geordnete Rückkopplung des Gehirns und seiner Sinne eine wichtige Rolle. Systeme mit gesteuerter Rückkopplung lassen sich modellieren. Heraus kommen sehr seltsame Verhaltensweisen. Ein Analogon dazu sind in der Geometrie die Fraktale ("Apfelmännchen & Co").
Einzelnen Teilen innerhalb der so vernetzten "Zellen", also beim Hirn Nervenzellen, kommt sicher nicht die Eigenschaft zu, sich bewusst zu werden. Gleichwohl hat das System Bewusstsein. Warum soll dies bei weit größeren Systemen nicht auch der Fall sein? – Nach dem Motto: Wenn man eine Stelle beobachtet, sieht man nichts! Das Gesamtmuster wird erst in der Gesamtschau deutlich.
(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]hm - und was genau spricht für diese spekulative annahme (du selbst hältst sie ja für "plausibel") - außer, daß du dir anscheinend wünschst, es wäre so?
Nichts, das sagte ich bereits. Aber man kann ja mal die Augen in dieser Richtung schweifen lassen. Kürzlich erschien in der sicher unverdächtigen Zeitschrift SPEKTRUM ein Artikel über die Reaktionsweise verschieden vernetzter neuronaler Netzwerke. Eine geordnete Rückkopplung ergab sich dabei just bei jenen Vernetzungen, wie man sie im Gehirn findet. Das wundert im Grunde nicht, denn wir funktionieren ja. Aber man weiß nunmehr, wo man weiter bohren muss, um "Geist" zu finden.
Liebe wird man vielleicht auf die gleiche komplexe Art erkennen können.
Bei dem Stichwort "Tendenz" ist mein Geschreibsel falsch verstanden worden. Dabei ging es um die Aussage, dass manche Menschen die Hilfe Gottes als Tatsache empfinden, was in einem vorhergehenden Beitrag irgendwo diskutiert wurde. Solange uns die Welt oder ein Gott erhält, tut sie bzw. er dies nur in der Tendenz über viele Menschen/Tiere/Pflanzen. Die Einzelschicksale werden dadurch nun hier und da innerhalb zufälliger Ereignisketten beeinflusst.
Wen es betrifft, der ist in besonderer Weise davon überzeugt, dass eine "transzendente Macht" im Spiel war.
Zum "Welt-System" (Gott?):
(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]ich hab noch nicht mal verstanden, woraus denn nun ein solches bestehen und welche, gar wissenschaftlich überprüfbaren, eigenschaften es haben soll
Wenn man dereinst versteht, wie ein geordnet rückgekoppeltes System Geist erzeugt, wäre es doch denkbar, dass man nämliche Vernetzungen und Regelungsfunktionen in dem Weltsystem nachweisen könnte, was eine Aufgabe der Wissenschaft wäre. Systemeigenschaften sind doch objektiv feststellbare Eigenschaften. Die Funktion eines zunächst unbekannten Regelmechanismus' kann man doch auch mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen und zu verstehen versuchen?
(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]das alles ist mir schon wieder zu konstruiert, nach dem motto: ich will unbedingt, daß es einen gott gibt, und jetzt fasse ich halt alles mögliche unter "gott" zusammen, was der zeitgeist so her gibt (zu zeiten descartes hat man ales als uhrwerk betrachtet, heute ist alles ein phänomen der "information")
diese art, sich einen gott zu schaffen, verstehe ich nicht. das ist doch für jeden denkenden menschen allzu durchsichtig, um sich damit selber betrügen zu können. weil man eine krücke braucht, eine bequeme ausrede oder was?
Wer betrügt sich denn? Wir haben immer zwei Ebenen im Blick: die Sachebene und die Deutungsebene. Auf der Sachebene gibt es eine Art innerweltlicher Transzendenz, die wir subjektiv als Selbstbewusstsein wahrnehmen. Die zweite Frage ist doch immer die nach der gesellschaftlichen Relevanz – so ähnlich wie bei der Kernkraft. Auf der Sachebene ist Kernkraft weitgehend erforscht und ingenieurmäßig anwendbar. Gleichwohl ist die gesellschaftliche Seite derselben überhaupt nicht geklärt.
(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]auch ein gott, den man sich so konstruiert, ist von dieser welt. und somit nicht das, was man eigentlich "gott" zuschreibt: ein ausdruck der transzendenz …
Wenn es eine Macht gibt, die uns und unsere Umwelt erzeugt hat, so ist doch durchaus die Frage berechtigt, was dies für uns und unsere gesellschaftliches Verhalten bedeutet. Nur, von dieser Macht habe ich, im Gegensatz zu einem supernaturalen, transzendenten Gott vorausgesetzt, das sie welt-immanent und damit erklärbar ist.
Was wir nach wie vor nicht wissen, ist die Frage, wie sich ein Weltwesen selbst empfindet. Dergleichen Dinge lassen sich aus den Reaktionspotenzialen unserer Neuronen auch nicht herauslesen. Insofern ist deine Kritik berechtigt. Wir stehen vor den gleichen Fragen, wie beim geglaubten, transzendenten Gott.
(29-10-2011, 22:15)petronius schrieb: [ -> ]mir erscheint das als intellektueler selbstbetrug, ich kanns nicht nachvollziehen
Die Deutungsebene ist eigentlich nie etwas anderes. Allerdings hat dieser Selbstbetrug die Aufgabe, den Menschen sozial zu machen. Jedenfalls gibt es menschliche Beispiele, die offensichtlich nicht sozial reagieren, was, wenn es zu viele werden, die Gesellschaft ins Chaos treibt.
(29-10-2011, 22:37)Tyko schrieb: [ -> ]mich persönlich wuerde etwas derartiges nur in meinem denken eingrenzen. jedes ziel, jeder "sinn" (um den es hier schlussendlich geht) ist eine selbsterrichtete beschränkung des willens.
Das sehe ich nicht so. Ich bin ja nicht auf diese eine Vorstellung fixiert. Es war nur eine Idee von vielen.
(29-10-2011, 23:18)Mustafa schrieb: [ -> ]Naja, das "Größere" ist ja nun offensichtlich da. Wir hängen ja ab von dem ganzen Kontext, mag man ihn physikalisch sehen, oder auf der Geistesebene.
Man muss es natürlich nicht Gott nennen, aber ich finde es sehr verständlich.
Yep! Wir bewegen und bei der Benennung auf der Deutungsebene. Wir sind doch unser ganzes Leben hindurch so flexibel, dass wir selbst Traditionen weiterentwickeln, die Einen langsamer, die anderen schneller.